Landgericht München I Beschluss, 28. Dez. 2015 - 6 O 13728/15
Gericht
Principles
Tenor
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Bevollmächtigten für die beabsichtigte Erhebung einer Klage gemäß Entwurf nach Anlage ... wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt für eine beabsichtigte Klageerhebung nach dem vorgelegten Entwurf Anlage ... über eine Zahlung von 59.553,00 Euro nebst zugehöriger Zinsen die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung seiner Bevollmächtigten. Mit der beabsichtigten Klage will der Antragsteller von der Antragsgegnerin im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO die Zahlung von Nutzungsentschädigung einfordern für eine Villa in G., die die Antragstellerin gegen Zahlung eines Bruchteils des tatsächlichen Mietwertes genutzt haben soll. Die Nutzung ist unstreitig.
Der Antragsteller legte die wirtschaftlichen Verhältnisse der Masse mit Antragsschreiben vom (Bl. 1 d. A.) samt zugehöriger Anlagen, Ergänzungsschreiben vom (im PkH-Heft, Bl. 2/6, samt zugehöriger Anlagen) und weiterem Ergänzungsschreiben vom ... (Bl. 16/18, samt zugehöriger Anlage) dar. Die Antragsgegnerin bestritt die vom Antragsteller angeführte monatliche Miete und führte u. a. aus, sie habe Sozialhilfe beantragen müssen, ihre monatliche Rente betrage lediglich 285,- Euro, ihr ganzes Vermögen habe sie in das streitgegenständliche Objekt, das mittlerweile zwangsversteigert ist, hineingesteckt.
II.
Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe nicht zu gewähren. Zwar liegen die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe vor. Die Masse ist nicht zur Aufbringung des erforderlichen Prozesskostenvorschusses in der Lage. Nach Abzug der (berechtigten) vorrangigen Aufwendungen im Sinne des § 54 InsO kann an die Gläubiger nicht genügend ausgeschüttet werden, dass diesen die Aufbringung eines entsprechenden Vorschusses zugemutet werden kann. Jedoch ist die Führung des Rechtsstreits nach den von der Antragsgegnerin genannten wirtschaftlichen Verhältnissen, denen der Antragsteller nicht entgegen getreten ist, mutwillig.
Im Detail ist hierzu Folgendes auszuführen:
1. Die Masse selbst ist derzeit nicht in der Lage, die erforderlichen Vorschusszahlungen von 5.734,60 Euro aufzubringen, die freien Mittel der Masse betragen gegenwärtig nur 437,68 Euro. Der Antragsteller berechnet insoweit 5.735,- Euro aufzubringenden Vorschuss, setzt aber auch Gerichtskosten von 1.998,40 Euro an, obwohl es sich um drei Gerichtsgebühren zu je 666,00 Euro handelt. Richtig sind daher 5.734,60 Euro.
2. Im Falle eines Prozesserfolgs würden zur Masse weitere 59.533,00 Euro (nebst Zinsen, die im Folgenden außer Betracht bleiben) hinzukommen. Der Prozesserfolg ist allerdings nicht in voller Höhe ansetzbar, da wegen des Bestreitens der Antragsgegnerin eine Beweisaufnahme schon zur Frage der angemessenen Nutzungsentschädigung erforderlich wäre. Unter Berücksichtigung des typischen Risikos einer solchen Beweisaufnahme sind daher mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des OLG München nur 50% des möglichen Prozesserfolgs anzusetzen, also 29.766,50 Euro. Die relevante Masse beläuft sich somit auf 30.204,18 Euro. Davon wären rechnerisch vorrangig gemäß § 54 InsO abzuziehen die Gerichtskosten des Insolvenzgerichts mit 1.323,- Euro, die Gebühren des Insolvenzverwalters mit 13.448,24 Euro, zugehörigen Auslagen (pauschal 30%) von 3.362,06 Euro und die Gebühren des vorläufigen Insolvenzverwalters von geschätzt 1.500,- Euro maximal (brutto). Soweit der Antragsteller insoweit meint, er könne 15.306,38 Euro Gebühren des vorläufigen Insolvenzverwalters ansetzen, ist diese Rechtsauffassung rechtlich und tatsächlich irrig. Sie ist schon tatsächlich falsch, weil der Antragsteller den Wert des Grundstücks, das während der vorläufigen Insolvenzverwaltung - nicht auf seine Veranlassung - versteigert wurde, mit über 1,0 Mio. Euro ansetzt (Anlagen ...). Tatsächlich hat dieses Grundstück in der Zwangsversteigerung aber lediglich 400.000,- Euro erbracht (Anlage ….). Die Auffassung des Antragstellers ist rechtlich falsch, weil dieses Grundstück zu keinem Zeitpunkt seiner Tätigkeit als vorläufigem Insolvenzverwalter unterlag. Es war bereits vor Stellung des Insolvenzantrags durch einen Gläubiger beschlagnahmt und der Zwangsverwaltung zugeführt worden und wurde dann auf Betreiben eines Gläubigers aus der Zwangsverwaltung heraus zwangsversteigert. Soweit der Antragsteller meint, er könne eine gebührenrechtlich relevante intensive Befassung mit diesem Grundstück dadurch belegen, dass er mit der betreibenden Gläubigerin Verhandlungen über eine freihändige Verwertung und eine sog. „kalte Zwangsverwaltung“ geführt habe, erfüllt dies den Tatbestand der intensiven Befassung tatsächlich nicht. Da das Grundstück sich bereits zu Beginn des Eröffnungsverfahrens in einer regelkonformen Zwangsverwaltung befunden hat, bestand die Notwendigkeit zu Verhandlungen über eine sog. „kalte Zwangsverwaltung“ nicht. Gespräche mit der Gläubigerin über eine freihändige Verwertung, die vom Antragsteller mit Schreiben vom 03.04.2012 an die Gläubigerin herangetragen wurden, beendete diese alsbald mit Schreiben ihrer anwaltschaftlichen Vertreter vom 08.05.2012 (Anlage …).
3. Nach Abzug der genannten berechtigten Aufwendungen verbleibt als möglicher Ausschüttungsbetrag an die Gläubiger jedoch nicht mehr als das Doppelte des aufzubringenden Vorschusses (z. B. BGH, Beschluss vom 07.02.2012 - II ZR 13/10). Es kommt daher nicht darauf an, dass der Antragsteller zu Unrecht meint, einem Gläubiger, dessen Forderung nur für den Ausfall festgestellt wurde, könne ein (ggf. anteiliger) Vorschuss nicht zugemutet werden (richtigerweise a.A.: BGH, Beschluss vom 26.09.2013 - IX ZA 24/12).
4. Dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist jedoch nicht stattzugeben, weil sich die beabsichtigte Klage als mutwillig darstellt. Sie erbringt für die Masse nämlich keinen relevanten Ertrag. Nach den Angaben der Antragsgegnerin, denen der Antragsteller nicht substantiiert entgegen getreten ist, verfügt sie über kein pfändbares Einkommen und über kein Vermögen. Da die Antragsgegnerin sich bereits in Rente befindet, ist eine Verbesserung ihrer Einkommenssituation durch Steigerung ihres Erwerbseinkommens faktisch ausgeschlossen. Anhaltspunkte für den Zufluss besonderen einsetzbaren Vermögens bestehen nicht. Unter diesen Umständen würde ein vernünftiger Selbstzahler den Rechtsstreit nicht führen.
Annotations
Kosten des Insolvenzverfahrens sind:
- 1.
die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren; - 2.
die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses.