EUGH C-671/17

ECLI:ECLI:EU:C:2018:416
bei uns veröffentlicht am07.06.2018

Gericht

Europäischer Gerichtshof

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

7. Juni 2018(*)

„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Nichtigkeitsklage – Antrag an die gemeinsame Kontrollinstanz von Europol wegen Ausstellung eines europäischen Haftbefehls und Erfassung von Daten im Schengen‑Informationssystem – Unzuständigkeit der Kontrollinstanz“

In der Rechtssache C‑671/17 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. November 2017,

Anastasia-Soultana Gaki, wohnhaft in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Keisers,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol),

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Levits sowie des Richters A. Borg Barthet und der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),


Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Frau Anastasia-Soultana Gaki die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 27. September 2017, Gaki/Europol (T‑366/16, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2017:670), mit dem dieses zum einen ihren auf Art. 263 AEUV gestützten Antrag auf, im Wesentlichen, Verurteilung der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) zur Vornahme bestimmter Handlungen sowie Nichtigerklärung der eine Beschwerde der Rechtsmittelführerin betreffenden Entscheidung der Gemeinsamen Kontrollinstanz (im Folgenden: GKI) von Europol vom 4. Mai 2016 (im Folgenden: streitige Entscheidung) und zum anderen einen auf Art. 268 AEUV gestützten Antrag auf Ersatz des Schadens, der der Rechtsmittelführerin entstanden sein soll, abgewiesen hat.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

2        Das Gericht hat die Vorgeschichte des Rechtsstreits wie folgt zusammengefasst:

„1      Gegen die Klägerin, Frau [Gaki], ist bei einem griechischen Gericht ein Strafverfahren anhängig. Gegen sie liegt ein von den griechischen Behörden am 11. Februar 2011 erlassener Europäischer Haftbefehl (im Folgenden: EHB) vor, aus dem sich ergibt, dass ihr zur Last gelegt wird, von Dezember 2005 bis März 2006 in Deutschland, Griechenland und Spanien gemeinschaftlich mit fünf weiteren Personen Herrn S. um insgesamt 680 500 Euro betrogen zu haben.

2      Da die griechischen Behörden Hinweise darauf erhalten hatten, dass die Klägerin sich in Mönchengladbach (Deutschland) aufhalte, übermittelten sie den zuständigen deutschen Behörden am 11. März 2011 eine Anfrage zur Überprüfung des Aufenthaltsorts der Klägerin. Vor diesem Hintergrund wurde am selben Tag ein Auslieferungsverfahren eingeleitet.

3      Am 14. Januar 2013 stellte die Klägerin bei der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) einen Antrag, mit dem sie die Aufhebung des EHB erreichen wollte, der ihrer Ansicht nach eine unzureichende Prüfung sowie widersprüchliche und falsche Angaben enthielt.

4      Mit E‑Mail vom 28. Januar 2013 teilte Europol der Klägerin mit, dass ihr Gesuch intern an den Europol-Datenschutzbeauftragten weitergeleitet worden sei, da es sich vor allem um einen Antrag auf Datenlöschung handele.

5      Der Europol-Datenschutzbeauftragte antwortete der Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2013. Er führte aus, dass Europol keine Europäischen Haftbefehle ausstelle und auch keine Personenfahndungen vornehme. …

8      Die Klägerin reichte am 21. November 2015 erneut einen Antrag beim [Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB)] ein, mit dem sie rügte, dass sich Europol durch die Speicherung und Verarbeitung falscher Daten im [Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II)] und im Europol‑Informationssystem rechtswidrig verhalten habe.

10      Die Klägerin gestattete dem EDSB mit Schreiben vom 7. Januar 2016, den Antrag an die zuständigen Behörden von Europol weiterzuleiten.

11      Die GKI antwortete der Klägerin mit Schreiben vom 26. Februar 2016 (im Folgenden: Schreiben vom 26. Februar 2016) und teilte ihr mit, dass die Tätigkeit von Europol nicht die Ausstellung Europäischer Haftbefehle umfasse und dass Europol keine Rolle beim Betrieb des SIS II und in Bezug auf die Eingabe der Daten in das SIS II spiele; die Daten würden von dem den Haftbefehl ausstellenden Mitgliedstaat eingegeben. Die GKI fügte hinzu, dass Europol dem Anwalt der Klägerin bereits im Januar 2013 ähnliche Informationen erteilt habe.

12      Mit Schreiben vom 13. April 2016 reichte die Klägerin erneut einen Antrag bei der GKI und beim EDSB betreffend das Schreiben vom 26. Februar 2016 ein.

13      Die GKI antwortete auf diesen Antrag mit [der streitigen Entscheidung]. Sie wies bei dieser Gelegenheit erstens darauf hin, dass das Schreiben vom 26. Februar 2016 auf dem vom EDSB weitergeleiteten Antrag beruhe, der die Löschung falscher Daten bezüglich des EHB im SIS II betreffe, und dass es sich deshalb auf das Verfahren zur Berichtigung falscher Daten bezüglich eines Europäischen Haftbefehls konzentriert habe. Zweitens könne ein Europäischer Haftbefehl lediglich durch die zuständige Justizbehörde eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats, der ein gesondertes Übereinkommen mit der Europäischen Union abgeschlossen habe, erlassen werden, und die Daten bezüglich solcher Haftbefehle würden nach dem Beschluss [2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. 2007, L 205, S. 63)] auf Anfrage des ausstellenden Staats ins SIS II eingetragen. Drittens müsse ein Antrag auf Löschung eines Europäischen Haftbefehls im ausstellenden Mitgliedstaat erfolgen. Viertens verleihe Art. 34 des Beschlusses [2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (ABl. 2009, L 121, S. 37)] ihr keine Befugnisse hinsichtlich des Inhalts der im SIS II eingegebenen Daten, sondern übertrage ihr lediglich die Aufgabe, sicherzustellen, dass das Speichern, Bearbeiten und Nutzen der Daten, über die die Dienststellen von Europol verfügten, die Rechte von Personen nicht verletze.“

3        Mit Klageschrift, die am 12. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf u. a. Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung.

4        Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht diese Klage teils als offensichtlich unzulässig, teils wegen offensichtlicher Unzuständigkeit und teils als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abgewiesen.

 Anträge der Rechtsmittelführerin

5        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

–         den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

–        die Nichtigkeitsklage für zulässig zu erklären, falls der Gerichtshof der Ansicht sein sollte, dass alle für eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage auf Nichterklärung der streitigen Entscheidung erforderlichen Angaben vorliegen;

–        die Schadensersatzklage für zulässig zu erklären, falls der Gerichtshof der Ansicht sein sollte, dass alle für eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage auf Nichterklärung der streitigen Entscheidung erforderlichen Angaben vorliegen;

–        andernfalls den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen.

 Zum Rechtsmittel

6        Ist ein Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, kann der Gerichtshof es nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen, ohne das mündliche Verfahren zu eröffnen.

7        Von dieser Möglichkeit ist in der vorliegenden Rechtssache Gebrauch zu machen.

8        Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin sechs Rechtsmittelgründe geltend.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

9        Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe unrichtige Tatsachenfeststellungen getroffen.

10      Die Klägerin trägt zum einen vor, das Gericht habe in Rn. 1 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass gegen sie ein EHB erlassen worden sei, aus dem sich ergebe, dass ihr zur Last gelegt werde, gemeinschaftlich mit fünf anderen Personen Herrn S. um insgesamt 680 500 Euro betrogen zu haben. Dieser Betrag stimme jedoch nicht.

11      Zum anderen rügt die Rechtsmittelführerin, in Rn. 2 des angefochtenen Beschlusses habe das Gericht ausgeführt, dass die griechischen Behörden Hinweise darauf erhalten hätten, dass sie sich in Mönchengladbach aufhalte, ohne dabei zu erwähnen, woher diese Hinweise stammten und wann sie vorgelegt worden seien. So habe das Gericht versucht, das Verhalten der griechischen Justizbehörden im Zusammenhang mit dem Erlass des EHB zu „legalisieren“.

12      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist allein das Gericht für die Feststellung des Sachverhalts – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für die Würdigung der Beweise zuständig. Die Feststellung des Sachverhalts und die Würdigung der Beweise stellen demnach, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 16. November 2017, Ludwig-Bölkow-Systemtechnik/Kommission, C‑250/16 P, EU:C:2017:871, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Soweit der erste Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin dahin verstanden werden kann, dass mit ihm geltend gemacht wird, das Gericht habe die seiner Würdigung unterliegenden Tatsachen verfälscht, ist darauf hinzuweisen, dass sich eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben muss, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 16. November 2017, Ludwig-Bölkow-Systemtechnik/Kommission, C‑250/16 P, EU:C:2017:871, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Zu Rn. 1 des angefochtenen Beschlusses genügt der Hinweis darauf, dass der Betrag von 680 500 Euro der Summe der mutmaßlich erschlichenen Teilbeträge entspricht, wie diese auf S. 11 des EHB, den die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorgelegt hat, aufgeführt sind. Daher kann dem Gericht keine wie auch immer geartete Verfälschung der Tatsachen vorgeworfen werden.

15      Zu Rn. 2 des angefochtenen Beschlusses ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin keine Verfälschung der Tatsachen durch das Gericht geltend macht, sondern sich auf die Rüge beschränkt, es habe in dem angefochtenen Beschluss nicht geklärt, woher die von ihm aufgeführten Hinweise stammten, und ihre Richtigkeit nicht in Frage gestellt.

16      Demnach ist der erste Rechtsmittelgrund teils offensichtlich unbegründet und teils offensichtlich unzulässig.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

17      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht dadurch, dass es ihre Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung geprüft habe, Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und somit ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt habe.

18      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass weder Art. 47 Abs. 2 der Charta noch Art. 6 Abs. 1 der EMRK die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in allen Verfahren verlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juni 2015, Andechser Molkerei Scheitz/Kommission, C‑682/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:356, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Insbesondere muss keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, wenn die Rechtssache nur Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft, die sich unter Heranziehung der Akten und der schriftlichen Erklärungen der Parteien angemessen lösen lassen (Urteil vom 4. Juni 2015, Andechser Molkerei Scheitz/Kommission, C‑682/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:356, Rn. 46).

20      Dies gilt auch für den in Art. 126 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen Fall, dass die beim Gericht erhobene Klage offensichtlich unzulässig ist, so dass es ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden kann, der mit Gründen zu versehen ist (Urteil vom 4. Juni 2015, Andechser Molkerei Scheitz/Kommission, C‑682/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:356, Rn. 45).

21      Im vorliegenden Fall geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass das Gericht seine Entscheidung auf ausreichende Angaben stützen konnte, ohne die mündlichen Ausführungen der Parteien anzuhören, zumal die Rechtsmittelführerin die Möglichkeit hatte, schriftlich zu dem von Europol geltend gemachten Fehlen von Prozessvoraussetzungen Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Juni 2015, Andechser Molkerei Scheitz/Kommission, C‑682/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:356, Rn. 46).

22      Daher hat das Gericht weder gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta noch gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen, als es die Klage am Ende eines Verfahrens, das keine mündliche Verhandlung umfasste, gemäß Art. 126 seiner Verfahrensordnung für unzulässig erklärt hat.

23      Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

24      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in Rn. 49 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht entschieden, dass Europol für den Zugriff auf die im SIS II enthaltenen Daten nicht zuständig gewesen sei.

25      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 49 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass „der Inhalt der [streitigen] Entscheidung mit dem anwendbaren Recht im Einklang steht und nicht zweideutig ist, da die Klägerin zutreffend darüber informiert wurde, dass Europol für die Bearbeitung ihrer die Unrichtigkeit der sie betreffenden Daten im SIS II und den EHB betreffenden Forderungen nicht zuständig war“.

26      Da sich die vom Gericht getroffene Feststellung nicht auf den Zugriff von Europol auf die im SIS II enthaltenen Daten bezieht, sondern auf dessen Zuständigkeit, Forderungen zu bearbeiten, die die Unrichtigkeit solcher Daten betreffen, ist festzustellen, dass der Rechtsmittelgrund auf einem offensichtlichen Fehlverständnis des angefochtenen Beschlusses beruht.

27      Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass, soweit die Rechtsmittelführerin geltend macht, Europol sei verpflichtet, den betroffenen Mitgliedstaat zu unterrichten, sobald es vom Betroffenen einen Antrag auf Berichtigung einer fehlerhaften Verarbeitung von Daten im SIS II erhalte, eine solche Verpflichtung weder dem Beschluss 2007/533 noch dem Beschluss 2009/371 zu entnehmen ist.

28      Was den Beschluss 2007/533 angeht, ergibt sich nämlich aus dessen Art. 41 Abs. 2, dass Europol, wenn sich bei der Abfrage durch es herausstellt, dass eine Ausschreibung im SIS II gespeichert ist, den ausschreibenden Mitgliedstaat davon in Kenntnis setzt. Ihrem Wortlaut nach erlegt diese Bestimmung Europol somit keine Verpflichtung im Zusammenhang mit Anträgen von Einzelpersonen auf, sondern sie konkretisiert lediglich die dieser Einrichtung übertragenen Aufgaben, wie diese in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und c des Beschlusses 2009/371 vorgesehen sind, nämlich die Mitgliedstaaten über die sie betreffenden Informationen unverzüglich zu unterrichten und sie insbesondere durch die Übermittlung sachdienlicher Informationen zu unterstützen.

29      Was den Beschluss 2009/371 angeht, so sieht Art. 31 Abs. 1 Satz 1 dieses Beschlusses vor, dass jede Person berechtigt ist, Europol zu ersuchen, sie betreffende fehlerhafte Daten zu berichtigen oder zu löschen. Es genügt jedoch die Feststellung, dass Art. 31 Abs. 1, wie aus dessen Satz 2 eindeutig hervorgeht, nur „bei Europol gespeicherte Daten“ erfasst. Zu den im SIS II enthaltenen Daten bestimmt dagegen Art. 49 Abs. 2 des Beschlusses 2007/533, dass eine Berichtigung oder Löschung nur durch den ausschreibenden Mitgliedstaat vorgenommen werden darf.

30      Demnach kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, es habe einen Rechtsfehler begangen, als es entschieden hat, dass Europol für die Bearbeitung der Forderungen einer Person, die die Unrichtigkeit der sie betreffenden Daten im SIS II rügt, nicht zuständig war.

31      Somit ist der dritte Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

32      Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht sei davon ausgegangen, dass die streitige Entscheidung ausreichend begründet und nicht zweideutig sei.

33      Hierzu genügt der Hinweis darauf, dass die Rechtsmittelführerin zwar einen Begründungsmangel geltend macht, die zur Stützung des vierten Rechtsmittelgrundes erhobenen Rügen jedoch im Wesentlichen mit den zur Stützung des dritten Rechtsmittelgrundes angeführten übereinstimmen, da mit diesen Rügen ebenfalls die Beurteilung des Gerichts, dass Europol zur Behandlung ihres Antrags auf Berichtigung und Löschung der sie betreffenden Daten im SIS II nicht zuständig sei, beanstandet wird.

34      Ebenso wie der dritte Rechtsmittelgrund ist daher auch der vierte Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

35      Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin eine unrichtige Qualifizierung der Anträge im angefochtenen Beschluss geltend.

36      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen. Insbesondere müssen nach Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung die im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemachten Rechtsgründe und ‑argumente die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 6. April 2017, Gaki/Parlament, C‑610/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:289, Rn. 13 und 14).

37      Im vorliegenden Fall richtet sich der fünfte Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin gegen Rn. 23 des angefochtenen Beschlusses. In dieser Randnummer hat sich das Gericht indes auf eine Wiedergabe der Anträge der Rechtsmittelführerin beschränkt, wie diese im letzten Teil ihrer Klageschrift formuliert sind, ohne diese in irgendeiner Weise rechtlich zu qualifizieren.

38      Folglich kann der fünfte Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen, da er offensichtlich unbegründet ist.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

39      Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, sie haben einen Anspruch auf Schadensersatz.

40      Ein Rechtsmittel, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente wiederzugeben, zielt in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab und fällt daher nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. Juli 2016, Fapricela/Kommission, C‑510/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:547, Rn. 29).

41      Vorliegend wiederholen die im Rahmen des sechsten Rechtsmittelgrundes vorgetragenen Argumente im Wesentlichen die bereits vor dem Gericht angeführten, ohne dass die Rechtsmittelführerin die Punkte des angefochtenen Beschlusses, denen ein Rechtsfehler anhaften soll, oder die Gründe, weshalb dem Gericht ein solcher Fehler unterlaufen sein soll, genau angibt. Daher beschränkt sich die Rechtsmittelführerin in Wirklichkeit darauf, die streitige Entscheidung zu beanstanden, und ersucht den Gerichtshof, erneut über ihre erstinstanzliche Klage zu befinden.

42      Mithin ist der sechste Rechtsmittelgrund als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

43      Daher ist das Rechtsmittel in vollem Umfang als teils offensichtlich unbegründet und teils offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

 Kosten

44      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden ist, wird in dem das Verfahren beendenden Beschluss über die Kosten entschieden. Im vorliegenden Fall erging der vorliegende Beschluss, bevor die Rechtsmittelschrift den anderen Parteien des Verfahrens zugestellt wurde und diesen Kosten entstehen konnten, so dass zu entscheiden ist, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.


Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird als teils offensichtlich unbegründet und teils offensichtlich unzulässig zurückgewiesen.

2.      Frau Anastasia-Soultana Gaki trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 7 Juni 2018.

Der Kanzler

 

Der Präsident der Zehnten Kammer

A. Calot Escobar

 

E. Levits


*      Verfahrenssprache: Deutsch.

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