EUGH T-676/13

ECLI:ECLI:EU:T:2016:62
bei uns veröffentlicht am04.02.2016

Gericht

Europäischer Gerichtshof

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

4. Februar 2016 ( *1 )

„Förderprogramm für den europäischen audiovisuellen Sektor (MEDIA 2007) — Maßnahmen zur Förderung des transnationalen Vertriebs europäischer Filme — Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des Systems der ‚selektiven‘ Förderung 2013 — Schreiben der EACEA, mit dem die Klägerin über die Ablehnung ihrer Bewerbung betreffend den Film ‚Only God Forgives‘ informiert wurde — Schreiben der EACEA, mit dem die Ablehnung bestätigt wurde, das aber neue Gründe enthielt — Zuständigkeit — Aufteilung der Aufgaben zwischen der Kommission und der EACEA — Gebundene Entscheidung — Nichtigkeitsklage — Anfechtbare Handlung — Zulässigkeit — Begründungspflicht — Ständige Leitlinien 2012 bis 2013 — Vereinbarung über den materiellen oder physischen Vertrieb — Keine vorherige Mitteilung an die EACEA — Fehlende Förderfähigkeit einer Bewerbung“

In der Rechtssache T‑676/13

Italian International Film Srl mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen A. Fratini, B. Bettelli und M. Bottino,

Klägerin,

gegen

Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA), vertreten durch H. Monet und D. Homann als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte D. Fosselard und A. Duron,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung, mit der die Bewerbung der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses für den Film „Only God Forgives“ abgelehnt wurde, die sie nach der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen EACEA/21/12 MEDIA 2007 – Förderung des transnationalen Vertriebs europäischer Filme –System der „selektiven“ Förderung 2013 (ABl. 2012, C 300, S. 5), veröffentlicht im Rahmen des Beschlusses Nr. 1718/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur Umsetzung eines Förderprogramms für den europäischen audiovisuellen Sektor (MEDIA 2007) (ABl. L 327, S. 12), das für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2013 aufgestellt wurde, eingereicht hatte,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter (Berichterstatter),

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Am 5. Oktober 2012 wurde die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen EACEA/21/12 MEDIA 2007 – Förderung des Vertriebs transnationaler europäischer Filme – System der „selektiven“ Förderung 2013 (ABl. 2012, C 300, S. 5) im Rahmen des „selektiven“ Systems, das darauf abzielt, verschiedene Projekte für einen Zuschuss auszuwählen, um dadurch den größeren transnationalen Vertrieb neuer, nicht nationaler europäischer Filme zu stärken und zu fördern, veröffentlicht.

2

Diese Veröffentlichung erfolgte im Rahmen des Beschlusses Nr. 1718/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur Umsetzung eines Förderprogramms für den europäischen audiovisuellen Sektor (MEDIA 2007) (ABl. L 327, S. 12), das für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2013 aufgestellt und durch die der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen beigefügten ständigen Leitlinien des Programms MEDIA 2007 ergänzt wurde (im Folgenden: Leitlinien).

3

Nr. 5 („Förderkriterien“) der Leitlinien sieht unter 5.1 („Förderfähige Unternehmen“) Folgendes vor:

4

Nr. 5.5 („Förderfähige Vorschläge“) der Leitlinien bestimmt :

5

In Nr. 13 („Verfahren für die Einreichung der Vorschläge“) der Leitlinien heißt es:

6

Die Klägerin, die Italian International Film Srl, reichte am 22. März 2013 ihren Antrag auf Gewährung eines Zuschusses für den Vertrieb des Films „Only God Forgives“ in Italien ein (im Folgenden: Film).

7

Am 4. Juni 2013 teilte ein für die Bearbeitung der Förderanträge zuständiger Bediensteter der Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA) der Klägerin mit, er benötige verschiedene ergänzende Unterlagen. Am 6. Juni 2013 legte diese bestimmte Dokumente vor, die von der EACEA ihrem Antrag beigefügt wurden, damit er bewertet werden konnte.

8

Der für die Bewertung der Förderanträge zuständige Ausschuss (im Folgenden: Bewertungsausschuss) stellte auf seinen Sitzungen vom 20. und 21. Juni 2013 fest, dass der Film in Italien von der Gesellschaft 01 Distribution und nicht von der Klägerin vertrieben werde und ihr Antrag daher nicht ausgewählt werden könne. Daher übermittelte der Bewertungsausschuss der Europäischen Kommission den Vorschlag, den Antrag abzulehnen.

9

Auf seiner Sitzung vom 26. Juli 2013 gab der bei der Generaldirektion (GD) Bildung und Kultur der Kommission eingerichtete Ausschuss MEDIA 2007 eine Stellungnahme ab, in der er den Vorschlag des Bewertungsausschusses bis auf zwei Änderungen, die die Klägerin nicht betrafen, übernahm.

10

Mit Durchführungsbeschluss C(2013) 5212 final vom 2. August 2013 betreffend eine Einzelentscheidung der Fördermittelbewilligung im Rahmen des Programms MEDIA 2007 – Selektive Vertriebsförderung (im Folgenden: Entscheidung vom 2. August 2013) folgte die Kommission der Stellungnahme des Ausschusses MEDIA 2007 (dritter Erwägungsgrund dieses Beschlusses), so dass die Klägerin nicht zu den im Anhang zu diesem Beschluss angeführten, für den Vertrieb des Films geförderten Antragstellern gehörte.

11

Am 7. August 2013 teilte die EACEA der Klägerin auf einem Standardformular mit Briefkopf der EACEA den Tenor der Entscheidung vom 2. August 2013 mit; darin hieß es: „Die Antragstellerin wird den Kinovertrieb des Films nicht selbst sicherstellen.“

12

Die Klägerin trat dieser Begründung der Ablehnung mit einer schriftlichen Stellungnahme vom 4. September 2013 an die EACEA entgegen. Insbesondere trug sie vor, sie sei sehr wohl die Verleihfirma des Kinofilms, was aus den Dokumenten hervorgehe, die diesem Schreiben beigelegt seien. Sie legte dar, aus welchen wirtschaftlichen Gründen das Logo von 01 Distribution an erster Stelle stehe, und drückte ihr Bedauern darüber aus, dass die Kommission deshalb zu dem Schluss habe gelangen können, sie sei nicht die Verleihfirma des Films. Folglich ersuchte sie um Überprüfung der Entscheidung vom 2. August 2013, deren Tenor ihr am 7. August 2013 mitgeteilt worden war.

13

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 beantwortete die EACEA die Stellungnahme der Klägerin und wies sie mit der Begründung zurück, gemäß Nr. 5.1 der Leitlinien sei es zwar erlaubt, sich für die Rechnungstellung und Erhebung der Einnahmen eines Subunternehmers zu bedienen, doch setze dies voraus, dass die EACEA von den dahin gehenden Vereinbarungen in Kenntnis gesetzt werde. Die Klägerin, die von ihr am 4. Juni kontaktiert und um ergänzende Erläuterungen ersucht worden sei (siehe oben, Rn. 7), habe der EACEA die am 26. April 2013 mit 01 Distribution unterzeichnete Vereinbarung für den Vertrieb des Films nicht zur Kenntnis gebracht, was unerlässlich gewesen sei, um eine ordnungsgemäße Beurteilung einer möglichen Förderung der Klägerin durch den Bewertungsausschuss zu ermöglichen. Abschließend führte die EACEA aus, dass sie „bedauer[t], die fehlende Förderfähigkeit des obigen Projekts gemäß der ursprünglichen Empfehlung des Bewertungsausschusses … bestätigen [zu müssen]“.

14

Die EACEA informierte die Klägerin in dem Schreiben auch über die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe und Fristen für ein Vorgehen gegen „diese Entscheidung“ (im Folgenden: Schreiben vom 8. Oktober 2013).

Verfahren und Anträge der Parteien

15

Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 18. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

16

Mit Schriftsatz, der am 14. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die EACEA eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben.

17

In ihrer am 24. April 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen schriftlichen Stellungnahme hat sich die Klägerin gegen die von der EACEA erhobene Einrede der Unzulässigkeit gewandt.

18

Mit Beschluss vom 15. September 2014 hat das Gericht die Entscheidung über die von der EACEA erhobene Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mail 1991 dem Endurteil vorbehalten.

19

Am 27. Oktober 2014 hat die EACEA die Klagebeantwortung eingereicht. Eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung sind am 12. Dezember 2014 bzw. am 26. Januar 2015 eingereicht worden.

20

Die Klägerin beantragt,

die „Entscheidung … vom 8. Oktober 2013“ für nichtig zu erklären;

der EACEA aufzugeben, „die Folgemaßnahmen“ zu treffen;

der EACEA die Kosten aufzuerlegen.

21

Die EACEA beantragt,

die Klage als offensichtlich unzulässig, zumindest aber als unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zum Gegenstand der Klage

22

Es ist festzustellen, dass sich die Klage gegen die Entscheidung richtet, die laut dem Vorbringen der Klägerin im Schreiben vom 8. Oktober 2013 enthalten ist, und nicht gegen die Entscheidung vom 2. August 2013. Dies geht aus dem Wortlaut der Klage hervor. Zudem hat die Klägerin zwar am 4. September 2013 um Überprüfung letzterer Entscheidung ersucht, allerdings waren ihr in dem am 7. August 2013 übermittelten Standardformular nur der Tenor und der in dieser Entscheidung angeführte Grund zur Kenntnis gebracht worden und nicht die Entscheidung vom 2. August 2013 als solche, die in dem genannten Formular nicht erwähnt war und ihr gegenüber erst in der Unzulässigkeitseinrede der EACEA bezeichnet wurde.

Zur Zulässigkeit

23

Die EACEA trägt drei Unzulässigkeitsgründe vor: Erstens sei die Klage verspätet erhoben worden, wenn sie sich gegen die Entscheidung vom 2. August 2013 richte, zweitens stelle das Schreiben vom 8. Oktober 2013 keine beschwerende Handlung dar, so dass nur die am 7. August 2013 mitgeteilte Entscheidung vom 2. August 2013 als solche Handlung erachtet werden könne, und drittens sei das Schreiben vom 8. Oktober 2013 hinsichtlich der Entscheidung vom 2. August 2013 nur bestätigender Natur.

24

Die Klägerin bestreitet diese Unzulässigkeitsgründe und erachtet ihre Klage als zulässig.

Zur verspäteten Erhebung der Klage

25

Aus der vorstehenden Rn. 22 ergibt sich, dass die Klage ausschließlich gegen die Entscheidung gerichtet ist, die laut dem Vorbringen der Klägerin im Schreiben vom 8. Oktober 2013 enthalten ist, und nicht gegen irgendeine andere Entscheidung. Folglich kann die Unzulässigkeitsrüge wegen verspäteter Erhebung der Klage als gegen die Entscheidung vom 2. August 2013 gerichtet, die, wie zu betonen ist, der Klägerin gegenüber vor diesem Gerichtsverfahren weder hinsichtlich ihres Datums noch als Dokument bezeichnet worden war, nur verworfen werden.

Zum Entscheidungscharakter des Schreibens vom 8. Oktober 2013

26

Es ist festzustellen, dass nicht jedes Schreiben eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Europäischen Union, mit dem ein Antrag seines Adressaten beantwortet wird, eine Entscheidung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV ist, gegen die die Nichtigkeitsklage eröffnet ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. Januar 1993, Miethke/Parlament, C‑25/92, Slg, EU:C:1993:32, Rn. 10; Urteil vom 22. Mai 1996, AITEC/Kommission, T‑277/94, Slg, EU:T:1996:66, Rn. 50, und Beschluss vom 5. November 2003, Kronoply/Kommission, T‑130/02, Slg, EU:T:2003:293, Rn. 42).

27

Wenngleich die Nichtigkeitsklage gegen alle Maßnahmen der Organe der Union, welcher Natur oder Form sie auch sein mögen, und gegebenenfalls unter den Bedingungen und nach Maßgabe der gemäß Art. 263 Abs. 5 AEUV genehmigten Verfahrensweisen auch gegen Maßnahmen von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gegeben ist, so muss doch bei Klagen natürlicher oder juristischer Personen die Voraussetzung erfüllt sein, dass diese Maßnahmen verbindliche Rechtswirkungen entfalten, die geeignet sind, deren Interessen durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg, EU:C:1981:264, Rn. 9 und 10, vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, Slg, EU:C:2011:656, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Beschluss vom 13. März 2015, European Coalition to End Animal Experiments/ECHA, T‑673/13, Slg, EU:T:2015:167, Rn. 22).

28

Die EACEA ist eine Einrichtung der Union mit Rechtspersönlichkeit (Urteil vom 21. Oktober 2010, Agapiou Joséphidès/Kommission und EACEA, T‑439/08, EU:T:2010:442, Rn. 35), die durch den Beschluss 2005/56/EG der Kommission vom 14. Januar 2005 zur Einrichtung der „Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur“ für die Verwaltung der Gemeinschaftsmaßnahmen in den Bereichen Bildung, Audiovisuelles und Kultur gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates (ABl. L 24, S. 35), aufgehoben und ersetzt durch den Beschluss 2009/336/EG der Kommission vom 20. April 2009 zur Einrichtung der Exekutivagentur „Bildung, Audiovisuelles und Kultur“ für die Verwaltung der Gemeinschaftsmaßnahmen in den Bereichen Bildung, Audiovisuelles und Kultur gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates (ABl. L 101, S. 26), geschaffen wurde. Der Beschluss 2009/336 in der durch den Durchführungsbeschluss 2012/797/EU der Kommission vom 18. Dezember 2012 (ABl. L 349, S. 68) geänderten Fassung, der nunmehr selbst aufgehoben, jedoch auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist, enthält keine in Anwendung von Art. 263 Abs. 5 AEUV erlassene Bestimmung.

29

Daher wäre eine Nichtigkeitsklage der Klägerin gegen das Schreiben vom 8. Oktober 2013 nur zulässig, wenn nachgewiesen werden könnte, dass dieses Schreiben für die Klägerin verbindliche Rechtswirkungen entfaltet hat, die geeignet sind, ihre Interessen dadurch zu beeinträchtigen, dass sie ihre Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern (vgl. in diesem Sinne Urteile IBM/Kommission, oben in Rn. 27 angeführt, EU:C:1981:264, Rn. 9; vom 5. April 2006, Deutsche Bahn/Kommission, T‑351/02, Slg, EU:T:2006:104, Rn. 35 und Beschluss vom 19. November 2013, 1. garantovaná/Kommission, T‑42/13, EU:T:2013:621, Rn. 20).

30

Für die Feststellung, ob eine Handlung solche Wirkungen erzeugt, ist auf ihr Wesen abzustellen (Urteil IBM/Kommission, oben in Rn. 27 angeführt, EU:C:1981:264, Rn. 9; Beschlüsse vom 29. April 2004, SGL Carbon/Kommission, T‑308/02, Slg, EU:T:2004:119, Rn. 39, und vom 9. Oktober 2012, Région Poitou-Charentes/Kommission, T‑31/12, EU:T:2012:528, Rn. 32).

31

Zum einen folgt daraus, dass die Tatsache, dass die EACEA in ihrem Schreiben vom 8. Oktober 2013 den Ausdruck „Entscheidung“ verwendet hat, nur einen Hinweis neben anderen darstellt, auf den sich der Unionsrichter bei der Beurteilung des Wesens der betreffenden Handlung stützen kann, aus dem allein er jedoch nicht ableiten kann, dass es sich hier um eine Entscheidung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV handelt. Zum anderen kann die EACEA im Rahmen einer Unzulässigkeitseinrede nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei für den Erlass einer solchen Entscheidung nicht zuständig, denn wenn die Analyse der Umstände des vorliegenden Falles ergibt, dass das Schreiben vom 8. Oktober 2013 Entscheidungscharakter hat, ist die Frage der Zuständigkeit des Urhebers dieses Schreibens im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit der darin enthaltenen Entscheidung zu prüfen, was eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit ist.

32

Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die EACEA mit dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 über das hinausgegangen ist, was eine bloße Erläuterung der Entscheidung vom 2. August 2013, deren Tenor und Begründung sie mitgeteilt hatte, erfordert hätte. Sie hat sich nicht darauf beschränkt, diese Entscheidung darzulegen, sondern hat selbst im Sinne einer Ablehnung des von der Klägerin eingereichten Förderantrags Stellung bezogen.

33

Das Schreiben vom 8. Oktober 2013 enthält zwar eine Auslegung von Nr. 5.1 der Leitlinien, doch zielt diese Auslegung nicht darauf ab, der Klägerin die Gründe für den Erlass der Entscheidung vom 2. August 2013 zu nennen, die im Übrigen in dem Schreiben als solche nicht angeführt wird (siehe oben, Rn. 22), sondern wird zur Stützung der Ablehnung durch die EACEA selbst „gemäß der ursprünglichen Empfehlung des Bewertungsausschusses“ herangezogen.

34

Die Prüfung dieses Schreibens ergibt somit, dass ihm die EACEA verbindliche Rechtswirkungen verleihen wollte, indem sie die frühere Ablehnung des Förderantrags der Klägerin aufrechterhielt, was geeignet war, die Interessen Letzterer dadurch zu beeinträchtigen, dass ihr die Möglichkeit genommen wurde, für den Vertrieb des Films in Italien einen Zuschuss zu erhalten. Angesichts der oben in den Rn. 26 bis 30 angeführten Rechtsprechung ist daher der Schluss zu ziehen, dass das Schreiben vom 8. Oktober 2013 sehr wohl eine Entscheidung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV darstellt (im Folgenden: Entscheidung vom 8. Oktober 2013), und demnach die zweite von der EACEA geltend gemachte Unzulässigkeitsrüge zurückzuweisen.

Zum bestätigenden Charakter der Entscheidung vom 8. Oktober 2013

35

Nach ständiger Rechtsprechung bestätigt eine Entscheidung lediglich eine frühere Entscheidung, wenn sie kein neues Element gegenüber der früheren Handlung enthält und ihr keine erneute Prüfung der Lage des Adressaten dieser früheren Handlung vorausgegangen ist (Urteile vom 14. April 1970, Nebe/Kommission, 24/69, Slg, EU:C:1970:22, Rn. 8, vom 10. Dezember 1980, Grasselli/Kommission, 23/80, Slg, EU:C:1980:284, Rn. 18, und vom 11. Juni 2002, AICS/Parlament, T‑365/00, Slg, EU:T:2002:151, Rn. 30).

36

Es ist festzustellen, dass die EACEA vor dem Erlass der Entscheidung vom 8. Oktober 2013 die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 4. September 2013 angesprochenen Punkte geprüft hat, bevor sie darauf hingewiesen hat, dass ihr diese Punkte gemäß Nr. 5.1 der Leitlinien zu dem Zeitpunkt hätten vorgelegt werden müssen, als sie die Klägerin „um eingehendere Erläuterungen zur operativen Fähigkeit der Gesellschaft, den Film herauszubringen“, ersucht habe, also am 4. Juni 2013, da eine solche Mitteilung geeignet gewesen wäre, dem Bewertungsausschuss eine „genaue Bewertung des Projekts“ zu ermöglichen. Daraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung vom 8. Oktober 2013 auf der Begründung beruht, die Klägerin habe der EACEA die für eine genaue Bewertung des Projekts notwendigen Informationen nicht zur Kenntnis gebracht, während die Entscheidung vom 2. August 2013, deren Tenor am 7. August 2013 mittels Standardformulars mitgeteilt wurde, auf die Begründung gestützt war, dass die Klägerin den Kinovertrieb des Films nicht selbst sicherstellen werde. Hierzu hat die EACEA ausgeführt, es sei in begrenztem Umfang erlaubt, sich für Ticketverkauf und Rechnungstellung eines Subunternehmens zu bedienen, wenn ihr dies zur Kenntnis gebracht werde. Die Entscheidung vom 8. Oktober 2013, die eine andere Begründung enthält als die Entscheidung vom 2. August 2013 und von der Berücksichtigung neuer, von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 4. September 2013 vorgetragener Tatsachen zeugt, hat daher keinen bestätigenden Charakter.

37

Daher ist die dritte von der EACEA erhobene Unzulässigkeitsrüge zurückzuweisen und die Klage für zulässig zu erklären.

Zur Begründetheit

38

Die Klägerin führt zwei Klagegründe an, mit denen sie zum einen eine Verletzung der Begründungspflicht und zum anderen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, der die Entscheidung vom 8. Oktober 2013 rechtswidrig mache, geltend macht.

39

Die EACEA trägt vor, keiner der geltend gemachten Klagegründe sei begründet.

Zur Zuständigkeit der EACEA für den Erlass der Entscheidung vom 8. Oktober 2013

40

Bevor gegebenenfalls die beiden Klagegründe geprüft werden, ist von Amts wegen zu prüfen, ob die EACEA für den Erlass der Entscheidung vom 8. Oktober 2013 zuständig war (dazu, dass die Unzuständigkeit des Urhebers einer dem Unionsrichter zur Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit vorgelegten Entscheidung ein zwingender Nichtigkeitsgrund ist, vgl. Urteile vom 10. Mai 1960, Deutschland/Hohe Behörde, 19/58, Slg, EU:C:1960:19, S. 488; vom 28. Januar 2003, Laboratoires Servier/Kommission, T‑147/00, Slg, EU:T:2003:17, Rn. 45, und vom 13. Dezember 2013, Ungarn/Kommission, T‑240/10, Slg, EU:T:2013:645, Rn. 70), wobei klarzustellen ist, dass die Parteien Gelegenheit hatten, diese Frage streitig zu erörtern, da die EACEA selbst im Rahmen der Unzulässigkeitseinrede geltend gemacht hat, sie sei für den Erlass einer Entscheidung wie der Entscheidung vom 8. Oktober 2013 nicht zuständig, und der EACEA in der mündlichen Verhandlung mehrere Fragen gestellt worden sind, insbesondere die Frage, ob sie für eine Überprüfung von Entscheidungen wie der vom 2. August 2013 zuständig sei und ob es Fälle gebundener Entscheidungen im Zusammenhang mit der Abweisung von Anträgen auf Zuschuss gebe. Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung aufgefordert worden, ihre Ansichten zu diesen Fragen und deren Beantwortung durch die EACEA darzulegen. Daraus folgt, dass im Einklang mit der Rechtsprechung sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Verfahren hinsichtlich des Gesichtspunkts der Unzuständigkeit des Urhebers der angefochtenen Handlung, der von Amts wegen zu prüfen ist, der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens beachtet worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, Slg, EU:C:2009:742, Rn. 57 und 60).

41

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es im siebten Erwägungsgrund des Beschlusses 2009/336 in der geänderten Fassung heißt: „Werden Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung [von] Programme[n] auf eine Exekutivagentur übertragen, so kann eine deutliche Trennung vorgenommen werden zwischen den Programmplanungsphasen und den Finanzierungsbeschlüssen … einerseits und der Projektdurchführung, mit der eine Exekutivagentur beauftragt werden kann, andererseits.“ Zudem sieht der achte Erwägungsgrund dieses Beschlusses vor, dass „[d]ie Einrichtung einer Exekutivagentur … nichts daran [ändert], dass der Rat die Kommission mit der Verwaltung bestimmter Aktionsphasen der verschiedenen Programme beauftragt hat“.

42

Nach Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 2009/336 in der geänderten Fassung ist die EACEA „für die Verwaltung bestimmter Teile der folgenden Gemeinschaftsprogramme zuständig: …

43

Nach Art. 4 Abs. 2 dieses Beschlusses in der geänderten Fassung ist die EACEA im Rahmen der Verwaltung der in Abs. 1 genannten Teile der Gemeinschaftsprogramme „für folgende Aufgaben zuständig:

a)

Verwaltung der Projekte von der Entstehung bis zum Abschluss im Rahmen der Durchführung der ihr anvertrauten Gemeinschaftsprogramme …;

b)

Annahme der Instrumente für die Haushaltsdurchführung bei Einnahmen und Ausgaben sowie – auf der Grundlage der Befugnisübertragung durch die Kommission – Durchführung einiger oder aller für die Verwaltung der Gemeinschaftsprogramme erforderlichen Maßnahmen, insbesondere jener, die mit der Vergabe von Finanzhilfen und Aufträgen im Zusammenhang stehen“.

44

Sodann wurde mit der Entscheidung K(2009) 3355 endg. der Kommission vom 6. Mai 2009 zur Übertragung bestimmter Befugnisse auf die Exekutivagentur „Bildung, Audiovisuelles und Kultur“ zwecks Wahrnehmung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung der Gemeinschaftsprogramme in den Bereichen Bildung, Audiovisuelles und Kultur sowie insbesondere im Zusammenhang mit der Ausführung von Mitteln des Gemeinschaftshaushalts, in der durch den Beschluss K(2010) 7095 endg. geänderten Fassung, der Beschluss 2009/336 umgesetzt. Das Programm MEDIA 2007 ist demgemäß in Punkt 28 der Rechtsgrundlagen der Entscheidung K(2009) 3355 endg. angeführt. Art. 5 dieser Entscheidung mit der Überschrift „Haushaltsvollzugsaufgaben“ bestimmt in Abs. 1 Buchst. a, dass die EACEA für „Gewährung von Finanzhilfen und Durchführung der entsprechenden Vereinbarungen und Entscheidungen“ zuständig ist und dass „die [EACEA] … hierbei die Abwicklung einiger oder aller Etappen des Gewährungsverfahrens [übernimmt], dessen Einzelheiten in Anhang III spezifiziert sind“.

45

Nach Anhang I Nr. 26 dritter Gedankenstrich der Entscheidung K(2009) 3355 endg. in der geänderten Fassung beteiligt sich die EACEA an der Umsetzung und Verwaltung der meisten Teile des Programms MEDIA 2007, einschließlich jener, die den Vertrieb betreffen.

46

Anhang III dieser Entscheidung legt die der EACEA übertragenen Aufgaben fest, darunter gemäß Punkt A. 5. „Auswahl der Projekte oder – [wenn die Rechtsgrundlage des Programms vorschreibt], dass die Kommission die Projekte auszuwählen hat – Vorbereitung eines Vorschlags zur Auswahl durch die Kommission in Übereinstimmung mit dem Ausschussverfahren“, gemäß Punkt A. 6. „Mitteilung der Entscheidungen über die Gewährung von Finanzhilfen an die Begünstigten“ und gemäß Punkt A. 7. „[Behandlung] der Anträge auf Überprüfung der Entscheidungen über die Gewährung von Finanzhilfen“.

47

Schließlich gilt nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. e des Beschlusses Nr. 1718/2006 (siehe oben, Rn. 2) für jeden Vorschlag, nach dem mehr als 300000 Euro Gemeinschaftsmittel im Bereich des Vertriebs gewährt werden sollen, das Verfahren gemäß Art. 11 Abs. 2 dieses Beschlusses, während nach Art. 10 Abs. 3 dieses Beschlusses „[a]lle anderen zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen Maßnahmen … nach dem in Artikel 11 Absatz 3 [des Beschlusses Nr. 1718/2006] genannten Verfahren erlassen [werden]“, was insbesondere Vorschläge betrifft, nach denen weniger als 300000 Euro Gemeinschaftsmittel im Bereich des Vertriebs gewährt werden sollen. Art. 11 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1718/2006 bestimmt, dass die Kommission von einem Ausschuss unterstützt wird, Art. 11 Abs. 2 verweist auf die Art. 4 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184, S. 23), und Art. 11 Abs. 4 verweist auf die Art. 3 und 7 des Beschlusses 1999/468. Art. 3 des letztgenannten Beschlusses legte das Beratungsverfahren fest, während sein Art. 4 das Verwaltungsverfahren beschrieb. Der Beschluss 1999/468 wurde jedoch durch Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55, S. 13), aufgehoben, nach deren Art. 13 das Beratungsverfahren nach Art. 4 der Verordnung Nr. 182/2011 anzuwenden ist, wenn auf Art. 3 des Beschlusses 1999/468 Bezug genommen wird, und das in Artikel 5 der Verordnung Nr. 182/2011 genannte Prüfverfahren mit Ausnahme von dessen Abs. 4 Unterabs. 2 und 3, wenn auf Art. 4 des Beschlusses 1999/468 Bezug genommen wird.

48

Dem ist hinzufügen, dass nach Nr. 4 vorletzter Absatz der Leitlinien der maximale Förderbetrag 150000 EUR pro Vertreiber und Film beträgt und nach Nr. 4 letzter Absatz der Leitlinien die EACEA sich das Recht vorbehält, nicht alle verfügbaren Mittel zu verteilen. Diese Obergrenze und dieser Vorbehalt wurden in Punkt 5 Abs. 3 und 4 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen EACEA/21/12 wiederholt.

49

Aus der Gesamtheit der vorstehenden Bestimmungen geht hervor, dass die Zuständigkeit der EACEA für die Gewährung von Zuschüssen im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen EACEA/21/12, die im Rahmen des Programms MEDIA 2007 erging, beschränkt war auf erstens die Prüfung der Unterlagen jedes Bewerbers zwecks „Vorbereitung eines Vorschlags zur Auswahl durch die Kommission in Übereinstimmung mit dem Ausschussverfahren“ gemäß Punkt A. 5. zweiter Fall des Anhangs III der Entscheidung K(2009) 3355 endg. in der geänderten Fassung, zweitens auf die „Mitteilung der Entscheidungen über die Gewährung von Finanzhilfen an die Begünstigten“ gemäß Punkt A. 6. dieses Anhangs und drittens, gemäß Punkt A. 7. dieses Anhangs, auf die „[Behandlung] der Anträge auf Überprüfung der Entscheidungen über die Gewährung von Finanzhilfen“.

50

Im vorliegenden Fall prüfte die EACEA die Bewerbungsunterlagen der Klägerin unter Berücksichtigung der von ihr vorgelegten Angaben und ersuchte sie mit E‑Mail vom 4. Juni 2013 um ergänzende Angaben. In Beantwortung dieser E‑Mail bestätigte die Klägerin per E‑Mail vom selben Tag, „die italienische Vertreiberin des Films“ zu sein, ohne jedoch die entsprechenden Belege zu liefern, und übermittelte der EACEA am 6. Juni 2013 ergänzende Informationen über die Erfahrung, die sie als Vertreiberin, insbesondere in den vorangegangenen fünf Jahren, gesammelt hatte. Nach Prüfung der gesamten Unterlagen unterbreitete die EACEA der Kommission den Vorschlag, den Zuschuss nicht zu gewähren, und die Kommission erließ die Entscheidung vom 2. August 2016 gemäß Art. 10 Abs. 2 und 3 des Beschlusses Nr. 1718/2006 nach Durchführung des Beratungsverfahrens gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 182/2011, da es sich um einen Vorschlag handelte, nach dem weniger als 300000 EUR an Unionsmitteln im Bereich des Vertriebs gewährt werden sollten. Im dritten Erwägungsgrund der Entscheidung vom 2. August 2013 wird die in der Stellungnahme des Ausschusses MEDIA 2007 vom 26. Juli 2013 enthaltene Begründung übernommen, wobei diese Stellungnahme selbst hinsichtlich der Klägerin den Vorschlag des Bewertungsausschusses übernommen hatte (siehe oben, Rn. 8 bis 10), wonach der Film in Italien von der Gesellschaft 01 Distribution und nicht von der Klägerin vertrieben werde, so dass deren Bewerbung nicht ausgewählt werden könne. Am 7. August 2013 übernahm die EACEA diesen Ablehnungsgrund, indem sie in dem Standardformular für die Mitteilung das Kästchen neben dem Text „Die Antragstellerin wird den Kinovertrieb nicht selbst sicherstellen“ ankreuzte. Am 4. September 2013 übermittelte die Klägerin der EACEA ein Schreiben, das eindeutig als Antrag auf Überprüfung einer Entscheidung über die Gewährung von Finanzhilfen im Sinne von Punkt A. 7. des Anhangs III der Entscheidung K(2009) 3355 endg. in der geänderten Fassung einzustufen ist.

51

Folglich hatte die EACEA unter den Umständen des vorliegenden Falles bei der Behandlung dieses Antrags die Wahl zwischen einer bloßen Erläuterung der Entscheidung vom 2. August 2013 und einer Befassung der Kommission, um diese Entscheidung abändern zu lassen, sei es im Sinne einer Zuschussgewährung oder im Sinne einer Ablehnung, jedoch aus anderen als den ursprünglichen Gründen. Keinesfalls konnte nämlich die EACEA für die Änderung einer Entscheidung zuständig sein, für deren Erlass sie nicht zuständig war.

52

Nr. 5.1 der Leitlinien bestimmt zwar, dass die Verträge/Vereinbarungen der EACEA zur Kenntnis gebracht werden müssen, falls sich mehrere Gesellschaften die Vertriebsaktivitäten teilen, und dass die EACEA normalerweise jene Gesellschaft als förderfähig erachtet, die den Vertrieb des Films in dem Gebiet tatsächlich durchführt, und dass sie darüber eine „endgültige Entscheidung“ fällt; dieser Wortlaut ist aber dahin auszulegen, dass die EACEA bei der Prüfung der Anträge ihren Standpunkt klar festlegen muss, um der Kommission einen Auswahlvorschlag vorzulegen, unbeschadet der Möglichkeit für den Antragsteller, die Entscheidung der Kommission später mit einer Verwaltungsbeschwerde anzufechten. Jede andere Auslegung liefe dem ausdrücklichen Wortlaut von Punkt A. 7. des Anhangs III der Entscheidung K(2009) 3355 endg. in der geänderten Fassung zuwider, der diesen Rechtsbehelf eröffnet.

53

Folglich ist die Entscheidung vom 8. Oktober 2013, mit der die EACEA selbst eine auf einen von der Kommission nicht angeführten Grund gestützte Ablehnung ausgesprochen hat, wegen fehlender Zuständigkeit fehlerhaft.

54

Nach einer ständigen Rechtsprechung in Rechtssachen, deren Umstände mit denen des vorliegenden Falles vergleichbar sind, kann jedoch die fehlende Zuständigkeit bei gebundenen Entscheidungen nicht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach sich ziehen, da eine Aufhebung wegen fehlender Zuständigkeit des Urhebers der angefochtenen Entscheidung nach Berichtigung dieses Fehlers zu dem Zeitpunkt, zu dem er aufgetreten ist, nur zum Erlass einer in der Sache identischen Entscheidung führen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juli 1983, Geist/Kommission, 117/81, Slg, EU:C:1983:191, Rn. 6 und 7; vom 9. Oktober 1992, De Persio/Kommission, T‑50/91, Slg, EU:T:1992:104, Rn. 10, 22 und 24, und vom 19. Januar 2010, De Fays/Kommission, T‑355/08 P, SlgÖD 2008, EU:T:2010:16, Rn. 57 und 58).

55

Es ist daher zu prüfen, ob sich die Kommission im vorliegenden Fall in einer Lage befand, in der sie eine gebundene Entscheidung zu treffen hatte, so dass die EACEA dadurch, dass sie den von der Kommission in der Entscheidung vom 2. August 2013 angeführten Grund für die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch einen anderen ersetzt hat, eine Entscheidung getroffen hat, die in der Sache identisch mit derjenigen war, die die Kommission im Rahmen ihrer Zuständigkeit auf der Grundlage der im Schreiben vom 4. September 2013 übermittelten Angaben erlassen hätte.

56

Wie aus Nr. 5.1 der oben in Rn. 3 angeführten Leitlinien hervorgeht, setzt die Gewährung eines Zuschusses für den Vertrieb voraus, dass der Antragsteller selbst den Kinovertrieb in dem betroffenen Gebiet vornimmt. Gleichwohl sieht diese Bestimmung für den Vertreiber die Möglichkeit vor, in begrenztem Umfang Unteraufträge zu vergeben, wenn „die [EACEA] davon in Kenntnis gesetzt worden ist“. Nr. 5.1 sieht diese Mitteilungspflicht auch für den Fall der Aufteilung von Tätigkeiten vor, indem er vorschreibt, dass, „[f]alls sich mehrere Gesellschaften die Vertriebsaktivitäten teilen, … die Verträge/Vereinbarungen der [EACEA] zur Kenntnis gebracht werden [müssen]“. Zudem heißt es dort, dass die Verwendung physischer Vertreiber für bestimmte Dienstleistungen, wie die Reservierung von Sälen und die Erhebung der Einnahmen, gestattet ist.

57

Die Klägerin macht geltend, sie sei sehr wohl die Vertreiberin des Films und die von ihr mit 01 Distribution abgeschlossene Vereinbarung über die Reservierung von Kinosälen, den Vertrieb von Filmkopien, die Erhebung der Einnahmen und die Präsentation des Films unter dem Hauptlogo 01 Distribution habe der EACEA nicht mitgeteilt werden müssen, da diese Vereinbarung wahrscheinlich als Übertragung der Tätigkeit des „materiellen Vertriebs“ auf einen Dritten zu qualifizieren und jedenfalls anderer Natur sei als ein Unterauftrag.

58

Die EACEA tritt dieser Auslegung entgegen.

59

Es ist darauf hinzuweisen, dass Nr. 5.1 der Leitlinien in Wirklichkeit, wie oben aus Rn. 56 hervorgeht, die Vertriebsvereinbarungen in drei Kategorien einteilt, nämlich Zuliefervereinbarungen, Vereinbarungen zur Aufteilung von Vertriebsaktivitäten zwischen mehreren Akteuren und Vereinbarungen betreffend die Verwendung nicht förderfähiger „physischer Vertreiber“ für bestimmte Dienstleistungen. Die Tatsache, dass diese physischen Vertreiber nicht förderfähig sind, bedeutet jedoch nicht, dass die Verträge, die die Verwendung solcher Vertreiber für bestimmte Dienste regeln, der EACEA nicht zur Kenntnis gebracht werden müssen. Im Übrigen hat jeder Antragsteller, sei es auch nur, damit festgestellt werden kann, ob eine solche physische Vertriebsvereinbarung tatsächlich besteht und ob sie den vorgegebenen Umfang nicht überschreitet, der EACEA möglichst viele Informationen für die Prüfung des Förderantrags zur Verfügung zu stellen, einschließlich solcher, die eine positive Entscheidung über den Förderantrag verhindern können, weil ihre Bedeutung nicht richtig erfasst wird.

60

Dieses Verständnis ist umso mehr geboten, als der Rückgriff eines Vertreibers auf Dritte zur Sicherstellung eines Teils der Vertriebsaufgaben eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass er den Vertrieb des Films selbst sicherstellen muss, darstellt, die demgemäß eng auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. September 2014, Baltic Agro, C‑3/13, Slg, EU:C:2014:2227, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, Slg, EU:T:2012:247, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen wird die Bedeutung einer angemessenen Information der EACEA in Nr. 13.3 der Leitlinien unterstrichen, wenn es dort heißt, dass „alle mit [dem] Antrag in Zusammenhang stehenden Vertriebsvereinbarungen vorzulegen sind“.

61

Hinzu kommt, dass die Klägerin im vorliegenden Fall eine zusätzliche Möglichkeit hatte, ihre Unterlagen zu vervollständigen, da sie von der EACEA kontaktiert wurde, um eine Reihe von Dokumenten vorzulegen. Das hätte sie auf die mögliche Lückenhaftigkeit dieser Unterlagen aufmerksam machen und veranlassen müssen, möglichst umfassende Angaben zu machen.

62

Selbst wenn also der Vertrag zwischen der Klägerin und 01 Distribution nur ein Vertrag über den physischen Vertrieb im Sinne von Nr. 5.1 der Leitlinien gewesen sein sollte, was aus den Unterlagen nicht abzuleiten ist, war die Klägerin verpflichtet, die EACEA davon zum Zeitpunkt der Einreichung des Förderantrags in Kenntnis zu setzen, um es dieser und der Kommission zu ermöglichen, in voller Kenntnis der Sachlage über die Gründe zu entscheiden, aus denen das Logo von 01 Distribution im Trailer und auf den Plakaten des Films zu sehen war. Die EACEA wurde erst durch eine Anlage zum Schreiben der Klägerin vom 4. September 2013, also mehr als einen Monat nach der Entscheidung der Kommission vom 2. August 2013, darüber in Kenntnis gesetzt, dass zwischen der Klägerin und der Gesellschaft 01 Distribution ein am 26. April 2013 unterzeichneter Vertrag bestand.

63

Im Übrigen ist nur die Auslegung, die der möglichst vollständigen und sachgemäßen Information der EACEA Vorrang einräumt, mit dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und insbesondere der wirtschaftlichen Haushaltsführung und der Kontrolle der Verwendung von Haushaltsmitteln der Union für die dafür vorgesehenen Zwecke vereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Juni 2010, CEVA/Kommission, T‑428/07 und T‑455/07, Slg, EU:T:2010:240, Rn. 126 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 19. April 2013, Aecops/Kommission, T‑53/11, EU:T:2013:205, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auf der Grundlage unvollständiger oder falscher Angaben des Antragstellers kann die EACEA der Kommission nicht empfehlen, den Vertrieb eines Films zu finanzieren, obwohl zweifelhaft ist, ob der Vertreiber die in den einschlägigen Vorschriften enthaltenen Bedingungen erfüllt. Dies wird im Übrigen auch in Nr. 13.3 der Leitlinien klargestellt, wonach unvollständige Bewerbungen als nicht förderfähig erachtet werden. Als die EACEA den Förderantrag mit der Begründung ablehnte, dass der zwischen der Klägerin und 01 Distribution abgeschlossene Vertrag nicht mitgeteilt worden war – eine Begründung, deren tatsächliche Grundlage die Klägerin nicht bestritten hat –, hat die EACEA in einer Situation gehandelt, in der die für den Erlass einer solchen Entscheidung zuständige Kommission eine gebundene Entscheidung erlassen hätte.

64

Folglich kann in Anwendung der oben in Rn. 54 angeführten Rechtsprechung die fehlende Zuständigkeit nicht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach sich ziehen, da eine Aufhebung wegen fehlender Zuständigkeit des Urhebers der angefochtenen Entscheidung nach Berichtigung dieses Fehlers zu dem Zeitpunkt, zu dem er aufgetreten ist, nur zum Erlass einer in der Sache identischen Entscheidung führen kann.

Zu den Klagegründen

65

Aus der oben in Rn. 54 angeführten Rechtsprechung ergibt sich, dass, wenn feststeht, dass sich die Verwaltung in einer Situation befand, in der sie eine gebundene Entscheidung zu erlassen hatte, alle gegen ihre Entscheidung gerichteten Klagegründe ins Leere gehen und daher zurückzuweisen sind. Das gilt insbesondere für den Klagegrund der mangelnden oder unzureichenden Begründung (Urteile vom 29. September 1976, Morello/Kommission, 9/76, Slg, EU:C:1976:129, Rn. 11, und Geist/Kommission, oben in Rn. 54 angeführt, EU:C:1983:191, Rn. 6 und 7) und per definitionem für die Klagegründe des Tatsachenfehlers, des Rechtsfehlers oder des offensichtlichen Beurteilungsfehlers (vgl. in diesem Sinne Urteil Morello/Kommission, EU:C:1976:129, Rn. 11), da die Verwaltung zu der von ihr gezogenen Schlussfolgerung verpflichtet war.

66

Nur ergänzend ist festzustellen, dass die von der Klägerin geltend gemachte widersprüchliche Begründung ihren Ursprung darin hat, dass sich die EACEA auf einen Ablehnungsgrund gestützt hat, der sich von dem in der Entscheidung vom 2. August 2013 enthaltenen unterscheidet (siehe oben, Rn. 36), weshalb das Gericht festgestellt hat, dass die Entscheidung vom 8. Oktober 2013 keinen bestätigenden Charakter hat. Wie oben in Rn. 63 festgestellt worden ist, kann die Klägerin diese Begründung nicht mit Erfolg beanstanden, da sie derjenigen entspricht, auf die sich die Kommission, wäre sie befasst gewesen, hätte stützen müssen.

67

Schließlich ist zu dem Antrag, das Gericht möge der EACEA aufgeben, „die Folgemaßnahmen“ zu ergreifen, darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen der gemäß Art. 263 AEUV ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt ist, den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union Weisungen zu erteilen (Urteil vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg, EU:T:1998:198, Rn. 53, und Beschluss vom 27. Januar 2014, Stolz/Parlament und Kommission, T‑582/13, EU:T:2014:69, Rn. 10).

68

Nach alledem ist die Klage unbegründet und in vollem Umfang abzuweisen.

Kosten

69

Nach Art. 135 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht eine Partei, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilen, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint; dies gilt insbesondere, wenn sie der Gegenpartei nach Ansicht des Gerichts Kosten ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

70

Im vorliegenden Fall geht einerseits aus den Akten hervor, dass in der Mitteilung vom 7. August 2013, die richtigerweise unter dem Briefkopf der EACEA erging, der Klägerin weder die Tatsache, dass die Urheberin der Entscheidung, ihr keinen Zuschuss zu gewähren, die Kommission war, noch das Datum dieser Entscheidung, nämlich der 2. August 2013, zur Kenntnis gebracht wurde. Die Klägerin hat davon erst Kenntnis erlangt, als sie die vorliegende Klage erhoben hat. Zudem hat die EACEA dadurch, dass sie am 8. Oktober 2013 in ihrem Namen eine Entscheidung mit einer anderen als der von der Kommission festgestellten Begründung erlassen hat und dieser Handlung in der Folge den Entscheidungscharakter abgesprochen und mit ihr nicht die Kommission befasst hat, damit diese ihre Entscheidung berichtigen konnte, die Klägerin in einen Zustand der Ungewissheit versetzt, die diese nur durch die Erhebung einer Klage beim Gericht ausräumen konnte.

71

Andererseits hat die Klägerin durch ihr Verhalten zu dieser Situation beigetragen, indem sie selbst dadurch, dass sie bei Stellung ihres Förderantrags nicht die Unterlagen vorgelegt hat, die laut den Leitlinien vorzulegen waren und die es der EACEA erlaubt hätten, der Kommission einen angemessenen und jedenfalls auf dem gesamten Akteninhalt beruhenden Vorschlag zu unterbreiten, der EACEA und der Kommission die Möglichkeit genommen hat, festzustellen, ob die mit 01 Distribution abgeschlossene Vereinbarung eine bloße Vereinbarung über den materiellen Vertrieb und daher die Klägerin die einzige Vertreiberin des Films war.

72

Unter diesen Umständen sind bei angemessener Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Italian International Film Srl und die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA) tragen ihre eigenen Kosten.

 

Gratsias

Kancheva

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. Februar 2016.

Unterschriften


( *1 )   Verfahrenssprache: Italienisch.

ra.de-Urteilsbesprechung zu EUGH T-676/13

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