Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 28. Juni 2018 - 2 Ta 68/18

bei uns veröffentlicht am28.06.2018
vorgehend
Arbeitsgericht Würzburg, 2 Ca 1097/17, 26.04.2018

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 04.05.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 26.04.2018, Az. 2 Ca 1097/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 305,12 festgesetzt.

Gründe

I.

Das Hauptsacheverfahren endete mit durch gerichtlichen Beschluss vom 06.02.2018 festgestellten Vergleich. Die Parteien einigten sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Zahlung einer Abfindung sowie auf die Erteilung eines wohlwollenden, qualifizierten Arbeitszeugnisses mit sehr guter Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.

Mit E-Mails vom 02.02., 12.02. und 15.02.2018 bat der Klägerinvertreter um die Übersendung eines ersten Entwurfes des Zeugnisses zuletzt zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung (Blatt 220 der Akten). Ob die E-Mails vom 12.02. und vom 15.02.2018 die Prozessvertreterin der Beklagten erreichten, ist strittig.

Nach einem weiteren Anschreiben des Klägerinvertreters vom 19.03.2018 übermittelte die Beklagte mit Schreiben vom 22.03.2018 den Entwurf eines Zeugnisses. Nach einem weiteren Änderungswunsch seitens der Klägerin übermittelte die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.04.2018 das Zeugnis im Original.

Mit Schriftsatz vom 26.03.2018 beantragte der Klägerinvertreter die Festsetzung der klägerischen anwaltlichen Kosten der Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte in Höhe von € 305,12. Hierbei ging er von dem gerichtlich festgesetzten Streitwert für den Vergleich in Höhe von € 24.380,- aus.

Mit Schriftsatz vom 18.04.2018 beantragte die Beklagte die Festsetzung der klägerischen anwaltlichen Kosten der Zwangsvollstreckung zurückzuweisen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 20.04.2018 wurde der Klägerinvertreter darauf hingewiesen, dass die Kosten nicht festsetzungsfähig seien, da weder ein Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs vom 06.02.2018 gestellt noch eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt wurde (Blatt 193 der Akten). Mit Schriftsatz vom 25.04.2018 teilte der Klägerinvertreter mit, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Übersendung des Zeugnisses an die Klägerin am 24.04.2018 nachgekommen sei.

Mit Beschluss vom 26.04.2018 lehnte das Arbeitsgericht den Antrag auf Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung ab (Blatt 202 bis 204 der Akten).

Mit Schriftsatz vom 04.05.2018 beantragte der Klägerinvertreter die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs sowie erneut die Festsetzung der anwaltlichen Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von € 305,12 und legte gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 26.04.2018 „Erinnerung“ ein. Der Klägerinvertreter begründet die Erinnerung im Wesentlichen damit, dass der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung keine Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Zwangsvollstreckung sei.

Mit Beschluss vom 07.05.2018 half das Arbeitsgericht der als sofortigen Beschwerde ausgelegten Erinnerung nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur weiteren Entscheidung vor.

Das Landesarbeitsgericht gab den Parteien mit Schreiben vom 29.05.2018 Gelegenheit zur Stellungnahme zum Nichtabhilfebeschluss bis zum 18.06.2018. Beide Parteien nahmen mit Schriftsätzen vom 18.06.2018 Stellung.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Beschwerdeakte und insbesondere die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

1. Die vom Klägerinvertreter eingelegte Erinnerung war - wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat - als sofortige Beschwerde auszulegen, da der Beschwerdewert von € 200,- erreicht ist. Der Klägerinvertreter kann sich nicht darauf berufen, dass er bewusst nur Erinnerung eingelegt habe, da der Beschwerdewert voraussichtlich nicht erreicht werde. Er hat eindeutig einen Kostenfestsetzungsantrag über € 305,12 gestellt und gegen die abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Erinnerung eingelegt. Eine teilweise Rücknahme des Kostenfestsetzungsantrages ist nicht erfolgt.

Die Beschwerde ist statthaft, §§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 104 Abs. 3 ZPO, und auch im Übrigen zulässig.

2. Die Beschwerde ist sachlich jedoch nicht begründet.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 26.04.2018 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit kann auf die Gründe der Ausgangsentscheidung und der Nichtabhilfeentscheidung vollumfänglich Bezug genommen und von einer wiederholenden Darstellung der Gründe abgesehen werden.

Lediglich zur Klarstellung ist noch Folgendes auszuführen:

Zwar gehören Kosten für die anwaltliche Zahlungsaufforderung nach Erwirkung des Vollstreckungstitels mit Vollstreckungsandrohung zu den Vorbereitungskosten der Zwangsvollstreckung. Diese sind jedoch nur bei Notwendigkeit erstattungsfähig (§ 788 Abs. 1 i.V.m. § 91 ZPO). Dies erfordert, dass der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels ist, die Fälligkeit der titulierten Forderung eingetreten und dem Schuldner eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der Forderung eingeräumt war. Nicht notwendig, und damit nicht erstattungsfähig, sind Kosten, wenn ein Zwangsvollstreckungsauftrag im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung einen Vollstreckungsbeginn noch nicht ermöglicht hätte, weil Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, die nicht zugleich bei Beginn vorgenommen werden können, noch nicht erfüllt waren, z.B. die vollstreckbare Ausfertigung noch nicht erteilt war (BGH NJW-RR 2003, 1581; Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 788 ZPO, Rdnr. 6 m.w.N.).

Im vorliegenden Falle war zum Zeitpunkt der Erfüllung des Zeugnisanspruches am 24.04.2018 ein Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung nicht gestellt. Der Antrag vom 04.05.2018 führt nicht zu einer Erstattungspflicht, da zu diesem Zeitpunkt der titulierte Zeugnisanspruch unstreitig bereits erfüllt und die Zwangsvollstreckung nicht notwendig war. Desweiteren wird darauf hingewiesen, dass der Klägerinvertreter in den E-mails vom Februar nicht die Zeugniserteilung verlangt hat, sondern die Übermittlung eines Zeugnisentwurfes. Er hat damit gerade nicht die Erfüllung verlangt.

Im Übrigen könnte der Klägerinvertreter allenfalls die Festsetzung von Kosten aus einem Streitwert von € 4.966,- verlangen. Dies ist der Streitwert von einem Monatsgehalt, der sich auf die Zeugniserteilung im Vergleich bezieht.

3. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen, § 78 Satz 3 ArbGG.

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 78 Beschwerdeverfahren


Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 11 Festsetzung der Vergütung


(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder

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(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.

(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.

(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).

(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.

(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.