Landgericht Kleve Beschluss, 04. Mai 2015 - 4 OH 1/16

Gericht
Tenor
Der Musterverfahrensantrag der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt im Rechtsstreit LG Kleve, Az.: 4 O 322/14 von der Beklagten Schadensersatz wegen Beratungsfehlern aus einem Anlageberatungsvertrag, infolge dessen die Klägerin eine Beteiligung an dem Fonds „J GmbH & Co. KG“ zeichnete. Der Beratung lag der Inhalt des Fondsprospekts zugrunde. Im Rahmen des vorgenannten Rechtsstreits hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.01.2016 (vorab per Telefax eingegangen am 12.01.2016) den hier verfahrensgegenständlichen Kapitalmusterverfahrensantrag eingereicht. Wegen der im Einzelnen verfolgten Feststellungsziele wird auf die Seiten 10-12 der Antragsschrift vom 12.01.2016 (Bl. 597-599 GA) verwiesen. Das Landgericht Berlin hat mit Beschluss vom 29.03.2016, Az.: 4 OH 2/15 KapMuG, dem Kammergericht gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 KapMuG Musterverfahren zur Entscheidung vorgelegt. Der Vorlagebeschluss, der am 13.04.2016 im Klageregister bekanntgemacht worden ist, umfasst alle Feststellungsziele des hier verfahrensgegenständlichen Musterverfahrensantrages. Mit Schriftsatz vom 21.04.2016 teilte die Klägerin die Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses mit und führte aus, dass sie die Aussetzung des Rechtsstreits als zwingende Folge ansehe, sowie dass „auch nicht mehr über den Musterverfahrensantrag zu entscheiden [sei], sobald das Verfahrens ausgesetzt ist“. Die Kammer setze mit Beschluss vom 26.04.2016 den bei ihr anhängigen Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen 4 O 322/14 nach § 8 Abs. 1 KapMuG aus. Mit Verfügung vom 26.04.2016 teilte die Kammer der Klägerin mit, dass sie davon ausgehe, dass der Musterverfahrensantrag mit dem Schriftsatz vom 21.04.2016 zurückgenommen werden solle. Dem widersprach die Klägerin mit Schriftsatz vom 03.05.2016, in welche sie ausführte, sie stelle klar, den Musterverfahrensantrag nicht zurückzunehmen. Sie sei lediglich damit einverstanden, gemäß § 3 Abs. 4 KapMuG von einer Bekanntmachung des Antrages abzusehen.
4Wegen weitergehender Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
5II.
6Der Musterverfahrensantrag ist als unzulässig zu verwerfen.
7Der Musterverfahrensantrag ist gemäß § 7 S. 1 KapMuG durch den Erlass des Vorlagebeschlusses durch das Landgericht Berlin am 29.03.2016 (Az.: 4 OH 2/15 KapMuG) unzulässig geworden. Durch § 7 KapMuG soll ausgeschlossen werden, dass ein weiteres Musterverfahren eingeleitet werden kann, wenn bereits ein Musterverfahren eingeleitet worden ist (BGH NJW-RR 2012, 281, 282; BT-Drs. 15/5091, S. 24, linke Spalte; BT-Drs. 17/8799, S. 20, rechte Spalte). Sobald der Vorlagebeschluss erlassen worden ist, entfällt daher das Rechtsschutzbedürfnis für gleichgerichtete Musterverfahren. Der Erlass eines (weiteren) Vorlagebeschlusses ist nicht zulässig, wie § 7 S. 2 KapMuG entnommen werden kann (Möllers/Faber NZG 2012, 581, 583). Die Aussetzungsentscheidung ist gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 KapMuG von im Musterverfahrensantrag unabhängig.
8Der dem verfahrensgegenständlichen Musterverfahrensantrag zugrundeliegende Rechtsstreit LG Kleve, Az.: 4 O 322/14, ist ein gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzendes Verfahren, weil dessen Entscheidung von den Feststellungszielen des eingeleiteten Musterverfahrens abhängt. Wenn die Prospektfehler vorhanden sind, deren Feststellung dort beantragt ist, liegt ein Beratungsfehler im Rahmen des Anlageberatungsvertrages vor. Derjenige Anlageberater, der den Anlageinteressenten durch Übergabe eines fehlerhaften Anlageprospekts berät oder und den Prospekt zur Grundlage seiner mündlichen Beratung macht, hat den Anleger falsch beraten (BGH BKR 2009, 471). Der Prospekt bzw. dessen Inhalt war Gegenstand bzw. Grundlage der streitgegenständlichen Anlageberatung. Die Kammer hat den vorgenannten Rechtsstreit auch bereits mit Beschluss vom 26.04.2016 nach § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt.
9Eine Bekanntmachung des Musterverfahrensantrages im Klageregister kommt nicht in Betracht, da gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG nur zulässige Musterverfahrensanträge bekanntzumachen sind. § 3 Abs. 4 KapMuG ist nicht einschlägig, weil das Musterverfahren durch den Vorlagebeschluss des Landgerichts Berlin bereits eingeleitet worden ist. § 3 Abs. 4 KapMuG gilt nur, wenn die Voraussetzungen für einen Vorlagebeschluss bereits vorliegen, ein solcher aber noch nicht erlassen worden ist.
10(Unterschriften)

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(1) Durch Vorlagebeschluss ist eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Feststellungsziele gleichgerichteter Musterverfahrensanträge herbeizuführen, wenn innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags mindestens neun weitere gleichgerichtete Musterverfahrensanträge bekannt gemacht wurden. Der Vorlagebeschluss ist unanfechtbar und für das Oberlandesgericht bindend.
(2) Zuständig für den Vorlagebeschluss ist das Prozessgericht, bei dem der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt wurde.
(3) Der Vorlagebeschluss enthält:
- 1.
die Feststellungsziele und - 2.
eine knappe Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts.
(4) Das Prozessgericht macht den Inhalt des Vorlagebeschlusses im Klageregister öffentlich bekannt.
(5) Sind seit Bekanntmachung des jeweiligen Musterverfahrensantrags innerhalb von sechs Monaten nicht neun weitere gleichgerichtete Anträge bekannt gemacht worden, weist das Prozessgericht den Antrag durch Beschluss zurück und setzt das Verfahren fort. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(6) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit für das Musterverfahren von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts für einzelne Bezirke oder für das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.
(1) Nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben.
(2) Der Kläger kann die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.
(3) Mit dem Aussetzungsbeschluss unterrichtet das Prozessgericht die Kläger darüber,
- 1.
dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und - 2.
dass Nummer 1 nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen wird (§ 24 Absatz 2).
(4) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht, welches das Musterverfahren führt, unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten, wobei die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben ist.
(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit
- 1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt, - 2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind, - 3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder - 4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.
(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:
- 1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter, - 2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen, - 3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts, - 4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts, - 5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags, - 6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und - 7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.
(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.
(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.
Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.
(1) Nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben.
(2) Der Kläger kann die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.
(3) Mit dem Aussetzungsbeschluss unterrichtet das Prozessgericht die Kläger darüber,
- 1.
dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und - 2.
dass Nummer 1 nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen wird (§ 24 Absatz 2).
(4) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht, welches das Musterverfahren führt, unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten, wobei die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben ist.
(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit
- 1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt, - 2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind, - 3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder - 4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.
(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:
- 1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter, - 2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen, - 3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts, - 4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts, - 5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags, - 6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und - 7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.
(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.
(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.