Finanzgericht München Urteil, 19. Feb. 2015 - 15 K 2396/14

bei uns veröffentlicht am19.02.2015

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die als vollmachtlose Vertreterin aufgetretene … Steuerberatungsgesellschaft mbH.

Tatbestand

I. Die … Steuerberatungsgesellschaft mbH (GmbH) erhob mit Schreiben vom 8. September 2014 Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 2008, 2009 und 2010, jeweils vom 11. August 2014, in Gestalt der Einspruchsentscheidung jeweils vom 4. August 2014. Die GmbH bezeichnete sich hierin als Prozessbevollmächtigte.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 teilte das beklagte Finanzamt … mit, es sei am 20. August 2014 eine Vollmacht einer anderen Steuerkanzlei vorgelegt worden, die auch die Vertretung in Verfahren vor dem Finanzgericht umfasse.

Daraufhin forderte das Gericht die GmbH mit Anordnung vom 3. November 2014 nach § 62 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, bis 30. November 2014 die Vollmacht des Klägers vorzulegen. In der Anordnung wurde darauf hingewiesen, dass die Klage bei Nichtvorlage der Vollmacht unter Umständen nach § 62 Abs. 6 Satz 4 FGO als unzulässig abgewiesen werden könnte, und dass aufgrund des Auftretens einer anderen Steuerkanzlei gegenüber dem Beklagten Zweifel an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung bestünden. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

In einem Telefonat am 23. Januar 2015 wurde der Geschäftsführer der GmbH darauf hingewiesen, dass die Vollmacht nachgewiesen werden müsse; er kündigte einen Rückruf am 26. Januar 2015 an und versicherte die Bevollmächtigung. Ein Rückruf erfolgte ebenso wenig wie eine Vollmachtsvorlage. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 wurde der GmbH die Rechtslage nochmals unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 8. Februar 2007 11 K 3990/04 erläutert. Um Stellungnahme, diesmal bis zum 15. Februar 2015, wurde erneut gebeten.

Im Übrigen wird auf die Akten und die Schriftsätze verwiesen. Das Gericht hat die Entscheidung mit Beschluss vom 8. Januar 2014 dem Einzelrichter übertragen. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2015 wird verwiesen.

Gründe

II. Die Klage ist unzulässig, da sie von der … GmbH als vollmachtloser Vertreter erhoben wurde. Diese hat nicht nachgewiesen, dass ihr die sachlich-rechtliche Vertretungsbefugnis für den Kläger zustand.

Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO können sich die Beteiligten u.a. auch von Steuerberatungsgesellschaften im finanzgerichtlichen Verfahren vertreten lassen. Wenn eine der in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Personen oder Gesellschaften auftritt, kann der Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen berücksichtigt werden, sondern nur, wenn der Beklagte den Mangel der Vollmacht - wie geschehen - geltend macht oder sonst begründete Zweifle an der Bevollmächtigung entstehen (§ 62 Abs. 6 Satz 3 FGO, vgl. im Einzelnen Gräber/Stapperfend, FGO, § 62 Rz. 102ff.). Derartige Zweifel lagen ab dem Zeitpunkt vor, als gegenüber dem Beklagten eine andere Steuerkanzlei mit unbefristeter Vollmacht auch für das finanzgerichtliche Verfahren auftrat und sich innerhalb laufender Klagefrist die Einspruchsentscheidungen für die streitgegenständlichen Zeiträume aushändigen ließ, aber keine Klage erhob. Denn im Regelfall erlischt die Bestellung eines Bevollmächtigten mit der Bestellung eines neuen Bevollmächtigten (Finanzgericht München, Urteil vom 8. Februar 2007 11 K 3990/04, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2008, 999). Dies gilt umso mehr, als der neue Bevollmächtigte eine umfassende Verfahrensvollmacht für alle steuerlichen Angelegenheiten einschließlich der Vertretung vor dem Finanzgericht aufweisen konnte. Damit war das gerichtliche Ermessen hinsichtlich der Anforderung der Vollmacht auf Null reduziert. Diese Zweifel wurden bestärkt durch die Untätigkeit des Geschäftsführers der … GmbH nach dem Telefonat vom 23. Januar 2015, die Nichtbeantwortung des gerichtlichen Schreibens vom 5. Februar 2015 und das Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO; die Kosten sind der … GmbH als vollmachtloser Vertreterin aufzuerlegen.

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Referenzen - Gesetze

Finanzgericht München Urteil, 19. Feb. 2015 - 15 K 2396/14 zitiert 3 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 62


(1) Die Beteiligten können vor dem Finanzgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten v

Referenzen

(1) Die Beteiligten können vor dem Finanzgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Finanzgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes,
3a.
zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse,
4.
landwirtschaftliche Buchstellen im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 8 des Steuerberatungsgesetzes,
5.
Lohnsteuerhilfevereine im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes,
6.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen und Gesellschaften zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 3 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter eine in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Person oder Gesellschaft auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gelten als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.