Landgericht München I Endurteil, 18. Juli 2016 - 1 T 7429/16
Gericht
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 03.05.2015 wird der Beschluss des Amtsgerichts München
2. Die Auswahl des Sachverständigen und die Entscheidung über die Einholung eines geeigneten Kostenvorschusses für den Sachverständigen obliegt dem Amtsgericht.
3. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Gründe:
I.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 03.05.2015, bei Gericht eingegangen am 03.05.2016, gegen den Beschluss des Amtsgerichts München
Die Voraussetzungen für die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 II ZPO sind entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Beklagten gegeben.
Gemäß § 485 II Satz 1 ZPO kann eine Partei, wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen u. a. beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Sache, die Ursache eines Sachschadens oder Sachmangels und/oder der Aufwand für die Beseitigung eines Sachschadens oder Sachmangels festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist gemäß § 485 II Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Der Begriff des „rechtlichen Interesses“ ist dabei weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH, Beschluss vom 16.09.2004, Az: III ZB 33/04, juris Rn. 5). Das kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Der Antragsteller behauptet hier Mängel der Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage, bei der es sich um zwingendes Gemeinschaftseigentum i. S. des § 5 II WEG handelt. Diesbezüglich sind daher gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer gemäß § 21 III, V Nr. 2 WEG für eine ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung zu sorgen. Insoweit kann dann aber die Erholung eines Sachverständigengutachtens zu den von Antragstellerseite behaupteten Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage durchaus dazu dienen, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Insbesondere kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass bei Feststellung einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen die Eigentümer entsprechend reagieren und auch ohne nachfolgenden Rechtsstreit Beschlüsse zur Behebung der mangelhaften Funktionsfähigkeit fassen. Ebenso erscheint es naheliegend, dass dann, wenn der Sachverständige die vom Antragsteller behaupteten Mängel der Funktionsfähigkeit nicht bestätigen kann, der Antragsteller von der Einleitung weiterer rechtlicher Schritte und einer etwaigen Klageerhebung diesbezüglich absehen wird.
Der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens kann auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an der erforderlichen Vorbefassung der Eigentümerversammlung. Eine solche sieht § 485 II ZPO aus Voraussetzung für die Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nicht vor. Einer Vorbefassung der Eigentümer bedarf es vielmehr grundsätzlich nur dann, wenn es um Maßnahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geht, weil hierfür gemäß § 21 I, III WEG die Eigentümer gemeinschaftlich zuständig ist und das ihnen in diesem Rahmen zustehende Ermessen grundsätzlich nicht durch eine gerichtliche Entscheidung vorweggenommen werden soll. Bei der beantragten Beweiserhebung geht es hingegen nicht um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, da die Entscheidung ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen hinsichtlich der Heizungsanlage ergriffen werden, nach wie vor bei den Eigentümern verbleibt, das Gutachten vielmehr allein der Feststellung des aktuellen Zustands der Heizungsanlage sowie der Ursachen etwaiger Schäden und Mängel hieran und der Möglichkeiten zu deren Behebung dient, ohne insoweit eine Entscheidung der Eigentümer vorweg zu nehmen.
Den Antragsgegnern entsteht durch die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens auch kein erheblicher Nachteil. Eine Belastung mit Kosten durch das selbstständige Beweisverfahren können sie gegebenenfalls mit einem Antrag nach § 494 a ZPO abwenden. Sie müssten eine Belastung mit Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens dann fürchten, wenn sie tatsächlich erforderliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zumindest fahrlässig nicht durchgeführt haben bzw. nicht durchführen. In diesem Fall wäre es aber auch nicht unbillig, dass sie mit Kosten belastet werden.
II.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 I ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 I Satz 1 Nr. 2, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist. Es ging um eine reine Einzelfallentscheidung.