Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 30. Apr. 2014 - 4 TaBV 7/14

bei uns veröffentlicht am30.04.2014

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Besetzung einer Einigungsstelle.

Bei dem Antragsteller handelt es sich um den bei der Beteiligten zu 2) bestehenden Gesamtbetriebsrat, der sich aus den Vertretern von sieben an den einzelnen Standorten gewählten örtlichen Betriebsräten zusammensetzt.

Zwischen den Beteiligten wurde am 19.03.2010 eine „Betriebsvereinbarung über den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage“ (Kopie Bl. 25-29 d. A.) geschlossen. Diese wurde von dem Antragsteller zum 30.06.2012 gekündigt.

Da eine Neuregelung zwischen den Beteiligten nicht zustande kam, beschloss der Antragsteller in der Sitzung vom 09.01.2014, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und die Einigungsstelle anzurufen.

Auf Antrag des Antragstellers vom 03.02.2014 hat das Arbeitsgericht Würzburg mit Beschluss vom 17.02.2014 einen Einigungsstellenvorsitzenden bestellt und die Zahl der Beisitzer auf jeweils drei festgesetzt.

Gegen den ihnen am 24.02.2014 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) mit Telefax vom 03.03.2014 Beschwerde eingelegt und sie gleichzeitig begründet.

Die Beteiligte zu 2) meint, der Antragsteller sei für die Mitbestimmungsfrage offensichtlich unzuständig, denn die originäre Zuständigkeit für den Betrieb von Videoanlagen läge bei den örtlichen Betriebsräten. Bei der gekündigten Betriebsvereinbarung habe es sich lediglich um eine „Rahmenvereinbarung“ gehandelt und konkrete Festlegungen seien ausweislich des § 4 dieser Vereinbarung den örtlichen Betriebsräten vorbehalten worden. Von den einzelnen Betriebsräten sollten nach dieser Regelung je nach den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten konkrete Abreden getroffen werden.

Eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG sei nicht gegeben, insbesondere nicht für eine bloße Rahmenkompetenz. Eine solche sei dem Betriebsverfassungsgesetz fremd und mit dem Grundsatz der Zuständigkeitstrennung nicht vereinbar, wie das Bundesarbeitsgericht bereits verbindlich festgestellt habe.

Im Hinblick auf die streitgegenständliche Mitbestimmungsfrage würden die örtlichen Betriebsräte in H., M., S. und G. ihr Mitbestimmungsrecht in Anspruch nehmen und diesbezüglich bereits gerichtliche Verfahren u. a. auch zur Bestellung einer örtlichen Einigungsstelle einleiten.

Eine Beauftragung des Antragstellers gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG liege nicht vor.

Mit der Person des eingesetzten Vorsitzenden bestehe kein Einverständnis, da unverhältnismäßige Fahrtkosten anfielen.

Da in dem Einigungsstellenverfahren technische Detailprobleme nicht gelöst werden müssten, seien auch zwei Beisitzer ausreichend.

Die Beteiligte zu 2) und Beschwerdeführerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Würzburg vom 18. Februar 2014, 12 BV 12/14, werden die Anträge zurückgewiesen.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle sei nicht gegeben, denn die gekündigte Rahmen-Gesamtbetriebsvereinbarung entfalte Nachwirkung und sehe die Anrufung der Einigungsstelle ausdrücklich vor. Zwischen den Beteiligten seien auch bereits Verhandlungen über den Neuabschluss einer Rahmen-Gesamtbetriebsvereinbarung geführt worden. Die Frage ihrer Zuständigkeit habe die Einigungsstelle selbst zu prüfen.

Der gekündigten Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19.03.2010 hätten Delegationsbeschlüsse der örtlichen Betriebsräte gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG zugrunde gelegen.

Bezüglich näherer Einzelheiten wird auf den Inhalt der in dem Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 30.04.2014 verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft, § 98 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, und auch innerhalb der Frist von zwei Wochen eingelegt und begründet worden, § 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG.

2. Die Entscheidung des Erstgerichts ist abzuändern und die Anträge des Antragstellers sind zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die streitgegenständliche Mitbestimmungsfrage offensichtlich nicht besteht, § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.

a) Nach § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann der Antrag einer Betriebspartei auf Bestellung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle und Festlegung der Zahl der Beisitzer zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Dies ist der Fall, wenn die Zuständigkeit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt als möglich erscheint, wenn ihre Zuständigkeit also bei sachgerechter Beurteilung auf den ersten Blick unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet ist.

Die Zuständigkeitsprüfung nach dem Maßstab von § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG umfasst auch die Zuständigkeitsverteilung zwischen Einzel- und Gesamtbetriebsrat (vgl. LAG Hamm vom 16.02.2007 - 13 TaBV 6/07 - zitiert in Juris; Hessisches Landesarbeitsgericht vom 18.10.2005 - 4 TaBV 134/05 - ArbuR 2006, 174, m. w. N.).

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.11.2006 (1 ABR 4/06 - NZA 2007, 297) klargestellt, dass für die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz grundsätzlich der von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählte Betriebsrat zuständig ist und die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraussetzt, dass es sich um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Dieses Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben.

Im Bereich der zwingenden Mitbestimmung gilt der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung. Für die Regelung einer bestimmten Angelegenheit sind ausschließlich entweder die einzelnen Betriebsräte oder der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat zuständig. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist zwingend und unabdingbar. Mit dem Grundsatz der Zuständigkeitstrennung ist eine Beschränkung der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats auf eine bloße Rahmenkompetenz nicht vereinbar. Sofern der Gesamtbetriebsrat für die Behandlung einer Angelegenheit i. S. v. § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG originär zuständig ist, hat er diese Angelegenheit insgesamt mit dem Arbeitgeber zu regeln. Innerhalb eines Mitbestimmungstatbestands ist eine Aufspaltung der Zuständigkeit auf mehrere betriebsverfassungsrechtliche Organe nicht möglich.

b) Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts kann eine Zuständigkeit des Antragstellers für die von ihm begehrte neue Rahmenvereinbarung unter keinem rechtlichen Aspekt festgestellt werden.

Zum einen erweist sich bereits die Verabschiedung einer bloßen Rahmenvereinbarung über die Einführung und den Betrieb von Videoanlagen in den einzelnen Betrieben als rechtlich unzulässig und kommt insofern die Einrichtung einer Einigungsstelle offensichtlich nicht in Betracht.

Zum anderen werden i. R. d. § 50 Abs. 1 BetrVG keine Gründe dafür vorgetragen, warum es aus technischen oder rechtlichen Gründen erforderlich ist, eine unternehmensübergreifende Regelung für die Einrichtung und den Betrieb einzelner örtlicher Videoanlagen zu verabschieden.

Wenn nach § 4 der gekündigten Betriebsvereinbarung ohnehin örtliche Betriebsvereinbarung - unter Berücksichtigung der konkreten unterschiedlichen betrieblichen Gegebenheiten - abgeschlossen werden sollen, können in diesen örtlichen Betriebsvereinbarungen unschwer alle den Betrieb der Videoanlage betreffende Mitbestimmungsfragen geregelt werden. Eine inhaltliche Abstimmung zwischen den örtlichen Betriebsräten kann jederzeit über den Gesamtbetriebsrat erfolgen, ohne dass hierdurch deren originäre Zuständigkeit verloren ginge.

Eine Delegation der Zuständigkeit gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG für die streitgegenständliche Nachfolgeregelung der Betriebsvereinbarung vom 19.03.2010 wird von dem Antragsteller nicht behauptet.

Er legte in der mündlichen Anhörung vom 30.04.2014 auch keinen Wert darauf, noch Gelegenheit zu erhalten, solche Delegationsbeschlüsse zeitnah nachzureichen.

Der Umstand, dass die örtlichen Betriebsräte die Mitbestimmungsfrage zwischenzeitlich aufgegriffen haben und örtliche Regelungen anstreben, spricht gegen deren Absicht, den Mitbestimmungsgegenstand unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts umfassend auf den Gesamtbetriebsrat zu übertragen.

III.

Die Entscheidung hat der Vorsitzende alleine zu treffen, § 98 Abs. 3 Satz 3 ArbGG.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 50 Zuständigkeit


(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 98 Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung


(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag 1. jeder natürlichen oder juristischen Person oder2. einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,die nach Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherk

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(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.

(2) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag

1.
jeder natürlichen oder juristischen Person oder
2.
einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,
die nach Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung geltend macht, durch die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat.

(3) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend. In dem Verfahren ist die Behörde, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat, Beteiligte.

(4) Der rechtskräftige Beschluss über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung wirkt für und gegen jedermann. Rechtskräftige Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 sind alsbald der obersten Arbeitsbehörde des Bundes in vollständiger Form abschriftlich zu übersenden oder elektronisch zu übermitteln. Soweit eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung rechtskräftig als wirksam oder unwirksam festgestellt wird, ist die Entscheidungsformel durch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(6) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung wirksam ist und hat das Gericht ernsthafte Zweifel nichtverfassungsrechtlicher Art an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 auszusetzen. Setzt ein Gericht für Arbeitssachen nach Satz 1 einen Rechtsstreit über den Leistungsanspruch einer gemeinsamen Einrichtung aus, hat das Gericht auf deren Antrag den Beklagten zur vorläufigen Leistung zu verpflichten. Die Anordnung unterbleibt, wenn das Gericht die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand für offensichtlich unwirksam hält oder der Beklagte glaubhaft macht, dass die vorläufige Leistungspflicht ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Auf die Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht finden die Vorschriften über die Aussetzung entsprechend Anwendung; die Entscheidung ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. Auch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens können die Parteien die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Ergeht nach Aufnahme des Verfahrens eine Entscheidung, gilt § 717 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 antragsberechtigt.

(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.

(2) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag

1.
jeder natürlichen oder juristischen Person oder
2.
einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,
die nach Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung geltend macht, durch die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat.

(3) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend. In dem Verfahren ist die Behörde, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat, Beteiligte.

(4) Der rechtskräftige Beschluss über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung wirkt für und gegen jedermann. Rechtskräftige Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 sind alsbald der obersten Arbeitsbehörde des Bundes in vollständiger Form abschriftlich zu übersenden oder elektronisch zu übermitteln. Soweit eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung rechtskräftig als wirksam oder unwirksam festgestellt wird, ist die Entscheidungsformel durch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(6) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung wirksam ist und hat das Gericht ernsthafte Zweifel nichtverfassungsrechtlicher Art an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 auszusetzen. Setzt ein Gericht für Arbeitssachen nach Satz 1 einen Rechtsstreit über den Leistungsanspruch einer gemeinsamen Einrichtung aus, hat das Gericht auf deren Antrag den Beklagten zur vorläufigen Leistung zu verpflichten. Die Anordnung unterbleibt, wenn das Gericht die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand für offensichtlich unwirksam hält oder der Beklagte glaubhaft macht, dass die vorläufige Leistungspflicht ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Auf die Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht finden die Vorschriften über die Aussetzung entsprechend Anwendung; die Entscheidung ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. Auch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens können die Parteien die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Ergeht nach Aufnahme des Verfahrens eine Entscheidung, gilt § 717 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 antragsberechtigt.