Landgericht München I Endurteil, 12. Jan. 2016 - 17 O 14907/14

bei uns veröffentlicht am12.01.2016

Tenor

I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger € 10.263,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.08.2014 zu bezahlen.

II. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger € 997,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.08.2014 zu bezahlen.

III. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Der Kläger fuhr am ... mit seinem Fahrzeug, amtliches Kennzeichen ..., auf der ... stadteinwärts in östlicher Fahrtrichtung. Vor ihm fuhr das von der Beklagten zu 1 gesteuerte Fahrzeug, welches bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert war, mit dem Kennzeichen ... das die Fahrt verlangsamte und anhielt. Die Beklagte zu 1 wollte nach links in eine Grundstückseinfahrt einfahren. Der klägerische Fahrer fuhr links am Beklagtenfahrzeug vorbei, verriss sein Fahrzeug nach links und stieß gegen ein dort geparktes Fahrzeug. Zu einer Berührung zwischen dem Klägerfahrzeug und dem Beklagtenfahrzeug kam es nicht.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte zu 1 habe am rechten Fahrbahnrand angehalten. Als der Zeuge ... im Begriff war, am stehenden Fahrzeug vorbeizusetzen, sei die Beklagte zu 1 plötzlich losgefahren ohne Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers und sei nach links gezogen. Der klägerische Fahrer sei nach links ausgewichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, sei dabei aber gegen zwei dort geparkte Fahrzeuge gestoßen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte zu 1 habe durch ihr plötzliches Abbiegen den Unfall alleine verursacht und verschuldet. Der Kläger macht folgenden Schaden geltend:

Reparaturkosten, netto:

10.000,00

Sachverständigenkosten:

238,00

Auslagenpauschale:

25,00

Der Kläger beantragt:

  • 1.Die Beklagtenpartei zur Zahlung von € 10.263,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu verurteilen;

  • 2.Die Beklagten samtverbindlich zu verurteilen an die Klagepartei eine 1,3 Geschäftsgebühr an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 997,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen:

Klageabweisung.

Die Beklagte zu 1 trägt vor, sie habe ca. 50 m vor der Hausnummer ... den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt, ihre Geschwindigkeit verringert und sich zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet, da sie in der Hofeinfahrt von Hausnummer ... wenden wollte. Sie habe nach links und in den Rückspiegel geschaut, um auf den rückwärtigen Verkehr zu achten. Da sie das klägerische Fahrzeug herannahen sah, sei sie stehengeblieben. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h, obwohl eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h vorhanden war, gefahren, sei aufgrund dieser völlig überhöhten Geschwindigkeit ins Schleudern gekommen und deshalb ohne Berührung mit dem stehenden Beklagten-PKW gegen ein geparktes Fahrzeug gefahren.

Der Höhe nach bestreiten die Beklagten die geltend gemachten Reparaturkosten und die geltend gemachten Sachverständigenkosten.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen ..., informatorische Anhörung der Beklagten zu 1 sowie eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen ... und eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen zur Schadenshöhe.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich in vollem Umfang als begründet.

Nach durchgeführter Beweisaufnahme geht die Kammer von einer alleinigen Haftung der Beklagtenseite aus.

Die Beklagte zu 1 wollte unstreitig nach links in eine Hofeinfahrt abbiegen, um dort zu wenden. Damit hat sie den Anscheinsbeweis gemäß § 9 StVO gegen sich. Diesen Anscheinsbeweis konnte die Beklagte zu 1 nicht entkräften. Die Aussagen der beiden vernommenen Unfallbeteiligten widersprechen sich. Während die Beklagte zu 1 angab, sie sei im Unfallzeitpunkt gestanden, es sei allerdings alles sehr schnell gegangen, hat der klägerische Fahrer als Zeuge ausgesagt, die Beklagte zu 1 sei plötzlich losgefahren, als er auf gleicher Höhe war. Sie habe dabei nicht geblinkt und sei vom rechten Fahrbahnrand angefahren.

Es kommt auch keine Mithaftung wegen überhöhter Geschwindigkeit in Betracht.

Der Sachverständige ..., der der Kammer seit langem als äußerst zuverlässiger und kompetenter Sachverständiger bekannt ist, hat in seinem ausführlichen und gründlichen Gutachten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, das Beklagtenfahrzeug habe sowohl eine Kollisions- wie auch eine Ausgangsgeschwindigkeit von lediglich ca. 30 km/h gehabt. Damit verbleibt es bei der vollen Haftung der Beklagten.

Zur Höhe hat der Sachverständige Nettoreparaturkosten in einer freien Werkstätte von € 10.856,04 errechnet. Auch insoweit folgt die Kammer dem überzeugenden Gutachten. Der geltend gemachte Anspruch in Höhe von € 10.000,00 ist daher in jedem Fall gerechtfertigt.

Die Sachverständigenkosten sind ebenfalls gerechtfertigt. Es ist zwar dem Beklagten zuzustimmen, dass über 200 Bilder eine große Anzahl sind. Jedoch ist insoweit auch auf die Gesamtkosten abzustellen. Mit € 238,00 ist jedenfalls der vom Kläger gewählte Weg einer Fotodokumentation wesentlich billiger als ein Sachverständigengutachten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.

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(1) Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Wer nach rechts abbiegen will, hat sein Fahrzeug möglichst weit rechts, wer nach links abbiegen will, bis zur Mitte, auf Fahrbahnen für eine Richtung möglichst weit links, einzuordnen, und zwar rechtzeitig. Wer nach links abbiegen will, darf sich auf längs verlegten Schienen nur einordnen, wenn kein Schienenfahrzeug behindert wird. Vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen ist auf den nachfolgenden Verkehr zu achten; vor dem Abbiegen ist es dann nicht nötig, wenn eine Gefährdung nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist.

(2) Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich folgen.

(3) Wer abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen, Schienenfahrzeuge, Fahrräder mit Hilfsmotor, Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge auch dann, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in der gleichen Richtung fahren. Dies gilt auch gegenüber Linienomnibussen und sonstigen Fahrzeugen, die gekennzeichnete Sonderfahrstreifen benutzen. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten.

(4) Wer nach links abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge, die ihrerseits nach rechts abbiegen wollen, durchfahren lassen. Einander entgegenkommende Fahrzeuge, die jeweils nach links abbiegen wollen, müssen voreinander abbiegen, es sei denn, die Verkehrslage oder die Gestaltung der Kreuzung erfordern, erst dann abzubiegen, wenn die Fahrzeuge aneinander vorbeigefahren sind.

(5) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.

(6) Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn auf oder neben der Fahrbahn mit geradeaus fahrendem Radverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.