Landgericht München I Endurteil, 28. Mai 2015 - 2 O 1248/15

published on 28/05/2015 00:00
Landgericht München I Endurteil, 28. Mai 2015 - 2 O 1248/15
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Oberlandesgericht München, 1 U 2090/15, 29/10/2015

Gericht

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Tenor

1. Die am 26.01.2015 angeordnete einstweilige Verfügung wird bestätigt.

2. Die Verfügungsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin begehrt die vorläufige Untersagung der Beendigung eines Vergabeverfahrens durch Erteilung des Zuschlags. Sie wendet sich gegen drei beschränkte Ausschreibungen von Straßenmarkierungen (Weißmarkierungen), an denen die Verfügungsbeklagte sie nicht beteiligt hat.

Die Verfügungsklägerin ist ein mittelständisches Fachunternehmen, das sich gewerbsmäßig mit dem Aufbringen von Straßenmarkierungen, der Verkehrsüberwachung und Verkehrssicherung sowie dem Aufstellen von Schildern und Verkehrszeichen befasst.

Die Verfügungsbeklagte hat seit vielen Jahren die Aufbringung der Weiß- und Gelbmarkierungen auf den Straßen ... Jahresverträgen öffentlich ausgeschrieben. Dazu hat sie die Straßenmarkierungen in drei Teillose ... aufgeteilt. Die Verfügungsklägerin hat sich in den Vorjahren (d. h. vor 2015) regelmäßig an den öffentlichen Ausschreibungen der Verfügungsbeklagten beteiligt und Teillose im Stadtgebiet gewonnen, zuletzt z. B. in Bietergemeinschaft mit der ... GmbH.

Für die Jahresverträge 2015 hat die Verfügungsbeklagte die Ausschreibungen der Gelbmarkierungen (vorläufige Markierungen, etwa in Baustellenbereichen) von der Ausschreibung der Weißmarkierungen (endgültige Markierungen) getrennt. Zugleich hat sie die bestehenden Gebietslose ... für die Weißmarkierugen weiter in jeweils Teile A und B aufgeteilt. Die Jahresverträge 2015 für die Gelbmarkierungen hat die Verfügungsbeklagte in zwei Lose ... aufgeteilt. Die so gebildeten Einzellose für die Gelb- und Weißmarkierungen hat die Verfügungsbeklagte getrennt und - anders als in den Vorjahren - beschränkt ausgeschrieben. Hierbei hat sie die Verfügungsklägerin lediglich für die mit „Teil A“ bezeichneten Gebiete für die Weißmarkierungen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Bis auf das Teillos für das Gebiet Nord Teil A hat die Verfügungsbeklagte für die mit „Teil A“ bezeichneten Gebiete Angebote abgegeben. Für die Gelbmarkierungen und die - hier allein streitgegenständlichen - mit „Teil B“ bezeichneten Teillose für die Weißmarkierungen hat die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin dagegen nicht zur Abgabe eines Angebots aufgefordert.

Die beschränkte Ausschreibung für die Teillose „Teil A“ ist mittlerweile aufgehoben worden. Für diese Teillose ist nunmehr im März 2015 eine öffentliche Ausschreibung erfolgt.

Die Verfügungsklägerin hat sämtliche beschränkten Ausschreibungen von Straßenmarkierungen für das Vertragsjahr 2015 bei der VOB-Stelle, ... mit einem Antrag nach § 21 VOB/A angegriffen.

Im Einzelnen wurde die Verfügungsklägerin an folgenden Ausschreibungen von Weißmarkierungen der Verfügungsbeklagten nicht beteiligt:

- „Gebiet Nord ...“

- „Gebiet Süd ...“

- „Gebiet Ost ...“

Die Auftragswerte dieser Ausschreibungen übersteigen einzeln und in der in der Summe die Wertschwelle von 125.000 Euro. Der Schwellenwert nach § 100 Abs. 1 GWB für die Anwendung des Vergaberechts nach dem vierten Teil des GWB ist nicht erreicht.

Ein Zuschlag wurde noch nicht erteilt, stand aber unmittelbar bevor.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass die Verfügungsbeklagte die Ausschreibungen der Teillose für die Weißmarkierungen nicht beschränkt hätte ausschreiben dürfen. Insbesondere sei die beschränkte Ausschreibung nicht nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A zulässig. Nach § 3 Abs. 2 VOB/A gelte vielmehr der Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfügungsklägerin wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Antrag vom 23.01.2015 hat die Verfügungsklägerin folgende einstweilige Verfügung vom 26.01.2015 erwirkt:

„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro wegen jeder Zuwiderhandlung aufgegeben, in den Vergabeverfahren zur Beschaffung von Weißmarkierungen „Gebiet Nord ..., „Gebiet Süd ... und „Gebiet Ost ... einstweilen bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache keine Zuschläge zu erteilen.“

Die Verfügungsbeklagte hat Widerspruch eingelegt ....

Mit Beschluss der Kammer vom 05.03.2015 wurde das Verfahren dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen ....

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte trägt vor, gegen die Verfügungsklägerin bestehe seit längerem der Verdacht, dass diese im Rahmen ihrer Firmenpolitik und auf der Grundlage von Absprachen mit Konkurrenten einen ordnungsgemäßen Wettbewerb gefährde, indem sie sich mit nicht im Wettbewerb kalkulierten Angeboten an den Ausschreibungen für die Markierungsarbeiten beteilige. Auch wenn die Verfügungsbeklagte hierfür keine eindeutigen Beweise vorlegen könne, bestehe aus ihrer Sicht ein begründeter Verdacht für ein solches Verhalten der Verfügungsklägerin. Das Bundeskartellamt habe u. a. gegen die Verfügungsklägerin Ermittlungen wegen des Verdachts kartellrechtswidriger Absprachen durchgeführt. Die Ermittlungen seien jedoch in den Jahren 2005 oder 2006 eingestellt worden, weil das Ermittlungsergebnis für den Erlass eines Bußgeldbescheids nicht ausgereicht habe. Für Ausschreibungen der Markierungsarbeiten ... habe die Verfügungsbeklagte die Erfahrung gemacht, dass bei öffentlichen Ausschreibungen zwar mehrere Interessenten die Ausschreibungsunterlagen abfordern, Angebote jedoch in der Regel nur von wenigen, oftmals gleichen Firmen, nämlich der Verfügungsklägerin und der ... GmbH, abgegeben worden seien. Aus einer Aufstellung des Preisniveaus aller Anbieter für das Gebiet Nord hätten sich zudem Auffälligkeiten bei den Angebotspreisen gezeigt. Stets seien die Angebote so bepreist worden, dass die Aufträge entweder an die Verfügungsklägerin oder die ... GmbH gegangen seien. Andere Anbieter hätten nur sporadisch Angebote erteilt. Für die Jahresausschreibung 2014 habe die Verfügungsklägerin in Bietergemeinschaft mit der bisher allein als alternative Auftragnehmern in Betracht kommenden ... GmbH angeboten. Hierbei sei ein Preissprung von nahezu ...% eingetreten. Die Bietergemeinschaft habe dennoch an erster Stelle gelegen, weil Alternativangebote noch erheblicher teurer gewesen seien. Die Überprüfung der Verfügungsbeklagten habe zwar keine ausreichenden Belege für ein „Überangebot“ ergeben. Der Preissprung sei jedoch nicht nachvollziehbar gewesen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass die Nichtabgabe eines Angebots für das - hier nicht streitgegenständliche - Teillos für das Gebiet Nord ... das Interesse der Verfügungsklägerin an den streitgegenständlichen Teillosen für den jeweiligen Teil ... in Frage stelle. Die beschränkte Ausschreibung der streitgegenständlichen Weißmarkierungen sei nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A zulässig, weil eine Ausschreibung aus anderen Gründen unzweckmäßig gewesen sei. Die beschränkte Ausschreibung diene dem Schutz des Wettbewerbs und der Möglichkeit für andere Wettbewerber, mit den gleichen Chancen an den Ausschreibungen für die Markierungsarbeiten teilzunehmen. Sie verfolge das Ziel, auf dem Gebiet der Markierungsarbeiten faktische Monopolstellungen und Abhängigkeiten der Verfügungsbeklagten von ein oder zwei Unternehmen zu verhindern. Der Bezug von § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A auf die Zweckmäßigkeit führe im Übrigen dazu, dass der Verfügungsbeklagten ein Beurteilungsspielraum bei der Frage zuzugestehen sei, ob und inwieweit Tatsachen die Unzweckmäßigkeit einer öffentlichen Ausschreibung rechtfertigten. Die Beurteilung der Verfügungsbeklagten sei insoweit nur auf - hier nicht vorliegende - Beurteilungsfehler überprüfbar. Auch die VOB-Stelle habe - wie aus dem als Anlage ... vorgelegten Bescheid ... hervorgehe - die beschränkte Ausschreibung auf Grundlage von § 3 Nr. 3 Abs. 1 c VOB/A (2006) für zulässig gehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfügungsbeklagten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere den Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 02.03.2015, Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin wendet dagegen ein, sie sei an allen Ausschreibungen der Verfügungsbeklagten interessiert. Sie wolle sich auch an der im März 2015 erfolgten öffentlichen Ausschreibung der Teillose ... beteiligen. Den Vorwurf, sie habe sich in der Vergangenheit an wettbewerbswidrigen Absprachen beteiligt, weist die Verfügungsklägerin zurück. Sie ist der Auffassung, dass die Zulässigkeit der beschränkten Ausschreibung nicht mit dem Schutz des Wettbewerbs und der Chancengleichheit anderer Wettbewerber gerechtfertigt werden könne. Wettbewerbsschutz und Chancengleichheit mit einer Wettbewerbsbeschränkung herstellen zu wollen, sei ein Widerspruch in sich.

Das Gericht hat über den Widerspruch der Verfügungsbeklagten am 30.04.2015 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen (Bl. 69/70 d. A.). Im Übrigen wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten ist zulässig. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Die am 26.01.2015 angeordnete einstweilige Verfügung war daher zu bestätigen.

I.

Für Ansprüche bei Auftragsvergaben unter den EU-Schwellenwerten nach § 100 Abs. 1 GWB ist der Zivilrechtsweg eröffnet. Die Anrufung der Nachprüfungsstelle nach § 21 VOB/A steht der Anrufung des Gerichts nicht entgegen, weil die Anrufung der Nachprüfungsstelle bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte keinen gesetzlichen Suspensiveffekt hat (vgl. Portz in: Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl. 2013, § 21 VOB/A, Rdnr. 5 und 10 m. w. N.). Die Verfügungsklägerin kann bei der hier gegebenen sog. Unterschwellenvergabe Primärrechtsschutz im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung erlangen, wenn in einem nach der VOB/A durchgeführten Vergabeverfahren gegen bieterschützende Vorschriften der VOB/A verstoßen wird. Die Vergabepraxis und die den öffentlichen Auftraggebern vorgegebene Anwendung der VOB/A führt zu einer Selbstbindung der Verwaltung. Hierdurch kommt den Vorschriften der VOB/A mittelbare Außenwirkung zu. Demnach muss jeder Mitbewerber die faire Chance erhalten, nach Maßgabe des durch die VOB/A vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden (vgl. Portz in: Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl. 2013, § 21 VOB/A, Rdnr. 10 m. w. N.; OLG Schleswig, Beschluss v. 8.1.2013 - 1 W 51/12, zitiert nach juris).

II.

1. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Zuschlagserteilung aus Verschulden bei Vertragsschuss (culpa in contrahendo) gemäß §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB glaubhaft gemacht.

a) In der Rechtsprechung des BGH ist insoweit anerkannt, dass die Eröffnung eines Vergabeverfahrens ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen der nachfragenden Vergabestelle und den am Auftrag interessierten Bewerbern und Bietern begründet (BGH, Urt. v. 9.6.2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 ff. = Vergaberecht 2011, 703 ff, zitiert nach juris). Ein solches vorvertragliches Schuldverhältnis ist auch zwischen den Parteien entstanden. Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass sie an ein Interesse daran hat, sich in den hier streitgegenständlichen Vergabeverfahren der Verfügungsbeklagten für die Weißmarkierungen der Gebiete Nord, Süd und Ost ... zu beteiligen. Der Umstand, dass sie im Rahmen der ursprünglich beschränkt ausgeschriebenen Weißmarkierungen für das Gebiet Nord ... kein Gebot abgegeben hat, steht dem nicht entgegen. Die Gebietsteillose mit der Bezeichnung ... sind nicht streitgegenständlich. Aus der einmaligen Nichtabgabe eines Angebots in einem anderen Vergabevergabe kann zudem nicht der Schluss gezogen werden, die Verfügungsklägerin habe kein ernsthaftes Interesse an der Vergabe der streitgegenständliche Teillose. Hinzu kommt, dass die Verfügungsklägerin unstreitig in der Vergangenheit regelmäßig an den Vergabeverfahren der Verfügungsklägerin teilgenommen hat und nach der mittlerweile erfolgten Aufhebung der beschränkten Ausschreibung für die Gebietsteillose ... erklärt hat, an der öffentlichen Ausschreibung dieser Gebietslose teilnehmen zu wollen.

b) Die Verfügungsbeklagte hat gegen ihre Pflichten aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis schuldhaft verstoßen, weil sie die Teillose für die Weißmarkierungen in den Teillosen ... entgegen § 3 Abs. 2 VOB/A nicht öffentlich ausgeschrieben hat. Nach § 3 Abs. 2 VOB/A muss eine öffentliche Ausschreibung stattfinden, soweit nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen. Wann ein Abweichen gerechtfertigt ist, ist § 3 Abs. 3 bis 5 VOB/A zu entnehmen. Bei der Ermittlung der Ausnahmetatbestände ist der Grundsatz des Vorrangs der Öffentlichen Ausschreibung zu beachten (vgl. Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl. 2013, § 3 VOB/A, Rdnr. 5).

c) Die Voraussetzungen für die Anwendung der vorliegend allein in Betracht kommenden Ausnahmetatbestände nach § 3 Abs. 3 VOB/A sind nicht gegeben.

aa) Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 3 Nr. 1 VOB/A, der die beschränkte Ausschreibung bei Nichterreichen bestimmter Auftragswertschwellen regelt, ist nicht erfüllt. Bei den hier vorliegenden Straßenmarkierungen handelt es sich um eine Straßenausstattung im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 VOB/A, so dass eine Auftragsschwelle von 50.000 Euro gilt, die hier unstreitig überschritten ist. Nichts anderes gilt, wenn man entsprechend der von der Klägerin in ihrer Antragsschrift vom 23.01.2015 (Seite 11, Bl. 11 d. A.) zitierten Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren über die Vergabe vom Aufträgen im kommunalen Bereich von einer Auftragsschwelle von bis zu 125.000 Euro ausgeht.

bb) Da den angegriffenen beschränkten Vergabeverfahren keine öffentliche Ausschreibung vorangegangen ist, findet § 3 Abs. 3 Nr. 2 VOB/A keine Anwendung.

cc) Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist auch der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann eine beschränkte Ausschreibung erfolgen, wenn eine Öffentliche Ausschreibung aus anderen Gründen (z. B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig ist. Hierbei handelt es sich um einen Auffangtatbestand. Bei dem Tatbestandsmerkmal der Unzweckmäßigkeit einer öffentlichen Ausschreibung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Einzelfall nach objektiven Maßstäben und unter Beachtung der Hierarchie der Vergabearten (Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung vor der beschränkten Ausschreibung) auszulegen ist. Die Unzweckmäßigkeit der Öffentlichen Ausschreibung muss sich demnach aus der Eigenart der Leistung oder mit dieser zusammenhängenden besonderen Umständen ergeben (vgl. Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl. 2013, § 3 VOB/A, Rdnr. 33). Ob und inwieweit der Verfügungsbeklagten bei der Feststellung der Unzweckmäßigkeit ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt, kann dahinstehen, da die von der Verfügungsbeklagten für die Zulässigkeit der beschränkten Ausschreibung angeführten Gründe den von § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A vorgegebenen Rahmen gerade nicht einhalten.

Die Verfügungsbeklagte möchte mit der beschränkten Ausschreibung den Wettbewerb schützen, die Chancengleichheit der Wettbewerber sicherstellen und faktische Monopolstellungen und Abhängigkeiten der Verfügungsbeklagten von ein oder zwei Unternehmen verhindern. Diese Zielsetzung steht mit der Eigenart der hier zu vergebenden Leistung - den Markierungsarbeiten - oder besonderen Umständen bei der Leistungserbringung gerade nicht in Zusammenhang. Es handelt sich hierbei vielmehr um Befürchtungen, die ihre Ursache im von der Verfügungsbeklagten vermuteten wettbewerbswidrigen Verhalten der Verfügungsklägerin haben. Solche Befürchtungen können aber die beschränkte Ausschreibung, die nicht nur die Verfügungsklägerin, sondern ggf. auch andere unbeteiligte Mitbewerber von der Vergabe ausschließen, nicht rechtfertigen. Zwar stehen die von der Verfügungsbeklagten angeführten Ziele in Einklang mit dem in § 2 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 VOB/A normierten Auftrag, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen. Die Verfügungsklägerin weist jedoch zu Recht darauf hin, dass der Schutz des Wettbewerbs nicht mit einer Beschränkung des Wettbewerbs sichergestellt werden kann. Der Verordnungsgeber geht vielmehr mit der in § 3 VOB/A normierten Hierarchie der Vergabeverfahren davon aus, dass grundsätzlich das Verfahren anzuwenden ist, das den größtmöglichen Wettbewerb ermöglicht. Die beschränkte Ausschreibung engt den möglichen Anbieterkreis aber von vorherein ein und führt so gerade nicht zu mehr Wettbewerb und Chancengleichheit.

Soweit es der Verfügungsbeklagten um die Verhinderung wettbewerbswidrigen Verhaltens geht, sieht die VOB/A hierfür besondere Regelungen vor: So ist in § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. d VOB/A angeordnet, dass Angebote von Bietern, die in Bezug auf die Ausschreibung wettbewerbsbeschränkende Abreden getroffen haben, von der Vergabe auszuschließen sind. Zudem darf nach § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A kein Zuschlag für ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis erteilt werden. Der der von der Verfügungsbeklagten geäußerte bloße Verdacht wettbeschränkender Absprachen oder unangemessener Preisbildung kann es daher nicht rechtfertigen, den Bieterkreis von vorherein einzuschränken und von einer öffentlichen Ausschreibung der Leistung abzusehen. Die Verfügungsbeklagte hat insoweit selbst eingeräumt, dass sie für ein wettbewerbswidriges Verhalten der Verfügungsklägerin keine Beweise vorlegen kann. Soweit sie einen auffälligen Preissprung im Angebot der Verfügungsklägerin bei der Jahresausschreibung 2014 beanstandet, führt sie aus, dass Alternativangebote noch teurer gewesen seien und ein überhöhter Preis letztlich nicht nachgewiesen werden konnte. Insoweit kann von einem wettbewerbswidrigen Verhalten der Verfügungsklägerin nicht ausgegangen werden.

Aus dem von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Bescheid ... ergibt sich nichts anderes. In dem Bescheid wird die Zulässigkeit der beschränkten Ausschreibung wegen der von der Verfügungsbeklagten befürchteten Absprachen zwischen den Wettbewerbern zwar postuliert, aber nicht näher begründet.

2. Die Verfügungsklägerin hat auch einen Verfügungsgrund ausreichend glaubhaft gemacht, nachdem die Vergabe der streitgegenständlichen Leistungen nach unbestrittenem Vortrag der Verfügungsklägerin unmittelbar bevorstand.

III.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht erforderlich, da es bei der kraft Gesetzes gegebenen Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung vom 26.01.2015 verbleibt (Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 708, Rdnr. 7).

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re
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published on 09/06/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 143/10 Verkündet am: 9. Juni 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
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Annotations

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.