Oberlandesgericht Köln Beschluss, 11. Juli 2016 - 17 W 153/16
Tenor
Die weitere Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss der 34. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2016 – 34 T 17/16 - wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit Zwangsvollstreckungsauftrag vom 31.03.2014 hat die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners bei der Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge beim Amtsgericht Köln beauftragt. Dabei wurde unter anderem beantragt, den Aufenthaltsort des Schuldners durch Anfrage bei der Meldebehörde, Nachfrage bei der gesetzlichen Rentenversicherung und Nachfrage beim zentralen Fahrzeugregister des Kraftfahrzeugbundesamt zu ermitteln, sofern der Schuldner sich an der im Auftrag genannten Anschrift nicht aufhält bzw. dort nicht wohnt. Die zuständige Gerichtsvollzieherin stellte fest, dass der Schuldner unbekannt verzogen bzw. sein Aufenthalt nicht zu ermitteln ist. Am 17.04.2014 führte sie deshalb eine Anfrage bei der Meldebehörde, am 22.04.2014 Anfragen bei der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Kraftfahrtbundesamt durch. Vom Kraftfahrtbundesamt erfolgte eine Auskunft an die Gerichtsvollzieherin am 16.07.2014, die per Nachnahme übersandt wurde. Für die Auskunft wurden der Gerichtsvollzieherin vom Kraftfahrtbundesamt mit Schreiben vom gleichen Tag eine Bearbeitungsgebühr von 5,10 € sowie ein Nachnahmeentgelt von 2,40 € durch Gebührenfestsetzung in Rechnung gestellt. Ferner entstand wegen der Versendung der Auskunft per Nachnahme ein Übermittlungsentgelt von 2,00 €. Der Gesamtbetrag von 9,50 € wurde von der Gerichtsvollzieherin bei Entgegennahme der Auskunft geleistet.
4Am 21.07.2014 stellte die Gerichtsvollzieherin fest, dass die neue Anschrift des Schuldners nicht zu ermitteln sei. Mit Kostenrechnung vom 21.07.2014 stellte sie der Gläubigerin für ihre Tätigkeit einen Gesamtbetrag von 104,95 € in Rechnung. In dem Gesamtbetrag war unter anderem ein Teilbetrag von 9,50 € gemäß KV Nr. 708 GvKostG für die Auslagen für die Auskunft des Kraftfahrtbundesamts enthalten. Gegen diese Kostenrechnung erhob die Gläubigerin am 07.08.2014 Erinnerung. Nach Stellungnahme von Gerichtsvollzieherin, Bezirksrevisorin und Amtsgericht nahm die Gläubigerin am 10.08.2015 ihre Erinnerung zurück.
5Am 16.12.2015 hat die Bezirksrevisorin namens der Landeskasse Erinnerung gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin vom 21.07.2014 erhoben, soweit dieser einen Betrag von 100,55 € übersteigt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass ungeklärt sei, ob die für die Nachnahme verauslagten Kosten von 4,40 € dem Auslagentatbestand gemäß Nr. 708 KV-GvKostG oder Nr. 716 KV-GvKostG unterfallen würden. Das Kraftfahrtbundesamt erhebe die Gebühren für schriftliche Auskünfte seit Mai 2014 allgemein per Nachnahme. Die Behörde sei berechtigt gewesen, das Entgelt für die Nachnahme von der Gerichtsvollzieherin zu verlangen. Allerdings gelte im Kostenrecht ein Analogieverbot zu Lasten des Kostenschuldners.
6Mit Beschluss vom 22.12.2015 hat das Amtsgericht Köln - 283 M 1213/14 - die Erinnerung zurückgewiesen und die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Frage zugelassen. Am 13.01.2016 hat die Bezirksrevisorin namens der Landeskasse Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Mit Nichtabhilfebeschluss vom 19.01.2016 hat das Amtsgericht die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Der zur Entscheidung berufene Einzelrichter hat die Sache am 13.05.2016 auf die Kammer übertragen.
7Das Landgericht hat die Beschwerde am 13. Mai 2016 mit folgender Begründung zurückgewiesen:
8„Die Beschwerde ist unbegründet.
9Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der an die Post zu zahlende Nachnahmebetrag von 4,40 € – allein dieser Betrag ist hier streitgegenständlich – ebenfalls unter den Auslagentatbestand Nr. 708 KV-GvKostG fällt. Es handelt sich um eine an eine deutsche Behörde für die Erfüllung von deren eigenen Aufgaben zu zahlende Gebühr. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt in der Fassung vom 23.7.2013 hat der Gebührenschuldner Auslagen für Nachnahmen zu tragen. Das Amtsgericht hat ferner aus Sicht der Kammer überzeugend ausgeführt, dass die Zahlung nur als Gegenleistung für die Erlangung der Auskünfte – mithin der Erfüllung der behördlichen Aufgabe – dient. Ob diese Zahlung per Rechnung oder per Nachnahme erfolgt, ändert nichts an diesem Charakter. Ohne die Inanspruchnahme der Post wäre der Behörde die Erfüllung ihrer Aufgabe durch Mitteilung der beantragten Auskünfte nicht möglich. Eine Differenzierung innerhalb der Gebührenfestsetzung ist im Gesetz nicht vorgesehen, so dass die Auslagen vom Kostenschuldner in voller Höhe zu tragen sind (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, Nr. 708 KV-GvKostG Rn. 4).
10Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu Nr. 708 KV-GvKostG in der aktuellen Form (BT-Drucksache 17/11471). Dort heißt es: „Die Änderung soll eine Weitergabe von verauslagten Gebühren und bestimmten Auslagen, die an andere Behörden zu zahlen sind, an die Parteien ermöglichen. Eine Begrenzung der Höhe der Auslagen im GvKostG erscheint im Hinblick auf die in Betracht kommenden Fälle überflüssig.“
11Gegen diesen Beschluss hat die Bezirksrevisorin am 24. Mai die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf ihre Stellungnahmen vom 27. Februar und 16. Dezember 2015 bezogen.
12II.
13Die weitere Beschwerde der Staatskasse ist zwar gemäß §§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG, 66 Abs. 4 GKG zulässig, weil sie durch die (gesamte) Kammer in dem o. a. Beschluss zugelassen worden ist.
14Die weitere Beschwerde ist jedoch aus den zutreffende und nicht ergänzungsbedürftigen Gründen des angefochtenen Beschlusses und des in Bezug genommenen Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 22. Dezember 2015 nicht begründet.
15Eine Kostenentscheidung ist mit Rücksicht auf §§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG, 66 Abs. 8 GKG entbehrlich.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 11. Juli 2016 - 17 W 153/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 11. Juli 2016 - 17 W 153/16
Referenzen - Gesetze
(1) Soweit im Gebührentarif nichts anderes bestimmt ist, hat der Gebührenschuldner folgende Auslagen zu tragen:
- 1.
Portokosten; Entgelte für Zustellungen durch die Post mit Postzustellungsurkunde und für Nachnahmen sowie im Einschreibeverfahren; Entgelte für Eil- und Expresszustellungen, soweit sie auf besonderen Antrag des Gebührenschuldners erfolgen, - 2.
Aufwendungen für weitere Ausfertigungen, Abschriften und Auszüge, die auf besonderen Antrag erteilt werden; für die Berechnung der Schreibauslagen gilt Nummer 31000 des Kostenverzeichnisses zum Gerichts- und Notarkostengesetz, - 3.
Aufwendungen für Übersetzungen, die auf besonderen Antrag gefertigt werden, - 4.
Kosten, die durch öffentliche Bekanntmachung entstehen, mit Ausnahme der hierbei erwachsenden Entgelte für Postdienstleistungen, - 5.
die in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes zu zahlenden Beträge; erhält ein Sachverständiger auf Grund des § 1 Absatz 2 Satz 2 jenes Gesetzes keine Vergütung, ist der Betrag zu entrichten, der ohne diese Vorschrift nach dem Gesetz zu zahlen wäre, - 6.
die bei Geschäften außerhalb der Dienststelle den Bediensteten auf Grund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Vorschriften gewährten Vergütungen (Reisekostenvergütung, Auslagenersatz) und die Kosten für die Bereitstellung von Räumen; für Personen, die weder Bundes- noch Landesbedienstete sind, gelten die Vorschriften über die Vergütung der Reisekosten der Bundesbeamten entsprechend, - 6a.
die Aufwendungen für den Einsatz von Dienstwagen bei Dienstgeschäften außerhalb der Dienststelle, - 7.
die Beträge, die anderen in- und ausländischen Behörden, öffentlichen Einrichtungen oder Beamten zustehen; und zwar auch dann, wenn aus Gründen der Gegenseitigkeit, der Verwaltungsvereinfachung und dergleichen an die Behörden, Einrichtungen oder Beamten keine Zahlungen zu leisten sind, - 8.
die Kosten für die Beförderung von Sachen, mit Ausnahme der hierbei erwachsenden Entgelte für Postdienstleistungen, und die Verwahrung von Sachen, - 9.
die auf die Kosten der amtlich anerkannten Sachverständigen und Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr und der amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung entfallende Mehrwertsteuer, - 10.
die Kosten der amtlich anerkannten Sachverständigen und Prüfer sowie der Prüfstellen für Nachprüfungen im Auftrage des Kraftfahrt-Bundesamtes nach § 20 Absatz 6 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und § 9 der Fahrzeugteileverordnung sowie für Nachprüfungen nach international vereinbartem Recht, soweit ein Verstoß gegen diese Vorschriften nachgewiesen wird, - 11.
die Aufwendungen für die Übersendung oder Überbringung der Mitteilung der Zulassungsbehörde an den Versicherer auf Grund der Versicherungsbestätigung nach § 50 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung oder der Anzeige nach § 51 Absatz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, - 12.
die Kosten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr, eines technischen Dienstes mit Gesamtfahrzeugbefugnissen der jeweiligen Fahrzeugklassen oder einer anderen vom Kraftfahrt-Bundesamt beauftragten Stelle für die Begutachtung eines Kraftfahrzeugs mit automatisierter oder autonomer Fahrfunktion einschließlich der Bewertung der informationstechnischen Sicherheit von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, - 13.
die Kosten eines von der zuständigen Behörde beauftragten Gutachtens gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 der Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung.
(2) Die Erstattung der in Absatz 1 aufgeführten Auslagen kann auch verlangt werden, wenn für die Amtshandlung, Prüfung oder Untersuchung Gebührenfreiheit besteht, bei Auslagen nach Absatz 1 Nummer 1 bis 9 jedoch nur, soweit ihr Gesamtbetrag 3 Euro übersteigt. Auslagen für die Versendung von Akten im Wege der Amtshilfe werden nicht erhoben.
(1) Die Kosten werden von dem Gerichtsvollzieher angesetzt, der den Auftrag durchgeführt hat. Der Kostenansatz kann im Verwaltungswege berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
(2) Über die Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet, soweit nicht nach § 766 Abs. 2 der Zivilprozessordnung das Vollstreckungsgericht zuständig ist, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat. Auf die Erinnerung und die Beschwerde ist § 66 Absatz 2 bis 8 des Gerichtskostengesetzes, auf die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 69a des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Auf die Erinnerung des Kostenschuldners gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags oder die Aufrechterhaltung einer Vollstreckungsmaßnahme von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, und auf die Beschwerde ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Für Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden.