Landgericht München II Endurteil, 25. Mai 2018 - 2 O 3/18

bei uns veröffentlicht am25.05.2018

Gericht

Landgericht München II

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes und von Schadensersatz wegen einer behaupteten Persönlichkeitsverletzung im Zusammenhang mit der Einleitung eines berufsaufsichtlichen Verfahrens.

Die Klägerin ist psychologische Psychotherapeutin. Ihr Bruder war zeitweise in der Einrichtung „Herzogsägmühle“ des Beklagten aufhältig.

Der Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 22.09.2014 (Anlage K 2) an die Bayerische Landeskammer der psychologischen Psychotherapeuten (PTK), der berufsständischen Aufsicht über die Klägerin, und unterbreitete dieser unter dem Betreff „Problemanzeige bezüglich Frau Dipl.-Psych. Katharina Grau“ einen Sachverhalt mit der Bitte um Prüfung der aus Sicht der Kammer gebotenen Schritte. Der Beklagte legt in diesem Schreiben dar, dass die Klägerin Angehörige eines in ihrer Einrichtung vormals betreuten Menschen sei. Scheinbar habe die Klägerin eine andere Meinung bezüglich der Art und Weise der hier erbrachten Maßnahme. Deswegen habe sich die Klägerin seit Mitte 2012 mit einer Vielzahl von Anrufen in der Einrichtung des Beklagten gemeldet und dabei in herabwürdigender, ehrverletzender und keineswegs standesgemäßer Art und Weise ihren Unmut über die vorgeblichen Unzulänglichkeiten ihrer Einrichtung und der hier stattfindenden Maßnahme vorgebracht. Nachdem aus Sicht der Klägerin die Reaktion des Beklagten darauf wohl nicht in dem gewünschten Maße erfolgt sei, sei die Klägerin dazu übergegangen, nicht nur Leitungskräfte und willkürlich Mitarbeitende der Einrichtung, sondern auch unbeteiligte Dritte aus der näheren Umgebung telefonisch zu kontaktieren und unrichtige und aus der Sicht des Beklagten teilweise auch strafrechtlich relevante Behauptungen aufgestellt habe, um die Herzogsägmühle zu diskreditieren. Daneben habe die Klägerin zur Tages- und Nachtzeit in der Herzogsägmühle angerufen, die entgegennehmenden Mitarbeitenden beschimpft oder undefinierbare Geräusche gemacht und dann aufgelegt. Auch habe sich die Klägerin einer regen schriftlichen Korrespondenz mit dem Vorstand, Herrn Wilfried Knorr, befleißigt. Der Beklagte habe die Klägerin mit Schreiben vom 05.12.2013 deshalb aufgefordert, mit sofortiger Wirkung dieses Verhalten zu ändern und entsprechende Anrufe zu unterlassen. Dabei seien ihr auch zugleich entsprechende rechtliche Schritte angedroht worden. Leider sei es jedoch zu keiner Änderung im Verhalten der Klägerin gekommen. Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Weilheim-Schongau sei auch durch die Klägerin mit mehreren Telefonaten kontaktiert worden. Wenn dort niemand erreichbar gewesen sei, habe die Klägerin den Anrufbeantworter so lange besprochen, bis dessen Kapazität aufgebraucht gewesen sei. Solche Anrufe habe es auch nachts gegeben. Der Klägerin sei daraufhin untersagt worden, beim Gesundheitsamt anzurufen. Über diesen Vorgang sei die Bayerische Landeskammer der psychologischen Psychotherapeuten bereits unterrichtet. Ebenso habe die Klägerin eine Bewohnerin der Gemeinde Steingaden angerufen und über die Einrichtung des Beklagten geschimpft. Nachdem die Anschlussinhaberin sich dies habe nicht länger anhören wollen und den Hörer aufgelegt habe, habe die Klägerin erneut angerufen und den Anrufbeantworter besprochen. Die Bewohnerin habe die Beklagte daraufhin am 31.07.2014 kontaktiert. Weiterhin habe die Klägerin im Laufe der Zeit u.a. den Beauftragten der für Sekten und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, das Landeskirchenamt sowie den Bezirk Oberbayern mit den gleichen Themen und Inhalten kontaktiert. Am 03.09.2014 habe die Klägerin versehentlich beim Rechtsreferenten der Beklagten, Assessor Löscher, angerufen. Die Klägerin habe die Nummer der Assistentin gewählt, es sei aber eine Rufumleitung eingeschaltet gewesen. Die Klägerin habe vorgegeben, Praktikumsstellen für Menschen mit seelischer Erkrankung zu suchen. Das Gespräch habe sich äußerst schwierig und diffus gestaltet, da die Klägerin wahllos unwahre Behauptungen aufgestellt habe (z.B. der Beklagte würde von Kostenträgern aufgefordert, Akten zu fälschen), ohne jeden erkennbaren Zusammenhang Themen gewechselt, und bis zuletzt sei nicht klar gewesen, was sie eigentlich gewollt habe. Die Klägerin habe auf Dinge Bezug genommen, die sie im Fernsehen (z.B. Fall Mollath) gesehen habe. Auf die Frage, ob sie mit den Telefonaten nicht langsam aufhören wolle, habe die Klägerin lediglich erklärt, dass sie ihre Meinung überall äußern dürfe und sich sehr über eine Unterlassungsklage freuen würde. Sie habe das Gespräch unter Hinweis auf einen vorgeblich anderen Anruf in der Leitung beantwortet. Die Klägerin habe während des ca. zehn Minuten dauernden Gesprächs innerlich erregt, unsicher und unstrukturiert gewirkt. Der vorstehend geschilderte Sachverhalt, der hier lediglich einen Ausriss der Vorfälle mit der Klägerin darstelle, lasse im Hause der Beklagten erhebliche Zweifel an der Eignung der Klägerin als Psychotherapeutin aufkommen. Der Beklagte bat daher darum, diesen Sachverhalt insbesondere unter berufsrechtlichen Aspekten zu prüfen und sodann die ggf. gebotenen Schritte zu ergreifen. Sie stellte dabei klar, dass es ihr nicht daran gelegen sei, Frau Grau einen widerrechtlichen Nachteil zuzufügen oder sie in Misskredit zu bringen. Sie glaube jedoch, dass die Einschaltung der Landeskammer in Ansehung der Tatsache, dass die Klägerin nicht gewillt sei, künftig solches Verhalten zu unterlassen, zur Abwendung von Schäden bei bisher unbeteiligten Dritten unabdingbar sei.

Die Bayerische Landeskammer leitete auf die Problemanzeige des Beklagten hin mit Schreiben vom 06.11.2014 (Anlage K 4) ein berufsaufsichtliches Verfahren gegen die Klägerin ein. Sie brachte die Vorwürfe der Beklagten ihr zur Kenntnis und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.11.2014.

Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 12.11.2014 und 01.08.2016 (Anlagen K 5 und K 6) gegenüber der Landeskammer Stellung.

Mit Schreiben vom 11.01.2016 (Anlage K 3) nahm der Beklagte zum Schreiben der PTK vom 20.11.2015 Stellung und äußerte sich dazu, wann die Klägerin bei ihr angerufen und sich in herabwürdigender Art und Weise geäußert habe. Des Weiteren legte der Beklagte dar, wann die Klägerin bei welchen Personen angerufen und sich über die Beklagte beschwert habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug genommen.

Am 01.04.2016 fand ein Anhörungstermin bei der PTK statt. Bei diesem Termin waren die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter anwesend. Über diesen Termin wurde ein Protokoll gefertigt (Anlage K 7). Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Protokoll Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.05.2017 (Anlage K 9) teilte die PTK der Klägerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten mit, dass der Vorstand aufgrund der aktuellen Aktenlage und unter Beachtung des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Klägerin zu der Einschätzung gelangt sei, dass im Hinblick auch auf den Zeitablauf und die Tatsache, dass seit dem keine weitergehenden Vorwürfe gegen die Klägerin erhoben worden seien, bei einer weiteren Sachverhaltsermittlung (Zeugenbefragung) nicht mit Erkenntnissen zu rechnen sei, die in der Gesamtabwägung einen erheblichen Verstoß der Klägerin gegen die Berufsordnung begründen könnten. Vor diesem Hintergrund sei das Verfahren eingestellt worden.

Die Klägerin behauptet, teilweise seien die besagten Anrufe überhaupt nicht erfolgt, jedenfalls aber nicht durch die Klägerin, teilweise enthielten sie lediglich berechtigte Kritik, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Vorbringen des Beklagten gegenüber der PTK wahrheitswidrig und persönlichkeitsverletzend sei.

Die Klägerin behauptet, durch die unwahren Tatsachenbehauptungen und die völlig unberechtigte Anzeige des Beklagten bei der PTK seien ihr folgende Schäden entstanden:

Zum einen sei ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die haltlosen Unterstellungen, die Verunglimpfungen bei ihrer berufsständischen Vereinigung und die durch nichts belegte Unterstellung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht zur Ausübung ihres Berufs geeignet, in schwerer und unerträglicher Weise verletzt. Diesbezüglich habe sie einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen den Beklagten in Höhe von 5.000,00 €. Anders sei der ihr entstandene immaterielle Schaden nicht auszugleichen. Insbesondere habe der Beklagte seine Behauptungen zu keiner Zeit zurückgenommen oder sich entschuldigt.

Zum anderen seien ihr durch das Verfahren vor der PTK auch materielle Schäden entstanden, namentlich durch Beauftragung des Prozessbevollmächtigten. Hierdurch seien ihr Anwaltskosten in Höhe von 452,20 € abzüglich der durch ihre Rechtsschutzversicherung übernommenen Kosten in Höhe von 302,20 €, also 150,00 €, entstanden.

Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz ergebe sich aus § 823 Abs. 1 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186 ff StGB. Die Behauptungen des Beklagten seien teils unwahr, teils übertrieben, teils unterfielen die behaupteten Äußerungen der Klägerin der Meinungsfreiheit. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Äußerungen nicht in einem beruflichen, sondern allein in einem privaten Kontext erfolgt seien. Die Verleumdungen des Beklagten gegenüber der berufsständischen Einrichtung der Klägerin seien daher durch nichts zu rechtfertigen. Hilfsweise wären alle behaupteten Äußerungen von der Meinungsfreiheit der Klägerin gedeckt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 € Schmerzensgeld zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

  • 2.Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatz in Höhe von 150,00 € zu bezahlen.

  • 3.Weiter wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 460,20 € an vorgerichtlichen Kosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin müsse sich als Angehörige eines Berufes, der einer Berufsordnung unterliegt, der Durchführung eines standesrechtlichen Verfahrens unterziehen lassen. Nach § 3 der Berufsordnung habe die Klägerin ihren Beruf gewissenhaft auszuüben. Als Psychotherapeutin habe die Klägerin nach § 8 I der Berufsordnung in ihrem öffentlichen Auftreten alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Berufsstandes schadet. Nach § 30 II der Berufsordnung sehe vor, dass ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten einer Psychotherapeutin eine berufsrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung sein könne, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sei, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung oder das Ansehen dieses Berufes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Diese Regelung impliziere das Recht des Beklagten, eine entsprechende Mitteilung an die Landeskammer zu verfassen. Es sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, wenn derjenige, der eine entsprechende Anzeige erstattet, irgendwelche Nachteile zu gewärtigen habe. Selbst dann, wenn sich im Nachhinein herausstelle, dass ein Verstoß gegen die Berufsordnung sich als unberechtigt erweise oder sich nicht aufklären lasse, dürften den Anzeigeerstatter keine Schadensersatzforderungen treffen. Die Voraussetzungen für eine Eröffnung des standesrechtlichen Verfahrens hätten hier aufgrund des Verhaltens der Klägerin vorgelegen. Die bloße Anhörung in einem standesrechtlichen Verfahren stelle noch keinen derart schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, dass hierdurch ein Anspruch auf eine Geldentschädigung in Form eines Schmerzensgeldes begründet werden könnte. Ein Schmerzensgeldanspruch bestehe nur dann, wenn die durch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung entstandenen Nachteile anders nicht ausreichend ausgeglichen werden könnten. Vorrangig seien mögliche Ansprüche auf Widerruf oder Gegendarstellung zu prüfen. Der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch komme nur dann in Betracht, wenn ein unabwendbares Bedürfnis der Klägerin zur Schadensregulierung bestünde.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25.03.2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat keinen Schmerzensgeldanspruch und keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.

1. Es besteht kein Schmerzensgeldanspruch (§§ 823 I, 253 II, BGB i.V.m. Art. 2 I, 1 I GG).

a. Nach dem Klagevortrag bleibt unklar, welche Behauptungen des Beklagten nun unwahr sein sollen. Die Klägerin führt lediglich aus, dass teilweise die besagten Anrufe überhaupt nicht erfolgt seien, jedenfalls aber nicht durch die Klägerin. Teilweise enthielten sie lediglich berechtigte Kritik, die von der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen seien. Welche Anrufe nun von der Klägerin nicht getätigt worden sein sollen, erläutert die Klägerin nicht. In der mündlichen Verhandlung gab der Klägervertreter an, dass drei Anrufe tatsächlich von der Klägerin bei der Beklagten erfolgten. Wann diese jeweils erfolgt seien, könne er nicht sagen. Die zugestandenen Anrufe mögen auch kritisch gewesen sein. Nach Ansicht der Klägerin soll sich nun das Gericht heraussuchen, welche Anrufe von ihr erfolgt sind und welche nicht. Aufgrund der nachfolgenden Ausführungen kann jedoch dahinstehen, welche Anrufe mit welchem Inhalt von der Klägerin beim Beklagten erfolgt sind und welche Anrufe nicht erfolgt sind.

b. Unabhängig von der Frage, ob die Einleitung eines standesrechtlichen Verfahrens eine Persönlichkeitsrechtsverletzung begründen kann, begründet das Verhalten des Beklagten jedenfalls keinen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schmerzensgeld. Die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (BGH NJW-RR 2016, 1136 Tz. 9). Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der besagten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen. Denn die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsverletzung findet ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde.

c. Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung einer Geldentschädigung nicht erforderlich. Unstreitig hat die Klägerin beim Beklagten dreimal angerufen und Kritik geäußert. Diese Äußerungen waren für den Beklagten der Anlass, sich an die PTK mit einer Problemanzeige hinsichtlich der Klägerin zu wenden. Bei den von der Klägerin beanstandeten Äußerungen und Behauptungen des Beklagten gegenüber der PTK handelt es sich um keine groben Beleidigungen im persönlichen Umfeld. Der Beklagte hat der PTK ein Verhalten der Klägerin mitgeteilt, das aus seiner Sicht Zweifel an der Eignung der Klägerin als Psychotherapeutin habe aufkommen lassen. Er behauptete in seiner Problemanzeige an die PTK, die Klägerin habe in einer Vielzahl von Anrufen in seiner Einrichtung und auch bei Dritten ihren Unmut über die vorgeblichen Unzulänglichkeiten in seiner Einrichtung und der hier stattfindenden Maßnahme in herabwürdigender, ehrverletzender und keineswegs standesgemäßer Art und Weise vorgebracht. Die Äußerungen und Behauptungen des Beklagten erfolgten also nicht in der Öffentlichkeit. Der Beklagte wandte sich vielmehr an die PTK als berufsaufsichtliche Einrichtung gegenüber der Klägerin. Die Öffentlichkeit hat von der Problemanzeige des Beklagten keine Kenntnis erlangt. Die PTK hat die Problemanzeige des Beklagten neutral untersucht und die Sache nach Anhörung der Klägerin „eingestellt“. Die mit den persönlichen Vorwürfen etwa verbundenen Beeinträchtigungen der Klägerin könnten befriedigend durch einen Unterlassungstitel aufgefangen werden. Die Klägerin kann auch wegen etwaiger Beleidigungen den Privatklageweg beschreiten und sich auch dadurch Genugtuung verschaffen. Für die Zahlung einer Geldentschädigung ist aufgrund der Umstände des Streitfalls daneben kein Raum.

2. Es besteht auch kein Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit dem berufsaufsichtlichen Verfahren entstanden sind (§ 823 I BGB, Art. 2 I GG).

a. Der Beklagte handelte unabhängig von der Frage, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung bei der Klägerin eingetreten ist, nicht rechtswidrig.

b. Das Betreiben eines gesetzlich geregelten Verfahrens der Rechtspflege oder Verwaltung stellt, soweit ein subjektiv redliches Verhalten vorliegt, im Grundsatz gegenüber dem anderen Verfahrensbeteiligten kein rechtswidriges Handeln dar, selbst wenn sich das Begehren als ungerechtfertigt erweist und der andere Beteiligte über das Verfahren hinaus Nachteile hat (Palandt/Sprau, BGB, 77. A., § 823 Rz. 37). Deshalb darf im Grundsatz auch jeder (angebliche) Missstände gegenüber dem Betroffenen erwähnen und den Stellen anzeigen, die zu deren Beseitigung berufen sind (Palandt/Sprau, a.a.O.). Sein Verhalten ist, auch wenn es Schaden verursacht, wegen seiner verfahrensrechtlichen Legalität rechtmäßig (Palandt/Sprau, a.a.O.). Denn der Antragsteller ist mangels Selbsthilferechts auf die gesetzlichen Verfahren angewiesen. Der Betroffene kann sich in dem Verfahren selbst gegen einen rechtswidrigen Eingriff wehren (Palandt/Sprau, a.a.O.). Eine andere Beurteilung würde die Rechtspflege und Verwaltung lahmlegen und damit einem rechtsstaatlichen Gebot zuwiderlaufen (Palandt/Sprau, a.a.O.). Etwas anderes gilt bei unredlichem Verhalten, also bei bewusst oder leichtfertig unwahren Behauptungen bzw. Schmähkritik oder wenn das Verfahren den Schutz des Verfahrensgegners nicht hinreichend gewährleisten kann.

c. Eine Schmähkritik des Beklagten hinsichtlich der Klägerin liegt hier nicht vor. Die Problemanzeige des Beklagten befasst sich sachlich mit dem Verhalten der Klägerin. Der Beklagte beurteilt dabei das Verhalten der Klägerin als herabwürdigend, ehrverletzend und keineswegs standesgemäß. Eine Schmähung liegt nicht bereits wegen der herabsetzenden Wirkung einer Äußerung für Dritte vor, selbst wenn es sich um eine überzogene oder ausfällige Kritik handelt (vgl. BVerfGE 82, 272 [284] = NJW 1991, 95). Eine herabsetzende Äußerung nimmt vielmehr erst dann den Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (NJW-RR 2000, 1712). Dies ist hier offensichtlich nicht gegeben und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Dem Beklagten ging es mit seiner Problemanzeige darum, sich gegen die unstreitig erfolgten kritisierenden Anrufe der Klägerin zu wehren.

d. Es liegt auch kein unredliches Verhalten des Beklagten vor. Nach eigenem Vorbringen der Klägerin hat sie zumindest dreimal beim Beklagten angerufen und Kritik geäußert. In welcher Art und Weise, wie oft und wem gegenüber die Klägerin die Kritik geäußert hat oder wie der Beklagte diese verstanden hat, ist streitig, kann aber dahin stehen. Jedenfalls hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten Kritik geäußert. Die Telefonanrufe, die die Klägerin auch zum Teil einräumt, haben den Beklagten veranlasst, sich bei der PTK über die Klägerin zu beschweren. Das Einschalten der PTK war durchaus angezeigt, da die PTK auch die Wahrung des Ansehens des Berufsstandes und die Geeignetheit zur Berufsausübung in gesundheitlicher Hinsicht zu prüfen hat. Nach § 30 II der Berufsordnung der PTK kann ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten einer Psychotherapeutin dann eine berufsrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung sein, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung oder das Ansehen dieses Berufes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Nach § 17 II der Berufsordnung können sich Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in kollegialer Weise auf Vorschriften der Berufsordnung aufmerksam machen. Sie verletzen ihre Pflicht zur Kollegialität auch dann nicht, wenn sie bei Vorliegen eines begründeten Verdachts die Kammer auf einen möglichen Verstoß einer Kollegin oder eines Kollegen gegen die Berufsordnung hinweisen. Nach § 3 I der Berufsordnung sind Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit ihrem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben nach § 3 VIII der Berufsordnung bei ihrem öffentlichen Auftreten alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Berufsstandes schadet. Der Beklagte hat in seiner Problemanzeige an die PTK das Auftreten der Klägerin gerügt und dieses als herabwürdigend, ehrverletzend und keineswegs standesgemäß bewertet. Die Klägerin hat sich zu den Vorwürfen des Beklagten teilweise eingelassen und kritisierende Äußerungen dem Grunde nach eingeräumt, dabei aber die Ansicht vertreten, diese seien von ihrer Meinungsfreiheit gedeckt gewesen.

Aufgrund der vorliegenden Umstände liegt kein unredliches Verhalten des Beklagten vor.

3. Die Klägerin hat daher auch keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht München II Endurteil, 25. Mai 2018 - 2 O 3/18 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.