Landgericht Weiden Beschluss, 23. Feb. 2018 - 2 Qs 7/18

bei uns veröffentlicht am23.02.2018

Gericht

Landgericht Weiden

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten hin wird der Haftbefehl des Amtsgerichts Weiden i.d.OPf. (1 Gs 161/18) vom 06.02.2018 aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Gegen den Beschuldigten wurde am 06.02.2018 Untersuchungshaft angeordnet, weil er des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gem. §§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, Anlage III zu § 1 BtMG, 95 Abs. 1 Nr. 4, 43 Abs. 1 S. 2, 2 Abs. 2 AMG, 52 StGB verdächtig ist.

Zwar steht aufgrund der bisherigen Ermittlungen fest, dass der Beschuldigte am 05.02.2018 gegen 09:30 Uhr bei der Kontrolle auf dem Parkplatz Ullrichsberg an der A6 bei Waidhaus im Besitz von 14 Gefrierbeuteln mit je einer Menge von etwa 1 Kg eines Coffein-Paracetamol-Gemisches, mithin insgesamt 13.986 Gramm, war. Laut Auskunft des Zollfahndungsamtes München vom 06.02.2018 (Bl. 13 d. A.) handelt es sich hierbei um ein gängiges Streckmittel für das Betäubungsmittel Heroin.

Eine Strafbarkeit des Beschuldigten nach den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes scheidet aus.

Nach gesicherter Rechtsprechung bleibt der Transport eines Streckmittelgemisches, das keine Betäubungsmittel enthält, nach dem BtMG straflos, wenn weder festgestellt werden kann, dass der Angeklagte durch den Transport ein bestimmtes eigenes Rauschmittelgeschäft gefördert hat, noch dass er mit dem Transport des Streckmittels zu einem bestimmten Betäubungsmittelgeschäft eines anderen einen Beitrag als Gehilfe leisten wollte (vgl. BGH StV 1995, 524).

So verhält es sich hier.

Im vorliegenden Fall liegen weder Anhaltspunkte für eine Einbindung des Beschuldigten in eine Organisation, für die er gehandelt haben könnte, vor, noch können Feststellungen zu einem konkreten Betäubungsmittelgeschäft, für welches das Streckmittel bestimmt gewesen wäre, getroffen werden. (vgl. hierzu auch Körner, BtMG, 7. Auflage, § 29, Teil 4, Rdnr. 22).

Inwieweit eine Strafbarkeit nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes in Betracht kommt, kann derzeit offen bleiben. Bei einer Mischung wie der vorliegenden aus Paracetamol und Coffein handelt es sich jedenfalls nicht um ein sogenanntes bedenkliches Arzneimittel i. S. d. § 5 ArzneimittelG, sondern lediglich um ein in dieser Kombination auch in der Schmerztherapie eingesetztes, zwar apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtiges Medikament. Eine Strafbarkeit nach § 96 Nr. 4 ArzneimittelG ist bei derzeitigem Sachstand völlig offen, es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte, der sich zur Sache nicht einlässt, das Arzneimittelgemisch genau so, wie es bei ihm aufgefunden wurde, zuvor übernommen hatte.

Nach allem kann von einem dringenden Tatverdacht derzeit nicht ausgegangen werden.

Kosten: § 467 StPO anlaog Vizepräsident des Landgerichts Richter am Landgericht Richter am Landgericht

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Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 1 Betäubungsmittel


(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrat

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(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffe oder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenommen werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.