EUGH C-584/15

ECLI:ECLI:EU:C:2017:160
02.03.2017

Gericht

Europäischer Gerichtshof

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

2. März 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 — Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union — Art. 3 — Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 — Art. 11 — Wiedereinziehung einer zu Unrecht gewährten Ausfuhrerstattung — Verordnung (EWG) Nr. 3002/92 — Art. 5a — Zu Unrecht freigegebener Sicherheitsbetrag — Geschuldete Zinsen — Verjährungsfrist — Fristbeginn — Unterbrechung der Frist — Absolute Höchstgrenze — Längere Frist — Anwendbarkeit“

In der Rechtssache C‑584/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal administratif de Melun (Verwaltungsgericht Melun, Frankreich) mit Entscheidung vom 5. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 11. November 2015, in dem Verfahren

Glencore Céréales France

gegen

Établissement national des produits de l’agriculture et de la mer (FranceAgriMer)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász und C. Vajda, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Glencore Céréales France, vertreten durch F. Citron und S. Le Roy, avocats,

der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, S. Ghiandoni und A. Daly als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouquet, J. Baquero Cruz und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. September 2016

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1995, L 312, S. 1), von Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. 1987, L 351, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 495/97 der Kommission vom 18. März 1997 (ABl. 1997, L 77, S. 12) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87) und von Art. 5a der Verordnung (EWG) Nr. 3002/92 der Kommission vom 16. Oktober 1992 über gemeinsame Durchführungsbestimmungen für die Überwachung der Verwendung und/oder Bestimmung von Erzeugnissen aus den Beständen der Interventionsstellen (ABl. 1992, L 301, S. 17) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 770/96 der Kommission vom 26. April 1996 (ABl. 1996, L 104, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3002/92).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Glencore Céréales France (im Folgenden: Glencore) und dem Établissement national des produits de l’agriculture et de la mer (FranceAgriMer) wegen der Zahlung von Zinsen auf von dieser Gesellschaft zu Unrecht erhaltene Ausfuhrerstattungen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 2988/95

3

Im dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2988/95 heißt es:

„Es ist … wichtig, in allen Bereichen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der [Union] zu bekämpfen“.

4

Art. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   Zum Schutz der finanziellen Interessen der [Union] wird eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das [Unionsrecht] getroffen.

(2)   Der Tatbestand der Unregelmäßigkeit ist bei jedem Verstoß gegen eine [Unions-]bestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der [Union] oder die Haushalte, die von [der Union] verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der [Union] erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe.“

5

In Art. 3 der Verordnung ist vorgesehen:

„(1)   Die Verjährungsfrist für die Verfolgung beträgt vier Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit nach Artikel 1 Absatz 1. Jedoch kann in den sektorbezogenen Regelungen eine kürzere Frist vorgesehen werden, die nicht weniger als drei Jahre betragen darf.

Bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten beginnt die Verjährungsfrist an dem Tag, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. …

Die Verfolgungsverjährung wird durch jede der betreffenden Person zur Kenntnis gebrachte Ermittlungs- oder Verfolgungshandlung der zuständigen Behörde unterbrochen. Nach jeder eine Unterbrechung bewirkenden Handlung beginnt die Verjährungsfrist von neuem.

Die Verjährung tritt jedoch spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist, die doppelt so lang ist wie die Verjährungsfrist, abläuft, ohne dass die zuständige Behörde eine Sanktion verhängt hat; ausgenommen sind die Fälle, in denen das Verwaltungsverfahren gemäß Artikel 6 Absatz 1 ausgesetzt worden ist.

(2)   Die Frist für die Vollstreckung der Entscheidung, mit der eine verwaltungsrechtliche Sanktion verhängt wird, beträgt drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Entscheidung rechtskräftig wird.

Die Fälle der Unterbrechung und der Aussetzung werden durch die einschlägigen Bestimmungen des einzelstaatlichen Rechts geregelt.

(3)   Die Mitgliedstaaten behalten die Möglichkeit, eine längere Frist als die in Absatz 1 bzw. Absatz 2 vorgesehene Frist anzuwenden.“

6

Titel II der Verordnung Nr. 2988/95 ist mit „Verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen“ überschrieben. Dieser Titel enthält Art. 4 der Verordnung, der in seinen Abs. 1 und 2 bestimmt:

„(1)   Jede Unregelmäßigkeit bewirkt in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils

durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags;

durch vollständigen oder teilweisen Verlust der Sicherheit, die für einen Antrag auf Gewährung eines Vorteils oder bei Zahlung eines Vorschusses geleistet wurde.

(2)   Die Anwendung der Maßnahmen nach Absatz 1 beschränkt sich auf den Entzug des erlangten Vorteils, zuzüglich – falls dies vorgesehen ist – der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können.“

7

Art. 5 der Verordnung führt die verwaltungsrechtlichen Sanktionen auf, zu denen Unregelmäßigkeiten, die vorsätzlich begangen oder durch Fahrlässigkeit verursacht werden, führen können.

Verordnung Nr. 3665/87

8

Die Verordnung Nr. 3665/87 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. 1999, L 102, S. 11, und Berichtigung im ABl. 1999, L 180, S. 53) aufgehoben und ersetzt. Im Ausgangsrechtsstreit findet jedoch weiterhin die Verordnung Nr. 3665/87 Anwendung.

9

In Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 hieß es:

„… [W]enn eine Erstattung zu Unrecht gewährt wird, zahlt der Begünstigte den zu Unrecht erhaltenen Betrag – einschließlich aller nach Absatz 1 Unterabsatz 1 fälligen Sanktionen – zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurück. Dabei gilt jedoch [F]olgendes:

a)

Ist die Rückzahlung durch eine noch nicht freigegebene Sicherheit gedeckt, so entspricht die Einbehaltung dieser Sicherheit gemäß Artikel 23 Absatz 1 und Artikel 33 Absatz 1 der Wiedereinziehung der fälligen Beträge;

b)

ist die Sicherheit bereits freigegeben, so zahlt der Ausführer den Sicherheitsbetrag zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen dem Tag der Freigabe und dem Tag vor dem Tag der Rückzahlung zurück.

Die Zahlung erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Zahlungsaufforderung.

…“

Verordnung Nr. 3002/92

10

Die Verordnung Nr. 3002/92 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1130/2009 der Kommission vom 24. November 2009 über gemeinsame Durchführungsbestimmungen für die Überwachung der Verwendung und/oder Bestimmung von Erzeugnissen aus den Beständen der Interventionsstellen (ABl. 2009, L 310, S. 5) aufgehoben und ersetzt. Im Ausgangsrechtsstreit findet jedoch weiterhin die Verordnung Nr. 3002/92 Anwendung.

11

In Art. 5a Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 3002/92 hieß es:

„(1)   Wird nach der vollständigen oder teilweisen Freigabe der Sicherheit gemäß Artikel 5 festgestellt, dass die Erzeugnisse die vorgeschriebene Verwendung und/oder Bestimmung ganz oder teilweise nicht erreicht haben, so verlangt die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Sicherheit freigegeben wurde, … von dem betreffenden Wirtschaftsbeteiligten die Zahlung eines Betrags in Höhe des Sicherheitsbetrags, der einbehalten worden wäre, falls das Nichterreichen vor der Freigabe der Sicherheit hätte berücksichtigt werden können. Dieser Betrag erhöht sich um Zinsen, die ab dem Freigabedatum bis zum Tag vor dem Zahlungsdatum berechnet werden.

Der Eingang des im vorangehenden Unterabsatz genannten Betrags bei der zuständigen Behörde gilt als Wiedereinziehung des zu Unrecht gewährten wirtschaftlichen Vorteils.

(2)   Die Zahlung hat innerhalb von dreißig Tagen nach Zugang der Zahlungsaufforderung zu erfolgen.

…“

Französisches Recht

12

Die Loi no 2008‑561 portant réforme de la prescription en matière civile (Gesetz Nr. 2008‑561 vom 17. Juni 2008 über die Reform der zivilrechtlichen Verjährung, JORF Nr. 141 vom 18. Juni 2008, S. 9856) führte in Art. 2224 des Code civil (Zivilgesetzbuch) eine neue regelmäßige Verjährungsfrist ein. Art. 2224 des Code civil (Zivilgesetzbuch) in der Fassung dieses Gesetzes lautet:

„Persönliche und dingliche Ansprüche verjähren in fünf Jahren beginnend mit dem Tag, an dem der Inhaber des Anspruchs von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, aufgrund dessen er den Anspruch geltend machen konnte.“

13

Art. 26 dieses Gesetzes sieht vor:

„(1)

Die Vorschriften dieses Gesetzes, die eine Verjährungsfrist verlängern, finden Anwendung, wenn die Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens nicht abgelaufen war. Der bereits abgelaufene Teil der Frist wird dabei berücksichtigt.

(2)

Die Vorschriften dieses Gesetzes, die die Verjährungsfrist verkürzen, finden auf die Verjährung beginnend mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes Anwendung; die Verjährungsfrist darf insgesamt die im früheren Gesetz geltende Verjährungsfrist nicht überschreiten.

(3)

Wird ein Verfahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig gemacht, gilt für das Verfahren und die Entscheidung das frühere Gesetz. Dieses Gesetz findet auch auf das Berufungs- und Kassationsverfahren Anwendung …“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

14

Am 26. Mai 1999 erhielt Glencore eine Lizenz für die Ausfuhr von 3300 Tonnen Braugerste in loser Schüttung, die durch Ausfuhrerstattungen gestützt wurde.

15

Aufgrund einer vom Zoll durchgeführten Kontrolle, bei der festgestellt wurde, dass es bei der Verladung des Getreides auf die zu seiner Beförderung vorgesehenen Schiffe Unregelmäßigkeiten gegeben hatte, erließ das Office national interprofessionnel des céréales (Nationales Amt für Getreide) eine Zahlungsanordnung gegen Glencore über einen Betrag von 93933,85 Euro, der den zu Unrecht erhaltenen Ausfuhrerstattungen entsprach, zuzüglich einer Geldbuße in Höhe von 50 % bzw. einem Strafbetrag in Höhe von 15 % dieser Erstattungen. Diese Zahlungsanordnung wurde Glencore am 25. Februar 2004 zugestellt.

16

Zwischen Mai und September 2000 übermittelte Glencore den Zollbehörden Ausfuhrerklärungen für 43630,13 Tonnen Weichweizen.

17

Im Anschluss an eine Zollprüfung, bei der Unregelmäßigkeiten bei der Lagerung dieses Getreides vor der Verladung festgestellt worden waren, erließ das Office national interprofessionnel des céréales (Nationales Amt für Getreide) am 30. November 2005 gegen Glencore drei Zahlungsanordnungen über jeweils 113685,40 Euro, 22285,60 Euro und 934598,28 Euro, die auf die Rückerstattung der Beträge abzielten, die diese Gesellschaft zu Unrecht erhalten hatte. Diese Zahlungsanordnungen wurden Glencore mit Schreiben vom 5. Januar 2006 bekannt gegeben.

18

Nachdem Glencore die in den Rn. 15 und 17 des vorliegenden Urteils genannten Zahlungsanordnungen beim zuständigen Gericht angefochten hatte, dabei jedoch erfolglos geblieben war, zahlte sie die geforderten Beträge am 6. April 2010, nämlich die für die Ausfuhr der Braugerste rückgeforderten Beihilfen, und am 27. September 2010, nämlich die im Zusammenhang mit der Ausfuhr des Weichweizens rückgeforderten Beträge.

19

Mit Entscheidung vom 16. April 2013, der eine Zahlungsanordnung vom 12. April 2013 beigefügt war, forderte FranceAgriMer Glencore auf, einen Betrag von 289569,05 Euro zu zahlen, der den Zinsen auf die von Glencore zu Unrecht erhaltenen Beihilfen und Beträge entsprach.

20

Glencore legte gegen diese Entscheidung beim vorlegenden Gericht eine Klage ein, mit der sie geltend machte, dass die Frist für die Beitreibung dieser Zinsforderungen gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 verjährt sei.

21

Unter diesen Umständen hat das Tribunal administratif de Melun (Verwaltungsgericht Melun, Frankreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Kann aus dem Wortlaut des Urteils vom 29. März 2012, Pfeifer & Langen (C‑564/10, EU:C:2012:190), abgeleitet werden, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 auf Maßnahmen zur Zahlung der Zinsen, die nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und nach Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 geschuldet sind, anwendbar ist?

2.

Ist davon auszugehen, dass die Zinsforderung ihrem Wesen nach die Folge einer „andauernden oder wiederholten“ Unregelmäßigkeit ist, die an dem Tag, an dem die Hauptforderung beglichen wird, beendet wird und damit den Verjährungsbeginn der Zinsforderung bis zu diesem Zeitpunkt aufschiebt?

3.

Falls die Frage 2 verneint wird: Ist der Beginn der Verjährung auf den Tag festzusetzen, an dem die Unregelmäßigkeit, die zur Entstehung der Hauptforderung führte, begangen wurde, oder kann er nur auf den Tag festgesetzt werden, an dem die Beihilfe gezahlt oder die Sicherheit freigegeben wurde und ab dem die genannten Zinsen berechnet werden?

4.

Ist bei der Anwendung der Verjährungsbestimmungen der Verordnung Nr. 2988/95 davon auszugehen, dass jede Handlung, die die Verjährung der Hauptforderung unterbricht, auch die laufende Verjährung der Zinsen unterbricht, selbst wenn die Zinsen bei den Handlungen, die die Verjährung der Hauptforderung unterbrechen, nicht erwähnt werden?

5.

Tritt die Verjährung mit Ablauf der in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehenen absoluten Höchstgrenze ein, wenn innerhalb dieser Frist die Zahlstelle die Erstattung der zu Unrecht gewährten Beihilfe verlangt, ohne zugleich die Zahlung der Zinsen zu verlangen?

6.

Kann die regelmäßige Verjährungsfrist von fünf Jahren, die im nationalen Recht in Art. 2224 des Code civil (Zivilgesetzbuch) durch das Gesetz Nr. 2008-561 eingefügt wurde, in Bezug auf die Verjährungen, die am Tag des Inkrafttretens des genannten Gesetzes noch nicht eingetreten waren, gemäß der Ausnahmeregelung in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 an die Stelle der in dieser Verordnung vorgesehenen vierjährigen Verjährungsfrist treten?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

22

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Zinsansprüchen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen gilt, die nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 geschuldet sind.

23

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass mit der Verordnung Nr. 2988/95 nach ihrem Art. 1 und ausweislich ihres dritten Erwägungsgrundes „eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das [Unionsrecht]“ eingeführt worden ist, um „in allen Bereichen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen [der Union] zu bekämpfen“ (Urteil vom 11. Juni 2015, Pfeifer & Langen, C‑52/14, EU:C:2015:381, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

In diesem Zusammenhang ist in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehen, dass die Verjährungsfrist für die Verfolgung vier Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit beträgt und bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten an dem Tag beginnt, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. Nach dieser Bestimmung kann in den sektorbezogenen Regelungen jedoch eine kürzere Frist vorgesehen werden, die nicht weniger als drei Jahre betragen darf.

25

Im vorliegenden Fall enthalten die im Ausgangsverfahren einschlägigen sektorbezogenen Regelungen der Union, nämlich die Verordnung Nr. 3665/87 für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und die Verordnung Nr. 3002/92 über die Überwachung der Verwendung und/oder Bestimmung von Erzeugnissen aus den Beständen der Interventionsstellen, keine besonderen Vorschriften über die Verjährung.

26

Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehene Verjährungsfrist von vier Jahren sowohl für Unregelmäßigkeiten gilt, die zur Verhängung einer verwaltungsrechtlichen Sanktion im Sinne von Art. 5 dieser Verordnung führen, als auch für Unregelmäßigkeiten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die gemäß Art. 4 dieser Verordnung Gegenstand einer verwaltungsrechtlichen, auf den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils gerichteten Maßnahme sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, Pfeifer & Langen, C‑52/14, EU:C:2015:381, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 bewirkt jede Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils, insbesondere durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags. In Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung wird zudem klargestellt, dass sich die Anwendung der Maßnahmen nach Abs. 1 dieses Artikels auf den Entzug des erlangten Vorteils zuzüglich – falls dies vorgesehen ist – der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können, beschränkt.

28

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zahlungsanordnungen, die von der zuständigen Verwaltungsbehörde erlassen wurden, um die von Glencore zu Unrecht erhaltenen Beihilfen und Beträge wegen der von Glencore begangenen Unregelmäßigkeiten zurückzufordern, auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 (in Bezug auf Braugerste in loser Schüttung) bzw. auf der Grundlage von Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 (in Bezug auf Interventions-Weichweizen) ergangen sind. Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich zudem, dass die Zahlungsanordnung für die Beitreibung der neben diesen Beihilfen und diesen Beträgen fälligen Zinsen ebenfalls auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassen wurde.

29

In diesen Bestimmungen wird ausdrücklich festgelegt, dass zur Rückerstattung der Beihilfen und der Beträge, die der betreffende Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht erhalten hat, Zinsen hinzukommen, die auf Basis dieser Beihilfen und dieser Beträge entsprechend dem Zeitraum berechnet werden, der zwischen dem Zeitpunkt ihres Erhalts und dem Zeitpunkt ihrer Rückerstattung verstrichen ist. Art. 5a Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 3002/92 stellt in diesem Zusammenhang klar, dass der Eingang des auf diese Weise berechneten Betrags bei der zuständigen Behörde als Wiedereinziehung des wirtschaftlichen Vorteils gilt, der dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht gewährt wurde.

30

Die im Ausgangsrechtsstreit fraglichen Zahlungsanordnungen sind somit als „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2988/95 einzustufen, und zwar sowohl in Bezug auf die Hauptforderung als auch hinsichtlich der Zinsen, weil diese Anordnungen zusammen den Entzug des vom betreffenden Wirtschaftsteilnehmers zu Unrecht erlangten Vorteils bewirken.

31

Daraus folgt, dass die in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene Verjährungsfrist in Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens anwendbar ist.

32

Diese Schlussfolgerung wird nicht durch die auf dem Urteil vom 29. März 2012, Pfeifer & Langen (C‑564/10, EU:C:2012:190), beruhende Rechtsprechung in Frage gestellt, auf die das vorlegende Gericht verweist. Denn der Gerichtshof hat in Rn. 53 dieses Urteils zwar Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin ausgelegt, dass die dort vorgesehene Verjährungsfrist für die Erstattung der Hauptforderung nicht für die Erstattung der infolge dieser Forderung angefallenen Zinsen gilt. Aber diese Auslegung betraf, wie sich dieser Randnummer entnehmen lässt, eine Situation, in der die Zinsen allein nach nationalem Recht und nicht, wie im vorliegenden Fall, nach Unionsrecht geschuldet waren.

33

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Zinsansprüchen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen gilt, die nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und nach Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 geschuldet sind.

Zur zweiten Frage

34

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass ein Wirtschaftsteilnehmer Zinsen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden schuldet, eine „andauernde oder wiederholte Unregelmäßigkeit“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, für die die Verjährungsfrist an dem Tag beginnt, an dem die zu Unrecht erhaltenen Beihilfen oder Beträge, aus denen sich die Hauptforderung zusammensetzt, rückerstattet wurden.

35

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt eine „andauernde oder wiederholte“ Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 vor, wenn sie von einem Wirtschaftsteilnehmer begangen wird, der wirtschaftliche Vorteile aus einer Gesamtheit ähnlicher Geschäfte zieht, die gegen dieselbe Vorschrift des Unionsrechts verstoßen (Urteil vom 11. Juni 2015, Pfeifer & Langen, C‑52/14, EU:C:2015:381, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Im Licht dieser Begriffsbestimmung macht die französische Regierung in ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen im Wesentlichen geltend, dass die Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95, die den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zinsforderungen jeweils zugrunde liegt, von der Unregelmäßigkeit, die zur Entstehung der Hauptforderungen geführt hat, unterschieden werden müsse. Eine andauernde Unregelmäßigkeit liege immer dann vor, wenn die Hauptforderung über den gesamten Zeitraum, in dem der Wirtschaftsteilnehmer Schuldner dieser Forderung bleibe, beharrlich nicht beglichen werde.

37

Im Hinblick auf die Erwägungen in Rn. 29 des vorliegenden Urteils jedoch können Zinsen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht als Folge einer Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 angesehen werden, die sich von der unterschiede, welche zur Wiedereinziehung der Beihilfen und Beträge führt, aus denen sich die Hauptforderung zusammensetzt.

38

Denn die Begehung einer Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 ist von der Erfüllung zweier Voraussetzungen abhängig, nämlich von einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers, die sich als Verstoß gegen das Unionsrecht darstellt, und einem Schaden oder potenziellen Schaden für den Unionshaushalt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Firma Ernst Kollmer Fleischimport und ‑export, C‑59/14, EU:C:2015:660, Rn. 24).

39

Hinsichtlich der Voraussetzung, dass ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegen muss, ergibt sich aus Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und aus Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92, dass derselbe Verstoß gegen eine Bestimmung des Unionsrechts sowohl zur Wiedereinziehung der aufgrund dieses Verstoßes zu Unrecht erhaltenen Beträge als auch zur Erhebung von Zinsen auf diese Beträge führt, die zusammen die Rückerlangung des dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht gewährten wirtschaftlichen Vorteils bewirken.

40

Was die Voraussetzung angeht, dass ein Schaden oder ein potenzieller Schaden für den Unionshaushalt vorliegen muss, ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und in Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 vorgesehenen Zinsen, wie der Generalanwalt in den Rn. 51 und 60 seiner Schlussanträge der Sache nach ausgeführt hat, Ausgleichszinsen darstellen, die den – zwischen dem Zeitpunkt des Schadenseintritts und dem Zeitpunkt, in dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer den tatsächlichen Schadensbetrag zurückzahlt – aktualisierten Wert des „Schadens“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 widerspiegeln sollen.

41

Folglich führt entgegen dem Vorbringen der französischen Regierung eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 im Fall eines Verstoßes gegen die Verordnungen Nrn. 3665/87 und 3002/92 zur Rückerlangung des dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht gewährten wirtschaftlichen Vorteils, der sich gemäß Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 aus den von diesem Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht erhaltenen Beihilfen oder Beträgen zuzüglich den in diesen Artikeln vorgesehenen Zinsen zusammensetzt.

42

Demnach ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass ein Wirtschaftsteilnehmer Zinsen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen schuldet, keine „andauernde oder wiederholte Unregelmäßigkeit“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Hinsichtlich dieser Zinsansprüche ist davon auszugehen, dass sie auf dieselbe Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 zurückzuführen sind wie die, die zur Wiedereinziehung der zu Unrecht erhaltenen Beihilfen und Beträge führt, aus denen sich die Hauptforderungen zusammensetzen.

Zur dritten Frage

43

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass im Fall von Verfolgungshandlungen, die zum Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Beitreibung von Zinsforderungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen führen, die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Unregelmäßigkeit begangen wurde, die zur Wiedereinziehung der zu Unrecht gezahlten und der Zinsberechnung zugrunde liegenden Beihilfen und Beträge Anlass gibt, oder ob diese Frist an dem Tag beginnt, von dem an die genannten Zinsen berechnet werden.

44

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich der Antwort auf die zweite Frage entnehmen lässt, dass Forderungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als Folge derselben Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 anzusehen sind, gleichviel ob es sich um die Hauptforderung oder die Zinsforderung handelt.

45

Daher beträgt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen, um diese Forderungen beizutreiben, entsprechend dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 vier Jahre ab dem Zeitpunkt, in dem die Unregelmäßigkeit begangen wurde.

46

Im Licht des Sachverhalts, der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt die Unregelmäßigkeit begangen wurde.

47

Wie der Gerichtshof nämlich entschieden hat, beginnt angesichts der oben in Rn. 38 genannten Voraussetzungen, die für die Feststellung einer Unregelmäßigkeit vorliegen müssen, die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt des Ereignisses, das zuletzt eintritt, d. h. entweder zum Zeitpunkt des Schadenseintritts, wenn der Schaden nach der Handlung oder Unterlassung eintritt, die sich als Verstoß gegen das Unionsrecht darstellt, oder zum Zeitpunkt dieser Handlung oder Unterlassung, wenn der betreffende Vorteil vor dieser Handlung oder Unterlassung gewährt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Firma Ernst Kollmer Fleischimport und ‑export, C‑59/14, EU:C:2015:660, Rn. 26).

48

Insoweit hat der Gerichtshof klargestellt, dass dann, wenn es sich um Ausfuhrerstattungen handelt, ein „Schaden“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 zu dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Entscheidung über die endgültige Gewährung des jeweiligen Vorteils getroffen wird. Ab diesem Zeitpunkt liegt nämlich tatsächlich ein Schaden für den Unionshaushalt vor. Dieser Schaden kann nicht als ein Schaden angesehen werden, der bereits vor dem Zeitpunkt der endgültigen Gewährung dieses Vorteils vorgelegen hat, da andernfalls die Verjährungsfrist für dessen Rückforderung bereits zu einem Zeitpunkt laufen könnte, zu dem er noch nicht gewährt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Firma Ernst Kollmer Fleischimport und ‑export, C‑59/14, EU:C:2015:660, Rn. 32). Im Fall einer Sicherheit wie der in Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 vorgesehenen ist als Zeitpunkt des Schadenseintritts im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 der Zeitpunkt anzusehen, zu dem diese Sicherheit freigegeben wird.

49

Im vorliegenden Fall lässt sich aus der Abfolge der Ereignisse, die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegen und in der Vorlageentscheidung beschrieben sind, nicht ersehen, wann der „Schaden“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 eingetreten ist und ob er vor oder nach der Handlung oder Unterlassung eingetreten ist, die sich als Verstoß gegen das Unionsrecht darstellt.

50

Es ist in jedem Fall Aufgabe des vorlegenden Gerichts, das über eine vollständige Kenntnis der maßgeblichen Umstände des Ausgangsverfahrens verfügt, festzustellen, ob der betreffende Vorteil im vorliegenden Fall vor der Handlung oder Unterlassung, die sich als Verstoß gegen das Unionsrecht darstellt, endgültig gewährt wurde. Ist dies der Fall, beginnt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen zur Beitreibung der fraglichen Zinsforderungen zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Handlung oder diese Unterlassung begangen wurde. Ist hingegen offensichtlich, dass der Vorteil erst nach dieser Handlung oder Unterlassung gewährt wurde, ist der Tag, an dem die Verjährungsfrist beginnt, der Tag, an dem dieser Vorteil gewährt wurde, und damit zugleich der Tag von dem an die genannten Zinsen berechnet werden.

51

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass im Fall von Verfolgungshandlungen, die zum Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Beitreibung von Zinsforderungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen führen, die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Unregelmäßigkeit begangen wurde, die zur Wiedereinziehung der zu Unrecht erhaltenen und der Zinsberechnung zugrunde liegenden Beihilfen und Beträge Anlass gibt, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem alle Tatbestandsmerkmale dieser Unregelmäßigkeit erfüllt sind, was, je nachdem was später eingetreten ist, entweder der Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung oder aber der Zeitpunkt des Schadenseintritts sein kann.

Zur vierten und zur fünften Frage

52

Mit seiner vierten und seiner fünften Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass im Fall von Verfolgungshandlungen, die zum Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Beitreibung von Zinsen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen führen, die Verjährung mit Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist eintritt, wenn die zuständige Behörde innerhalb dieser Frist zwar die Rückerstattung der dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht gewährten Beihilfen oder Beträge verlangt hat, jedoch keine Entscheidung hinsichtlich dieser Zinsen getroffen hat.

53

Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 geht hervor, dass diese Bestimmung in Unterabs. 4 der Verfolgungsverjährung einer Unregelmäßigkeit eine absolute Grenze setzt. Sie tritt spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist, die doppelt so lang ist wie die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 vorgesehene Verjährungsfrist, abläuft, ohne dass die zuständige Behörde eine Sanktion verhängt hat, wobei die Fälle ausgenommen sind, in denen das Verwaltungsverfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung ausgesetzt worden ist (Urteil vom 11. Juni 2015, Pfeifer & Langen, C‑52/14, EU:C:2015:381, Rn. 63).

54

In Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist festzustellen, dass diese absolute Grenze auch für den Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen im Sinne von Art. 4 dieser Verordnung gilt (Urteil vom 3. September 2015, Sodiaal International, C‑383/14, EU:C:2015:541, Rn. 33).

55

Der Gerichtshof hat zudem entschieden, dass diese Grenze dazu beiträgt, die Rechtssicherheit der Wirtschaftsteilnehmer zu erhöhen, indem sie verhindert, dass die Verfolgungsverjährung einer Unregelmäßigkeit durch wiederholte Unterbrechungshandlungen unbegrenzt hinausgezögert werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, Pfeifer & Langen, C‑52/14, EU:C:2015:381, Rn. 64).

56

Folglich führen, abgesehen vom Fall einer Aussetzung des Verwaltungsverfahrens nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95, Ermittlungs- oder Verfolgungshandlungen der zuständigen Behörde, die der betreffenden Person im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung zur Kenntnis gebracht werden, nicht zur Unterbrechung der in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung vorgesehenen Frist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, Pfeifer & Langen, C‑52/14, EU:C:2015:381, Rn. 72).

57

Daraus folgt, dass die zuständige Behörde im Fall von Unregelmäßigkeiten wie denen, um die es im Ausgangsverfahren geht, verwaltungsrechtliche Maßnahmen, die auf die Wiedereinziehung des zu Unrecht gewährten wirtschaftlichen Vorteils abzielen, in jedem Fall innerhalb der in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehenen Frist erlassen muss.

58

Angesichts der Erwägungen in den Rn. 30 und 45 des vorliegenden Urteils gilt diese Frist sowohl für Maßnahmen, die auf die Wiedereinziehung der in Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und in Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 genannten Beträge abzielen, als auch für solche im Zusammenhang mit den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Zinsen. Sie beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem die Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95, die den Verstoß gegen die Verordnungen Nrn. 3665/87 und 3002/92 darstellt, begangen wurde.

59

Daher war die zuständige Behörde in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, in der sie zunächst die Rückzahlung der Hauptforderungen und erst in einem zweiten Schritt die Rückzahlung der Zinsen verlangt hat, selbst dann, wenn Unterbrechungshandlungen im Hinblick auf die Zinsen stattgefunden haben sollten, verpflichtet, ihre Entscheidung über die Zinszahlung innerhalb der in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehenen Frist zu erlassen.

60

Daraus folgt, dass dann, wenn Unregelmäßigkeiten im Sinne der Verordnungen Nrn. 3665/87 und 3002/92, wie im Ausgangsverfahren, in den Jahren 1999 bzw. 2000 begangen wurden, Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 es der zuständigen Behörde nicht gestattete, im Jahr 2013 eine Entscheidung über die nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3665/87 und Art. 5a der Verordnung Nr. 3002/92 geschuldeten Zinsen zu erlassen, weil diese Zinsforderungen – vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht – zu dieser Zeit verjährt waren. Angesichts des absoluten Charakters der in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehenen Grenze ist diese Schlussfolgerung auch dann zwingend, wenn die genannte Behörde innerhalb der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist eine Entscheidung über die Rückzahlung der Hauptforderung erlässt.

61

Nach alledem ist auf die vierte und auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass im Fall von Verfolgungshandlungen, die zum Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Beitreibung von Zinsen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, die Verjährung mit Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist eintritt, wenn die zuständige Behörde innerhalb dieser Frist zwar die Rückerstattung der vom betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht erhaltenen Beihilfen oder Beträge verlangt hat, jedoch keine Entscheidung hinsichtlich dieser Zinsen getroffen hat.

Zur sechsten Frage

62

Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass eine im innerstaatlichen Recht vorgesehene Verjährungsfrist, die länger als die in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene Frist ist, in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen für die Beitreibung von Zinsforderungen zur Anwendung kommen kann, die vor dem Inkrafttreten dieser Frist entstanden und nach der letzteren Bestimmung noch nicht verjährt sind.

63

Nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 dürfen die Mitgliedstaaten Verjährungsfristen anwenden, die länger als die Mindestfrist von vier Jahren nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2014, Cruz & Companhia, C‑341/13, EU:C:2014:2230, Rn. 54).

64

Insoweit behalten die Mitgliedstaaten ein weites Ermessen hinsichtlich der Festlegung längerer Verjährungsfristen, die sie im Fall einer die finanziellen Interessen der Union beeinträchtigenden Unregelmäßigkeit anwenden möchten (Urteil vom 17. September 2014, Cruz & Companhia, C‑341/13, EU:C:2014:2230, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich zudem, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 zum einen längere Verjährungsfristen, die zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung bestanden, weiter anwenden und zum anderen nach diesem Zeitpunkt neue Verjährungsregelungen mit längeren Fristen einführen können (Urteil vom 29. Januar 2009, Josef Vosding Schlacht-, Kühl- und Zerlegebetrieb u. a., C‑278/07 bis C‑280/07, EU:C:2009:38, Rn. 42).

66

Was das Ausgangsverfahren angeht, lässt sich der Vorlageentscheidung entnehmen, dass es zu dem Zeitpunkt, zu dem die in Rede stehenden Unregelmäßigkeiten begangen wurden, im nationalen Recht keine Verjährungsregelung gab, die anstelle der in der Verordnung Nr. 2988/95 vorgesehenen Regelung hätte angewendet werden können.

67

Das vorlegende Gericht weist allerdings darauf hin, dass das Gesetz Nr. 2008-561, dessen Übergangsvorschriften in Rn. 13 des vorliegenden Urteils wiedergegeben worden sind, eine neue Regelung der regelmäßigen Verjährung eingeführt hat, die die Frist für diese Verjährung auf fünf Jahre festsetzt.

68

Vor diesem Hintergrund bezieht sich die Frage des vorlegenden Gerichts darauf, ob das Unionsrecht der Anwendung einer längeren Verjährungsfrist im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 entgegensteht, wenn diese eine Verlängerung der Verjährungsfrist, die grundsätzlich für noch nicht verjährte Forderungen gilt, um ein Jahr bewirkt.

69

Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Anwendung einer längeren als der in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Verjährungsfrist nur dann in Betracht gezogen werden kann, wenn die betreffenden Forderungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Frist weder nach Unterabs. 1 dieser Bestimmung noch nach deren Unterabs. 4, der, wie sich aus den Rn. 53 und 59 des vorliegenden Urteils ergibt, eine absolute Höchstgrenze aufstellt, verjährt waren.

70

Auch wenn die Mitgliedstaaten im Übrigen nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 längere Verjährungsfristen festlegen können, sind sie doch im Zusammenhang mit dieser Bestimmung nicht verpflichtet, solche längeren Verjährungsfristen in spezifischen und/oder sektorbezogenen Regelungen vorzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Januar 2009, Josef Vosding Schlacht-, Kühl- und Zerlegebetrieb u. a., C‑278/07 bis C‑280/07, EU:C:2009:38, Rn. 46). Es steht ihnen auch frei, Rechtsvorschriften zu erlassen, mit denen eine allgemeine Verjährungsfrist eingeführt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2014, Cruz & Companhia, C‑341/13, EU:C:2014:2230, Rn. 57 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71

Kommt gemäß Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 eine längere Verjährungsfrist zur Anwendung, so tritt unabhängig von der Vornahme einer die Verjährung unterbrechenden Handlung die Verjährung jedenfalls spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist abläuft, die doppelt so lang wie diese längere Verjährungsfrist ist.

72

Des Weiteren sind die Mitgliedstaaten, auch wenn sie, wie sich aus Rn. 64 des vorliegenden Urteils ergibt, über ein weites Ermessen hinsichtlich der Festlegung längerer Verjährungsfristen verfügen, gleichwohl zur Einhaltung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, insbesondere der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit, verpflichtet.

73

Was den Grundsatz der Rechtssicherheit angeht, wie er sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf dem Gebiet des Strafrechts ergibt, steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, Verjährungsfristen zu verlängern, wenn die vorgeworfenen Taten nie verjährt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2015, Taricco u. a., C‑105/14, EU:C:2015:555, Rn. 57).

74

Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist festzustellen, dass die Anwendung einer längeren nationalen Verjährungsfrist für die Verfolgung von Unregelmäßigkeiten im Sinne der Verordnung Nr. 2988/95, wie sie in deren Art. 3 Abs. 3 vorgesehen ist, nicht offensichtlich über das hinausgehen darf, was zur Erreichung des Ziels, die finanziellen Interessen der Union zu schützen, erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2014, Cruz & Companhia, C‑341/13, EU:C:2014:2230, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zu einer Verjährungsfrist von fünf Jahren, wie sie in Art. 2224 des Zivilgesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes Nr. 2008-561 vorgesehen ist, ist festzustellen, dass sie nur um ein Jahr länger ist als die Verjährungsfrist nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95. Eine solche Frist geht somit nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um den nationalen Behörden die Verfolgung von Unregelmäßigkeiten zulasten des EU-Haushalts zu ermöglichen, und wird dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit gerecht.

75

Was konkret die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Situation betrifft, ist es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, im Hinblick auf die Antwort auf die zweite und die dritte Frage und unter Berücksichtigung der Ausführungen in Rn. 58 des vorliegenden Urteils zum Beginn der Verjährungsfrist für Zinsforderungen wie die hier fraglichen zu prüfen, ob diese Forderungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes Nr. 2008-561, mit dem eine Verjährungsfrist von fünf Jahren eingeführt worden ist, bereits gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 und Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 verjährt waren. Sollte sich herausstellen, dass die Verjährung zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten war, so ergäbe sich aus Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95, dass jedenfalls die Frist, die doppelt so lang war wie die in diesem Gesetz vorgesehene Frist von fünf Jahren, zu dem Zeitpunkt abgelaufen war, zu dem die zuständige Behörde ihre im Ausgangsverfahren fragliche Entscheidung über die Zinsen erließ, d. h. im April 2013. Dies zu überprüfen ist jedoch Aufgabe des vorlegenden Gerichts.

76

Nach alledem ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 dahin auszulegen ist, dass eine im innerstaatlichen Recht vorgesehene Verjährungsfrist, die länger als die in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene Verjährungsfrist ist, in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen für die Beitreibung von Zinsen zur Anwendung kommen kann, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Frist entstanden sind und nach der letzteren Bestimmung noch nicht verjährt sind.

Kosten

77

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Zinsansprüchen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen gilt, die nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 495/97 der Kommission vom 18. März 1997 geänderten Fassung und nach Art. 5a der Verordnung (EWG) Nr. 3002/92 der Kommission vom 16. Oktober 1992 über gemeinsame Durchführungsbestimmungen für die Überwachung der Verwendung und/oder Bestimmung von Erzeugnissen aus den Beständen der Interventionsstellen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 770/96 der Kommission vom 26. April 1996 geänderten Fassung geschuldet sind.

 

2.

Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass ein Wirtschaftsteilnehmer Zinsen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen schuldet, keine „andauernde oder wiederholte Unregelmäßigkeit“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Hinsichtlich dieser Zinsansprüche ist davon auszugehen, dass sie auf dieselbe Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 zurückzuführen sind wie die, die zur Wiedereinziehung der zu Unrecht erhaltenen Beihilfen und Beträge führt, aus denen sich die Hauptforderungen zusammensetzen.

 

3.

Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass im Fall von Verfolgungshandlungen, die zum Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Beitreibung von Zinsforderungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen führen, die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Unregelmäßigkeit begangen wurde, die zur Wiedereinziehung der zu Unrecht erhaltenen und der Zinsberechnung zugrunde liegenden Beihilfen und Beträge Anlass gibt, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem alle Tatbestandsmerkmale dieser Unregelmäßigkeit erfüllt sind, was, je nachdem was später eingetreten ist, entweder der Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung oder aber der Zeitpunkt des Schadenseintritts sein kann.

 

4.

Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass im Fall von Verfolgungshandlungen, die zum Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Beitreibung von Zinsen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen führen, die Verjährung mit Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist eintritt, wenn die zuständige Behörde innerhalb dieser Frist zwar die Rückerstattung der vom betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zu Unrecht erhaltenen Beihilfen oder Beträge verlangt hat, jedoch keine Entscheidung hinsichtlich dieser Zinsen getroffen hat.

 

5.

Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass eine im innerstaatlichen Recht vorgesehene Verjährungsfrist, die länger als die in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene Verjährungsfrist ist, in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen für die Beitreibung von Zinsen zur Anwendung kommen kann, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Frist entstanden sind und nach der letzteren Bestimmung noch nicht verjährt sind.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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