Landgericht München I Endurteil, 16. Nov. 2015 - 1 S 23501/14 WEG

bei uns veröffentlicht am16.11.2015
vorgehend
Amtsgericht München, 483 C 11068/14 WEG, 13.11.2014

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 13.11.2014, Az. 483 C 11068/14 WEG, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs. 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 62 Rz. 6).

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Auf die zutreffenden Gründe des Urteils des Amtsgerichts wird Bezug genommen.

1. Die von Klägerseite innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist des § 46 I Satz 2 WEG gegen den in der Eigentümerversammlung vom 11.04.2014 zu TOPO 1.1 gefassten Beschluss über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnung 2013 mit Erstellungsdatum 17.03.2014 vorgebrachten Gründe greifen nicht durch.

Angegriffen hat die Klägerin den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung nach dem von ihr gestellten Antrag lediglich hinsichtlich der Kostenverteilung der darin eingestellten Heizkosten unter der Überschrift „Aufteilung Heizkosten gem. BGH-Urteil“. Insoweit hat sie allgemein vorgebracht, die Jahresabrechnung erfülle hinsichtlich der darin eingetellten Heizkosten nicht die Vorgaben des BGH, wonach in die Jahresgesamtabrechnung alle im Abrechnungszeitraum geleisteten Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoff stehen, aufzunehmen seien. Für die Verteilung in den Einzelabrechnungen seien dagegen die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffkosten maßgeblich. Konkret eingewandt hat die Klägerin sodann, dass in die Abrechnung unter der Überschrift „Periodenfremde Zahlungen für Heizung“ in die Postition „Erstattung Vorauszahlung Gas“ in Höhe von € 4.252,10 eingestellt sei, wovon nach der Einzelabrechnung der Klägerin auf diese ein Betrag von € 292,16 entfalle, jedoch völlig offen bleibe, ob hierbei die im Abrechnungsjahr 2013 am 20.12.2013 erfolgte Rückerstattung von € 869,02 durch die Stadtwerke M. berücksichtigt worden sei oder nicht. Die Abrechnung sei daher nicht verständlich und nachvollziehbar, mithin unschlüssig.

Wie das Amtsgericht allerdings bereits zutreffend in dem angegriffenen Urteil ausgeführt hat, betrifft der Einwandt der fehlenden Schlüssigkeit im Hinblick auf die Einstellung des Erstattungsbetrages von € 869,02 in die Jahresabrechnung jedoch nicht die Kostenverteilung in den Einzelabrechnungen, sondern die in die Gesamtabrechnung eingestellten Beträge, mithin die Gesamtabrechnung.

Diese hat die Klägerin nach ihrem gestellten Antrag jedoch nicht angegriffen. Selbst wenn man aber den Antrag der Klägerin nach dem von ihr erkennbar gewollten dahingehend auslegen würde, dass dieser sich entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut auch gegen die Gesamtabrechnung richten sollte, könnte die Anfechtungsklage insoweit keinen Erfolg haben. Denn es wäre zunächst Sache der Klägerin gewesen, sich durch Einsicht in die Abrechnungsunterlagen oder im Rahmen eines Auskunftsverlanges gegenüber der Verwaltung darüber zu informieren, wie sich die einzelnen Positionen zusammensetzen. In der Abrechnung selbst muss nämlich nicht jedes einzelne Detail erläutert sein. Vielmehr können in den Positionen auch mehrere Ausgaben oder Einnahmen zusammengefasst werden. Der bloße Einwand, es sei nicht ersichtlich, ob die im im Abrechnungsjahr 2013 am 20.12.2013 erfolgte Rückerstattung von € 869,02 durch die Stadtwerke in der Abrechnung 2013 berücksichtigt worden sei, stellt daher schon kein schlüssiges Klagevorbringen dar.

Zudem haben die Beklagten im Rahmen des Verfahrens auch nachvollziehbar dargetan und durch Vorlage der Abrechnung der Stadtwerke vom 12.12.2013 (Anlage B 1) belegt, dass es sich bei den streitgegenständlichen € 869,02 um eine Rückerstattung für im Jahr 2013 zu viel gezahlte Abschlagszahlungen für nicht verbrauchte Gaslieferungen handelte, die noch im Jahr 2013 selbst der WEG wieder zugeflossen ist, weshalb im Ergebnis die im Jahr 2013 seitens der WEG erfolgten Ausgaben für Gaslieferungen lediglich € 18.787,98 (geleistete Abschlagszahlungen von insgesamt € 19.657,00 abzüglich der erfolgten Rückerstattung von € 869,02) betrugen und diese als den tatsächlichen Verbrauch betreffenden Heizkosten auch in die Abrechnung eingestellt wurden. Dass der Erstattungsbetrag auf zuviel gleistete Vorauszahlungen für Gaslieferungen nicht gesondert in die Abrechnung als Zahlung für nicht verbrauchte Heizkosten eingestellt wurde, führt vorliegend nicht dazu, dass die Abrechnung fehlerhaft wäre, weil anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall, der Betrag der WEG noch im Abrechnungsjahr selbst wieder gutgeschrieben wurde, weshalb diese im Ergebnis im Abrechnungsjahr, wie dargelegt, keine Leistungen auf nicht verbrauchte Gaslieferungen erbracht hat. Wollte man dies anders sehen und verlangen, dass die Gutschrift von € 869,02 gesondert ausgewiesen werden müsste, so müsste dann andererseits, damit die Abrechnung nicht im Ergebnis unrichtig wird, ein Betrag von € 869,02 als Zahlung für nicht verbrauchte Gaslieferungen in die Abrechnung eingestellt werden. Beides, die Gutschrift und die Zahlung für nicht verbrauchte Gaslieferungen wären nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel, also gemäß § 16 I, II WEG nach dem Verhältnis Miteigentumsanteile - sofern kein anderer Schlüssel vereinbart oder beschlossen wurde, wofür vorliegend nichts ersichtlich ist - auf die Eigentümer zu verteilen, weshalb sich die Positionen im Ergebnis letztlich wieder aufheben würden. Es würde auch nicht wesentlich zum besseren Verständnis oder zur größeren Übersichtlichkeit beitragen, wenn die Differnz zwischen den geleisteten Abschlagszahlungen und die auf die tatsächliche Gasmenge entfallenden Zahlungen einerseits sowie die erfolgte Gutschrift andererseits in der Jahresabrechnung gesondert ausgewiesen worden wären. Daher ist es im Falle, dass eine geleistete Abschlagzahlung noch im selben Jahr der WEG wieder gutgeschrieben wird, zulässig, diesen Betrag nicht gesondert in der Abrechnung auszuweisen, sondern lediglich die im Ergebnis im Abrechnungsjahr tatsächlich endgültig aus dem Vermögen der WEG abgeflossenen Zahlungen in die Abrechnung einzustellen, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall eine gesonderte Ausweisung erforderlich erscheinen lassen. Letzteres ist hier indes nicht der Fall.

Sonstige Gründe, warum die Jahresabrechnung 2013 hinsichtlich der dort eingestellten Heizkosten und insbesondere hinsichtlich der Verteilung der Heizkosten in den Einzelabrechnungen fehlerhaft sein sollte, hat die Klägerin innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist des § 46 I Satz 2 WEG nicht dargelegt. Soweit die Klägerin nach Ablauf der Frist des § 46 I Satz 2 WEG erstmals im Schriftsatz vom 10.11.2014 vorgetragen hat, durch Einsicht in die Verwaltungsunterlagen im Oktober 2014 habe der Ehemann der Klägerin festgestellt, dass die Verwaltung in die mittlerweile für ungültig erklärte Abrechnung 2012 vom 25.06.2013 bei sämtlichen Eigentümern die Rückerstattung von € 4.252,10 für das Abrechnungsjahr 2012 durch die Stadtwerke anteilig als Kosten in die Einzelabrechnungen eingestellt hat, so dass bei der Abrechnung 2012 die Vorauszahlungen für diesen Zeitraum als „angebliche Kosten“ anstatt der „tatsächlich verbrauchten Heizkosten“ herangezogen worden seien, ist dieser Einwand verspätet, weil er innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist des § 46 I Satz 2 WEG auch nicht im Kern vorgetragen wurde. Zudem ist nicht ersichtlich, inwieweit sich hieraus eine Fehlerhaftigkeit der Abrechnung für das Jahr 2013, schon gar nicht der Kostenverteilung in den Einzelabrechnungen für 2013, ergeben könnte. Die Klägerin bestreitet nämlich nicht, dass es sich bei dem Betrag von € 4.251,10, der in die Abrechnung 2013 unter der Überschrift „Periodenfremde Zahlungen für Heizkosten“ in der Position „Erstattung Vorauszahl. Gas“, wie dies in der Abrechnung 2013 auch erläutert wurde, um eine Gutschrift aus der Gasschlussrechnung der Stadtwerke für das Abrechnungsjahr 2012, die der WEG erst im Jahr 2013 zugeflossen ist, handelt. Dann ist sie aber nach der von der Klägerin selbst zitierten neusten BGH-Rechtsprechung, wonach alle im Wirtschaftsjahr tatsächlich erzielten Einnahmen und tatsächlich geleisteten Zahlungen in die Abrechnung einzustellen sind, selbst wenn sie andere Wirtschaftsjahre betreffen (BGH, Urteil vom 17.02.2012, Az: V ZR 251/10, juris Rn 16), in die Abrechnung aufzunehmen und, wie erfolgt, nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel, also gemäß § 16 I, II WEG grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, auf die Eigentümer zu verteilen. Ob die Behandlung der geleisteten Abschlagszahlungen für letztendlich nicht verbrauchtes Gas in Höhe von € 4.251,10 in der Jahresabrechnung 2012 richtig erfolgt ist, ist hingegen für das vorliegende Verfahren ohne Auswirkung. Richtig hätte die Zahlung wohl ebenfalls nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer verteilt werden müssen und nicht nach der Heizkostenverordnung, da sie nicht für tatsächlich verbrauchte Gaslieferungen geleistet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2012, Az: V ZR 251/10, juris Rn 17). Selbst wenn dies vorliegend aber nicht erfolgt wäre, würde dies allenfalls zur Fehlerhaftigkeit der Abrechnung für 2012, nicht jedoch der Abrechnung für 2013, die selbständig und unabhängig von der Abrechnung für 2012 zu beurteilen ist, führen.

2. Da die Anfechtungsklage gegen den unter TOP 1.1 gefassten Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung für 2013 im Ergebnis keinen Erfolg hatte, konnte die Klägerin auch mit ihrer gegen die in der Eigentümerversammlung vom 11.04.2014 gefassten Beschlüsse zu TOP 1.2 über die Entlastung des Verwaltungsbeirates und zu TOP 1.3 über die Entlastung der Verwaltung nicht durchdringen. Einziger Angriffspunkt gegen diese Beschlüsse war, dass die Abrechnung für 2013 hinsichtlich der Heizkosten fehlerhaft ist. Da dies, wie dargelegt, nicht der Fall ist und der Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung 2013 mit der Zurückweisung der Berufung bestandskräftig wird, kommen insoweit auch keine Ersatzansprüche mehr gegenüber der Verwaltung und dem Verwaltungsbeirat in Betracht.

3. Schließlich hat die Berufung auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Anfechtungsklage gegen den in der Eigentümerversammlung vom 11.04.2014 zu TOP 6.1 gefassten Beschluss betreffend die Bestätigung des in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2013 zu TOP 3 gefassten Beschluss über die Wiederbestellung der Verwaltung richtet.

Auch wenn das Verfahren über die Anfechtung des in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2013 zu TOP 3 gefassten Erstbeschluss, welches unter dem Az: 483 C 19730/13 WEG des Amtsgerichts München bzw. unter dem Az: 1 S 10809/14 WEG des Landgerichts München I geführt wurde, zwischenzeitlich rechtskräftig entschieden ist, geht die Kammer davon aus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage gegen den in der Eigentümerversammlung vom 11.04.2014 zu TOP 6.1 gefassten Zweitbeschluss weiterhin gegeben ist. Denn die Klägerin hat vorgetragen, dass der Erstbeschluss vom Amtsgericht München teilweise hinsichtlich der Erhöhung der Verwaltervergütung für ungültig erklärt wurde. Jedenfalls diesbezüglich fehlt es daher an einem bestandskräftigen inhaltsgleichen Erstbeschluss, weshalb ein berechtigtes Interesse an der Anfechtung des Zweitbeschlusses der Klägerin nicht abgesprochen werden kann.

Allerdings greifen die von Klägerseite vorgetragenen Anfechtungsgründe wiederum nicht durch. Die Eigentümer sind nämlich grundsätzlich nicht daran gehindert, einen inhaltsgleichen Zweitbeschluss zu einem angefochtenen Erstbeschluss zu fassen (vgl. Bärmann, 13. Aufl., Rn 72 zu § 23). Nur bei Hinzukommen besonderer Umstände kann sich das Fassen eines inhaltsgleichen Zweitbeschlusses als ermessensfehlerhaft oder sogar treuwidrig erweisen. Solche Umstände sind vorliegend aber nicht ersichtlich. Insbesondere ist es ein sachlicher Grund, wenn der Zweitbeschluss zur Heilung formeller Mängel des Erstbeschlusses gefasst wird (vgl. Bärmann, 13. Aufl., Rn 72 zu § 23).

Entgegen der Ansicht der Klagepartei fehlt den Eigentümern zur Fassung eine inhaltsgleichen Zweitbeschlusses grundsätzlich auch nicht die Beschlusskompetenz. Die BGH-Rechtsprechung, wonach in einer Jahresabrechnung nicht zugleich (erneut) über bestehende Rückstände aus vorangegangenen Abrechnungsjahren beschlossen werden darf bzw. bereits durch den Wirtschaftsplan begründete Zahlungsverpflichtungen nicht erneut begründet werden können, betrifft wegen der damit verbundenen Gefahr der Umgehung der Verjährungsvorschriften eine spezielle Problematik und kann auf das Fassen inhaltsgleicher Zweitbeschlüsse nicht allgemein übertragen werden. Die Gefahr, dass durch die Fassung des streitgegenständlichen Beschlusses zu TOP 6.1 der Eigentümerversammlung vom 11.04.2014, bereits verjährte Ansprüche der WEG erneut begründet werden könnten, besteht hier aber nicht.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

2. Die Revision war gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich ist. Es ging nur um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen reinen Einzelfall.

3. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht mehr gegeben ist. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §§ 62 II, 43 Nr. 4 WEG nicht gegeben.

4. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wurde bereits im Termin vom 02.11.2015 durch Beschluss der Kammer auf € 14.024,25 festgesetzt.

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Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 43 Zuständigkeit


(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2012 - V ZR 251/10

bei uns veröffentlicht am 17.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 251/10 Verkündet am: 17. Februar 2012 Lesniak, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 251/10 Verkündet am:
17. Februar 2012
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
WEG § 28 Abs. 3; HeizkostenVO § 3 Satz 1
Die Regelungen der Heizkostenverordnung gelten für die Wohnungseigentümergemeinschaft
unmittelbar; einer Vereinbarung oder eines Beschlusses über ihre Geltung
bedarf es nicht.
In die Jahresgesamtabrechnung sind alle im Abrechnungszeitraum geleisteten Zahlungen
, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoff stehen, aufzunehmen.
Für die Verteilung in den Einzelabrechnungen sind dagegen die Kosten des
im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs maßgeblich. Der Unterschiedsbetrag
ist in der Abrechnung verständlich zu erläutern.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2012 - V ZR 251/10 - LG Landau i.d. Pfalz
AG Ludwigshafen am Rhein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren aufgrund
der bis zum 3. Februar 2012 eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Czub sowie die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 30. November 2010 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beschluss über die Genehmigung der Gesamtabrechnung hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten für das Jahr 2008 für ungültig erklärt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 2. Juli 2010 zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Eigentümerversammlung vom 7. Juli 2009 wurde die Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2008 durch Mehrheitsbeschluss genehmigt. Bei den Heiz- und Warmwasserkosten wurden in die Abrechnung nicht die Kosten für die im Jahr 2008 tatsächlich bezogene Fernwärmeenergie aufgenommen, sondern alle Zahlungen, die im Jahr 2008 an den Energieversorger geleistet worden sind. Die Kläger haben beantragt, die Beschlüsse, soweit die Gesamtund Einzelabrechnungen für die Heiz- und Warmwasserkosten genehmigt wurden , für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da sie nicht innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG hinreichend begründet worden sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen. Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Nach Auffassung des Berufungsgerichts haben die Kläger ihre Klage innerhalb der Zwei-Monatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ausreichend begründet. Der Angriff der Kläger richte sich gegen die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten nach dem Abflussprinzip. Der angefochtene Beschluss sei auch fehlerhaft. Die Heizkostenverordnung fordere eine periodengerechte und verbrauchsabhängige Abrechnung. Maßgebend seien daher die in dem Abrechnungszeitraum angefallenen Verbrauchskosten und nicht die in dem Abrechnungszeitraum gezahlten Rechnungen. Dem entsprächen die angegriffe- nen Abrechnungen nicht, da die in dem Kalenderjahr 2008 getätigten Zahlungen umgelegt worden seien, unabhängig davon, ob diese den Verbrauch in dem Abrechnungsjahr beträfen oder einen solchen aus dem Vorjahr.

II.

3
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung überwiegend stand.
4
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der innerhalb der Begründungsfrist eingegangene Schriftsatz der Kläger die an eine Klagebegründung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG zu stellenden Anforderungen erfüllt.
5
Die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG soll bewirken, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden (Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 Rn. 20). Deshalb muss sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben (Senat, aaO); eine Substantiierung im Einzelnen ist nicht erforderlich (Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 196/08, NJW 2009, 2132 Rn. 14). Dem genügt der Schriftsatz der Kläger. Als Anfechtungsgrund führen sie an, dass die für das Abrechnungsjahr 2008 beschlossenen Gesamt- und Einzelabrechnungen fehlerhaft seien, da sie entgegen der Heizkostenverordnung von den tatsächlich gezahlten Rech- nungsbeträgen im Zeitraum 2008 ausgingen, statt den auf das Jahr entfallenden Brennstoffkostenanteil zu ermitteln und auf dieses Jahr umzulegen. Damit ist der zur Überprüfung gestellte Sachverhalt zumindest in Umrissen vorgetragen.
6
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch den Beschluss der Eigentümergemeinschaft , soweit die Gesamtabrechnung genehmigt wurde, wegen Verstoßes der Abrechnung gegen die Heizkostenverordnung für ungültig erklärt.
7
a) Dies folgt allerdings nicht daraus, dass es - wie die Revision meint - an einem schlüssigen Sachvortrag der Kläger dazu fehlt, ob die Wohnungseigentümer die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung für ihre Gemeinschaft überhaupt eingeführt haben. Eines solchen Vortrages bedurfte es nicht.
8
Nach § 3 Satz 1 Heizkostenverordnung (HeizkV) sind deren Vorschriften unabhängig davon anzuwenden, ob die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss abweichende Bestimmungen getroffen haben. Die Heizkostenverordnung ist ihrem Inhalt nach allerdings nicht für eine unmittelbare Anwendung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft geeignet. Sie gibt kein festes Abrechnungssystem vor, sondern nur einen Rahmen (vgl. §§ 4, 5, 7, 8 HeizkV). Dieser Rahmen muss von der Wohnungseigentümergemeinschaft erst durch Vereinbarung oder Beschluss ausgefüllt werden, bevor eine Abrechnung nach der Heizkostenverordnung möglich ist. Der Verwalter kann eine derart weitreichende Auswahlentscheidung nicht eigenständig treffen (Lammel, Heizkostenverordnung, 3. Aufl., § 3 Rn. 6; Danner/Theobald/ Schuhmacher, Energierecht [2011], § 3 HeizkV Rn. 4; Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 6. Aufl., Rn. 114). Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur gefolgert, dass die Regelungen der Heizkostenverordnung für die Wohnungseigentümergemeinschaft keine unmittelbare Geltung hätten, sondern erst durch Vereinbarung oder Beschluss eingeführt werden müssten (BayObLG, ZMR 1988, 349; OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458, 460; OLG Köln, NZM 2005, 20; Bärmann/Becker, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 57; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 238; Schmid in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 3 HeizkV Rn. 1; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums , 5. Aufl., 6. Teil Rn. 156; Lammel, Heizkostenverordnung, 3. Aufl., § 3 Rn. 4 ff; Danner/Theobald/Schuhmacher, Energierecht [2011], § 3 HeizkV Rn. 4).
9
Dieser Schlussfolgerung ist nicht beizutreten. Die von den Wohnungseigentümern zu treffende Entscheidung über die Ausfüllung des von der Heizkostenverordnung vorgegebenen Rahmens betrifft die Frage, wie die Wohnungseigentümer die vorgeschriebene verbrauchsabhängige Abrechnung vornehmen, insbesondere welchen der möglichen Verteilungsmaßstäbe sie wählen. Insoweit bedarf es für eine Abrechnung auf der Grundlage der Heizkostenverordnung einer Regelung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Beschlussfassung oder Vereinbarung darüber, ob nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung abzurechnen ist, ist hingegen nicht erforderlich. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits unmittelbar aus § 3 Satz 1 HeizkV, der die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer zwingend vorschreibt (LG Itzehoe, ZMR 2011, 236; LG Lübeck, ZMR 2011, 747 f.; OLG Hamburg, ZMR 2007, 210; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn. 103;). Daher entspricht allein eine den Anforderungen der Heizkostenverordnung genügende Abrechnung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298, 3299, Rn. 15). Genehmigen die Wohnungseigentümer eine Heizkostenabrechnung, die verbrauchsunabhängig orientiert ist, ist der Be- schluss auf Anfechtung für unwirksam zu erklären. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümer (noch) keine der Heizkostenverordnung entsprechende Regelung eingeführt haben (OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458; aA Danner/Theobald/Schuhmacher, Energierecht [2011], § 3 HeizkV Rn. 4). Dann müssten sie eine solche Regelung nachholen, damit auf ihrer Grundlage die Heizkosten verteilt werden können.
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b) Ein Verstoß gegen die Heizkostenverordnung liegt jedoch nur vor, soweit die Einzelabrechnungen betroffen sind, nicht dagegen im Hinblick auf die Gesamtabrechnung.
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aa) Die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 28 Abs. 3 WEG nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung zu erstellen. In dieser sind die gesamten im Kalenderjahr angefallenen tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben auszuweisen (Senat, Urteil vom 4. Dezember2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128, Rn. 10). Die Abrechnung soll den Wohnungseigentümern aufzeigen, welche Ausgaben und welche Einnahmen die Wohnungseigentümergemeinschaft im Abrechnungszeitraum wirklich hatte. Deshalb dürfen in ihr nur tatsächlich erzielte Einnahmen und tatsächlich erfolgte Ausgaben gebucht werden (Senat, aaO, Rn. 17).
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bb) Demgegenüber schreibt die Heizkostenverordnung eine verbrauchsabhängige Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten vor. Dem würde eine Ermittlung dieser Kosten nach dem Abflussprinzip, also nach den im Abrechnungsjahr bezahlten Rechnungen, nicht gerecht.
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Nach § 6 Abs. 1 HeizkV hat der Gebäudeeigentümer die Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser auf der Grundlage der Verbrauchserfassung nach Maßgabe der §§ 7 bis 9 HeizkV auf die einzelnen Nutzer zu verteilen. Nach § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2 HeizkV gehören zu den Kosten der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage "die Kosten der verbrauchten Brennstoffe". Daraus folgt, dass nicht die in der Abrechnungsperiode bezahlten Rechnungen, sondern die Kosten des in diesem Zeitraum tatsächlich erfolgten Verbrauchs auf die Wohnungseigentümer umzulegen sind (einhellige Meinung in Rspr. und Lit.; vgl. etwa BayOblG, NJW-RR 2003, 1666; NJW-RR 1993, 1166, 1167; OLG Hamm, ZWE 2001, 446, 448; OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458, 460; LG Hamburg, ZMR 2009, 530, 531; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 71; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 80; Jennißen , ZWE 2011, 153, 154; Weitnauer, WEG, 9. Aufl., Anh. II Rn. 24; MünchKomm -BGB/Engelhard, 5. Aufl., § 28 WEG Rn. 17; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 206 und § 28 WEG Rn. 348 f.; Niedenführ, DWE 2005, 58, 61; Drasdo, ZWE 2002, 166, 168; für die Betriebskostenabrechnung des Vermieters BGH, Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 156/11, juris). Die Anwendung des Abflussprinzips würde vor allem bei der Versorgung mit Heizöl zu Ergebnissen führen, die mit den Vorgaben der Heizkostenverordnung nicht in Einklang zu bringen sind. Wird ein größerer Heizölvorrat gekauft, der im Folgejahr eine Auffüllung des Tanks entbehrlich macht, würden die Nutzer im jeweiligen Abrechnungsjahr auch nicht annähernd mit den Kosten des tatsächlichen Verbrauchs belastet. Unabhängig von der Art der bezogenen Energie führt eine Kostenverteilung nach dem Abflussprinzip aber auch in den Fällen eines Nutzerwechsels , etwa bei Verkauf der Wohnung, zu nicht sachgerechten Ergebnissen. Nach § 9b Abs. 2 HeizkV sind die nach dem erfassten Verbrauch zu verteilenden Kosten auf Vor- und Nachnutzer zu verteilen. Ein verbrauchsabhängiger Kostenausgleich zwischen Veräußerer und Erwerber ist jedoch nicht möglich, wenn Bezugsgröße der Abrechnung nicht die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich erfolgten Verbrauchs, sondern die bezahlten Rechnungen sind. Dies wäre vor allem in Fällen, in denen - witterungsbedingt - die Ab- schlagszahlungen nicht dem tatsächlichen Verbrauch entsprechen, oder etwa beim Kauf eines Heizölvorrats, mit der Heizkostenverordnung nicht vereinbar.
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cc) Im Hinblick auf die von der Heizkostenverordnung vorgeschriebene verbrauchsabhängige Abrechnung macht die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur für die Heiz- und Warmwasserkosten vom Prinzip der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft als reiner Einnahmen - und Ausgabenabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) eine Ausnahme. In die Jahresgesamtabrechnung dürfen danach die in dem Abrechnungszeitraum tatsächlich angefallenen Verbrauchskosten für Heizung und Warmwasser auch dann eingestellt werden, wenn sie mit den in diesem Zeitraum geleisteten Zahlungen nicht übereinstimmen. Die Nachvollziehbarkeit der Jahresabrechnung und die Prüfbarkeit der Vermögensentwicklung würden dadurch gewährleistet, dass die gegenüber den Verbrauchskosten entstandenen Mehr- oder Minderbeträge aufgrund der geleisteten Ausgaben als "Abgrenzungsposten" in der Jahresgesamtabrechnung Berücksichtigung finden. Unterschiedliche Vorstellungen bestehen darüber, an welcher Stelle der Gesamtabrechnung die Abgrenzungen vorzunehmen sind, ob dies bei der Kontenentwicklung zu erfolgen hat oder in Form von Ausgleichsposten bei der Einnahmen-/Ausgabenrechnung (BayOblG, NJW-RR 2003, 1666; NJW-RR 1993, 1166, 1167; OLG Hamm, ZWE 2001, 446, 448; OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458, 460; LG Nürnberg-Fürth, ZMR 2009, 74; Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 28 Rn. 71; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 80; Jennißen, ZWE 2011, 153, 154; Weitnauer, WEG, 9. Aufl., § 28 Rn. 25 f.; MünchKomm-BGB/Engelhard, 5. Aufl., § 28 WEG Rn. 17; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 348 f.; Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rn. 38).
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dd) Nach einer Gegenauffassung ist in der Gesamtabrechnung ausnahmslos am Einnahmen-Ausgaben-Prinzip festzuhalten. Die Heizkostenverordnung erfordere keine Abweichung, da die dort vorgeschriebene verbrauchsabhängige Verteilung lediglich die Einzelabrechnungen betreffe. In die Gesamtabrechnung müssten daher alle tatsächlichen Zahlungsflüsse, die im Zusammenhang mit der Anschaffung und dem Verbrauch von Brennstoff stehen, eingestellt werden, während in den Einzelabrechnungen die auf den konkreten Verbrauch entfallenden Kosten zu verteilen sind. Dass insoweit dann keine Deckungsgleichheit zwischen Einzel- und Gesamtabrechnung mehr bestehe, sei in deren unterschiedlichen Zielrichtungen begründet. Die Gesamtabrechnung diene der Kontrolle des Verwalters, die Einzelabrechnungen hingegen der Kostenverteilung im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer. Die Differenz zur Gesamtabrechnung sei aus Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Abrechnung zu erläutern (Häublein, ZWE 2010, 237, 245; Niedenführ, DWE 2005, 58, 61 und in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 28 Rn. 53; Drasdo, ZWE 2002, 166, 168 f., NZM 2005, 721 ff. und NZM 2010, 681 ff.).
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ee) Der Senat hält die unter dd) dargestellte Auffassung fürzutreffend. Die Verwaltung hat eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenabrechnung vorzulegen, die für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich ist (Senat, Urteil vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128, Rn. 10). Diesen Anforderungen genügt eine Abrechnung, wenn alle in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich erzielten Einnahmen und erfolgten Ausgaben eingestellt werden. Die Darstellung der tatsächlichen Geldflüsse ermöglicht durch einen Abgleich mit den Gesamtkontoständen ohne Weiteres die Überprüfung der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung. Diese einfache Prüfung ließe sich im Falle der Vornahme von Abgrenzungen nicht oder nur erschwert durchführen (Drasdo, NZM 2005, 721, 723). Ein sachlicher Grund, hiervon bei der Darstellung der Heiz- und Warmwasserkosten in der Gesamtabrechnung abzuweichen , besteht nicht, insbesondere lässt sich ein solcher nicht aus den Bestimmungen der Heizkostenverordnung herleiten. Diese erfordert lediglich eine Verteilung der tatsächlich angefallenen Heiz- und Warmwasserkosten auf der Grundlage des gemessenen Verbrauchs. Den Vorgaben der Heizkostenverordnung ist daher bereits dann Genüge getan, wenn zwar nicht in der Gesamtabrechnung , aber in den Einzelabrechnungen eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorgenommen wird, dort also die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs verteilt werden. Der Umstand, dass sich insoweit ausnahmsweise die Einzelabrechnung nicht unmittelbar aus der Gesamtabrechnung herleitet, ist hinzunehmen, sofern die in der Einzelabrechnung enthaltene Abweichung deutlich ersichtlich und mit einer verständlichen Erläuterung versehen ist. An welcher konkreten Stelle der Gesamt- oder Einzelabrechnung diese Erläuterung erfolgt (vgl. etwa Casser/Schultheiss, ZMR Sonderheft, Januar 2011, 1, 7 ff.), bleibt dem Verwalter überlassen. Entscheidend ist allein, dass die Darstellung verständlich und nachvollziehbar ist.
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Hinsichtlich der Umlage der verausgabten Gelder für die angeschafften, aber noch nicht verbrauchten Brennstoffe enthält die Heizkostenverordnung keine Regelung. Diese Kosten sind daher zunächst nach dem allgemeinen, in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten oder nach einem ansonsten vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen (vgl. Drasdo, NZM 2010, 681, 683).
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ff) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Beschluss der Eigentümergemeinschaft , soweit die Einzelabrechnungen genehmigt wurden, wegen Verstoßes der Abrechnungen gegen die Heizkostenverordnung für ungültig erklärt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind in den Einzelabrechnungen für 2008 die an das Versorgungsunternehmen geleistete Ab- schlagszahlung für den Monat Januar 2008, die Zahlung auf die Schlussabrechnung des Versorgers für den Versorgungszeitraum 10. Februar 2007 bis 13. Februar 2008 und die Abschlagszahlungen für die Monate März bis Dezember 2008 erfasst. Die Einzelabrechnungen legen somit nicht den im Abrechnungsjahr 2008 erfolgten Verbrauch, sondern lediglich die geleisteten Zahlungen zugrunde. Dies ist mit der von der Heizkostenverordnung vorgeschriebenen verbrauchsabhängigen Abrechnung nicht vereinbar. Der Beschluss über die Genehmigung der Gesamtabrechnung ist hingegen nicht zu beanstanden.

III.

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Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit der Beschluss der Eigentümergemeinschaft über die Genehmigung der Gesamtabrechnung für Heiz- und Warmwasserkosten für unwirksam erklärt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

IV.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Stresemann Czub Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Ludwigshafen am Rhein, Entscheidung vom 02.07.2010 - 2p C 49/09 -
LG Landau i.d. Pfalz, Entscheidung vom 30.11.2010 - 1 S 167/10 -