Landgericht Deggendorf Beschluss, 13. März 2019 - 1 KLs 4 Js 5712/17

bei uns veröffentlicht am13.03.2019

Gericht

Landgericht Deggendorf

Tenor

Auf die Erinnerung des Pflichtverteidigers RA ... wird der Beschluss des Landgerichts Deggendorf vom 08.02.2019 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.02.2019 hat die Urkundsbeamtin bei dem Landgericht Deggendorf die an den Erinnerungsführer ausgezahlte Pflichtverteidigervergütung in Höhe von brutto 276,29 € zurückgefordert. Zur Begründung wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Erinnerungsführer bei seinem Kostenfestsetzungsantrag bezüglich der Pflichtverteidigergebühren eine Zahlung seiner Mandantschaft in Höhe von netto 1.008,40 € nicht angegeben habe.

Mit der Erinnerung vom 14.02.2019, beim Landgericht Deggendorf eingegangen am 18.02.2019, hat RA W... vorgetragen, dass es zwar richtig sei, dass er brutto 1.200,00 € von der Frau des von ihm vertretenen Angeklagten als „Sicherheitsleistung“ erhalten habe. Diesen Betrag habe er jedoch wieder erstattet, weshalb es durch die „Sicherheitsleistung“ bei ihm zu keinem Vermögenszuwachs gekommen sei. Die Voraussetzungen einer Rückforderung nach § 58 Abs. 3 RVG seien daher nicht gegeben.

Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung mit Verfügung vom 22.02.2019 - nach entsprechender Stellungnahme des Bezirksrevisors - nicht abgeholfen und die Sache der Strafkammer zur Entscheidung über die Erinnerung vorgelegt.

Die Strafkammer hat dem Erinnerungsführer mit Verfügung vom 04.03.2019 aufgegeben, zu erklären, wann die Rückzahlung der Sicherheitsleistung von 1.200,00 € an die Mandantschaft erfolgt sei. Diesbezüglich hat der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 08.03.2019 vorgetragen, er habe das Mandat am 05.06.2018 abgerechnet und dabei auch die Rücküberweisung der Sicherheitsleistung veranlasst, Diese sei bankmäßig dann am 06.06.2018 ausgeführt worden, was durch Vorlage eines entsprechenden Bankumsatzes mit Buchungs- und Wertstellungsdatum zum 06.06.2018 glaubhaft gemacht wird.

II.

Die nach § 56 Abs. 2 RVG statthafte und auch im übrigen zulässige Erinnerung des Pflichtverteidigers RA W... erweist sich auch als in der Sache begründet.

Zwar trifft es zu, dass er Erinnerungsführer bei Abrechnung seiner Pflichtverteidigervergütung die von Dritten erhaltene „Sicherheitsleistung“ - es handelt sich wohl um einen Honorarvorschuss mit bedingter Rückzahlungsvereinbarung - in Höhe von 1.200,00 € unzweifelhaft hätte angeben müssen (vgl. die schon in der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 22.02.2019 zitierte Kommentarstelle bei Poller/Härt/Köpf, Kostenhilferecht, 3. Auflage 2018, Rn. 6 zu § 55 RVG sowie die dortigen Ausführungen unter Randnummer 7 und zu § 58 unter Randnummern 19 ff., die sinngemäß auch für die Pflichtverteidigergebühren gelten). Denn nur durch die Offenlegung solcher Vorschusszahlungen kann dem dafür zuständigen Rechtspfleger die Möglichkeit zur Prüfung der Anrechenbarkeit eröffnet werden. Dies gilt auch für Vorschüsse, für die ausdrücklich oder stillschweigend eine Rückzahlung vereinbart ist.

Allerdings ist nachvollziehbar, dass jedenfalls dann, wenn eine Rückzahlung eines Vorschusses oder einer „Sicherheitsleistung“ vor Bewilligung einer beantragten Prozesskostenhilfe bzw. vor Abrechnung einer Pflichtverteidigervergütung erfolgt, eine Kürzung des Pflichtverteidigerhonorars zu unterbleiben hat. Für den Bereich des Prozesskostenhilferechtes ist es anerkannt, dass der Rechtsanwalt mit der von ihm vertretenen Partei Vereinbarungen treffen kann, dass bestimmte Zahlungen der Anrechnung entzogen werden oder ein Vorschuss nur für solche Ansprüche gezahlt wird, für die die Staatskasse nicht eintreten muss. Besteht zum Schluss eine Eintrittspflicht der Staatskasse - wie vorliegend durch den Freispruch des Mandanten des Erinnerungsführers, durch den die Staatskasse auch für die Wahlverteidigergebühren einstandspflichtig wurde - kann die Partei vom Rechtsanwalt die Vergütung zurückverlangen. Es erfolgt dann keine Anrechnung (vgl. Pöller/Härtl/Köpf, § 58 Rn, 19). So liegt es nach dem Vorbringen des Erinnerungsführers vom 08.03.2019 auch im vorliegenden Fall. Aus der Datierung des Bankumsatzes ist nachvollziehbar, dass der Erinnerungsführer die Rückzahlung des Vorschusses in Höhe von 1.200,00 € brutto zugleich mit der Abrechnung des Mandates und Erstellung des Vergütungsfestsetzungsantrages vom 05.06.2018 veranlasst hat. Damit steht fest, dass vom Erinnerungsführer intendiert war, dass die Rückzahlung des Vorschusses noch vor Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren erfolgen wird. Eine Anrechnung hat daher zu unterbleiben, eine Rückforderung nach § 58 Abs. 3 Satz 2 RVG ist damit nicht veranlasst, so dass auf die Erinnerung der entsprechende Beschluss des Landgerichts Deggendorf vom 08.02.2019 aufzuheben war.

III.

Eine Kostenentscheidung unterbleibt, § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG.

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Landgericht Deggendorf Beschluss, 13. März 2019 - 1 KLs 4 Js 5712/17 zitiert 3 §§.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 55 Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse


(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 58 Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen


(1) Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, werden auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung angerechnet. (2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisse

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(1) Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, werden auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung angerechnet.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 besteht. Ist eine Gebühr, für die kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, auf eine Gebühr anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, so vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse nur insoweit, als der Rechtsanwalt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr insgesamt mehr als den sich aus § 15a Absatz 1 ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde.

(3) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der gerichtlichen Bestellung oder Beiordnung für seine Tätigkeit in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Angelegenheit zu zahlenden Gebühren anzurechnen. Hat der Rechtsanwalt Zahlungen empfangen, nachdem er Gebühren aus der Staatskasse erhalten hat, ist er zur Rückzahlung an die Staatskasse verpflichtet. Die Anrechnung oder Rückzahlung erfolgt nur, soweit der Rechtsanwalt durch die Zahlungen insgesamt mehr als den doppelten Betrag der ihm ohne Berücksichtigung des § 51 aus der Staatskasse zustehenden Gebühren erhalten würde. Sind die dem Rechtsanwalt nach Satz 3 verbleibenden Gebühren höher als die im Vergütungsverzeichnis vorgesehenen Höchstgebühren eines Wahlanwalts, ist auch der die Höchstgebühren übersteigende Betrag anzurechnen oder zurückzuzahlen.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

(1) Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, werden auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung angerechnet.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 besteht. Ist eine Gebühr, für die kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, auf eine Gebühr anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, so vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse nur insoweit, als der Rechtsanwalt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr insgesamt mehr als den sich aus § 15a Absatz 1 ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde.

(3) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der gerichtlichen Bestellung oder Beiordnung für seine Tätigkeit in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Angelegenheit zu zahlenden Gebühren anzurechnen. Hat der Rechtsanwalt Zahlungen empfangen, nachdem er Gebühren aus der Staatskasse erhalten hat, ist er zur Rückzahlung an die Staatskasse verpflichtet. Die Anrechnung oder Rückzahlung erfolgt nur, soweit der Rechtsanwalt durch die Zahlungen insgesamt mehr als den doppelten Betrag der ihm ohne Berücksichtigung des § 51 aus der Staatskasse zustehenden Gebühren erhalten würde. Sind die dem Rechtsanwalt nach Satz 3 verbleibenden Gebühren höher als die im Vergütungsverzeichnis vorgesehenen Höchstgebühren eines Wahlanwalts, ist auch der die Höchstgebühren übersteigende Betrag anzurechnen oder zurückzuzahlen.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.