Landgericht München II Endurteil, 11. Juli 2019 - 9 O 2187/18

published on 11/07/2019 00:00
Landgericht München II Endurteil, 11. Juli 2019 - 9 O 2187/18
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Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die Beklagten dem Kläger 3/5 aller entstandenen und noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 28.10.2016, das der Kläger auf der T Hütte erlitten hat, gesamtschuldnerisch zu ersetzen haben, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

II. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 2.348,94 € zu bezahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner 3/5 zu tragen.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Sturz aus einem Gebäude der Beklagten geltend.

Der Beklagte zu 1) stellte dem Kläger einen entgeltlichen Schlafplatz in Zimmer 8 im ersten Stock seiner „T Hütte“ in der Nacht von 28.10.2016 auf 29.10.2016 zur Verfügung.

Der Beklagte zu 2) betrieb zum Unfallzeitpunkt den Ausschank auf der Hütte sowie nahm vertretend für den Beklagten zu 1) die Organisation und Verwaltung der Vermietung wahr.

Der Kläger nahm Speisen und Alkohol zu sich, welche ihm von Personal des Beklagten zu 2) überlassen wurden. Jedenfalls noch vor 21.30 Uhr begab sich der Kläger in das ihm in Zimmer 8 im ersten Obergeschoss zugeteilte Bett (vgl. zur Lage des Zimmers Anlage B 3; unter der „B“-Nummerierung zitierte Beklagtenanlagen sind nachfolgend solche des Beklagten zu 2)). Nach Wahrnehmung seines Begleiters war der Kläger zu diesem Zeitpunkt betrunken und hatte einen leicht wankenden Gang; er habe jedoch gewusst, was er tue (vgl. Anlage B 7).

Zimmer 8, in welchem der Kläger schlief, befindet sich - von der Mitte des Gebäudes aus gesehen - am linken Ende eines Ganges. Daneben - und zwar, wenn man nicht nach links in Zimmer 8 geht, sondern geradeaus zum Ende des Ganges blickt - befindet sich eine Türe, welche über eine kleine Trittstufe (vgl. hierzu Bild 8 der polizeilichen Lichtbildtafel, Bl. 68 der Ermittlungsakte der StA München II 35 Js 45834/16) auf ein ca. 1,20 m breites Gittermetallpodest führt, welches ca. 3,50 m über einem ebenerdigen, vor der Hütte verlaufenden Kiesweg liegt. Dieses Podest hatte entgegen dem beim Landratsamt eingereichten Bauplan keinerlei Umwehrung; in der Baugenehmigung selbst war eine solche Umwehrung allerdings nicht verzeichnet. An der Tür befand sich in Augenhöhe der rot umrandete Hinweis „Nur im Brandfall öffnen“ (vgl. Anlagenkonvolut B 4). Über der Türe war ein Notausgangszeichen angebracht. Die Türklinke zeigt im geschlossenen Zustand senkrecht nach unten und muss zum Öffnen ca. 90° nach links oben gedreht werden. Im Gegensatz hierzu sind Türklinken üblicherweise, so auch bei der Tür zum Zimmer 8, waagerecht angeordnet, müssen zum Öffnen nach unten gedrückt werden und werden nach Betätigen aufgrund der Mechanik wieder in ihre waagerechte Ausgangsstellung zurückgeführt.

Nach Mitternacht wurde der Kläger auf einer abschüssigen Wiese aufgefunden, welche sich unterhalb einer abfallenden SteinmA befindet, die wiederum als Befestigung des vor der Hütte befindlichen Kiesweges dient.

Mit Schreiben vom 22.03.2017 forderte der Kläger die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1) auf, ihre Einstandspflicht bis zum 05.04.2017 zu erklären. Mit Schreiben vom 20.02.2017 antwortete diese, dass sie das Ergebnis der Ermittlungen abwarten wolle; gleichzeitig erkundigte sie sich nach dem der Stand der Heilbehandlungen. Mit Schreiben vom 05.12.2017 forderte der Kläger die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1) nochmals auf, ihre Einstandspflicht nunmehr bis spätestens 20.12.2017 zu erklären und einen Schmerzensgeldvorschuss i. H. v. 100.000,00 € zur Anweisung zu bringen (vgl. Anlagenkonvolut K 3).

Der Kläger behauptet, er habe auf dem Rückweg zu seinem Zimmer nach einem Toilettenbesuch in dem unbeleuchteten Gang seine Zimmertüre mit der unmittelbar daneben liegenden ungesicherten und unbeleuchteten Fluchttüre des Notausgangs verwechselt. An dem streitgegenständlichen Ausgang seien bereits mehrere Personen verunfallt. Er sei von dem Podest nach unten gestürzt und habe sich dabei Verletzungen zugezogen - unter anderem eine Paraplegie. Der Beklagte zu 2) habe zu dem Zeugen Sch gesagt, dass er bereits mehrfach Kinder von dem Podest geholt habe und dass sich eine Person beim Versuch dort herunter zu klettern verletzt habe.

Der Kläger meint, an der Plattform hätte nach einschlägigen bausicherheitsrechtlichen Vorschriften ein Geländer angebracht sein müssen. Zudem sei es entgegen Art. 37 (gemeint ist wohl Art. 34) Abs. 2 S. 1 BayBO a. F. zu klein und entgegen Art. 37 Abs. 2 S. 3 BayBO a. F. seien weniger als drei Stufen vorhanden. Auch liege ein Verstoß gegen DIN EN 1838 vor, nach welcher seit Juli 1999 ein dauerhaft beleuchtetes Notausgangsschild an der Türe hätte angebracht sein müssen. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf Klageseite betrügen 2.706,66 €.

Der Kläger beantragt,

I. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch dem Kläger alle entstandenen und noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 28.10.2016, das der Kläger auf der T Hütte erlitten hat, zu ersetzen haben, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, bzw. übergehen werden.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.706,66 € seit dem 21.12.2017 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte zu 2) behauptet, der Gang sei zum Unfallzeitpunkt mit Hilfe eines Bewegungsmelders beleuchtet gewesen. Auf den Weg vor der Hütte und den dahinterliegenden Hang wäre zum Unfallzeitpunkt Licht durch die im Erdgeschoss unter dem Notausgang liegenden Fenster der Wirtsstube gefallen, welches durch die Glasscheiben der Notausgangstüre zu sehen gewesen wäre. Auch der Mondschein habe den Bereich vor der Hütte erleuchtet. Der Kläger hätte daher erkennen können, dass die Plattform nicht umwehrt war. Gegen 21.00 Uhr habe der Begleiter des Klägers, der Zeuge Sch, von der neben dem Zimmer befindlichen Plattform hinter dem Notausgang aus dem ersten Stock nach unten uriniert, wobei Urin u. a. auf das Fensterbrett geplätschert sei. Nach dem Unfall habe der Kläger eine geöffnete Hose gehabt, die sich unterhalb des Gesäßes befunden habe; anscheinend habe auch er die Plattform zum Urinieren missbraucht.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen biomechanischen Gutachtens des Dr. Dipl.-Ing. A, weiter durch Einvernahme der Zeugen P, S und St W, H, Sch, D und K sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 17.01.2019 und 09.05.2019 sowie auf das Gutachten vom 08.02.2019 (Bl. 161-167 d. A.) verwiesen. Der geänderte Klageantrag vom 11.06.2019 ist den Beklagten lediglich formlos übersandt worden (Thomas/Putzo 40. Aufl. § 296a Rn. 1 aE mwN.). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen vom 17.01.2019 und 09.05.2019 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige - zum Feststellungsantrag vgl. BGH NJW 2003, 2827 f. - Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

A.

Unter dem Gesichtspunkt baulicher Mängel stehen dem Kläger vertragliche (§ 280 BGB) Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1) und deliktische Ansprüche (§ 823 BGB) gegen den Beklagten zu 2) in Höhe von 3/5 des ihm entstandenen Schadens zu.

I. Die Beklagten haben ihnen obliegende Verkehrssicherungspflichten verletzt.

1. Die Verkehrssicherungspflichten im Beherbergungsgewerbe lassen sich nicht umfänglich auf Berghütten übertragen. Wo beispielsweise erkennbar Treppen schmaler und steiler sind, als üblicherweise in Hotels, hat sich der Gast einer Berghütte hierauf einzustellen; dies gilt auch dann, wenn es sich um sicherheitsrelevante Verkehrsflächen handelt, z. B. die einzige Fluchtmöglichkeit. Denn es ist einer Berghütte immanent, dass sie unter anspruchsvolleren Erschließungsbedingungen in landschaftsschonender Weise, also unter sparsamer Nutzung von Platz und übrigen Ressourcen errichtet und betrieben wird. Mit dem Bergsport sind nicht nur ein reduzierter Komfort, sondern auch geringere Sicherungsvorkehrungen verbunden im Vergleich zu dicht besiedelten und erschlossenen Regionen unserer westlichen Zivilisation (vgl. ähnlich zu den Verkehrssicherungspflichten in Bezug auf Bergwege: Ebert VersR 2006, 899 ff.). Das gilt für Berghütten jedenfalls dann (in entsprechender Weise wie bei Bergwegen), wenn ihr Charakter - insbesondere ihre Lage - von den Erschwernissen geprägt sind, die die unebene Landschaft und die Abgeschiedenheit von der Zivilisation mit sich bringen. Während ein Gast in einem mit dem PKW erreichbaren Berghotel tendenziell den allgemeinen Sicherheitsstandard eines Beherbergungsbetriebes erwarten wird, können dort nur reduzierte Verhältnisse vorausgesetzt werden, wo Erreichbarkeit, Lage und Charakter der Berghütte die Kargheit der Verhältnisse und die Schwierigkeit ihrer Erschließung erkennen lassen. Die streitgegenständliche Hütte gehört tendenziell zu der zweitgenannten Gruppe. Ihre Lage unter der steilen und hohen Nordwand der Benediktenwand lässt ebenso wie die Unerreichbarkeit mit einem PKW von vorneherein erkennen, dass es sich um eine echte Berghütte und nicht um einen Hotelbetrieb handelt. Für jeden Gast ist gerichtsbekannt erkennbar, dass die Hütte nicht mit einem PKW beliefert werden kann, sondern dass die Belieferung die Nutzung eines Lastenaufzugs über etliche hundert Meter voraussetzt.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Beklagten auf jedwede Sicherheitsvorkehrungen verzichten können. Die streitgegenständliche Hütte befindet sich im gut frequentierten Einzugsbereich der Münchner Wochenendtouristen und hat daher in jeder Saison sicherlich eine stattliche Zahl an Gästen. Es ist den Beklagten mithin offensichtlich wirtschaftlich möglich, einen Teil ihrer Einnahmen zum Unterhalt grundlegender Sicherungsmaßnahmen einzusetzen. Die Besucher der streitgegenständlichen Hütte dürfen daher darauf vertrauen, dass basale Maßnahmen ergriffen werden, die erforderlich sind, um Leib und Leben vor wesentlichen Gefahren zu schützen. Das gilt insbesondere in Bezug auf einen suffizienten Brandschutz. Das Vorhandensein zweier verlässlicher Fluchtmöglichkeiten aus dem ersten Stock der streitgegenständlichen Holzhütte ist hierbei von zentraler Bedeutung. Insbesondere, wo nach dem äußeren Anschein Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden sind, darf der Gast einer bewirtschafteten Berghütte auch darauf vertrauen, dass die vorhandenen Sicherungsmittel in einigermaßen suffizienter Weise ihren Zweck erfüllen. Konkret für Treppen bedeutet das, dass sie zwar steiler und schmaler sein dürfen, als übliche Fluchttreppen, aber zumindest dann über ein Mindestmaß an Absturzsicherheit verfügen müssen, wenn es sich nach dem äußeren Anschein tatsächlich auch um eine Treppe und nicht nur eine Notbehelfslösung handelt (wie beispielsweise eine vorgehaltene Strickleiter zum Abklettern aus einem Fenster, was bei Berghütten vereinzelt auch anzutreffen ist). Dass die Betreiber von Berghütten nicht frei von jeder Verkehrssicherungspflicht sind, ist allgemein anerkannt (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2017, 624).

Zusammenfassen lassen sich die vorstehenden Erwägungen wie folgt:

„Niemand ist von vorneherein verpflichtet, andere Menschen vor Gefahren zu schützen, die von der Natur - also dem Gebirge - ausgehen. Wer jedoch Infrastruktur (ausgeschilderte und/oder markierte Wege, Versicherungen oder Hütten) für den allgemeinen oder den Besucherverkehr anlegt, ist zu deren Absicherung in verkehrsüblichem Rahmen insbesondere gegen unerwartete Gefahren und zu ihrer sicherheitstechnischen Instandhaltung verpflichtet, bis die Einrichtungen erkennbar gesperrt oder aufgelassen werden. Die gebotenen Sicherungsmaßnahmen entsprechen nicht den Standards im städtischen Bereich, sondern sind der Situation angemessen anzupassen. Bei vergleichsweise zivilisationsähnlich gestalteten Einrichtungen (z. B. leicht zu Fuß erreichbare Hütten mit unbegrenztem Alkoholausschank und ggf. auch zahlreichem Komfort oder breite und ebene Wege) gelten relativ hohe Anforderungen; je schwerer die angelegte Infrastruktur erreichbar ist bzw. je alpiner Charakter und Umgebung sind, umso niedrigerer sind die Anforderungen. Ein gewisser Mindeststandard, der zum Schutz vor Lebensgefahren unerlässlich ist, darf jedoch niemals unterschritten werden. Das gilt beispielsweise für den Brandschutz bei Gebäuden in Holzbauweise. Die Ausgestaltung der schützenden Einrichtungen darf situationsadäquat reduziert ausgeführt werden. So können z. B. steilere Treppen und schmalere Fluchtwege in Kauf genommen werden. Zumindest bei zu Fuß gut erreichbaren Hütten mit nicht unerheblichem Alkoholausschank haben die Fluchtwege aber so beschaffen zu sein, dass sie von der Kapazität her die potentiell flüchtenden Personen im Brandfall zügig und gefahrlos aufnehmen können. Dabei darf unterstellt werden, dass die flüchtenden Personen konstitutionell in der Lage sind, solche Erschwernisse zu bewältigen, die sie auf dem Zustieg zur Hütte bereits bewältigt haben. Wenn beispielsweise eine Hütte nur auf einem Weg mit leichter Kletterei (z. B. auf der Skala nach UIAA I - II) erreichbar ist, ist es nicht zu beanstanden, wenn auf einem Fluchtweg eine kleine Stufe von ca. 1 Meter abgeklettert werden muss, soweit das ohne größere Gefahren (durch z. B. einen Abgrund dahinter) möglich ist. Bei Qualm, Dunkelheit und Panik kann es in solchen Situationen freilich sein, dass der Flüchtende stolpert und/oder stürzt. Das kann aber bei sehr schwerer Erreichbarkeit einer Hütte noch hinnehmbar sein, wenn die Sturzhöhe nicht zu hoch ist (also z. B. bis max. 1 Meter). Bei zu Fuß hingegen gut erreichbaren Hütten darf sich der Besucher zwar nicht auf dieselbe Breite und Flachheit der Wege und Treppen wie im städtischen Hotelgewerbe verlassen, größere Hindernisse und Gefahren braucht er aber nicht zu erwarten. Die Möglichkeit, von einem ausgeschilderten, aber nicht umwehrten Fluchtweg über eine Höhe von mehr als 3 Metern abzustürzen, braucht ein Besucher einer bewirtschafteten Berghütte keinesfalls in Erwägung zu ziehen. Generell gilt: Soweit der Eindruck einer bestehenden Sicherung geschaffen wird, ist auch eine adäquate Ausgestaltung dieser Sicherung erforderlich. Beispielsweise sind angebrachte Drahtseilversicherungen auf einem ausgeschilderten Weg so instand zu halten, dass sie nicht ausreißen, wenn hierbei ein Absturz droht. Und ausgeschilderte Fluchtwege sind gegen unerwartete und unübliche Gefahren abzusichern. Wo hingegen Gefahren des Gebirges unabhängig von menschlichen Eingriffen in die Natur bestehen und die Gefahr des Kontakts mit üblicherweise nicht erwarteten Gefahren durch die Schaffung von Infrastruktur nicht erhöht wird, sind auch keine Sicherungsmaßnahmen geboten.“

2. Vor diesem Hintergrund stellt sich die damalige Absicherung des streitgegenständlichen Fluchtwegs als evident unzureichend dar.

Der Austritt zur Plattform ist als Fluchtweg beschildert. Diese Verkehrsfläche muss daher Gewähr dafür bieten, dass Personen auch dann sicher die Hütte verlassen können, wenn sie sich in Panik befinden und wegen Rauchs und/oder Dunkelheit nicht verlässlich orientieren können. Ohne Geländer vermag die Plattform diesen Anforderungen nicht im Ansatz Genüge zu tun. Dies gilt - wie ausgeführt - für jede Berghütte und erst recht für die streitgegenständliche, denn sie ist zwar nicht mit einem PKW, jedoch für einen Bergwanderer gleichwohl ohne besondere Erschwernisse erreichbar. Es handelt sich um eine Hütte in zwar optisch alpiner Umgebung - sogar mit einer Vielzahl alpiner Kletterrouten in unmittelbarer Nähe, gleichwohl gehört sie zu den Bayerischen Voralpen, ist ohne besondere bergsteigerische Erfahrung erreichbar und wird von zahlreichen Wanderern aus dem Gebiet um München besucht.

Der Umstand, dass das fehlende Geländer von außen erkennbar war, ändert hieran nichts. Es handelt sich nicht um ein Detail, welches sich einem Besucher üblicherweise von vorneherein einprägt und in seinem Gedächtnis bleibt. Vielmehr: Der Einzelrichter hat in Erinnerung, die zum streitgegenständlichen Fluchtweg gehörende (und erst nach dem Unfall angebrachte) Treppe bei seinem privaten Besuch der Hütte im Juli 2018 gesehen zu haben. Er hat sie aber nur beiläufig betrachtet und nicht als Fluchtweg erkannt, sondern dachte, es sei ein Baugerüst. Er hat nicht zur Kenntnis genommen, dass sich über ihr ein Absatz befand und auch nicht darauf geachtet, ob dieser mit einem Geländer umwehrt war oder nicht. Erst bei Betrachtung der von dem Beklagten vorgelegten Bilder erinnerte sich der Einzelrichter und wurde darauf aufmerksam, dass dies der streitgegenständliche Fluchtweg war. Offensichtlich nimmt man gerade bei Betrachtung eines Gebäudes von außen nicht schon einmal vorsorglich zur Kenntnis, wie Fluchtwege abgesichert sind, vor allem dann nicht, wenn sie als solche von außen gar nicht gekennzeichnet sind.

3. Konkret liegt zudem ein Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 BayBO vor (vgl. die überzeugenden Darlegungen des Klägers auf S. 2 seines Schriftsatzes vom 30.11.2018).

4. Zur Diktion sowohl im Tatbestand wie auch nachfolgend ist vorab eine Klarstellung sinnvoll: Der Beklagte zu 2) hat auf S. 2 seines Schriftsatzes vom 13.02.2019 (Bl. 169 d. A.) bestritten, dass sich hinter der streitgegenständlichen Türe und vor dem nicht umwehrten Podest eine Stufe befände. Es handele sich lediglich um ein etwas kleineres Metallpodest. Von einer Stufe könne keine Rede sein. Unstreitig ist jedenfalls, dass dieses „kleinere Metallpodest“ genau dasjenige ist, welches auf Bild 8 der polizeilichen Lichtbildtafel (Bl. 68 der Ermittlungsakte der StA München II 35 Js 45834/16) sowie auf dem letzten Lichtbild der Anlage B 4 zu sehen ist. Zutreffend ist freilich, dass insoweit keine vielstufige Treppe zu sehen ist, sondern zwischen (ebenfalls erhöhter) Türschwelle und großem Podest nur dieses eine „kleinere Metallpodest“. Wenn man nach der Definition des Begriffes „Stufe“ recherchiert, findet sich in der Tat auf bautechnischen Webseiten wie auch auf Wikipedia die Angabe, gemeint sei ein Steigungselement einer Treppe. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Bestreiten des Beklagten zu 2) als durchaus nachvollziehbar dar. In diametralem Gegensatz zu diesem Verständnis stehen aber Sprachverständnis und Sprachgebrauch des zuständigen Einzelrichters. Für ihn kann eine „Stufe“ durchaus auch eine singuläre Trittfläche sein, welche einen Höhenunterschied zu benachbarten Flächen aufweist. Nur als solche wollen Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses „kleinere Metallpodest“ zwischen Türe und dem großen Metallpodest verstanden wissen. Ergänzend ist zu den räumlichen Gegebenheiten noch darauf hinzuweisen, dass sich auch im Gebäude vor der Türschwelle eine Stufe in diesem Sinn befindet (vgl. erstes Blatt der Anlage B 4), wobei diese in ihrer Höhe zwischen dem Flur und der Türschwelle liegt, während das außen befindliche „kleinere Metallpodest“ nach Angabe des Beklagten zu 2) dieselbe Höhe wie die Türschwelle aufweist (S. 2 seines Schriftsatzes vom 13.02.2019 (Bl. 169 d. A.)).

II. Der Kläger ist in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen.

Grundsätzlich dient ein Geländer an einem Fluchtweg nicht ausschließlich dem Schutz Flüchtender, sondern aller Personen, die sich - aus welchem Grund auch immer - auf dem Fluchtweg aufhalten, zumindest, sofern diese grundsätzlich in die Verkehrssicherungspflicht einbezogen sind (vgl. ähnlich OLG Karlsruhe NJW-RR 2017, 624, Rz. 25).

1. Der Kläger ist bereits von vorneherein in die Verkehrssicherungspflicht einbezogen. Auf die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kann sich der Kläger nur berufen, wenn die Beklagten mit seiner Gefährdung rechnen mussten. Nicht geschützt wäre der Kläger gewesen, wenn er sich unbefugt oder sonst in einer Weise verhalten hat, die die Beklagten ausgeschlossen haben, was allerdings nicht der Fall ist, wenn sich lediglich eine Gefahr verwirklicht hat, die auch bei einem Befugten aufgetreten wäre (Palandt/Sprau 77. Aufl. § 823 BGB Rn. 47 mwN.).

Vorliegend ist der Kläger schon deshalb in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen, weil er derselben Gefahr ausgesetzt gewesen wäre, wenn er sich befugtermaßen (d. h. im Brandfall) auf den streitgegenständlichen Fluchtweg begeben hätte (Palandt/Sprau 77. Aufl. § 823 BGB Rn. 47 mwN.). Die Wirkung der Verkehrssicherungspflicht ist deshalb grundsätzlich auf Befugte beschränkt, weil diese um das Risiko wissen und Unbefugte nicht damit rechnen dürfen, dass zu ihren Gunsten Sicherungsmaßnahmen getroffen werden (Staudinger/Hager (2009) BGB § 823 E 40 mwN.). Beide Aspekte sind vorliegend allerdings nicht einschlägig: Im Brandfall wäre der Kläger nicht besser über die Nutzung des Fluchtweges informiert gewesen, als außerhalb eines solchen Notfalls. Zudem durfte er durchaus damit rechnen, dass ein ausgeschilderter Fluchtweg nicht solche Absturzstellen aufweist, welche in der Dunkelheit nicht erkennbar sind; denn der Fluchtweg diente gerade auch seinem Schutz (im Brandfall). Mit anderen Worten: Die Verkehrssicherungspflichten in Bezug auf den streitgegenständlichen Fluchtweg dienten durchaus auch dem Schutz des Klägers. Der Umstand, dass seine Nutzung nur für den Brandfall vorgesehen war, führt nicht dazu, dass sich der Kläger nur bei Eintritt eines Brandes auf diese Verkehrssicherungspflichten berufen konnte (gegen eine zeitliche Limitierung von Verkehrssicherungspflichten auch: BGH VersR 1967, 752 f.). Denn der Kläger durfte davon ausgehen, dass eine als Fluchtweg ausgeschilderte Fläche grundsätzlich über ein Mindestmaß an Absicherung verfügt, auch wenn aktuell eine Fluchtsituation nicht vorlag. Denn typischerweise entstehen solche Notsituationen ohne jede Vorwarnung und daher muss ein Fluchtweg auch ohne weiteres benutzbar sein, ohne dass zuvor weitere Maßnahmen an ihm ergriffen werden. Insofern unterscheidet sich die Situation grundlegend von anderen Konstellationen, in welchen Verkehrssicherungspflichten für bestimmte Gebäudeteile von vorneherein verneint wurden (z. B. OLG Hamburg VersR 1997, 376: Klettern auf ein Dach; ebenso die beklagtenseits zitierte Entscheidung OLG Hamm NZV 2001, 471: Nächtliches unbefugtes Betreten einer Baustelle durch einen Erwachsenen: der Kläger betrat vorliegend gerade nicht ein komplettes Grundstück unbefugt, sondern benutzte, nachdem er sich im Gebäude befugtermaßen aufhielt, lediglich einen Verkehrsweg, welcher für die Nutzung außerhalb von Notfällen nicht konzipiert war). Vorliegend ist der Kläger nicht nur nach der Rechtsprechung, sondern auch nach der herrschenden Lehre in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten einbezogen, weil sich die Missachtung der Zweckbestimmung vorliegend zweifelsfrei nicht risikoerhöhend ausgewirkt hat (vgl. hierzu Staudinger/Hager (2009) BGB § 823 E 51 f. mwN.); im Gegenteil: im Fluchtfall wäre infolge der dabei verbreiteten Panik sowie evtl. hinzukommenden Gedränges die Absturzgefahr sogar noch größer gewesen (zumal nach Behauptung der Beklagten zum Unfallzeitpunkt noch gute Sicht gewesen sein soll, während die Flucht in Brandfall theoretisch auch bei Qualm und Nebel hätte stattfinden können, wenn man nicht einmal im Freien noch erblicken kann, was einen halben Meter vor einem liegt).

2. Ferner waren vorliegend Sicherheitsmaßnahmen (zugunsten gerade auch solcher Gäste wie dem Kläger) auch deshalb veranlasst, weil die Beklagten mit unvernünftigem Verhalten wegen des Einflusses von Alkohol rechnen mussten. So muss in Gaststätten die Tür, hinter der eine Treppe nach unten führt, auch dann verschlossen werden, wenn der Gast diese Treppe gar nicht benutzen soll (Staudinger/Hager (2009) BGB § 823 E 44 mwN.). Im vorliegenden Fall kam ein Verschluss der Türe freilich nicht in Betracht, weil es sich um einen Fluchtweg handelte. Indes war die Verkehrssicherheit auf dem Fluchtweg auch zugunsten solcher Personen herzustellen, die den Fluchtweg aus anderen Gründen als wegen eines ausgebrochenen Brandes nutzten.

3. Darüber hinaus waren die Beklagten zur Reaktion auch im Hinblick auf Gäste wie dem Kläger deshalb verpflichtet, weil sie merkten, dass die Beschränkungen der Verkehrswidmung nicht beachtet werden (Staudinger/Hager (2009) BGB § 823 E 40 mwN.).

Die Zeugen Sch und D haben übereinstimmend angegeben, dass ihnen der Beklagte zu 2) in der Woche nach dem Unfall gesagt habe, schon Kinder von dem Podest geholt zu haben und dass sich auch schon einmal jemand dort einen Fuß verstaucht habe.

a. An der Richtigkeit dieser Angabe besteht kein Zweifel. Beide Zeugen haben den Sachverhalt unabhängig voneinander mit abweichenden Formulierungen, aber im Kern identisch geschildert. Die Verlässlichkeit der Angaben des Zeugen Sch kann an dieser Stelle dahinstehen. An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen D besteht jedoch kein Zweifel. Der Zeuge D hat differenziert und ohne Belastungseifer von dem damaligen Gespräch berichtet. Seine Aussage enthielt Aspekte, die zuvor noch keiner zur Sprache gebracht hatte (z. B. die geöffnete Türe gegenüber von Zimmer Nummer 8 nach dem Unfall). Offensichtlich hat der Zeuge D aus seiner eigenen Erinnerung heraus von einem realen Geschehen, nicht aber von einer gemeinsam ausgedachten Begebenheit berichtet. Der Beklagte zu 2) hat diese Äußerungen zwar als von ihm nicht stammend bestritten. Allerdings gab es auch noch andere Ungereimtheiten in der Aussage des Beklagten zu 2). Namentlich hat er angegeben, die Zeugin H habe ihm berichtet, Herr Sch sei nach dem Aufkommen von Flüssigkeit am Fenster vor dem Stammtisch in Zimmer 8 verschwunden. Die Zeugin H hat hingegen angegeben, dass sie Derartiges nicht beobachtet habe.

Damit besteht auch kein Zweifel, dass es tatsächlich diese Vorkommnisse gegeben hat.

Soweit der Beklagte zu 2) mit Schriftsätzen vom 13.02.2019 und 03.04.2019 gegenbeweislich die Zeugin H benennt, handelt es sich insoweit um kein taugliches Beweismittel, so dass diesem Beweisangebot nicht nachzukommen war. Es bleibt vollkommen unerfindlich, aus welchem Grunde die Zeugin bekunden können soll, dass es innerhalb einer sich über 19 Jahre erstreckenden Zeitspanne (so der Beklagte zu 2) selbst auf S. 8 dieses Schriftsatzes) bestimmte Vorfälle auf der Hütte nicht gegeben haben soll. Das Gegenteil ist nämlich der Fall: Selbstverständlich kann die Zeugin das gerade nicht ausschließen. Sonst hätte sie Tag und Nacht über 19 Jahre wie eine Überwachungskamera an einer bestimmten Stelle „montiert“ gewesen sein müssen und hätte darüber hinaus nicht schlafen dürfen. Hierauf hat die Kammer am 14.02.2019 hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 03.04.2019 konkretisierte der Beklagte zu 2) sein Vorbringen dahingehend, dass die Zeugin H Angaben machen könne, welche einen Zeitraum von 9 Jahren beträfen. Aus dem Umstand, dass der Zeugin H entsprechende Vorfälle innerhalb dieser 9 Jahre nicht bekannt wurden - welchen die Kammer durchaus als wahr unterstellt -, lässt sich indes nicht schließen, dass es sie nicht gab. Unergiebig ist auch der unter das Zeugnis von Frau H gestellte Vortrag, dass der Beklagte zu 2) ihr von früheren Vorfällen anlässlich des streitgegenständlichen Vorfalls berichtet hätte, wenn es sie denn gegeben hätte. Frau H ist Zeugin und keine psychologische Sachverständige. Es ist indes Aufgabe des Gerichts, sich ein Bild davon zu machen, was der Beklagte zu 2) wohl erklärt hätte und was nicht. Von der Hand zu weisen ist diese Überlegung zwar nicht, denn immerhin hat der Beklagte zu 2) - zur Überzeugung des Einzelrichters - schließlich gegenüber den Zeugen Sch und D von entsprechenden Vorkommnissen berichtet; man sollte meinen, dass er dann erst recht auch mit seiner Lebensgefährtin hierüber spricht. Allerdings stellt sich der Ablauf offensichtlich so dar, dass sich der Beklagte zu 2) nach dem Gespräch mit den Zeugen Sch und D gewahr wurde, dass sich die schweren Verletzungen des Klägers durch ein sorgsameres Achten auf die früheren Alarmzeichen hätten vermeiden lassen. Die hieraus resultierenden Scham- und Schuldgefühle erklären ohne Weiteres, dass der Beklagte zu 2) in der Folgezeit dann gerade nicht mehr mit Frau H über die früheren Ereignisse sprach und sie schließlich auch noch selbst verdrängte (vgl. ausführlich zur Beweiswürdigung betreffend die Erinnerung des Beklagten zu 2) unten Punkt V. 2. d. jj.). Völlig ungeeigneten Beweisangeboten braucht im Übrigen nicht nachgegangen zu werden (BGH NStZ 2000, 156 f.), wobei im Zivilprozess an die Eignung eines Beweismittels die gleichen Anforderungen gestellt werden, wie im Strafprozess (BGH NJW 2003, 2527).

b. Diese Vorfälle gaben besonderen Anlass zur Sicherung des Fluchtwegs. Der Beklagte zu 1) muss sich insoweit das Verschulden des Beklagten zu 2) gem. § 278 BGB zurechnen lassen; selbst, wenn nach der vertraglichen Gestaltung die alleinige Sicherungspflicht bei dem Beklagten zu 1) lag, so traf gleichwohl den Beklagten zu 2) die Pflicht, den Beklagten zu 1) auf außergewöhnliche Umstände oder Gefahren hinzuweisen, die ihm offenbar werden, dem Beklagten zu 1) anscheinend aber noch nicht bekannt sind. Diese Verpflichtung hat nicht nur eine deliktsrechtliche Grundlage, sondern ergibt sich auch aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag - zumindest bei dessen ergänzender Auslegung. Um solche Umstände handelte es sich vorliegend. Dem Beklagten zu 1) waren offensichtlich die Gefahren nicht bewusst, die sich aus der Bauweise des streitgegenständlichen Fluchtwegs ergeben; sonst hätte er Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu ändern.

III. Beide Beklagte sind passivlegitimiert.

1. Der Beklagte zu 1) haftet aus Vertrag.

2. Der Beklagte zu 2) haftet aus Delikt. Als Vertreter des Beklagten zu 1) in Bezug auf die Übernachtungen auf der Hütte traf ihn die Pflicht, den Beklagten zu 1) auf Gefahren hinzuweisen. Dies gilt auch für den vom Beklagten zu 2) geltend gemachten Fall (Bl. 84 d. A.), dass der Beklagte zu 1) von der Gefahr schon Kenntnis gehabt habe. Der Beklagte zu 2) hätte in diesem Fall noch noch eindringlicher auf die Behebung des Mangels drängen müssen.

Ob die Regelung in Ziff. 4.1 des Betriebsführungsvertrages (Anlage B 2) auch die Einhaltung baurechtlicher Vorschriften beinhaltet, kann dahinstehen. Jedenfalls ergibt sich aus der umfangreichen Übertragung von Kontroll- und Sicherstellungsaufgaben (vgl. Ziff. 2 des Betriebsführungsvertrages), dass der Beklagte zu 2) die Sektion auf bauordnungsrechtliche Mängel hätte aufmerksam machen müssen - zumindest, soweit sie, wie hier, Sicherheitsrelevanz haben; der Umstand, dass die Sektion nach seiner Auffassung Kenntnis davon hatte, entlastet ihn hierbei nicht. Nachdem er täglich auf der Hütte präsent war, vermochte er eher die Gefährlichkeit einzuschätzen, als die Sektion selbst. Der Beklagte zu 2) hatte die Beseitigung bauordnungsrechtlicher Mängel damit zumindest anzumahnen, auch wenn sie bekannt waren.

Der Beklagte zu 2) kann die Haftung auch nicht dadurch abwenden, dass er mit Nichtwissen bestreitet, dass die Beklagte zu 1) auf einen entsprechenden Hinweis von ihm eine Umwehrung angebracht hätte (vgl. S. 5 des Schriftsatzes des Beklagten zu 2) vom 13.02.2019). Zum einen trifft den Beklagten zu 2) die Beweislast dafür, dass sich bei (seinem) rechtmäßigen Alternativverhalten der Schaden ebenfalls realisiert hätte. Zum anderen hätte den Beklagten zu 2) bei einer Weigerung der Beklagten zu 1), das streitgegenständliche Podest hinreichend abzusichern, haftungsrechtlich eine Hinweispflicht gegenüber den Gästen und gaststättenrechtlich eine Pflicht zur Durchsetzung entsprechender Sicherungsmaßnahmen durch die Beklagte zu 1) getroffen (sei es auf dem Zivilrechtsweg oder durch eine entsprechende Anzeige bei den Ordnungsbehörden).

IV. Die Kausalität der fehlenden Umwehrung für den Sturz steht zur Überzeugung des Einzelrichters fest; zumindest wäre es zu dem Sturz in der Form, wie er sich ereignete, nicht gekommen.

1. Es besteht kein Zweifel, dass der Kläger von dem Podest heruntergestürzt ist.

a. Der Sachverständige Dr. Dipl.-Ing. A hat bekundet, dass die Verletzungen nur von einem Sturz aus einer Höhe erklärbar sind, die über der Höhe der SteinmA liegt. Die gleichzeitigen Frakturen an Wirbelsäule und Brustbein setzten ein massives Aufpralltrauma voraus. An der Richtigkeit der Ausführungen des gerichtsbekanntermaßen sehr erfahrenen Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Der Sachverständige hat schlüssig dargetan, dass der Kläger erhebliche Verletzungen erlitten hat und dass sich diese nicht bereits durch einen Sturz auf eine Wiese aus geringer Höhe erklären lassen.

b. Im Übrigen hat der Kläger glaubhaft bekundet, dass er von dem streitgegenständlichen Plateau abgestürzt ist. Dies sei aus der Bewegung heraus geschehen, unmittelbar im Zuge des Heraustretens; entweder infolge eines Stolperns oder eines Schritts ins Leere, weil die Fläche nach der Stufe auf tieferem Niveau lag.

An der Richtigkeit dieser Angaben besteht kein Zweifel. Der Kläger hat auf das Gericht den Eindruck einer um seriöse und aufrichtige Lebensführung bemühten Person gemacht. Sein hochgradig alkoholisiertes Verhalten auf der Hütte mit einem auch pöbelhaften Benehmen zumindest gegenüber einer Familie an einem anderen Tisch war ein offensichtlich alkoholbedingter Ausrutscher. Obwohl der Kläger ein erhebliches finanzielles Interesse am Ausgang des Prozesses hat, kann sich das Gericht nicht vorstellen, dass der Kläger vorsätzlich falsche Angaben macht, um möglichst günstig dazustehen. Der Kläger hat sehr differenziert von den Geschehnissen berichtet, die er noch in Erinnerung hatte. Er hat eingeräumt, zu etlichen Punkten keinerlei Erinnerung mehr gehabt zu haben. Zu anderen Punkten hat der Kläger angegeben, nur noch eine ungefähre Erinnerung gehabt zu haben (so glaube er, es sei auf dem Gang duster gewesen, könne das Gegenteil aber auch nicht ausschließen). Bei einigen Abläufen war sich der Kläger noch sicher. Dabei hat der Kläger auch eingeräumt, sich an Umstände nicht mehr erinnern zu können, bei dem es ein Leichtes für ihn gewesen wäre, für ihn günstige Umstände zu behaupten. So hat der Kläger angegeben, er könne sich an die genaue Schrittfolge nach Öffnen der Fluchttüre nicht mehr erinnern. Er wisse nicht, ob er von innen erst auf die Stufe oder gleich ins Leere getreten sei. Wenn der Kläger hier - entgegen der prozessualen Wahrheitspflicht - seine Angaben hier ins Blaue hinein konkreter gefasst hätte, hätte er den seinen Ansprüchen zugrundeliegenden Geschehensablauf noch dezidierter darstellen können. Auch hat der Kläger eingeräumt, auf dem Gang mit halb geschlossenen Augen gegangen zu sein, also auf dem Rückweg von der Toilette nicht die Sorgfalt walten gelassen zu haben, die man von ihm erwarten hätte können. Es ist schlichtweg vollkommen glaubhaft, dass sich der Kläger auch noch heute daran erinnern kann, über den streitgegenständlichen Fluchtweg abgestürzt zu sein. Anlass zu Zweifeln an der Verlässlichkeit der Aussage des Klägers gibt allenfalls der Umstand, dass der Kläger - ohne einschränkend hinzuzufügen, er sei sich nicht mehr sicher - zunächst angab, die Fluchttüre habe sich nach innen öffnen lassen, während er später auf Vorhalt einräumte, die Fluchttüre habe sich wohl nach außen öffnen lassen. Doch hierbei handelt es sich um ein Detail, in Bezug auf welches eine unbewusste Erinnerungslücke und ein nachfolgender Irrtum wegen der Vielzahl sämtlicher Umstände im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Sturz ohne weiteres verständlich sind. Gerade, wenn der Kläger bewusst die Unwahrheit bekundet hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass er zur Vorbereitung seiner Anhörung die ihm vorliegenden Erkenntnisquellen genau studiert, um möglichst glaubwürdig zu erscheinen. Zu diesen Quellen gehören auch die Lichtbilder, auf welchen eindeutig zu erkennen ist, dass die streitgegenständliche Fluchttüre nur nach außen hin geöffnet werden kann. Der klägerische Irrtum gerade in Bezug auf diesen Aspekt lässt vielmehr erkennen, dass die Angaben des Klägers tatsächlich auf der Erinnerung beruhte, soweit diese bei seiner Anhörung noch vorhanden war.

2. Legt man diese Feststellungen zugrunde, so besteht kein Zweifel, dass die fehlende Umwehrung des Podests zu den streitgegenständlichen Schäden führte.

a. Wenn ein Geländer vorhanden gewesen wäre, wäre der Kläger gegen dieses geprallt und nicht abgestürzt. Die Beweislast dafür, dass sich der Kläger durch einen Sturz gegen das Geländer dieselben Verletzungen zugezogen hätte, haben nach den Grundsätzen über die Behandlung hypothetischer Alternativursachen die Beklagten. Im Übrigen lassen sich solch zahlreiche und schwerwiegende Verletzungen nach den Ausführungen des Sachverständigen ohne ein Aufpralltrauma aus der entsprechenden Höhe ohnedies ausschließen.

b. Im Übrigen wäre auch über eine Beweislastumkehr in Bezug auf die Kausalität der fehlenden Umwehrung des Fluchtwegs für die Verletzungen nachzudenken. Der Bundesgerichtshof hat in Abkehr der früheren Rechtsprechung (OLG Köln, Urteil vom 22.08.2007, Az. 5 U 267/06) unlängst herausgearbeitet, dass auch jenseits des § 630h Abs. 5 BGB den Schädiger immer dann die Beweislast für die Nichtursächlichkeit seiner Sorgfaltspflichtverletzung für den Schaden trifft, wenn er eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht, die, ähnlich wie beim Arztberuf, dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dient, grob vernachlässigt hat, und diese Pflichtverletzung zur Hervorrufung des Schadens geeignet war (BGH, 3. Zivilsenat, NJW 2017, 2108 für die Tätigkeit eines Hausnotrufdienstes; BGH, 3. Zivilsenat, MedR 2018, 481, 483 für die Überwachungstätigkeit eines Bademeisters; kritisch hingegen die wohl hL, vgl. Katzenmeier MedR 2017, 94 f. sowie Laumen MedR 2018, 484 f.). Freilich sind die Sachverhalte vorliegend nicht identisch. Dabei hatten die Beklagten eine Organisationspflicht, die dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dient. Ähnlich wie beim Arztberuf war diese Organisationspflicht freilich nicht. Indes ist nicht so recht einzusehen, warum ein Betreiber einer Anlage auf dem Gebiet des Bewirtungs-, Beherbergungs- oder Vergnügungsbereiches weniger scharf haften soll als beispielsweise ein Mitarbeiter eines Hausnotrufdienstes oder ein Bademeister, wenn er Organisationspflichten gröblich verletzt, die dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dient. Diese Frage braucht hier letztlich nicht entschieden werden, weil - wie unter Punkt a. ausgeführt - nicht der leiseste Zweifel an der Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung für den Schaden besteht. Interessant wäre es allerdings durchaus, diese Frage einmal einer höchstrichterlichen Entscheidung zuzuführen. Daran, dass die den Beklagten obliegende Organisationspflichten grob verletzt wurden, besteht jedenfalls kein Zweifel. Im Brandfall hätte das Risiko bestanden, dass die Hüttengäste reihenweise in den Tod stürzen, weil sich bei Dunkelheit, Rauch und Panik erst recht ein geordneter und umsichtiger Abstieg nicht garantieren lässt.

V. Das Mitverschulden ist mit 2/5 zu bewerten.

Es besteht kein allgemeiner Grundsatz, dass bei Stürzen stets ein Mitverschulden anzusetzen ist (BGH NJW-RR 1997, 1109 ff.). Vielmehr kommen je nach Einzelfall Mitverschuldensquoten zwischen 0% (vgl. z. B. OLG München, Urt. v. 13.03.2018 - 1 U 4314/07) über 40% (OLG München VersR 2003, 518 f.) in Bereiche auch darüber in Betracht (vgl. z. B. OLG München, Urteil vom 28. Juli 2011 - 1 U 3579/10). Dabei wird die Verantwortung zur Abwendung eines Schadens idR. stets primär beim Geschädigten selbst liegen. Bei durchschnittlichen Unfallgeschehen stellt sich eine Mitverschuldensquote von 25% als zu niedrig dar, wenn der Unfall vermeidbar war - auch wenn eine Sorgfaltspflichtverletzung eines Dritten mitursächlich wurde (OLG München, Urteil vom 30. Juli 2009 - 1 U 1815/09).

Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt ein Mitverschulden vor, wenn ein sorgfältiger Mensch rechtzeitig hätte erkennen können, dass Anhaltspunkte für eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestehen, und er die Möglichkeit hatte, sich darauf einzustellen, z. B. bei erkennbar ungesichertem Baumaterial auf einem Fußweg oder einer Stufe zwischen Hotelzimmer und Zimmerflur. Wer überflüssige Gefahren auf sich nimmt, muss einen Teil seines Schadens selber tragen (MüKoBGB/Oetker, 7. Aufl. 2016, BGB § 254 Rn. 46 und 48 je mwN.).

Dazu gehört auch das Betreten unzureichend ausgeleuchteter Flächen.

Vorliegend erscheint ein Mitverschulden in Höhe von zwei Fünftel angemessen.

1. Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme von folgendem Sachverhalt überzeugt:

Der Kläger konsumierte am 28.10.2016 auf der T Hütte zwischen 17.00 Uhr und 21.00 Uhr neben einer Mahlzeit ca. drei bis fünf Weißbier, eine Flasche Wein und 4 Schnäpse. Gegen Ende dieses Zeitraumes stürzte der Kläger erst einmal im Freien, verlor hierbei seine Brille und zog sich eine Kopfverletzung zu; kurze Zeit später stieß er so gegen einen Tisch, dass sich die dort sitzende Familie ängstigte, er könne nachts in ihr Zimmer kommen. Der Kläger legte sich anschließend ins Bett von Zimmer 8 und suchte wahrscheinlich nicht vor 23.00 Uhr, definitiv aber vor 23.45 Uhr die Toilette auf. Nach dem Urinieren blieb der Reisverschluss seiner Hose geöffnet. Er ging mit gesenktem Blick und halb geschlossenen Augen zurück. Zu diesem Zeitpunkt waren der Gang und die streitgegenständliche Fluchttüre so gut beleuchtet, dass man ihr Aussehen und die angebrachten Schilder ohne Weiteres erkennen konnte. Dass sich hinter der Türe kein Zimmer, sondern ein unüberdachtes Podest befand, konnte man anhand des Aussehens der Türe wie eine Balkontüre zwar erahnen, von innen aber nicht erkennen. Anstelle seiner Zimmertüre öffnete der Kläger die Türe des Notausgangs, welche sich wie eine Balkontüre, allerdings nach außen, öffnen ließ. Er meinte, es handele sich um die Türe zu seinem Zimmer. Das Schild „Nur im Brandfall öffnen“ nahm er dabei nicht zu Kenntnis. Er manipulierte an dem Griff, der sich wegen seiner um 90 ° verdrehten Stellung nicht wie eine Zimmertüre öffnen ließ. Nach einigen Bewegungen öffnete sich die Türe nach außen, der Kläger trat nach vorne und verlor den Sicheren Stand seiner Füße - entweder dergestalt, dass er über die Schwelle stolperte (im Sinne des Hängebleibens mit einem Fuß) oder durch einen großen Schritt nach vorne, welcher zu einem nachfolgend nicht mehr gebremsten Beugen des Kniegelenks des nach vorne gesetzten Fußes führte, weil das Niveau an der Stelle des Fußaufsetzens eine Stufe unterhalb des Höhenniveaus liegt, auf welchem sich der andere Fuß befand. Anschließend fiel der Kläger über die Kante des Podests nach unten auf die Steinmauer. Dabei zog er sich die mit der Klage geltend gemachten Verletzungen zu und rutschte oder schleuderte von dort noch einige Meter weiter nach vorne. Zum Unfallzeitpunkt hatte der Kläger eine Blutalkoholkonzentration in Anflutung auf oder sogar bereits schon von 1,8 Promille, evtl. sogar noch darüber.

2. Dieser Sachverhalt beruht auf folgenden Feststellungen:

a. Die Angaben des Klägers sind glaubhaft. Insoweit wird auf obige Ausführungen unter Punkt IV. verwiesen. Der Kläger hat nicht nur angegeben, sich an seinen dem Sturz vorhergegangenen Besuch der Toilette erinnert zu haben, sondern auch, dass er grundsätzlich wildes Urinieren vermeide und hierzu sogar Autofahrten in Kauf nehme.

b. Dass der Kläger auf der Terrasse einmal gestürzt war, hat die Zeugin H glaubhaft angegeben.

c. Ob der Zeuge Sch von der Plattform herunter uriniert hat (wofür allerdings Einiges spricht), kann dahinstehen. Dieser Umstand, wenn er denn tatsächlich zutrifft, zeigt allenfalls auf, dass man auf die Idee kommen könnte, an dieser Stelle seine Blase zu entleeren - das dies nicht ganz ausgeschlossen ist, ist aber ohnehin klar. Geradezu abwegig ist es jedoch, anzunehmen, dass der Kläger genau deshalb auf die Idee gekommen sein könnte, dort zu urinieren, weil dies der Zeuge Sch auch dort gemacht hat. Das würde schließlich voraussetzen, dass Herr Sch den Kläger darüber informiert hätte, dass man dort ganz gut die Notdurft verrichten könne. Auch wenn beide Herren befreundet sind, ist jedoch kaum vorstellbar, dass Herr Schaumburg - ein zum Unfallzeitpunkt 43-jähriger Geschäftsführer - gegenüber dem Kläger - von Beruf Steuerberater, mit einer Rechtsanwältin verheiratet - damit prahlt, vor die Hütte gepieselt zu haben. Vielmehr wäre offensichtlich ein solches Verhalten dem Betreffenden peinlich, selbst wenn man eine sehr gute Freundschaft und eine hochgradige Alkoholisierung unterstellt. Hinzukommt, dass der Zeuge S1. in diesem Fall die fehlende Umwehrung der Fluchtplattform bemerken hätte müssen. Wenn er denn überhaupt mit dem Kläger über den Ort seines Urinierens gesprochen hätte, dann hätte er Anlass gehabt, seinen Freund vor den Gefahren dieser Örtlichkeit zu warnen, nicht aber ihn zu derselben Handlung zu ermutigen.

d. Der Angabe des Beklagten zu 2), dass die Hose des Klägers nach dem Unfall bis unter sein Gesäß heruntergezogen war, schenkt das Gericht keinen Glauben.

aa. Zur Glaubhaftigkeit der Angaben des Beklagten allgemein wird auf vorstehende Ausführungen unter Ziff. II. 3. a) verwiesen.

bb. Der Kläger selbst hat glaubhaft angegeben, dass er zum Urinieren im Stehen üblicherweise lediglich den Reisverschluss seiner Hose geöffnet habe, diese aber stets nicht heruntergezogen habe. Damit wäre selbst dann nicht mit einer heruntergezogenen Hose zu rechnen gewesen, wenn der von den Beklagten zum Ort des Wasserlassens behauptete Sachvortrag zuträfe. Der Kläger hat ferner angegeben, er könne nicht ausschließen, dass sich seine Hose beim Robben hangaufwärts auf dem Boden verschoben habe. Dies erscheint jedoch ebenfalls nicht sonderlich wahrscheinlich, zumal der Sachverständige dem Kläger angesichts seiner schweren Verletzungen eine nur noch äußerst geringe Bewegungsfähigkeit nach dem Unfall bescheinigt hat. Im Übrigen: Selbst, wenn die Hose tatsächlich aus diesem Grunde unter das Gesäß gerutscht wäre, würde das gerade nicht auf das beklagtenseits behauptete Herunterurinieren von dem streitgegenständlichen Podest hindeuten.

Ein weiterer Aspekt spricht nach der Überzeugung des Vorsitzenden dafür, dass sowohl ganz allgemein wie im Besonderen auch bezüglich der Bekleidungssituation den Angaben des Klägers der Vorzug vor den Angaben des Beklagten zu 2) zu geben ist. Der Kläger hat angegeben, er gehe davon aus, dass er eine Funktionshose mit Gummizug und Reisverschluss getragen habe, welche oberhalb des Reisverschlusses am Hosenbund nicht zu öffnen gewesen sei. Dies sei die einzige Hose gewesen, welche nach dem Unfallereignis in seinem Kleiderschrank gefehlt hätte. Hierbei ist zweierlei bemerkenswert. Zum einen hat der Kläger offengelegt, dass es sich lediglich um einen Rückschluss gehandelt habe und dass er keine konkrete Erinnerung mehr an seine damalige Bekleidung gehabt habe. Zum anderen berichtete er von einer Hose, die man bei Bergsteigern kaum antrifft. Im Sortiment der in den letzten Jahrzehnten verkauften Berghosen sind derartig geschnittene Hosen nach Kenntnis des Vorsitzenden nicht oder höchstens als absolute Ausnahme anzutreffen gewesen. Zumindest war das auch offensichtlich auch die Einschätzung des Klägers, denn auf eine nochmalige Nachfrage des Vorsitzenden zu der Berghose korrigierte der Kläger den Vorsitzenden sogleich: „ich würde es Funktionshose nennen“ (protokolliert sind Nachfrage des Richters und Korrektur des Klägers nicht separat, sondern sogleich die inhaltliche Aussage des Klägers unter Verwendung des Begriffs „Funktionshose“) - gemeint war damit wohl eine Art Trainingshose aus synthetischen Materialien. Wenn der Kläger nun vorträgt, er habe zum Unfallzeitpunkt vermutlich eine Hose getragen, welche üblicherweise bei Bergsteigern nicht anzutreffen ist, so spricht dies dagegen, dass sich der Kläger dies ausgedacht hat; denn wenn der Kläger seine diesbezüglichen Darstellungen erfunden hätte, hätte es nahegelegen, von einem Bekleidungsstück zu berichten, welches häufiger bei Bergsteigern zu sehen ist, nicht aber einen nur kaum anzutreffenden (und damit unwahrscheinlichen) Tatbestand vorzubringen. Freilich hatte dieser vom Kläger vorgetragene Sachverhalt für ihn den Vorteil, behaupten zu können, die Wahrnehmungen des Beklagten zu 2) über eine nicht nur unter dem Gesäß befindliche, sondern auch offene Hose träfen nicht zu. Für dieselbe Stoßrichtung hätte der Kläger aber auch genügend andere Optionen unwahren Vortrags gehabt, welcher noch wahrscheinlicher gewesen wäre, als eine Funktionshose mit Gummizug auf einer mehr-(d. h. mindestens 2-)tägigen Bergwanderung. So hätte der Kläger beispielsweise wahrheitswidrig behaupten können, sich an die Auffindesituation noch erinnern zu können und die Hose zu diesem Zeitpunkt geschlossen gehabt zu haben.

Für die Richtigkeit der klägerischen Angaben spricht schließlich, dass der Kläger nicht auf den Zeugen Sch verzichtet hat, obwohl nach Aktenlage schon vor dem Beweisaufnahmetermin vom 17.02.2019 vieles dafür sprach, dass dieser tatsächlich gegen 21 Uhr an der streitgegenständlichen Stelle uriniert hat. Der Kläger, welcher diese Details nicht mit dem Zeugen Sch besprochen zu haben scheint (er bestritt dessen Verhalten nicht qualifiziert, sondern lediglich mit Nichtwissen, und auch im Übrigen gab es Inkoherenzen in den Aussagen beider - z. B. die Frage, ob der Kläger das Bad vor dem Hinlegen aufgesucht hat oder nicht), hätte auf den Zeugen insbesondere wegen des Hinweises des Vorsitzenden vom 14.01.2019 verzichten können, dass das Herunterurinieren als solches nicht ein höheres Mitverschulden zu begründen vermag. Die Möglichkeit, seinem Freund die peinliche Situation zu ersparen, sich hierzu erklären zu müssen, nahm der Kläger anscheinend deshalb nicht in Anspruch, weil er dem Gericht gerade nicht einen konstruierten Sachverhalt zu unterbreiten versuchte, sondern weil er selbst erkennbar an einer umfassenden Aufklärung der Dinge interessiert war. Man merkte an dem aufgeschlossenen Interesse, welches der Kläger den Ausführungen aller Zeugen und auch des Beklagten zu 2) entgegenbrachte, dass der Kläger die damaligen Vorgänge während der Beweisaufnahme auch für sich selbst rekonstruierte und dass er versuchte, Details zu erfassen und mit seinen Erinnerungen in Einklang zu bringen. Das äußerte sich unter anderem auch darin, dass der Kläger sich mit den Dingen auseinandersetzte, welche der Beklagte zu 2) vortrug; beispielsweise wie er überlegte, wie seine Hose nach unten gerutscht sein könnte, während er sich auf dem Boden fortzubewegen versuchte.

ee. Die Zeugin H hat bekundet, dass die Hose des Klägers nicht heruntergezogen gewesen wäre. Stattdessen habe man gesehen, dass der Reisverschluss geöffnet gewesen wäre.

ff. Die Zeugen P und W haben keine Wahrnehmungen in Bezug auf die Hose des Klägers gemacht. Auch der Zeuge K konnte nicht angeben, dass die Hose nach seiner Erinnerung nach unten verrutscht gewesen wäre - und dies, obwohl der Zeuge die Sensibilität des Klägers in den Beinen bis zum Oberschenkel hin geprüft hatte!

gg. Die informatorisch angehörte Frau des Klägers hat schließlich glaubhaft angegeben, dass der Kläger nie eine karierte Boxershort besessen habe, welche der Beklagte zu 2) gesehen haben möchte.

hh. Hinzu kommt, dass die vom Beklagten zu 2) geschilderte Auffindesituation, dass die Hose sowohl unten im Bereich der Waden hochgeschoben gewesen wäre, und sich zusätzlich oben unterhalb des Gesäßes befunden habe, ebenfalls recht ungewöhnlich erscheint. In der Regel ist eine Hose gar nicht oder an einem der beiden Enden verschoben. Dass beides der Fall war, ist keineswegs ausgeschlossen, erscheint aber auch nicht sonderlich wahrscheinlich - und zwar auch dann nicht, wenn man unterstellt, der Kläger sei zum Wasserlassen auf das Podest getreten. Dieser Aspekt ist freilich weder für sich genommen besonders aussagekräftig, noch könnte er im Rahmen einer Gesamtbetrachtung den Ausschlag für eine der beiden diskutierten Sachverhaltsversionen geben. Zur Abrundung kann er allerdings durchaus mit berücksichtigt werden.

ii. Der Einzelrichter unterstellt dem Beklagten zu 2) dabei nicht, vorsätzlich die Unwahrheit angegeben zu haben. Vielmehr hat auch der Beklagte zu 2) den Eindruck vermittelt, um einen rechtschaffenden und ehrlichen Lebenswandel bemüht zu sein. In etlichen Punkten hat auch der Beklagte zu 2) Angaben gemacht, die davon zeugen, dass er nicht einfach ihm günstige Sachverhaltsversionen vollkommen frei erfindet. So hat der Beklagte zu 2) den Auffindeort differenziert sowie im ersichtlichen Bemühen um wahrheitsgemäße und detaillierte Angaben beschrieben. Ferner gibt es in vielen Punkten seiner Angaben Übereinstimmungen mit den Aussagen der übrigen einvernommenen Zeugen, insbesondere der Zeugen P, H und der Stammtischmitglieder. Schließlich hat der Beklagte zu 2) auch zu etlichen Fragen unumwunden eingeräumt, keine Wahrnehmungen gemacht zu haben - z. B. zu dem Verhalten des Klägers auf der Hütte vor dem Zahlvorgang gegen 21 Uhr. Gleichwohl war dem Beklagten zu 2) ein nicht unerhebliches Maß an Erregung anzumerken. Es war spürbar, dass der Beklagte zu 2) es für dreist hielt, dass der Kläger Ansprüche gegen die Beklagten geltend machte, und dass der Beklagte zu 2) seinerseits davon überzeugt war, der Kläger sage in mehreren Punkten die Unwahrheit. Insbesondere der Tonfall und die Formulierungen des Beklagten zu 2) in Bezug auf die Schilderung des Trinkverhaltens des Klägers ließen keinen Zweifel daran, dass die Gemütslage des Beklagten zu 2) von Empörung bestimmt war. Diese Empörung ist nachvollziehbar: Der Beklagte zu 2) ist mit einem Schuldvorwurf konfrontiert; das greift ihn persönlich an. Dies beruht auf der Evolution, denn früher hatte es existenzielle Konsequenzen, wenn man sich an der Gemeinschaft schuldig gemacht hatte (Stauss, Selbstvergebung durch Schuldkompetenz, 2015, 300 f.). Entlastung sucht der Beklagte wiederum dadurch, die überwiegende Schuld beim Kläger zu suchen, woraus die Empörung über das klägerische Verhalten resultiert. Empörung ist wiederum eine Hauptursache für Konflikte und kann selektive Erinnerung provozieren (vgl. Montada, JMBl Schleswig-Holstein Sonderdruck 2/2015, 14 ff.). Eine bloß selektive Erinnerung einzelner Geschehnisse aus der Gesamtheit aller wahrnehmbaren Vorgänge ist dabei ohnehin schon die Regel (Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, 27; Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellungen vor Gericht, 4. Aufl. 2014, Rn. 61 ff.). Zunächst erinnerte Vorgänge bleiben nicht dauerhaft im Gedächtnis, sondern werden mit dem Zeitablauf vergessen und durch neue Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen ergänzt bzw. verändert. Details verschmelzen, die Reihenfolge gerät durcheinander und das Erinnerungsbild wird in allen Punkten immer unklarer; frühere Erfahrungen aus ähnlichen Situationen oder Wunschbilder, wie es gewesen sein soll, füllen die entstandenen Lücken. Vergessenes Randgeschehen wird in der Meinung hinzuerfunden, es handele sich um Erinnerung. Insbesondere bei der Wahrnehmung von Folgen schlussfolgern wir auf die Ursachen, häufig ohne unterscheiden zu können, was wir wahrgenommen und was wir geschlussfolgert haben; je länger das Ereignis zurückliegt, desto weniger kann man diese Punkte trennen. Womit diese Lücken gefüllt werden, bemisst sich nach der Selbstwahrnehmung, den Wünschen und Erwartungen (Bender/Nack/Treuer aaO., Rn. 11, 42, 66, 70, 92- 94, 99, 120, 122, 130 und 154). In Folge unseres Strebens nach kognitiver Konsonanz behalten wir dabei bevorzugt solche Umstände in Erinnerung, welche sich mit unseren bestehenden Überzeugungen und Werten decken (Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, 41). Unsere Gedanken werden weiter in sublimer Weise durch innere Voraktivierungen beeinflusst (BA, Selbststeuerung, 5. Aufl., S. 99 -102). In besonderem Maße ist unsere Erinnerung Verzerrungen ausgesetzt, wenn der betreffende Sachverhalt emotionale Bedeutung für uns hat (Hüther, Was wir sind und was wir sein könnten, 6. Aufl. 2013, 76 f.; ähnlich: Holler, Trainingsbuch Gewaltfreie Kommunikation, 5. Aufl. 2010, S. 46). Diese in einem Rechtsstreit ohnehin regelhaften Vorgänge treten - wie ausgeführt - in besonderem Maße auf, wenn eine Partei mit einem massiven Verschuldensvorwurf konfrontiert ist - was hier beim Beklagten zu 2) offensichtlich wirksam wurde. Der Einzelrichter hat deshalb keinen Zweifel daran, dass der Beklagte zu 2) heute davon überzeugt ist, er habe den Kläger mit am Bund offener Hose auf dem Boden unterhalb des Gesäßes liegen sehen, obwohl dies nicht dem objektiven Sachverhalt entspricht.

Vor diesen Mechanismen der Verzerrung von Erinnerung ist natürlich auch der Kläger nicht gefeit, denn Streitgegenstand ist schließlich eine Verletzung, die seine körperliche Integrität ganz erheblich beeinträchtigt hat; das Erfahren einer körperlichen Versehrtheit greift uns massiv in unserem Selbstbild und auch in unserem Selbstwert an (vgl. BA, Selbststeuerung, 5. Aufl. S. 130). Auch, wenn man dem Kläger eine besondere Erregung während der Verhandlung vom 17.02.2019 nicht angemerkt hat, wäre die Annahme naiv, der Kläger würde an dem Prozess emotional im Wesentlichen unbeteiligt teilnehmen. Hinzu kommt, dass der Kläger während der Geschehnisse, von denen er berichten sollte, massiv alkoholisiert war. Gleichwohl ist bemerkenswert, dass der Kläger - teils massive - Erinnerungslücken unumwunden eingeräumt hat, bei einzelnen Punkten von vorneherein klargestellt hat, nur eine ungefähre Vorstellung zu besitzen, und bei einigen Aspekten Angaben gemacht hat, insoweit aber klargestellt hat, dass es sich um Schlussfolgerungen handele. Offensichtlich einem Irrtum aufgesessen war der Kläger - wie ausgeführt - nur in einem Punkt (nämlich der Frage, in welche Richtung die Fluchttüre zu öffnen war).

Die Einschätzung, der Beklagte zu 2) habe nicht vorsätzlich die Unwahrheit gesagt, gilt auch, soweit das Gericht - wie oben unter Punkt II. 3. a. dargestellt - davon überzeugt ist, dass der Beklagte zu 2) der Wahrheit zuwider bestritten habe, gegenüber den Herren D und Sch angegeben zu haben, schon mehrfach Kinder von dem Podest geholt zu haben und Kenntnis von einer Verstauchung wegen Kletterns an dieser Stelle gehabt zu haben. Ferner, soweit der Beklagte zu 2) bestritten hat, dass es derartige Vorfälle tatsächlich gegeben hatte. Wenn wir einmal durch starke Emotionen, die insbesondere durch Schuldvorwürfe hervorgerufen werden können, den Mechanismen einseitig selektiver Erinnerung und anderen - auch als Rationalitätsfallen - bezeichneten Mechanismen ausgesetzt sind, können sich unsere Gedanken und Überzeugungen in erstaunlicher Weise verändern; das belegt nicht nur die oben zitierte aussagepsychologische Forschung, sondern auch die alltägliche Erfahrung in der forensischen Aufarbeitung vergangener Sachverhalte. Es erscheint gut möglich, dass der Beklagte zu 2) Begebenheiten, die er Anfang November 2016 noch klar vor Augen hatte, binnen weniger Monate teilweise verdrängt und teilweise anders interpretiert hat, wobei auftretende Gedächtnislücken mit Mutmaßungen gefüllt wurden, die den Erinnerungen des Klägers einen neuen Sinn verleihen und in ein Bild passen, mit welchem keine oder geringere Nachlässigkeiten des Beklagten zu 2) verbunden sind. Dies alles als Folge der erstmals von Herrn Sch und Herrn D in den Raum gestellten Mutmaßungen sowie nachfolgend durch die Strafanzeige und die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers, mit welchen erhebliche, den Beklagten zu 2) emotional stark beschäftigende Schuldvorwürfe verbunden sind. Wenn der Beklagte zu 2) heute davon überzeugt ist, dass es derartige Zwischenfälle tatsächlich nicht gegeben habe, kann er sich konsequenterweise auch nicht mehr vorstellen, den Herren D und Sch von solchen berichtet zu haben.

Schließlich hat der Beklagte zu 2) zur Überzeugung des Einzelrichters auch insoweit nicht vorsätzlich die Unwahrheit gesagt, als er angab, die Zeugin H habe ihm gegenüber geäußert, sie habe noch gesehen, wie „Felix“ (Sch) nach dem Auftreffen von oben kommender Flüssigkeit vor das Stammtischfenster wieder in sein Zimmer gegangen sei. Eine ähnliche Angabe hat der Zeuge W gemacht. Am ehesten dürfte diese Erinnerung des Beklagten zu 2) und des Zeugen W - die schließlich mit der Erinnerung der Zeugin H gerade nicht übereinstimmt - daher stammen, dass es Missverständnisse am Stammtisch gab, was typischerweise eintreten kann, wenn sich mehrere Menschen miteinander über bestimmte Vorkommnisse, zumal in aufgelockerter Umgebung, unterhalten. So ist es beispielsweise denkbar, dass in demselben Moment, in dem die Zeugin H und der Beklagte zu 2) zum Stammtisch zurückkamen, ein anderes Stammtischmitglied gemutmaßt hat, da werde der „Felix“ wohl „heruntergepieselt“ haben (möglicherweise nannte dieses Stammtischmitglied in diesem Zusammenhang deshalb den Vornamen des Zeugen Sch, weil ihm beispielsweise der Vornahme des Klägers in dem Moment nicht mehr erinnerlich war). Nachdem anschließend die Zeugin H nicht mehr an dem Stammtisch saß, so kann es gut sein, dass nach einer Viertelstunde weiteren Gesprächs über dieses Thema mit den üblichen Verzerrungen, Ausschmückungen und Irrtümern schließlich alle Beteiligte davon ausgingen, die Information, Felix habe gepieselt, hätte von der Zeugin H selbst gestammt.

e. Die Angaben der Zeugin H waren nüchtern, präzise und auf das Wesentliche konzentriert. Insbesondere bestätigte Frau H nicht nur die Behauptung der Beklagten nicht, dass der Kläger seine Hose bis unter das Gesäß heruntergezogen gehabt hatte. Sie gab - entgegen dem Beklagtenvortrag - auch an, dass sie nach dem Auftreffen von Flüssigkeit gegen das Fenster vor dem Stammtisch oben auf dem Gang niemanden mehr gesehen habe. Es besteht damit kein Zweifel, dass die Angaben der Zeugin von Erinnerung an ein reales Geschehen getragen waren. Das Gericht schenkt der Zeugin auch Glauben, dass der Reisverschluss der klägerischen Hose geöffnet war. Rückschlüsse darauf, an welcher Stelle der Kläger seine Blase entleerte, lässt das aber nicht zu. Bei einem Betrunkenen ist es ohne weiteres auch denkbar, dass er den Reisverschluss der Hose nach dem Urinieren auf der Toilette nicht wieder verschließt.

f. Vor dem Hintergrund dieser glaubhaften Angaben der Zeugin H besteht auch kein Zweifel, dass der Gang vor Zimmer 8 zum Unfallzeitpunkt gut ausgeleuchtet war und sowohl die Lampe wie auch die Bewegungsmelder funktionierten - wie sie ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Beklagten zu 2) und dem Zeugen P bekundet hat. Die gegenteilige Angabe des Klägers steht dem nicht im Wege, denn der Kläger vermochte eine hinreichende Ausleuchtung auch nicht auszuschließen - zumal er angibt, mit halb geschlossenen Augen gegangen zu sein. Soweit der Zeuge Sch von diffusen Lichtverhältnissen sprach, so dass man unbekannte Schilder eher nicht habe sehen können, so hat er zum einen hinzugefügt, dass er lediglich „glaube“, dass dem so gewesen wäre. Zum anderen war der Zeuge Sch in der Unfallnacht ebenfalls stark alkoholisiert. Schließlich steht aus Sicht des Einzelrichters auch bei einer Gesamtwürdigung aller Angaben des Zeugen Sch nicht fest, dass der Zeuge heute tatsächlich noch über eine hinreichend konkrete und verlässliche Erinnerung zu allen Details verfügt.

g. Nach den einleuchtenden Darstellungen des Sachverständigen ist der klageseits behauptete Geschehensablauf gut möglich und mit der Auffindestelle zu vereinbaren.

h. Die Feststellungen zur Unfallzeit ergeben sich aus dem Bemerken des Unfalls durch die einvernommenen Zeugen einerseits und andererseits aus dem Umstand, dass den Stammgästen Dümpelmann und Albert gegen 23.00 Uhr im Freien noch keine Besonderheiten aufgefallen sind.

3. In rechtlicher Hinsicht ist das klägerische Verhalten mit einem Mitverschulden in Höhe von zwei Fünftel zu bewerten.

a. Die Beweisaufnahme hat zutage gefördert, dass der Kläger die Sorgfalt in seinen eigenen Angelegenheiten in einer nicht ganz unerheblichen Weise vernachlässigt hat.

aa. Der Kläger hatte massiv Alkohol konsumiert. Er fiel bereits in der Wirtsstube so unangenehm auf, dass sich eine Familie vor ihm ängstigte. Das belegt, dass der Kläger, der zur Überzeugung des Gerichts im Übrigen um einen gepflegten Lebenswandel bemüht ist, erheblich über seine Verhältnisse getrunken hatte. Zudem war er vor dem Schlafengehen einmal auf der Terrasse gestürzt. Die Schlafräume befanden sich, was der Kläger wusste, im ersten Stock. Dem Kläger war klar, dass er in der Nacht eine Treppe würde benutzen müssen und dass er im Bereich der Schlafräume ein Stockwerk betreten würde, welches er zuvor noch nicht inspiziert hatte. Er hat eine hochgradige Alkoholisierung trotz des Umstands in Kauf genommen, dass er nicht wusste, was ihn an Räumlichkeiten im ersten Stock der streitgegenständlichen Hütte erwarten würde. Bei der starken Alkoholisierung des Klägers kann zwar auch nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte zu 2) hieran verdiente und er bzw. seine Angestellten die Möglichkeit gehabt hätten, den Kläger um Mäßigung zu bitten oder ihm einfach keinen Alkohol mehr auszuschenken. Indes ist in erster Linie jeder für sich selbst verantwortlich; immerhin konnte keiner der Gäste mit einem Kraftfahrzeug vor der Hütte stehen, die Alkoholgewöhnung kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und das Verhalten des Klägers wurde erst kurz vor dem Bezahlen auffällig. Sicherlich wäre es wünschenswert gewesen, dem Kläger nicht auch noch den letzten Schnaps danach auszuschenken. Doch war es für den Beklagten zu 2) nicht einfach, die Folgen der klägerischen Alkoholisierung in diesem kurzen Moment abzuschätzen. Zudem wurde dieser eine Schnaps für die hohe Alkoholisierung des Klägers nur noch mitursächlich, nicht aber allein ausschlaggebend.

bb. Weiter hat der Kläger bei dem Gang zur Toilette und zurück seine Umgebung nebst vorhandener Warnschilder und Anordnung von Türgriffen nicht aufmerksam und vorsichtig beachtet, sondern ist schläfrig mit halb geschlossenen Augen getrottet, um bald weiter schlafen zu können. Dabei hat er zum einen gerade die für Betrunkene typische Rüpelhaftigkeit an den Tag gelegt, vor welcher sich die Familie aus dem Gastraum gefürchtet hatte - in deren Zimmer der Kläger nämlich genauso gut hätte landen können -, und welche ihn selbst gleichermaßen unbekannten Gefahren aussetzen konnte. Hierbei ist zu bedenken, dass sich hinter einer unbekannten Türe nicht nur ein - abgesicherter oder auch nicht abgesicherter - Fluchtweg, sondern auch andere Gefahren befinden können, was gerade für Berghütten gilt, in denen es oft erforderlich ist, jede Fläche sinnvoll zu nutzen. Über seine Alkoholisierung hinaus hat der Kläger aber auch bewusst in Kauf genommen, seiner unbekannten Umgebung nicht die Aufmerksamkeit zu widmen, welche er in diesem Moment aufzubringen in der Lage gewesen wäre. Mit halb geschlossenen Augen ist man eben gerade nicht in der Lage, unbekannte Gefahren auszuschließen - seien es nun unzulässige Gefahren (wie der streitgegenständliche Notweg) oder zulässige. So nahm der Kläger nicht das Schild „Nur im Brandfall öffnen“ wahr. Auch bemerkte er nicht, dass die Fluchttüre - anders als die Zimmertüren - wie eine Balkontüre mit zahlreichen Glasflächen ausgestattet war.

cc. Ferner achtete der Kläger nicht darauf, was hinter der Türe kam. Er ging einfach durch die Türe hindurch, ohne ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit in Bezug auf die Frage aufzubringen, ob im Anschluss daran Gefahren drohten oder es andere Gründe gab, die entsprechenden Flächen nicht zu betreten.

dd. Besonders fällt ins Gewicht, dass der Kläger nicht größere Vorsicht walten ließ, als er bemerkte, dass die Fluchttüre nicht über eine gewöhnliche Türklinke verfügte. Spätestens in diesem Moment hätte der Kläger erheblichen Anlass gehabt, zu hinterfragen, ob er noch auf dem richtigen Weg war. Stattdessen versuchte er, die Türe weiter zu öffnen, und betrat anschließend diesen ihm unbekannten Bereich.

ee. Die vorstehend unter bb.-dd. geschilderten Aspekte sind freilich auch - wahrscheinlich sogar vor allem - Folge der erheblichen Alkoholisierung des Klägers, welche schon unter Buchst. aa. berücksichtigt wurde. Doch gänzlich unberücksichtigt kann auch das Maß der unter dieser Alkoholisierung erfolgten Vernachlässigung seiner Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten nicht bleiben. Bei einer Gesamtabwägung aller vorstehenden Umstände ergibt sich das auf insgesamt zwei Fünftel veranschlagte Mitverschulden des Klägers. Dabei spielte auch eine Rolle, dass sich der Kläger auf einer Berghütte befand und nicht in einem perfekt abgesicherten Komfort-Hotelbetrieb. Mit einem gewissen Maß an Abstrichen bezüglich der Sicherheit von Verkehrswegen hatte der Kläger zu rechnen - und zwar sowohl im Hinblick auf die Menge des von ihm aufgenommenen Alkohols, wie auch anschließend nach Aufsuchen des oberen Stockwerks.

Bei dieser Mitverschuldensquote hat das Gericht auch berücksichtigt, wie hoch das Verschulden des Klägers angesichts der Nachlässigkeiten der Beklagten wiegt. Insoweit fällt zum einen ins Gewicht, dass zur Überzeugung des Gerichts schon in der Vergangenheit Kinder auf dem streitgegenständlichen Podest unbefugt gespielt haben, dass es eine ausgesprochen große Sturzhöhe von über 3 Metern aufwies und dass man gerade bei einem Fluchtweg durchaus erwarten kann, dass dieser so abgesichert ist, dass man bei Dunkelheit und/oder Rauch nicht an eine absturzgefährdete und ungesicherte Stelle tritt. Hinzu kommt, dass die Beklagten genügend Zeit zur Schaffung verkehrssicherer Verhältnisse hatten, während dem Kläger lediglich ein Augenblicksversagen angelastet werden kann.

Wie schon bei der Frage der Pflichtverletzung/Sorgfaltswidrigkeit selbst, spielen auch bei der Höhe des Mitverschuldens baurechtliche Fragen keinerlei Rolle. Der streitgegenständliche Fluchtweg ist eine derart evidente Quelle für Leib und Leben der Hüttengäste, dass es keiner dezidierten bauordnungsrechtlichen Prüfung bedarf, welche gesetzlichen Anforderungen genau gelten. Das gilt auch im Hinblick auf den Umstand, dass in der Baugenehmigung tatsächlich eine noch im Bauantrag vorgesehene Umwehrung des streitgegenständlichen Fluchtwegs nicht verzeichnet ist. Denn soweit - wie hier - eine Absicherung evident unzureichend ist, vermögen behördliche Bescheide eine Schutzpflicht weder zu beseitigen noch zu relativieren. Irrelevant für die Höhe des Schmerzensgeldes ist damit nicht nur die genaue bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Rechtslage, sondern auch die Historie des Genehmigungsverfahrens. Die streitgegenständliche Gefährdung ist für Nutzer des Fluchtweges dermaßen eklatant - und zwar geradezu haarsträubend -, dass es auf öffentlich-rechtliche Detailbetrachtungen nicht ankommt. Wer - wie hier - die ihm obliegende Pflicht, für die Sicherheit seiner Herbergsgäste zu sorgen, gröblichst vernachlässigt, haftet im Schadensfall unabhängig von der genauen öffentlich-rechtlichen Einordnung der Situation.

b. Zu einem vollständigen Zurücktreten des Mitverschuldens, wie der Kläger auf S. 6 seines Schriftsatzes vom 30.11.2018 meint, kommt es nicht. Anders als in Hotelbetrieben kann auf Berghütten nicht unterstellt werden, dass Notwege vollkommen gefahrlos nutzbar sind. Denn bereits normale Verkehrswege entsprechen häufig nicht den üblichen Anforderungen. So können Treppen steiler und Gänge schmäler sein als in Hotels - das ist allgemein bekannt. Insbesondere bei Fehlen einer konkreten Gefahrenlage sind Notwege auf Hütten mit Umsicht zu benutzen. Ist dem Betreffenden im Einzelfall eine solche Umsicht nicht möglich, weil er beispielsweise wegen eines Brandes mit massiver Rauchentwicklung in Panik aus der Türe rennt, kann ihm freilich kein Mitverschulden entgegengehalten werden. Wo dem Betroffenen hingegen eine solche Umsicht möglich ist, kann von ihm aber auch erwartet werden, dass er nicht auf Flächen tritt, die er wegen der Dunkelheit noch nicht einmal gut erkennen kann.

Dabei geht das Landgericht nicht davon aus, dass es sich bei der streitgegenständlichen Hütte um eine zum exzessiven Alkoholkonsum geradezu ausgelegte Wirtschaft handelte, wie es in den Aussagen der Zeugen Sch und D anklingt. Tatsächlich ist die Umgebung von einer alpinen Landschaft - nämlich der imposanten Benediktenwand - und einer gerade nicht schnellen Erreichbarkeit geprägt. Es ist gerichtsbekannt, dass die Hütte für den „normalen“ Besucher der Hütte ohne Sonderfahrgenehmigungen nur durch mehrstündige, wenngleich technisch vollkommen unschwierige Fußmärsche erreichbar ist. Selbst für die Angehörigen der Land- und Forstwirtschaft, die die vorhandenen Fortstraßen noch nutzen dürfen, sind mindestens die letzten 150 Höhenmeter nur zu Fuß erreichbar - hier existieren lediglich ein Fußweg und ein Materialseillift. Freilich hat der vorliegende Sachverhalt gezeigt, dass der Beklagte zu 2) und seine Angestellten nicht einschritten, wenn einzelne Besucher exzessiv Alkohol konsumierten. Doch das spielt für die Höhe des Mitverschuldens des Klägers keine Rolle, denn in erster Linie ist jeder für sich selbst verantwortlich und zudem ist die Alkoholtoleranz individuell sehr verschieden.

Zu Gunsten der Beklagten spricht auch, dass sich der Beklagte zu 2) nach dem Unfall vorbildlich um den Kläger gekümmert hat. Der Einzelrichter stützt sich hier auf die insoweit glaubhaften Angaben des Beklagten zu 2) - auch, soweit sie zu diesem Punkt nicht detailliert protokolliert sind. Er hat nicht nur unter nahezu vollständiger Aufopferung seines Nachtschlafs die technische Rettung durch Absetzen des Notrufs, Korrespondenz mit der Bergwacht über die Landemöglichkeit des Rettungshubschraubers und viele weitere Verrichtungen organisiert; er hat vor allem gemeinsam mit den ihm nahestehenden Helfern vom Stammtisch für eine medizinisch hervorragende Erstversorgung des Klägers gesorgt. Die vitale Bedrohlichkeit von Kälte für schwer traumatisierte Personen - zu welchen der Kläger zweifelsfrei gehörte - ist gerichtsbekannt. Durch das Anwärmen des Rumpfes des in der Auffindesituation bereits zitternden Klägers mit Hilfe von mit warmem Wasser befüllten Flaschen, welche auch die Zeugen berichtet haben, hat der Beklagte zu 2) gemeinsam mit seinen Helfern eine massive vitale Gefährdung des Klägers abgewandt.

c. Die weiteren, von den Beklagten ins Feld geführten Aspekte vermögen andererseits auch eine höhere Mitverschuldensquote nicht zu begründen.

aa. Der Kläger hat - wie ausgeführt - den Fluchtweg gerade nicht betreten, um dort seine Blase zu entleeren. Die Beweisaufnahme hat vielmehr einen anderen Sachverhalt ergeben. Insbesondere haben die Beklagten ihre diesbezüglichen Behauptungen nicht nachgewiesen. Im Übrigen wäre dieser Aspekt - für sich genommen - auch nicht relevant für die Frage des Mitverschuldens, denn dieses setzt eine Eigengefährdung, nicht eine Beeinträchtigung der Interessen des Schädigers voraus. Relevanz hatte die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe dort uriniert, nur vor dem Hintergrund, dass das Mitverschulden bei einem bewussten Betreten eines Fluchtweges etwas höher gewesen wäre, als wenn der Kläger lediglich in sein Zimmer hätte zurückgehen wollen - dazu sogleich.

bb. Ferner steht nicht einmal fest, dass dem Kläger überhaupt bewusst war, einen anderen Bereich zu betreten, als sein Zimmer. Vielmehr hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger in sein Zimmer zurückkehren wollte. Das Eigenverschulden des Klägers beschränkt sich auf die oben unter Punkt a. genannten Aspekte. Es steht nicht fest, dass der Kläger seine in den Sturz übergehende Bewegung nach außen noch abbrechen konnte, als er realisierte, dass es sich um eine andere Türe als die zu seinem Zimmer gehandelt haben muss.

(1) Soweit der Kläger - hoch alkoholisiert - das Schild „Nur im Brandfall öffnen“, das andere Aussehen der Türe und die andere Gestaltung des Türgriffs nicht beachtete, liegt Nachlässigkeit vor, welche die unter vorstehend a. näher dargelegte Mitverschuldensquote in Höhe von zwei Fünfteln begründet. Bewusst war dem Kläger das Betreten eines anderen Bereichs als den seines Zimmers gerade nicht.

(2) Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, dass der Kläger von innen durch die Glasscheiben der Türe hätte erkennen können, dass jenseits der Türe ein ungesicherter Außenbereich ist. Nennenswertes Mondlicht kann den Außenbereich nicht erleuchtet haben. Am 30.10.2016 war Neumond. In der Nacht auf 29.10.2016 kann daher allenfalls eine sehr schmale Mondsichel am Himmel gestanden haben, zumal der Beklagte konzediert, dass er eine leichte Bewölkung nicht ausschließen könne. Soweit der Beklagte zu 2) - trotz Hinweises vom 17.01.2019 (Bl. 130 d. A.) - mit Schriftsätzen vom 13.02.2019 (dort S. 3/4, Bl. 170/171 d. A.) und 03.04.2019 (S. 2 - Bl. 192 d. A.) sein Argument perpetuiert, Mondlicht habe den Bereich vor der Hütte erleuchtet, ist dieses Parteivorbringen nicht qualifiziert. Die Beklagten stellen nicht in Abrede, dass am 30.10.2016 Neumond war. Dass damit in der Nacht auf 29.10.2016 kein hinreichendes Mondlicht vorhanden gewesen sein kann, um die Hüttenumgebung nennenswert zu beleuchten (d. h. in einer Weise, die es ermöglicht hätte, vom Gebäudeinneren aus die Verhältnisse vor der Hütte zu erkennen), ist gerichtsbekannt. Das vom Zeugen P angegebene Licht an der westseitigen Hauswand, also unter der streitgegenständlichen Plattform, war wohl - zumindest aber nicht ausschließbar - mit einem Bewegungsmelder gekoppelt, also brannte es zum fraglichen Zeitpunkt gerade nicht. Auch die Beklagten berufen sich nicht auf das Vorhandensein dieser Lichtquelle. Aus dem Fenster der Wirtsstube mag im Erdgeschoss Licht nach draußen gefallen sein. Die Beweisaufnahme hat indes ergeben, dass der Flur im Obergeschoss einschließlich der streitgegenständlichen Fluchttüre gut beleuchtet waren - gerade so, wie die Beklagten es selbst behaupten. Damit war es im Hausinneren auf jeden Fall wesentlich heller, als im Freien, denn der Kläger befand sich im Bereich eines gut beleuchteten Innenraums und der Außenbereich wurde hingegen nur mittelbar bestrahlt, nämlich von dem Licht, welches durch die Glasscheiben von ihnen nach außen fiel. Dabei handelt es sich bei diesen Glasscheiben um eher kleinere Flächen, wie früher Glas eben verbaut wurde - es sind nicht ganze Hauswände verglast, wie es heutzutage teilweise üblich ist (vgl. zur Größe der Erdgeschossfenster beispielsweise die Lichtbilder auf Bl. 69 der Ermittlungsakte). Die Wirtsstube ist, wie der Einzelrichter aus eigener Anschauung weiß und wie es im Übrigen bei Berghütten (u. a. aus Stromspargründen) üblich ist, im Übrigen nachts nicht taghell erleuchtet. Im Einklang damit steht die Angabe des Zeugen K, er habe den Kläger mit Hilfe einer Taschenlampe schneller finden können, als wenn eine solche nicht zur Verfügung gestanden hätte. Damit war es innen, wo sich der Kläger befand, auf jeden Fall wesentlich heller, als außen. In einer solchen Situation spiegelt sich aber das Innenlicht an der Scheibe und man kann üblicherweise gar nicht von innen erkennen, was außen ist, wenn man nicht ganz dicht an die Scheibe herangeht und dabei zugleich mit seinen Händen den seitlichen Lichteinfall auf das vor den Augen befindliche Glas bedeckt. Eine Möglichkeit für den Kläger, von innen aus seinem Bewegungsablauf heraus die Situation jenseits der Türe optisch zu erkennen, bestand damit gerade nicht (vgl. insoweit auch das auf Bl. 67 der Ermittlungsakte befindliche Lichtbild von der streitgegenständlichen Türe, welches offensichtlich ebenfalls zu einem Zeitpunkt aufgenommen wurde, bei welchem es innen heller als außen war). Die mehrfach von den Beklagten ins Feld geführte Behauptung, infolge von innen durch die Glasscheiben nach außen fallenden Lichtes hätte der Kläger schon von innen die fehlende Umwehrung des Fluchtweges (und überhaupt die Situation hinter der Türe) erkennen können, trifft damit nicht zu.

Der Beklagte zu 2) vermochte diese Feststellungen auch nicht mit seiner Behauptung in Frage zu stellen, der Hubschrauber habe sein Nachtsichtgerät nur bei vorhandener Resthelligkeit zum Einsatz bringen können (vgl. S. 9 des Schriftsatzes vom 13.02.2019). Gerichtsbekanntermaßen existieren zwar Nachtsichtgeräte, welche Resthelligkeit verstärken. Gleichermaßen gibt es allerdings auch Nachtsichtgeräte, welche Infrarotlicht und Wärmequellen sichtbar machen. Zudem leuchten Hubschrauber beim nächtlichen Landeanflug stets die Fläche aus, auf welche sie zufliegen. Auch hierdurch wird eine Helligkeit produziert, welche durch ein Nachtsichtgerät verstärkt werden kann. Jedenfalls haben die Beklagten nicht unter Beweis gestellt, dass der eingesetzte Rettungshubschrauber über eine Technik verfügte, welche einen Landeanflug nur bei einer vor Ort vorhandenen nennenswerten Resthelligkeit ermöglichte. Schließlich würde selbst eine minimale, durch Sterne, das Hüttenlicht und eine fadengleiche Mondsichel hervorgerufene Resthelligkeit nicht ausreichen, um vom beleuchteten Flur im Haus die Umgebung durch die Glasscheiben außen erkennen zu können.

(3) Der Kläger hat sich auch nicht willentlich in einen Bereich begeben, dessen Umgebungstemperatur nicht mit der Raumtemperatur seines Zimmers vereinbar war. Der Kläger hat angegeben, er könne nicht ausschließen, beim Öffnen der Türe einen Luftzug gespürt zu haben. Freilich hätte der Kläger bei umsichtigen Verhalten spätestens nach dem Passieren des Türrahmens die kühle Außentemperatur bemerken und sich fragen müssen, ob er noch auf dem richtigen Weg ist. Es steht indes nicht fest, dass der Kläger tatsächlich einen Luftzug bemerkte. Vor allem steht nicht fest, dass der Kläger in diesem Moment, in welchem er den Temperaturunterschied bemerkte oder hätte bemerken müssen, noch imstande war, seine Bewegung in Richtung Abgrund abzubremsen und sich zurück in die Hütte zu begeben. Hinzu kommt noch, dass der Temperaturunterschied von außen zum klägerischen Schlafraum zwar vermutlich deutlich, gleichwohl aber nicht exorbitant war. Die Außentemperatur betrug gegen 24 Uhr sehr wahrscheinlich 5 bis 7 ° Celsius (vgl. S. 7 des Gutachtens vom 08.02.2019, Bl. 167 d. A.). Betrachtet man die Temperaturkurve auf der genannten Seite des Gutachtens in Bezug auf benachbarte Messstationen (wobei insbesondere die des Braunecks nahe am Unfallort liegt und ebenfalls eine den bayerischen Voralpen zuzuordnende Höhenlage aufweist), so ist zu erkennen, dass eine ähnliche Außentemperatur gegen 23.30 Uhr geherrscht hat, die Temperatur gegen 23.45 Uhr allerdings kurzzeitig evtl. um ein viertel oder ein halbes Grad höher gewesen sein könnte. Berücksichtigt man nun noch, dass Schlafräume in Berghütten üblicherweise unbeheizt sind, so dürfte sich ein gewisser Temperaturunterschied zwischen dem klägerischen Schlafraum und der Hüttenumgebung feststellen lassen, aber kein immens hoher.

d. Das Mitverschulden des Klägers ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt geringer zu bewerten, dass den Beklagten noch weitere Sorgfaltsverstöße zur Last fallen würden, als lediglich das Nichtanbringen einer Umwehrung des Fluchtweges.

Insbesondere dringt der Kläger nicht mit dem Vorwurf durch, die Stufen bildeten eine unzulässige Stolpergefahr und die Plattform sei zu klein. Dasselbe gilt für seinen Einwand, nach DIN EN 1838 hätte seit Juli 1999 ein dauerhaft beleuchtetes Notausgangsschild an der Türe angebracht sein müssen.

aa. Art. 34 Abs. 2 BayBO in der damaligen Fassung verbietet weniger als drei Stufen in einem Flur. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen Flur, sondern um einen Notausgang im Freien. Die Zahl der Stufen spielt vorliegend also keine Rolle. Im regulären Hotelgewerbe könnte man allerdings aus allgemeinen Erwägungen heraus beanstanden, dass der Notausgang über eine Balkontüre mit Schwelle und anschließender Stufe errichtet wurde, hier wäre evtl. nur eine ebenerdige Türe zulässig gewesen und die nachfolgende Stufe hätte wenigstens schwarz-gelb markiert werden müssen. Indes kann von einem Besucher auf einer Berghütte erwartet werden, dass er mit Schwellen und Stufen auf einem Notausgang rechnet, die im Tal so nicht vorkommen sollten.

bb. Auf die unzureichende Größe der Plattform kann sich der Kläger nicht berufen. Art. 34 Abs. 2 S. 1 BayBO zielt auf das Vorhandensein hinreichend großer Verkehrsflächen ab, wenn zu erwarten ist, dass sie von mehreren Personen genutzt werden. Vorliegend befand sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt allerdings allein auf der Plattform. Art. 34 Abs. 2 S. 1 BayBO dient nicht dazu, einen Absturz zu verhindern, der deshalb droht, weil jemand, der stolpern könnte, nicht bereits durch eine an sich erforderliche Umwehrung geschützt wird.

cc. Auch gehört der Kläger nicht zu dem vom Schutzzweck der DIN EN 1838 adressierten Personenkreis. Ein dauerhaft beleuchtetes Notausgangsschild wird verlangt, um Flüchtenden im Brandfall den Weg zu weisen, nicht aber, um reguläre Besucher einer Berghütte vor den Gefahren zu schützen, die aus der irregulären Nutzung eines Notweges resultieren (vgl. im Übrigen auch die zutreffenden weiteren rechtlichen Einwände des Beklagten zu 2) auf S. 3 seines Schriftsatzes vom 13.02.2019).

e. Unterzieht man noch ein weiteres Mal alle vorstehend angeführten Gesichtspunkte, soweit sie als relevant erscheinen, einer Gesamtwürdigung, so erweist sich das Mitverschulden von zwei Fünftel im Ergebnis als angemessen.

aa. Folgende grundsätzliche Vorbemerkung erscheint in diesem Zusammenhang veranlasst: Der vorliegend zu entscheidende Sachverhalt ist rechtliches Neuland. An der während des Gangs des erstinstanzlichen Verfahrens wechselnden Einschätzung des Einzelrichters zur Höhe des angemessenen Mitverschuldens zeigt sich, dass es im vorliegenden Fall alles andere als einfach ist, einen angemessenen Ausgleich zwischen der Eigenverantwortlichkeit des Bergsteigers und Gastes auf einer Berghütte einerseits (welche in der Wertung des Einzelrichters zunächst dominierte) und der Pflicht der Beklagten andererseits zu finden, wenigstens eklatante Sicherungsmängel zu beheben (welche für den Einzelrichter während des anschließenden Verlaufs des Verfahrens eine besondere Rolle spielte, bevor er sich wieder zu Gunsten einer Haftungsverteilung entschied, die nur noch knapp überwiegend zum Nachteil der Beklagten ausfällt). Der Umstand, dass Betreiber von Einrichtungen im Alpenraum Sorge vor einer überbordenden Haftung haben können, ist bei der Frage zu berücksichtigen, ob eine Haftung dem Grunde nach überhaupt angenommen wird (so für das Personenschadenhaftungsrecht allgemein auch Spickhoff/Knauer/Brose Medizinrecht 3. Aufl. 2018 § 223 StGB Rn. 94); dies gilt nicht nur für das Strafrecht, sondern auch für die zivilrechtliche Haftung. Zur Höhe der Haftungsquote handelt es sich vorliegend allerdings um keine Präzedenzentscheidung, die Aufschluss für Verkehrssicherungspflichten der Alpenvereine schlechthin geben könnte, sondern um eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Klar ist nur, dass jedenfalls auch für ungeübte Wanderer zu Fuß gut erreichbare Hütten ihre Besucher innerhalb des Hüttenbereichs jedenfalls vor solchen Gefahren zu schützen haben, welche dem Gebirge nicht ohnehin immanent, sondern erst durch Menschenhand gemacht sind, und die für den Besucher nicht erkennbar sind. So liegt der Fall hier. Die Gefahr des Abstürzens ist immens. Bei Dunkelheit und Verwirrung oder Panik, welche bei Benutzung eines Fluchtweges vorhanden sein können, registrieren die Besucher die Absturzgefahr nicht. Die mit dem Sturz verbundene Gefahr ist erheblich. Der Sturz aus 3,5 m Höhe auf den Kiesweg oder gar eine abfallende SteinmA kann tödlich, zumindest jedoch nicht unwahrscheinlich mit gravierenden und möglicherweise dauerhaften Gesundheitsschäden verbunden sein. Für die Beklagten als Verantwortliche - also bei Tageslicht betrachtet - war die Gefahr in eklatanter Weise erkennbar. Das Risiko war auch erst durch Menschenhand geschaffen worden, und zwar nicht nur dadurch, dass die Hütte (mit Brandgefahr einerseits und Alkoholausschank andererseits) errichtet wurde, sondern dass darüber hinaus die streitgegenständliche Fläche als Fluchtweg ausgeschildert wurde und ihr Betreten durch die unversperrte Türe ermöglicht wurde. Dies suggeriert dem Hüttenbesucher, dass gewisse Sicherheitsstandards eingehalten sind; in diesem Fall sind die Fluchtwege auch mit einem gewissen Mindestmaß an Absicherung auszustatten. Der Kläger hat zwar diese Schilder nicht bemerkt. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass er von einer Fläche abstürzte, deren Zustand angesichts der vorstehend geschilderten Aspekte eklatant sorgfaltswidrig war. Die Sorge vor zu strengen Haftungsmaßstäben für verkehrssicherungspflichtige Personen im Alpenraum spielt bei der Haftungsquote allenfalls eine geringe Rolle bzw. ist bereits insoweit hinreichend berücksichtigt, als sich die Eigenverantwortlichkeit des Klägers im Gebirgsraum und auch auf einer Berghütte als Faktor auswirkt, welcher für ein nicht unerhebliches Mitverschulden bei ihm spricht.

bb. Nun zur Bemessung der Mitverschuldensquote konkret: Im Vordergrund unter allen für das Mitverschulden relevanten Faktoren steht die Alkoholisierung des Klägers. Wahrscheinlich bewegte er sich relativ unkoordiniert in einem Zuge mit dem Aufgehen der Fluchttüre nach vorwärts, wie es bei Betrunkenen häufiger anzutreffen ist, wenn ihre Füße - aus welchen Gründen auch immer, hier entweder wegen der Schwelle oder dem Tritt ins Leere bzw. auf die tieferliegende Fläche - mit einem unregelmäßigen Boden zu kämpfen haben. Der Kläger war schließlich schon einige Stunden zuvor, als er seinen letzten Schnaps noch nicht getrunken hatte, einmal gestürzt und einmal gegen einen anderen Tisch gerempelt. In nüchternem Zustand hätte der Kläger - trotz seines verschlafenen Zustands - spätestens an der Beschaffenheit des Türgriffs gemerkt, dass es sich nicht um sein Zimmer handelte. Zumindest hätte er den nachfolgenden Bereich so vorsichtig betreten, dass er vermutlich nicht abgestürzt wäre. Diese Alkoholisierung hat in erster Linie der Kläger selbst zu verantworten. Dass die Beklagten durch den Alkoholkonsum auf der Hütte wirtschaftliche Vorteile haben, kann berücksichtigt werden, fällt aber aus den zuvor schon ausgeführten Gründen (V. 3. a. aa. und b. - insbesondere individuell verschiedene Alkoholtoleranz) nicht erheblich ins Gewicht. Dem gegenüber steht allerdings die ganz massive Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten - nämlich das Anbringen (bzw. Nichtbeanstanden) eines evident vollkommen unzureichenden Fluchtweges, dessen Nutzung im Brandfall lebensgefährlich sein konnte. Zur Herstellung verkehrssicherer Zustände hatten die Beklagten genügend Zeit (und im Übrigen im Hinblick auf die Vorfälle mit den Kindern auch nicht nur abstrakten, sondern sogar konkreten Anlass). Demgegenüber stellt sich das Verschulden des Klägers - soweit man auf seine Alkoholisierung abstellt - als für die Beklagten vorhersehbar und - soweit man auf die Vorgänge unmittelbar vor dem Absturz abstellt - als Augenblicksversagen dar. Trotz des Umstands, dass der Kläger auf einer Berghütte nicht die Sicherungsmaßnahmen wie im Tal erwarten durfte, stellt sich damit bei wertungsmäßiger Betrachtung der vorwerfbare Verursachungsanteil der Beklagten am Eintritt des klägerischen Schadens als überwiegend dar. Ein brauchbarer Ausgangspunkt zur konkreten - also quotenmäßigen Einordnung des klägerischen Mitverschuldens ist die bereits zitierte Aussage, bei durchschnittlichen Unfallgeschehen stelle sich eine Mitverschuldensquote von 25% als zu niedrig dar, wenn der Unfall vermeidbar war - auch wenn eine Sorgfaltspflichtverletzung eines Dritten mitursächlich wurde (OLG München, Urteil vom 30. Juli 2009 - 1 U 1815/09). Dies gilt für Konstellationen, in welchen die Beteiligten bis auf den Unfall nichts miteinander zu tun hatten, wie beispielsweise für Glatteisunfälle auf öffentlichen Gehwegen. Vorliegend war der Kläger allerdings Gast der Beklagten, diese hatten besondere Obhutspflichten und hatten einen ökonomischen Vorteil davon, dass der Kläger auf der Hütte Alkohol konsumiert hatte. Würden die Beklagten keinen Alkoholausschank vorsehen und wäre Kläger auch nicht Übernachtungsgast dort gewesen, so müsste er sich die Folgen seiner Trunkenheit im Wesentlichen selbst zuschreiben. Vorliegend stellt sich die Situation jedoch grundlegend anders dar. Die Beklagten hatten gerade auch alkoholisierte Gäste vor Gefahren zu schützen - soweit man dies auf einer Berghütte erwarten kann. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint im vorliegenden Fall eine Mitverschuldensquote von etwas über einem Drittel und noch unterhalb der Hälfte angemessen. Diese Mitverschuldensquote ist in Bezug auf beide Beklagte angemessen. Zwar traf in erster Linie die Beklagte zu 1) die Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Kläger als ihrem Vertragspartner des Beherbergungsvertrages. Der Beklagte zu 2) war jedoch näher „dran“ und wusste konkreter um die Gefährlichkeit der Plattform, als die Verantwortlichen der Beklagten zu 1). Eine Aussage, wie sich die Haftung zwischen den Beklagten im Innenverhältnis verteilt - was von deren vertraglichen Vereinbarungen abhängen dürfte, ist damit nicht verbunden.

VI. Der Feststellungsantrag ist aus vorstehenden Gründen in der erkannten Höhe begründet.

Nachdem ein konkret bezifferter Betrag nicht eingeklagt ist, erübrigen sich Ausführungen zur Schadenshöhe. Die für die Schmerzensgeldbemessung relevanten Umstände werden, sofern sie nicht an der Rechtskraft dieser Entscheidung teilhaben, gesondert festzustellen sein. Erforderlich sind daher lediglich Anmerkungen betreffend die Schmerzensgeldhöhe, welche einen unmittelbaren prozessualen Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit haben: Der - für den Kläger sicherlich irritierende - Vortrag des Beklagten zu 2), der Kläger sei wohl beim Urinieren abgestürzt, wirkt sich nicht erhöhend auf das Schmerzensgeld aus, denn der Beklagte zu 2) handelte hierbei nicht in der Absicht, den Kläger zu schädigen, sondern der Vortrag beruht auf dem Bestreben, die eigenen prozessualen Rechte angemessen wahrzunehmen. Insbesondere angesichts der auf das Fenster auftreffenden Flüssigkeit gegen 21 Uhr hatte der Beklagte zu 2) Anlass zur Mutmaßung, der Kläger habe die Plattform ebenfalls zum Wasserlassen aufgesucht. Durchaus geprüft werden kann bei der Schmerzensgeldbemessung, ob den Beklagten eine verzögerte Regulierung vorgeworfen werden kann - insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie keinerlei Vorschusszahlung erbracht haben. Auch ihr Verdacht, der Kläger sei beim Urinieren abgestürzt, rechtfertigte nicht, den Schaden gänzlich unreguliert zu lassen. Die Zahlung eines angemessenen Vorschusses auf seinen Schmerzensgeldanspruch, mindestens in Höhe der vorgerichtlich verlangten 100.000,00 €, hatte der Kläger in der Tat längst erwarten dürfen. Dass fast eineinhalb Jahre nach dem Schreiben des Klägers vom 05.12.2017 noch keinerlei Zahlungen geleistet worden sind, kann sich nur erhöhend auf das vom Kläger zu beanspruchende Schmerzensgeld auswirken. Detaillierte Ausführungen hierzu erübrigen sich allerdings, denn die vorgerichtliche Korrespondenz lässt sich unschwer rekonstruieren und es wird hierzu kein Rückgriff auf die Feststellungen in diesem Urteil erforderlich sein.

B.

Weitergehende Ansprüche aus positiver Verletzung des Ausschankvertrages (§§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB) und aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 20 Nr. 2 GastG, 253 Abs. 2 BGB stehen dem Kläger nicht zu. Dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Ausschanks des letzten Bieres erkennbar betrunken war, bringt er schon selbst nicht vor. Zwar konzediert der Beklagte zu 2), dass der Kläger in zeitlicher Nähe zum Konsum des letzten Schnapses deutlich betrunken war. Dass der letzte Schnaps mitursächlich für das Unfallereignis war, steht hingegen nicht fest. Zudem müsste sich der Kläger auch insoweit aus den vorstehend erläuterten Gründen einen Mitverschuldensanteil in Höhe von 2/5 entgegen halten lassen.

C.

Die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten kann der Kläger ebenfalls unter deliktischen Gesichtspunkten verlangen, weil die Komplexität der Angelegenheit eine Einschaltung rechtsanwaltlicher Hilfe notwendig machte. Der vorgerichtlich über 100.000,00 € verlangte Vorschussanspruch besteht in voller Höhe. Denn die eingetretenen Folgen rechtfertigen ein Schmerzensgeld in mittlerer 6-stelliger Höhe, so dass der klägerische Schmerzensgeldanspruch auch bei einer Mitverschuldensquote von 2/5 ohne Weiteres den geforderten Vorschuss übersteigt. Durch die Verweigerung der Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (was nicht zuletzt auch in dem Klageabweisungsantrag zum Ausdruck gekommen ist) wandelte sich ein evtl. lediglich auf Freistellung gerichteter Anspruch in einen Zahlungsanspruch (BGH NJW 2004, 1868 f.). Der Kläger kann jedoch lediglich eine 1,3-Gebühr verlangen. Die Angelegenheit hat Gewicht, welches sich in der Höhe des Streitwerts (der vollen klägerischen Ansprüche) niederschlägt. Anlass, zusätzlich über die Regelgebühr hinauszugehen, besteht allerdings nicht; erst recht gibt die freiwillige Beschränkung des vorgerichtlich geltend gemachten Anspruchs auf einen Teilbetrag keinen Anlass, eine höhere Gebühr anzusetzen. Soweit der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an ihn Rechtsanwaltskosten „seit dem 21.12.2017 zu zahlen“, erschöpft sich sein Antrag - jedenfalls im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis - auf den Hauptsachebetrag.

D.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 92 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.

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Annotations

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Verboten ist,

1.
Alkohol im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 des Alkoholsteuergesetzes vom 21. Juni 2013 (BGBl. I S. 1650, 1651), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 420) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, oder überwiegend alkoholhaltige Lebensmittel durch Automaten feilzuhalten,
2.
in Ausübung eines Gewerbes alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene zu verabreichen,
3.
im Gaststättengewerbe das Verabreichen von Speisen von der Bestellung von Getränken abhängig zu machen oder bei der Nichtbestellung von Getränken die Preise zu erhöhen,
4.
im Gaststättengewerbe das Verabreichen alkoholfreier Getränke von der Bestellung alkoholischer Getränke abhängig zu machen oder bei der Nichtbestellung alkoholischer Getränke die Preise zu erhöhen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.