Landgericht Amberg Endurteil, 17. Feb. 2016 - 14 O 1001/15

bei uns veröffentlicht am17.02.2016

Gericht

Landgericht Amberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 33.673,03 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Beklagte war Geschäftsführerin der ... in ...

Sie hatte spätestens seit dem 01.02.2013 Kenntnis von der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der GmbH und hätte spätestens innerhalb von drei Wochen darauf Insolvenzantrag stellen müssen.

Tatsächlich beantragte sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH erst am 06.12.2013.

Trotz Kenntnis der Überschuldung und Insolvenzreife stellte die Beklagte in diesem Zeitraum noch Arbeitnehmer ein, für die die Klägerin Insolvenzgeld gezahlt hat in Höhe von insgesamt 33.673,03 €, wodurch die Ansprüche auf Arbeitsentgelt auf sie übergegangen sind. Eine Realisierung der Forderung war wegen Vermögenslosigkeit der GmbH nicht möglich. Die Klägerin machte die gezahlten Beträge darauf bei der Beklagten geltend, die eine Zahlung verweigerte.

Die Klägerin ist der Meinung, die Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet gem. § 826 BGB. Durch die Einstellung neuer Arbeitnehmer in die bereits überschuldete Gesellschaft sei der Klägerin ein Schaden in Höhe des gezahlten Insolvenzgeldes für die nach Kenntnis von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eingestellten Arbeitnehmer entstanden.

Hätte die Beklagte nur Arbeitnehmer ausgestellt und keine neuen Arbeitnehmer eingestellt, hätte die Klägerin nur 92.879,34 € Insolvenzgeld auszahlen müssen; tatsächlich musste sie insgesamt 126.552,37 € auszahlen.

Die Klägerin beantragt daher:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 33.673,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2015 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die vorgenannte Forderung sowie die Kosten des Rechtsstreits aus einer von der Beklagten vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultieren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wendet ein, der Klägerin sei tatsächlich kein Schaden entstanden.

Die Lohnlast der GmbH sei im März 2013 wesentlich höher gewesen als im Dezember 2013 mit der Folge, dass bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung die Gesamtzahlungsbelastung der Klägerin wesentlich höher gewesen wäre als im vorliegenden Fall, nämlich nahezu doppelt so hoch.

Mangels Schaden sei die Klage daher abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Beweis wurde nicht erhoben.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere bestünde bei Bestehen von Schadensersatzansprüchen auch ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der unerlaubten Handlung.

In der Sache ist sie jedoch ohne Erfolg.

Die Klägerin hat keine Schadensersatzansprüche gem. § 826 BGB gegen die Beklagte, nachdem ihr bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung kein Schaden entstanden ist.

Nach Auffassung der Kammer ist nicht allein abzustellen auf die Neueinstellung von Arbeitnehmern nach Kenntnis von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit und einen Schaden in Höhe des an diese gezahlten Insolvenzgeldes.

Bei der Ermittlung des Schadens ist vielmehr abzustellen auf ein vollumfänglich rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten, nämlich nicht nur Nichteinstellung von Arbeitnehmern nach Kenntnis von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit, sondern auch rechtzeitige Insolvenzantragstellung.

In diesem Fall wären nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten die Zahlungsverpflichtungen der Klägerin wesentlich höher gewesen, so dass bei einem Vergleich der Vermögenslage der Klägerin zwischen dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten und dem von ihr zu verlangenden Verhalten kein Schaden zu bejahen ist.

Nicht zulässig wäre es, die Schadensberechnung nur auf die Neueinstellung von Arbeitnehmern zu stützen und die verspätete Antragstellung außer Betracht zu lassen. Nur bei rechtlicher Billigung der verspäteten Antragstellung wäre – entsprechend der Sichtweise der Klägerin – tatsächlich ein Schaden entstanden.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuweisen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Amberg Endurteil, 17. Feb. 2016 - 14 O 1001/15 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Referenzen

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.