Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 18. Nov. 2015 - 2 UF 228/15

published on 18/11/2015 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 18. Nov. 2015 - 2 UF 228/15
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Amtsgericht Bamberg, 206 F 1167/15, 17/09/2015

Gericht

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Tenor

1. Die Beschwerde der Kindsmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengerichts - Bamberg vom 17.9.2015 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Beteiligten sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des Kindes A., geb. ...2012. Sie wohnten mit dem Kind bis Ende Februar 2015, der Ausreise der Mutter mit dem Kind nach Deutschland, gemeinsam in einer Wohnung in B., Niederlande. Ende Februar 2015 fuhr die Mutter mit dem Kind nach Deutschland, zunächst, um dort Urlaub zu machen. Spätestens im April 2015 informierte die Beschwerdeführerin den Vater, dass sie mit A. zusammen endgültig in Deutschland verbleiben möchte. Der Vater beantragte daraufhin die Rückführung des Kindes nach dem HKÜ in die Niederlande.

II. Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bamberg vom 17.9.2015 wurde die Mutter verpflichtet, das Kind A., geb. ...2012, in B., derzeit wohnhaft in C., M., innerhalb von 2 Wochen ab Wirksamkeit dieses Beschlusses in die Niederlande zurückzuführen.

Wegen der weiteren getroffenen Anordnungen wird auf die Entscheidung des Familiengerichts Bezug genommen.

Gegen diese, den Rechtsanwälten der Mutter am 23.9.2015 zugestellte Entscheidung legte diese mit am 2.10.2015 beim Amtsgericht Bamberg eingegangenem Schriftsatz ihrer Rechtsanwälte Beschwerde ein.

Die Mutter beantragt,

den Beschluss, das Kind der Beteiligten A., geb. ...2012, in die Niederlande zurückführen zu müssen, aufzuheben und den Antrag des Vaters vom 7.8.2015 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin führt aus, es sei beim zuständigen Gericht in B. zwischenzeitlich ein Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die gemeinsame Tochter eingereicht worden. Es solle abgewartet werden, welche Entscheidung bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts vom zuständigen Familiengericht in B. getroffen werde.

Im Übrigen wurde gebeten, die Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 15.11.2015 zu verlängern. Der Antrag wurde mit Verfügung vom 09.10.2015 abgelehnt.

Der Vater beantragt, die Beschwerde der Mutter und Beschwerdeführerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

III. Die Beschwerde der Mutter ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht begründet worden ist.

Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG ist die Beschwerde innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen.

Nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart vom 31.7.2015 ( 17 UF 127/15, zitiert nach Juris) ist eine Beschwerde in einem Verfahren über die Rückführung eines Kindes nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) nicht deshalb unzulässig, weil sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der amtsgerichtlichen Entscheidung begründet wurde. Dies begründet das OLG Stuttgart damit, eine Begründung sei keine Zulässigkeitsvoraussetzung einer Beschwerde im HKÜ-Verfahren. Dies ergebe sich aus der Verweisungsvorschrift des § 40 Abs. 2 Satz 1 IntFamRVG. § 40 Abs. 2 Satz 1 IntFamRVG nehme von der Verweisung auf die §§ 58 ff. FamFG den § 65 Abs. 2 FamFG aus, der die Möglichkeit einer Fristsetzung für die Beschwerdebegründung vorsehe. § 65 Abs. 1 FamFG greife hingegen ein, wonach die Beschwerde nur begründet werden solle. Eine Begründung sei demnach nicht zwingend.

Der Senat teilt die Meinung des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht. Der Auffassung ist deswegen nicht zu folgen, weil das IntFamRVG im Verhältnis zum FamFG die speziellere und damit vorrangig anzuwendende Regelung ist. In § 40 Abs. 1 Satz 1 IntFamRVG ist nicht auf § 65 Abs. 2 FamFG verwiesen. Damit kann das Beschwerdegericht in HKÜ-Verfahren dem Beschwerdeführer keine Frist zur Begründung der Beschwerde setzen. Dies ist auch nicht erforderlich, weil die Beschwerde nach dem Gesetzeswortlaut innerhalb der zweiwöchigen Einlegungsfrist zu begründen ist. Aus dem fehlenden Verweis auf § 65 Abs. 2 FamFG kann deshalb nichts gegen die gesetzlich vorgesehene Begründungspflicht abgeleitet werden. Vielmehr entspricht die Notwendigkeit einer Begründung nicht nur dem Gesetzeswortlaut, sondern auch der Gesetzessystematik. Die in § 40 Abs. 3 IntFamRVG vorgesehene unverzügliche Prüfung, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung anzuordnen ist, wäre ohne eine sofortige Begründung innerhalb der Einlegungsfrist kaum sinnvoll umsetzbar.

Die Beschwerde enthält keine fristgerechte Begründung, denn im Schriftsatz der Vertreter der Mutter vom 1.10.2015 wird nicht ausgeführt, aus welchen Gründen die Entscheidung des Familiengerichts Bamberg vom 17.9.2015 nach deren Auffassung unrichtig sein soll. Die Ausführungen, die Entscheidung des Familiengerichts in den Niederlanden solle abgewartet werden, richtet sich nicht gegen die inhaltliche Richtigkeit der getroffenen Entscheidung.

Die mit Schriftsatz vom 16.11.2015 eingereichte Beschwerdebegründung ist nach Ablauf der Frist des § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG eingegangen und damit verspätet.

Ein Abwarten der Entscheidung des Gerichts in den Niederlanden ist nicht möglich, da aufgrund des in HKÜ-Verfahren geltenden Beschleunigungsgebotes grundsätzlich innerhalb von 6 Wochen nach Eingang des Antrages bzw. in der Beschwerdeinstanz nach Eingang der Beschwerde eine Entscheidung zu treffen ist ( Art 11 Abs. 3 EuEheVO). Die Beschwerde ist am 8.10.2015 beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen; die 6-Wochen-Frist endet daher am 19.11.2015. Dem Vorschlag der Verfahrensbeiständin in ihrer Stellungnahme vom 17.11.2015, die Entscheidung des Gerichts in B. abzuwarten, konnte daher nicht entsprochen werden.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde, da sie nicht innerhalb der Frist des § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG begründet wurde, als unzulässig zu verwerfen.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist mit der Hauptsacheentscheidung erledigt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Nr. 2 IntFamRVG, 84 FamFG.

Der Verfahrenswert war gemäß §§ 14 Nr. 2 IntFamRVG, 45 Abs. 2 Nr. 1 FamGKG auf 3.000,00 € festzusetzen.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft (§ 40 Abs. 2 Satz 4 IntFamRVG).

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(1) Die Beschwerde soll begründet werden. (2) Das Beschwerdegericht oder der Vorsitzende kann dem Beschwerdeführer eine Frist zur Begründung der Beschwerde einräumen. (3) Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden

(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam. (2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Un

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(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam.

(2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 Satz 1 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt.

(3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden.

(1) Die Beschwerde soll begründet werden.

(2) Das Beschwerdegericht oder der Vorsitzende kann dem Beschwerdeführer eine Frist zur Begründung der Beschwerde einräumen.

(3) Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(4) Die Beschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam.

(2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 Satz 1 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt.

(3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden.

(1) Die Beschwerde soll begründet werden.

(2) Das Beschwerdegericht oder der Vorsitzende kann dem Beschwerdeführer eine Frist zur Begründung der Beschwerde einräumen.

(3) Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(4) Die Beschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam.

(2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 Satz 1 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt.

(3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden.

Soweit nicht anders bestimmt, entscheidet das Familiengericht

1.
über eine in den §§ 10 und 12 bezeichnete Ehesache nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
über die übrigen in den §§ 10, 11, 12 und 47 bezeichneten Angelegenheiten nach den für Kindschaftssachen geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam.

(2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 Satz 1 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt.

(3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden.