Europäischer Gerichtshof Urteil, 22. Juni 2017 - C-549/15

ECLI:ECLI:EU:C:2017:490
22.06.2017

Gericht

Europäischer Gerichtshof

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

22. Juni 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen — Biokraftstoffe im Verkehrssektor — Richtlinie 2009/28/EG — Art. 18 Abs. 1 — Massenbilanzsystem, das sicherstellen soll, dass Biogas die vorgeschriebenen Nachhaltigkeitskriterien erfüllt — Gültigkeit — Art. 34 und 114 AEUV — Nationale Regelung, nach der die Massenbilanz innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs ausgeglichen sein muss — Praxis, mit der die zuständige nationale Behörde anerkennt, dass diese Bedingung erfüllt sein kann, wenn nachhaltiges Biogas über das nationale Gasnetz transportiert wird — Anweisung dieser Behörde, mit der ausgeschlossen wird, dass diese Bedingung durch Einfuhr von nachhaltigem Biogas aus anderen Mitgliedstaaten über nationale Gasverbundnetze erfüllt werden kann — Freier Warenverkehr“

In der Rechtssache C‑549/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Förvaltningsrätten i Linköping (Verwaltungsgericht Linköping, Schweden) mit Entscheidung vom 19. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Oktober 2015, in dem Verfahren

E.ON Biofor Sverige AB

gegen

Statens energimyndighet

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin), des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der E.ON Biofor Sverige AB, vertreten durch A. Johansson, S. Perván Lindeborg und T. Pettersson, advokater,

der Statens energimyndighet, vertreten durch F. Forsberg, J. Holgersson und E. Jozsa als Bevollmächtigte im Beistand von K. Forsbacka, advokat,

der estnischen Regierung, vertreten durch K. Kraavi-Käerdi als Bevollmächtigte,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. de Ree als Bevollmächtigte,

des Europäischen Parlaments, vertreten durch A. Neergaard und P. Schonard als Bevollmächtigte,

des Rates der Europäischen Union, vertreten durch A. Norberg und J. Herrmann als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Talabér-Ritz und E. Manhaeve als Bevollmächtigte im Beistand von M. Johansson, advokat,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Januar 2017

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Gültigkeit von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 16).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der E.ON Biofor Sverige AB (im Folgenden: E.ON Biofor) und der Statens energimyndighet (Staatliche Energieagentur, Schweden, im Folgenden: Energieagentur) über eine Anweisung, die diese an E.ON Biofor wegen des von ihr eingerichteten Systems zur Überwachung der Nachhaltigkeit von Biogas gerichtet hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 1, 12, 65, 76 und 94 der Richtlinie 2009/28 heißt es:

„(1)

Die Kontrolle des Energieverbrauchs in Europa sowie die vermehrte Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen sind gemeinsam mit Energieeinsparungen und einer verbesserten Energieeffizienz wesentliche Elemente des Maßnahmenbündels, das zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Einhaltung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und weiterer gemeinschaftlicher und internationaler Verpflichtungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen über das Jahr 2012 hinaus benötigt wird. …

(12)

Die Nutzung landwirtschaftlicher Materialien wie Dung, Gülle sowie anderer tierischer und organischer Abfälle zur Erzeugung von Biogas bietet aufgrund des hohen Einsparpotentials bei Treibhausgasemissionen signifikante Umweltvorteile sowohl bei der Wärme- und Elektrizitätserzeugung als auch bei der Verwendung als Biokraftstoff. Biogasanlagen können aufgrund des dezentralen Charakters und der regionalen Investitionsstruktur einen maßgeblichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum leisten und Landwirten neue Einkommensperspektiven eröffnen.

(65)

Die Herstellung von Biokraftstoffen sollte auf nachhaltige Weise erfolgen. Biokraftstoffe, die dafür verwendet werden, die Ziele dieser Richtlinie zu erreichen, und Biokraftstoffe, denen nationale Förderregelungen zugutekommen, sollten daher Nachhaltigkeitskriterien erfüllen müssen.

(76)

Die Nachhaltigkeitskriterien werden nur wirksam sein, wenn sie zu einem veränderten Verhalten der Marktteilnehmer führen. Diese Änderungen werden nur erfolgen, wenn Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die die Kriterien erfüllen, gegenüber jenen, die die Kriterien nicht erfüllen, einen Preisaufschlag rechtfertigen. Nach der Massenbilanzmethode zur Überprüfung der Einhaltung der Kriterien gibt es eine konkrete Verbindung zwischen der Herstellung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, die die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, und dem Verbrauch von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen in der Gemeinschaft, wodurch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage geschaffen und ein Preisaufschlag gewährleistet wird, der höher ist als in Systemen ohne eine solche Verbindung. Zur Überprüfung der Einhaltung der Kriterien sollte daher die Massenbilanzmethode verwendet werden, damit sichergestellt wird, dass Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, zu einem höheren Preis verkauft werden können. Dies sollte die Integrität des Systems wahren und gleichzeitig vermeiden, dass der Industrie ein unvertretbarer Aufwand abverlangt wird. Andere Überprüfungsmethoden sollten jedoch geprüft werden.

(94)

Da die in den Artikeln 17 bis 19 vorgesehenen Maßnahmen durch die Harmonisierung der Nachhaltigkeitsbedingungen, die Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe für die Zielanrechnung gemäß dieser Richtlinie erfüllen müssen, sich auch auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken und so im Einklang mit Artikel 17 Absatz 8 den Handel mit Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, die diese Bedingungen erfüllen, zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern, stützen sich diese Maßnahmen auf Artikel 95 des Vertrags.“

4

Nach Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2009/28 wird „[mit] dieser Richtlinie … ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben. In ihr werden verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch und für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor festgelegt. … Ferner werden Kriterien für die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen vorgeschrieben.“

5

Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, e und i der Richtlinie enthält folgende Begriffsbestimmungen:

„a)

‚Energie aus erneuerbaren Quellen‘ Energie aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen, das heißt Wind, Sonne, aerothermische, geothermische, hydrothermische Energie, Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas;

e)

‚Biomasse‘ den biologisch abbaubaren Teil von Erzeugnissen, Abfällen und Reststoffen der Landwirtschaft mit biologischem Ursprung (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Wirtschaftszweige einschließlich der Fischerei und der Aquakultur sowie den biologisch abbaubaren Teil von Abfällen aus Industrie und Haushalten;

i)

‚Biokraftstoffe‘ flüssige oder gasförmige Kraftstoffe für den Verkehr, die aus Biomasse hergestellt werden“.

6

Art. 3 der Richtlinie 2009/28 sieht vor:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass sein gemäß den Artikeln 5 bis 11 berechneter Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen in diesem Jahr gemäß der dritten Spalte der Tabelle in Anhang I Teil A entspricht. …

(4)   Jeder Mitgliedstaat gewährleistet, dass sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen bei allen Verkehrsträgern im Jahr 2020 mindestens 10 % seines Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor entspricht.

…“

7

Art. 5 („Berechnung des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen“) Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Der Bruttoendenergieverbrauch aus erneuerbaren Quellen in den einzelnen Mitgliedstaaten wird berechnet als Summe

a)

des Bruttoendenergieverbrauchs von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen,

b)

des Bruttoendenergieverbrauchs von Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energiequellen und

c)

des Endenergieverbrauchs von Energie aus erneuerbaren Energiequellen im Verkehrssektor.

Bei der Berechnung des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch werden Gas, Elektrizität und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen nur einmal unter Unterabsatz 1 Buchstabe a, Buchstabe b oder Buchstabe c berücksichtigt.

… Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die die in Artikel 17 Absätze 2 bis 6 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen, [werden] nicht berücksichtigt.“

8

Art. 17 („Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Brennstoffe“) der Richtlinie bestimmt:

„(1)   Ungeachtet der Frage, ob Rohstoffe innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft angebaut wurden, wird Energie in Form von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen für die in den Buchstaben a, b und c genannten Zwecke nur dann berücksichtigt, wenn sie die in den Absätzen 2 bis 6 dieses Artikels festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen:

a)

Bewertung der Einhaltung der die nationalen Ziele betreffenden Anforderungen der Richtlinie,

b)

Bewertung der Einhaltung der Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energie,

c)

Möglichkeit der finanziellen Förderung für den Verbrauch von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen.

(2)   Die durch die Verwendung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen erzielte Minderung der Treibhausgasemissionen, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, muss mindestens 35 % betragen.

(3)   Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen mit hohem Wert hinsichtlich der biologischen Vielfalt gewonnen werden …

(4)   … dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand gewonnen werden …

(5)   … dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen gewonnen werden, die im Januar 2008 Torfmoor waren …

(6)   In der Gemeinschaft angebaute landwirtschaftliche Rohstoffe, die für die Herstellung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, verwendet werden, müssen gemäß den in Anhang II Teil A der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe [ABl. 2009, L 30, S. 16] unter der Überschrift ‚Umwelt‘ und den in Anhang II Nummer 9 jener Verordnung genannten Anforderungen und Standards und gemäß den Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 jener Verordnung gewonnen werden.

(8)   Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstaben a, b und c dürfen die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die in Übereinstimmung mit diesem Artikel gewonnen werden, nicht aus sonstigen Nachhaltigkeitsgründen außer Acht lassen.

…“

9

In Art. 18 („Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe“) der Richtlinie 2009/28 heißt es:

„(1)   Werden Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe für die in Artikel 17 Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt, verpflichten die Mitgliedstaaten die Wirtschaftsteilnehmer nachzuweisen, dass die in Artikel 17 Absätze 2 bis 5 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sind. Zu diesem Zweck verpflichten sie die Wirtschaftsteilnehmer zur Verwendung eines Massenbilanzsystems, das

a)

es erlaubt, Lieferungen von Rohstoffen oder Biokraftstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften zu mischen,

b)

vorschreibt, dass Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften und den jeweiligen Umfang der unter Buchstabe a genannten Lieferungen weiterhin dem Gemisch zugeordnet sind, und

c)

vorsieht, dass die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch entnommen werden, dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen hat wie die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch zugefügt werden.

(2)   Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat 2010 und 2012 über das Funktionieren der in Absatz 1 beschriebenen Massenbilanzüberprüfungsmethode und über die Möglichkeit, andere Überprüfungsmethoden in Bezug auf einige oder sämtliche Arten von Rohstoffen, Biokraftstoffen oder flüssigen Biobrennstoffen zu erlauben. Bei ihrer Bewertung berücksichtigt die Kommission die Überprüfungsmethoden, in denen Angaben über Nachhaltigkeitseigenschaften nicht physisch bei speziellen Lieferungen oder Gemischen verbleiben müssen. Bei der Bewertung wird berücksichtigt, dass es notwendig ist, zum einen die Integrität und die Effektivität des Überprüfungssystems zu sichern und zum anderen eine unverhältnismäßige Belastung der Industrie zu vermeiden. Gegebenenfalls werden dem Bericht Vorschläge an das Europäische Parlament und den Rat über mögliche andere Überprüfungsmethoden beigefügt.

(3)   Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer dazu verlässliche Informationen vorlegen und dem Mitgliedstaat auf Anfrage die Daten zur Verfügung zu stellen, die zur Zusammenstellung der Informationen verwendet wurden. Die Mitgliedstaaten verpflichten die Wirtschaftsteilnehmer, für ein angemessenes unabhängiges Audit der von ihnen vorgelegten Informationen zu sorgen und nachzuweisen, dass ein solches Audit erfolgt ist. Das Audit erstreckt sich auf die Frage, ob die von den Wirtschaftsteilnehmern verwendeten Systeme genau, verlässlich und vor Betrug geschützt sind. Ferner werden die Häufigkeit und Methodik der Probenahme sowie die Zuverlässigkeit der Daten bewertet.

Die in Unterabsatz 1 genannten Informationen erstrecken sich insbesondere auf die Einhaltung der in Artikel 17 Absätze 2 bis 5 genannten Nachhaltigkeitskriterien, auf sachdienliche und aussagekräftige Informationen über die Maßnahmen, die zum Schutz von Boden, Wasser und Luft, zur Sanierung von degradierten Flächen und zur Vermeidung eines übermäßigen Wasserverbrauchs in Gebieten mit Wasserknappheit getroffen wurden, und auf sachdienliche und aussagekräftige Informationen über die Maßnahmen, die zur Berücksichtigung der in Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 genannten Aspekte getroffen wurden.

(4)   …

Die Kommission kann beschließen, dass freiwillige nationale oder internationale Systeme, in denen Normen für die Herstellung von Biomasseerzeugnissen vorgegeben werden, genaue Daten für die Zwecke des Artikels 17 Absatz 2 enthalten oder als Nachweis dafür herangezogen werden dürfen, dass Lieferungen von Biokraftstoff mit den in Artikel 17 Absätze 3 bis 5 aufgeführten Nachhaltigkeitskriterien übereinstimmen. …

(5)   Die Kommission kann nur dann Beschlüsse im Sinne von Absatz 4 fassen, wenn … das betreffende System angemessenen Standards der Zuverlässigkeit, Transparenz und unabhängiger Audits entspricht. …

(7)   Wenn ein Wirtschaftsteilnehmer Nachweise oder Daten vorlegt, die gemäß … einem System eingeholt wurden, … das Gegenstand eines Beschlusses im Sinne von Absatz 4 ist, darf ein Mitgliedstaat, soweit dieser Beschluss dies vorsieht, von dem Lieferanten keine weiteren Nachweise für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien gemäß Artikel 17 Absätze 2 bis 5 oder Angaben zu den in Absatz 3 Unterabsatz 2 genannten Maßnahmen verlangen.

…“

10

In Ziff. 2.2.3 („Massenbilanzsystem“) der Mitteilung der Kommission zu freiwilligen Regelungen und Standardwerten im Rahmen des EU‑Nachhaltigkeitskonzepts für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe (ABl. 2010, C 160, S. 1) heißt es u. a.:

„…

Die Methode zur Verknüpfung der Informationen oder Angaben zu Rohstoffen und Zwischenprodukten und der Angaben zu den Endprodukten ist unter dem Begriff ‚Überprüfung der Lieferkette‘ bekannt. Die Überprüfung der Lieferkette schließt üblicherweise alle Phasen ein, angefangen bei der Herstellung der Rohstoffe bis hin zur Überführung der Kraftstoffe in den freien Verkehr. Die in der Richtlinie festgelegte Methode zur Überprüfung der Lieferkette ist die Massenbilanzmethode …

Eine freiwillige Regelung sollte verlangen, dass die Überprüfung des Massenbilanzsystems gleichzeitig mit der Überprüfung der ordnungsgemäßen Einhaltung der in der Regelung vorgesehenen Kriterien erfolgt… Dies sollte die Überprüfung sämtlicher Nachweise und sämtlicher Systeme einschließen, die angewandt werden, um die Einhaltung der Anforderungen des Massenbilanzsystems zu gewährleisten.

Beim Massenbilanzsystem handelt es sich um ein System, bei dem ‚Nachhaltigkeitseigenschaften‘‚Lieferungen‘ zugeordnet bleiben …

Werden Lieferungen mit unterschiedlichen (oder auch gar keinen) Nachhaltigkeitseigenschaften gemischt … bleiben der jeweilige Umfang … und die jeweiligen Nachhaltigkeitseigenschaften der einzelnen Lieferungen dem Gemisch zugeordnet. … Wird ein Gemisch aufgeteilt, kann jeder daraus entnommenen Lieferung jedes Bündel von Nachhaltigkeitseigenschaften … (unter Angabe des jeweiligen Umfangs) zugeordnet werden, solange die Summe aller dem Gemisch entnommenen Lieferungen dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen aufweist wie die im Gemisch enthaltenen. Ein ‚Gemisch‘ kann beliebige Form annehmen, wobei üblicherweise unterschiedliche Lieferungen miteinander in Kontakt kommen, wie etwa in einem Container oder in einer Verarbeitungs- oder Logistikeinrichtung oder ‑stätte (definiert als genau abgegrenzter geografischer Bereich, innerhalb dessen Produkte miteinander vermischt werden können).

…“

Schwedisches Recht

Gesetz Nr. 598

11

Mit dem Lagen (2010:598) om hållbarhetskriterier för biodrivmedel och flytande biobränslen (Gesetz [2010:598] über Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, im Folgenden: Gesetz Nr. 598) wurden einige Bestimmungen der Richtlinie 2009/28 umgesetzt.

12

§ 3 in Kapitel 1 des Gesetzes Nr. 598 bestimmt:

„Nur Energie aus Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, die die Nachhaltigkeitskriterien der §§ 1 bis 5 in Kapitel 2 erfüllen, kann für die Einhaltung der Anforderung hinsichtlich des in Art. 3 Abs. 1, 2 und 4 der Richtlinie 2009/28 vorgesehenen Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen am Endverbrauch berücksichtigt werden. …“

13

In § 1 in Kapitel 3 des Gesetzes heißt es:

„Meldepflichtig ist, wer

a)

nach Kapitel 4 des Lagen (1994:1776) om skatt på energi [Gesetz (1994:1776) über die Energiesteuer] der Steuer auf die Kraftstoffe unterliegt, die insgesamt oder zum Teil aus Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen bestehen, oder

…“

14

§ 1a in Kapitel 3 des Gesetzes Nr. 598 sieht vor:

„Der Meldepflichtige gewährleistet durch ein Überprüfungssystem, dass die meldepflichtigen Biokraftstoffe und flüssigen Biobrennstoffe als nachhaltig anzusehen sind.

Der Meldepflichtige gewährleistet durch unmittelbare oder mittelbare Vereinbarungen mit allen Betreibern der gesamten Produktionskette und durch Proben bei diesen Betreibern, dass die Anforderung nach Abs. 1 erfüllt ist.

Das Überprüfungssystem des Meldepflichtigen muss von einem unabhängigen Prüfer kontrolliert werden. Der Prüfer stellt fest, ob das Überprüfungssystem genau, zuverlässig und betrugssicher ist. Diese Überwachung beinhaltet auch eine Bewertung der in dem Überprüfungssystem zu verwendenden Methodik der Probenahme und deren Häufigkeit.

Die Überwachung hat auch eine Bewertung der Informationen des Meldepflichtigen über sein Überprüfungssystem zu beinhalten.

Der unabhängige Prüfer erteilt mit einer Stellungnahme eine Zertifizierung für das Überprüfungssystem.

Die Regierung oder die von ihr bestimmte Behörde kann ergänzende Maßnahmen bezüglich des Überprüfungssystems und seiner Kontrolle treffen.“

Verordnung Nr. 1088

15

In § 14 der Förordning (2011:1088) om hållbarhetskriterier för biodrivmedel och flytande biobränslen (Verordnung [2011:1088] über Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, im Folgenden: Verordnung Nr. 1088) heißt es:

„Das Überprüfungssystem nach § 1a in [Kapitel] 3 des Gesetzes [Nr. 598] muss Verfahren umfassen, die gewährleisten, dass in allen Phasen der Produktionskette ein Massenbilanzsystem verwendet wird, das

1.   es erlaubt, Lieferungen von Rohstoffen oder Biokraftstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften zu mischen,

2.   vorgibt, dass Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften und den jeweiligen Umfang der unter Ziff. 1 genannten Lieferungen weiterhin dem Gemisch zugeordnet sind;

3.   vorsieht, dass die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch entnommen werden, dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen hat wie die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch zugefügt werden.

Die Staatliche Energieagentur kann ergänzende Bestimmungen zum Überprüfungssystem und zu seiner Kontrolle erlassen.“

Vorschriften von 2011 der Energieagentur

16

Die §§ 2 bis 4 in Kapitel 3 der Statens energimyndighets föreskrifter om hållbarhetskriterier för biodrivmedel och flytande biobränslen (Vorschriften der nationalen Energieagentur über Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, im Folgenden: Vorschriften von 2011 der Energieagentur) sehen Folgendes vor:

㤠2

Der Meldepflichtige muss durch sein Überprüfungssystem nach § 14 der [Verordnung Nr. 1088] gewährleisten, dass die nachhaltigen Biokraftstoffe und flüssigen Biobrennstoffe vom Ort des Anbaus, der Erzeugung und der Sammelstelle der Rohstoffe bis zum Verbrauch des Kraftstoffs oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Steueranspruch nach Kapitel 5 des Gesetzes (1994:1776) über die Energiesteuer entsteht, zurückverfolgt werden können.

§ 3

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 der [Verordnung Nr. 1088] muss die Massenbilanz innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs und innerhalb eines Zeitraums, der für die Produktionskette angemessen ist, ausgeglichen sein.

Das gesamte Steuerlager einer meldepflichtigen Person kann gemäß dem Gesetz (1994:1776) über die Energiesteuer ein Bereich im Sinne des § 1 sein.

§ 4

Lieferungen, die normalerweise miteinander in physischen Kontakt kommen, stellen ein Gemisch nach § 14 Abs. 1 der [Verordnung Nr. 1088] dar. …“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

17

E.ON Biofor, eine in Schweden ansässige Gesellschaft, hat beim vorlegenden Gericht vorgetragen, dass sie von einer in Deutschland ansässigen Schwestergesellschaft Lieferungen von nachhaltigem Biogas kaufe, die die Schwestergesellschaft in diesem Mitgliedstaat herstelle. E.ON Biofor transportiere diese Lieferungen anschließend über das deutsche und dänische Gasnetz nach Schweden; dabei bleibe dieses Biogas in jeder Transportphase im Eigentum der Gesellschaften der Gruppe. Diese von der Schwestergesellschaft an einem eindeutig festgelegten Punkt in das deutsche Gasverteilernetz eingespeisten Lieferungen würden von E.ON Biofor am Grenzpunkt zwischen dem deutschen und dem dänischen Verteilernetz entnommen und blieben jederzeit von einem Nachhaltigkeitszertifikat REDcert DE begleitet, das gemäß dem deutschen Massenbilanzüberprüfungssystem ausgestellt und von der Schwestergesellschaft unmittelbar an E.ON Biofor ausgehändigt werde. Damit werde garantiert, dass die fraglichen Lieferungen nachhaltig seien und in Deutschland nicht anderweitig verkauft worden seien, da die Zertifikate nur einmal bei dem Zertifizierungssystem eingeholt werden könnten und jede Einspeisung in ein nationales Gasnetz und jede Ausspeisung aus einem nationalen Gasnetz in der Verantwortung eines einzelnen Betreibers liege, der über einen Liefer- oder Kaufvertrag am Grenzpunkt verfüge.

18

Am 3. September 2013 wies die Energieagentur E.ON Biofor an, Änderungen an ihrem System zur Überprüfung der Nachhaltigkeit von Biogas vorzunehmen, um sicherzustellen, dass ihre Massenbilanz gemäß § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur innerhalb eines „eindeutig abgegrenzten Bereichs“ ausgeglichen werde (im Folgenden: streitige Anweisung). Die Befolgung dieser Anweisung hat zur Folge, dass in Deutschland hergestelltes Biogas, das E.ON Biofor über das deutsche und dänische Gasnetz in Schweden einführt, nicht in das Überprüfungssystem aufgenommen werden kann, da diese beiden Netze kein solcher eindeutig abgegrenzter Bereich sein können und daher nicht als „nachhaltig“ im Sinne des Gesetzes Nr. 598 und der Richtlinie 2009/28 eingestuft werden können.

19

E.ON Biofor erhob beim Förvaltningsrätten i Linköping (Verwaltungsgericht Linköping, Schweden) Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Anweisung.

20

E.ON Biofor macht geltend, diese Anweisung habe zur Folge, dass ihr bedeutende Ermäßigungen auf die Kohlendioxidsteuer und die Energiesteuer nach dem Gesetz (1994:1776) über die Energiesteuer genommen würden, und trägt vor, dass die sich aus dieser Anweisung ergebende Begrenzung des Massenbilanzsystems auf einen eindeutig abgegrenzten Bereich und auf die Grenzen Schwedens sowohl gegen die Richtlinie 2009/28 als auch gegen Art. 34 AEUV verstoße.

21

Zu Art. 34 AEUV macht E.ON Biofor insbesondere geltend, die Energieagentur lasse zu, dass nachhaltiges Biogas, das direkt in das schwedische Gasnetz eingespeist werde, als nachhaltiges Biogas verkauft werden könne, obgleich sich dieser Fall und der des Ausgangsverfahrens hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit und der Nachhaltigkeit des Biogases nicht unterschieden, so dass in diesem Fall eine diskriminierende Beschränkung der Einfuhr von nachhaltigem Biogas aus anderen Mitgliedstaaten vorliege.

22

Die Energieagentur trägt vor, das Massenbilanzsystem verlange, dass die Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften physisch mit den „Lieferungen“ verbunden blieben, wenn diese einem „Gemisch“ im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 hinzugefügt würden. Dieser Begriff gelte nach der Definition in Ziff. 2.2.3 der in Rn. 10 des vorliegenden Urteils genannten Mitteilung der Kommission „innerhalb“ eines „genau abgegrenzten geografischen Bereichs“.

23

Das Königreich Schweden hat zwar – ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich der Niederlande, aber anders als die übrigen Mitgliedstaaten – eingeräumt, dass die Massenbilanz innerhalb des nationalen Gasnetzes als eindeutig abgegrenzter Bereich ausgeglichen werden könne, doch gebe es im Fall des von E.ON Biofor aus Deutschland eingeführten Biogases keinen solchen Bereich und folglich auch kein Massenbilanzüberprüfungssystem. Ein solches System verlange, dass es in Bezug auf den betreffenden Bereich einen Wirtschaftsteilnehmer gebe, der überprüfe, dass dieselbe Menge an nachhaltigem Biokraftstoff eingespeist und danach dem Bereich entnommen worden sei, und in Bezug auf das europäische Gasnetz gebe es keinen solchen gesamteuropäischen Wirtschaftsteilnehmer.

24

Da die streitige Anweisung daher mit Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 vereinbar sei, brauche sie nicht anhand von Art. 34 AEUV geprüft zu werden.

25

Vor diesem Hintergrund hat das Förvaltningsrätten i Linköping (Verwaltungsgericht Linköping) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Sind die Begriffe „Massenbilanz“ und „Gemisch“ in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, den Handel mit Biogas zwischen den Mitgliedstaaten über ein Gasverbundnetz zuzulassen?

2.

Falls Frage 1 verneint wird: Ist die fragliche Bestimmung mit Art. 34 AEUV vereinbar, obwohl angenommen werden kann, dass ihre Anwendung handelsbeschränkende Wirkung hat?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

26

Einleitend ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht – wie sowohl aus dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens als auch aus dem Wortlaut von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28, der die Überprüfung der Einhaltung der in den Art. 17 Abs. 2 bis 5 der Richtlinie genannten Nachhaltigkeitskriterien betrifft, hervorgeht – mit seiner Bezugnahme auf „Biogas“ in seinen Vorlagefragen offenkundig nur das Biogas meint, das diese Nachhaltigkeitskriterien erfüllt und als Biokraftstoff verwendet werden soll (im Folgenden: nachhaltiges Biogas).

27

Die erste Frage ist daher so zu verstehen, dass mit ihr im Wesentlichen geklärt werden soll, ob Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass er zulasten der Mitgliedstaaten eine Pflicht begründet, Einfuhren von nachhaltigem Biogas über ihre nationalen Gasverbundnetze zu gestatten.

28

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Gesetzgeber der Europäischen Union – wie aus Art. 17 der Richtlinie 2009/28 in Verbindung mit ihren Erwägungsgründen 65 und 94 hervorgeht – gestützt u. a. auf Art. 95 EG, jetzt Art. 114 AEUV, die Nachhaltigkeitskriterien harmonisieren wollte, die Biokraftstoffe zwingend zu erfüllen haben, damit die aus ihnen erzeugte Energie in jedem Mitgliedstaat für die in Art. 17 Abs. 1 Buchst. a, b und c der Richtlinie genannten Zwecke berücksichtigt werden kann. Bei diesen Zwecken handelt es sich um die Überprüfung, inwieweit die Mitgliedstaaten zum einen ihre in Art. 3 der Richtlinie 2009/28 genannten nationalen Ziele und zum anderen ihre Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energie einhalten, sowie um die Möglichkeit der finanziellen Förderung für den Verbrauch von Biokraftstoffen.

29

Art. 114 Abs. 1 AEUV sieht vor, dass das Parlament und der Rat die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben, erlassen.

30

Mit dem Ausdruck „Maßnahmen zur Angleichung“ in dieser Vorschrift wollten die Verfasser des AEU-Vertrags dem Unionsgesetzgeber nach Maßgabe des allgemeinen Kontexts und der speziellen Umstände der zu harmonisierenden Materie einen Ermessensspielraum hinsichtlich der zur Erreichung eines angestrebten Ergebnisses am besten geeigneten Angleichungstechnik insbesondere in den Bereichen einräumen, die durch komplexe technische Gegebenheiten gekennzeichnet sind. Der Unionsgesetzgeber kann daher in Ausübung dieses Ermessens eine Harmonisierung nur in Etappen vornehmen und nur einen schrittweisen Abbau der einseitig von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen verlangen (vgl. u. a. Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Je nach den Umständen können die in Art. 114 Abs. 1 AEUV genannten Maßnahmen u. a. darin bestehen, dass alle Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die Vermarktung des oder der betreffenden Erzeugnisse zu genehmigen, eine solche Genehmigung an die Erfüllung bestimmter Bedingungen zu knüpfen oder sogar die Vermarktung eines oder einiger Erzeugnisse vorläufig oder endgültig zu verbieten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32

Im vorliegenden Fall ist die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 vorgenommene Harmonisierung sehr spezifisch, da sie nur Biokraftstoffe betrifft, die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. i der Richtlinie als alle aus Biomasse hergestellten flüssigen oder gasförmigen Kraftstoffe für den Verkehr definiert sind, und nur klarstellt, welche Nachhaltigkeitskriterien diese Biokraftstoffe erfüllen müssen, damit die aus ihnen erzeugte Energie von den Mitgliedstaaten für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten und in Rn. 28 des vorliegenden Urteils angeführten drei besonderen Zwecke berücksichtigt werden kann. In dem so abgesteckten Rahmen ist diese Harmonisierung außerdem abschließend, denn Art. 17 Abs. 8 der Richtlinie 2009/28 stellt klar, dass die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe, die die in diesem Artikel genannten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, für diese drei Zwecke nicht aus sonstigen Nachhaltigkeitsgründen außer Acht lassen dürfen.

33

Art. 17 der Richtlinie 2009/28 soll somit zum einen zur Gewährleistung des in Art. 95 Abs. 3 EG, jetzt Art. 114 Abs. 3 AEUV, genannten hohen Umweltschutzniveaus sicherstellen, dass Biokraftstoffe von den Mitgliedstaaten nur dann für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten drei Umweltschutzzwecke berücksichtigt werden dürfen, wenn die vom Unionsgesetzgeber hier festgesetzten Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sind.

34

Art. 17 der Richtlinie 2009/28 soll zum anderen, wie insbesondere aus deren 94. Erwägungsgrund hervorgeht, den Handel mit nachhaltigen Biokraftstoffen zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern. Diese Erleichterung besteht hauptsächlich darin, dass Abs. 8 dieses Artikels – wie in Rn. 32 des vorliegenden Urteils ausgeführt – den Mitgliedstaaten dann, wenn Biokraftstoffe einschließlich derjenigen aus anderen Mitgliedstaaten die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 genannten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, verbietet, diese nachhaltigen Biokraftstoffe für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten drei Zwecke aus „anderen Nachhaltigkeitsgründen“ als den in diesem Artikel genannten außer Acht zu lassen.

35

Zwar ermöglicht Art. 17 der Richtlinie 2009/28 in dem Maße u. a. eine Erleichterung des Handels mit nachhaltigem Biogas, doch kann aus dem Vorstehenden weder abgeleitet werden, dass dieser Artikel die Einfuhren nachhaltiger Biokraftstoffe zwischen Mitgliedstaaten regeln soll, noch insbesondere, dass er die Mitgliedstaaten verpflichten soll, diese Einfuhren bedingungslos zu gestatten. Wie soeben ausgeführt, soll dieser Artikel lediglich die Nachhaltigkeitsbedingungen regeln und harmonisieren, die Biokraftstoffe erfüllen müssen, damit sie von einem Mitgliedstaat für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten drei speziellen Zwecke berücksichtigt werden dürfen. Wie der Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, enthält die Richtlinie 2009/28 zudem keine Bestimmung, die einen bedingungslosen Verkehr von nachhaltigem Biogas zwischen den Mitgliedstaaten anordnet.

36

Art. 18 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/28 sieht lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten, wenn Biokraftstoffe für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten drei Zwecke berücksichtigt werden, die Wirtschaftsteilnehmer verpflichten, nachzuweisen, dass die in Art. 17 Abs. 2 bis 5 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sind.

37

Zu diesem Zweck haben die Mitgliedstaaten, wie aus Art. 18 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2009/28 hervorgeht, die Wirtschaftsteilnehmer zur Verwendung eines Massenbilanzsystems zu verpflichten, das bestimmte allgemeine Merkmale aufweisen muss, die in den Buchst. a, b und c der Vorschrift angegeben sind. So muss nach den Buchst. a, b und c ein solches System erstens es erlauben, Lieferungen von Rohstoffen oder Biokraftstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften zu mischen, zweitens vorschreiben, dass Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften und den jeweiligen Umfang der genannten Lieferungen weiterhin dem Gemisch zugeordnet sind, und drittens vorsehen, dass die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch entnommen werden, dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen hat wie die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch zugefügt werden.

38

Eine solche Vorschrift kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass sie zulasten der Mitgliedstaaten eine Pflicht begründet, Einfuhren von nachhaltigem Biogas über ihre Gasverbundnetze zu gestatten.

39

Zum einen kann Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28, der lediglich Überprüfungsmechanismen einführen soll, mit denen die ordnungsgemäße Anwendung von Art. 17 der Richtlinie gewährleistet ist, angesichts der somit zwischen beiden Vorschriften bestehenden Verbindung ebenso wenig wie Art. 17 dahin ausgelegt werden, dass er die Mitgliedstaaten bedingungslos verpflichten soll, Einfuhren von nachhaltigem Biogas aus anderen Mitgliedstaaten zu gestatten.

40

Zum anderen kann, wie der Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, angesichts der allgemeinen Formulierung der in Art. 18 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie 2009/28 genannten Kriterien ebenso wenig angenommen werden, dass mit dieser Vorschrift die mit dem Massenbilanzsystem zusammenhängende Überprüfungsmethode vollständig harmonisiert worden ist. Aus den Buchst. a bis c geht vielmehr hervor, dass den Mitgliedstaaten ein Wertungs- und Handlungsspielraum verbleibt, wenn sie die konkreten Bedingungen genauer zu bestimmen haben, die die von den Wirtschaftsteilnehmern einzurichtenden Massenbilanzsysteme zu erfüllen haben. Daher kann diese Vorschrift als solche ebenso wenig automatisch dazu führen, dass ein freier Verkehr mit nachhaltigem Biogas über ein grenzüberschreitendes Gasnetz gewährleistet ist, sobald dieses Biogas im Herstellungsmitgliedstaat rechtmäßig als nachhaltig eingestuft worden ist.

41

Ferner ist, wie der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, auch darauf hinzuweisen, dass die Systeme zur Überprüfung der Nachhaltigkeitskriterien, die den Wirtschaftsteilnehmern von den Mitgliedstaaten gegebenenfalls gemäß Art. 18 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/28 auferlegt werden, nur eine der Methoden darstellen, mit denen sich eine solche Überprüfung nach der Richtlinie gewährleisten lässt. Denn wie aus Art. 18 Abs. 4 und 5 der Richtlinie hervorgeht, können „freiwillige“ nationale oder internationale Systeme, die ebenfalls insbesondere Vorschriften zum Massenbilanzsystem enthalten, von der Kommission gestattet werden, wobei Abs. 7 des Artikels insoweit vorsieht, dass ein Mitgliedstaat bei Vorliegen von Nachweisen oder Daten, die gemäß eines solchen Systems eingeholt wurden, von dem Lieferanten keine weiteren Nachweise für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien gemäß Art. 17 der Richtlinie 2009/28 verlangen darf.

42

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass er keine Pflicht zulasten der Mitgliedstaaten begründen soll, Einfuhren von nachhaltigem Biogas über ihre nationalen Gasverbundnetze zu gestatten.

Zur zweiten Frage

43

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 im Hinblick auf Art. 34 AEUV gültig ist, da seine Anwendung handelsbeschränkende Wirkung haben kann.

Zur Gültigkeit von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28

44

Einleitend ist zum einen darauf hinzuweisen, dass Art. 34 AEUV, der Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten verbietet, auf alle nationalen Maßnahmen anwendbar ist, die geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (vgl. u. a. Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Dieses Verbot gilt nicht nur für nationale Maßnahmen, sondern auch für die Maßnahmen der Unionsorgane (vgl. u. a. Urteile vom 29. Februar 1984, Rewe-Zentrale, 37/83, EU:C:1984:89, Rn. 18, vom 14. Dezember 2004, Swedish Match, C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 59, und vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C‑154/04 und C‑155/04, EU:C:2005:449, Rn. 47).

46

Nach ständiger Rechtsprechung steht Art. 34 AEUV jedoch Verboten oder Beschränkungen nicht entgegen, die durch einen der in Art. 36 AEUV aufgeführten Gründe des Gemeinwohls oder eines der zwingenden Erfordernisse wie u. a. den Umweltschutz gerechtfertigt sind. In beiden Fällen muss die betreffende Maßnahme nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C‑154/04 und C‑155/04, EU:C:2005:449, Rn. 48 und 51, und vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 76 und 77).

47

Zum anderen ist hervorzuheben, dass die Art. 17 bis 19 der Richtlinie 2009/28, wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils bereits festgestellt, auf der Grundlage von Art. 95 EG, jetzt Art. 114 AEUV, erlassen worden sind.

48

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 11 AEUV vorsieht, dass die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und ‑maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden müssen (vgl. u. a. Gutachten 2/15 vom 16. Mai 2017, EU:C:2017:376, Rn. 146), und Art. 114 Abs. 3 AEUV ausdrücklich verlangt, dass bei Harmonisierungen ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleistet wird (vgl. entsprechend zum Gesundheitsschutz Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Wenn Handelshemmnisse bestehen oder solche Hemmnisse wahrscheinlich entstehen werden, weil die Mitgliedstaaten hinsichtlich eines Erzeugnisses oder einer Erzeugnisgruppe divergierende Maßnahmen erlassen haben oder zu erlassen im Begriff sind, die ein unterschiedliches Schutzniveau gewährleisten, ermächtigt Art. 114 AEUV den Unionsgesetzgeber, tätig zu werden, indem er unter Beachtung von Abs. 3 dieses Artikels und der im AEU-Vertrag genannten oder in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze, insbesondere des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die geeigneten Maßnahmen trifft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50

Was die gerichtliche Nachprüfung der in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzungen betrifft, ist im Übrigen auch daran zu erinnern, dass dem Unionsgesetzgeber, wenn er in einem Bereich, in dem von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in dem er komplexe Beurteilungen vorzunehmen hat, Rechtsvorschriften zu erlassen hat, ein weites Ermessen zuzuerkennen ist. Eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme kann nur dann rechtswidrig sein, wenn sie zur Erreichung des von den zuständigen Organen verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist (vgl. in diesem Sinne im Bereich des Gesundheitsschutzes Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match, C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 48, und vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C‑154/04 und C‑155/04, EU:C:2005:449, Rn. 52; vgl. in diesem Sinne zur Umweltpolitik der Union auch Urteile vom 15. Dezember 2005, Griechenland/Kommission, C‑86/03, EU:C:2005:769, Rn. 87 und 88, und vom 21. Dezember 2016, Associazione Italia Nostra Onlus, C‑444/15, EU:C:2016:978, Rn. 46).

51

Zu Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 ist als Erstes festzustellen, dass – wie das Parlament und der Rat geltend gemacht haben – die Kriterien, die die von den Mitgliedstaaten einzuführenden Massenbilanzsysteme erfüllen müssen, angesichts ihrer allgemeinen Formulierung in den Buchst. a bis c dieser Bestimmung a priori nicht ausschließen können, dass ein solches System auf den Transport von Lieferungen nachhaltigen Biogases in einem nationalen Gasnetz oder in nationalen Verbundnetzen Anwendung finden kann.

52

Ein Mitgliedstaat ist nämlich anscheinend durch nichts daran gehindert, die Wirtschaftsteilnehmer zu verpflichten, ein Überprüfungssystem zu verwenden, das es erlaubt, dass in einem solchen nationalen Netz oder in nationalen Verbundnetzen ein „Gemisch“ im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 verschiedener Gaslieferungen „mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften“ entstehen kann, von denen einige die in Art. 17 der Richtlinie genannten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen und andere nicht.

53

Es wird auch offenbar durch nichts zwingend ausgeschlossen, dass in diesem Kontext verlangt wird, dass das System Voraussetzungen erfüllt, die gewährleisten, dass Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften und den jeweiligen Umfang der betreffenden Lieferungen dem Gemisch zugeordnet bleiben, solange es besteht, wie in Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/28 vorgesehen ist.

54

Schließlich ist ebenso wenig ersichtlich, dass es den Mitgliedstaaten nicht möglich sein sollte, den Wirtschaftsteilnehmern vorzuschreiben, dass die Eigenschaften des betreffenden Überprüfungssystems gewährleisten müssen, dass die Summe der Lieferungen, die ein Wirtschaftsteilnehmer dem so zuvor in einem nationalen Netz oder in nationalen Verbundnetzen erstellten Gemisch entnimmt und denen die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 genannten Nachhaltigkeitseigenschaften zuerkannt werden, nicht mengenmäßig über die Summe der diese Eigenschaften aufweisenden Lieferungen hinausgeht, die der Wirtschaftsteilnehmer zuvor in das Gemisch eingespeist hat.

55

Insoweit ist im Übrigen zu beachten, dass die Energieagentur sowohl vor dem vorlegenden Gericht als auch vor dem Gerichtshof ausdrücklich anerkannt hat, dass nach den schwedischen Rechtsvorschriften die Einspeisung von Biogaslieferungen, die die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 vorgesehenen Nachhaltigkeitseigenschaften erfüllen, in das nationale schwedische Gasnetz und ihre Vermischung in dem Netz mit anderen Gasen nicht verhindert, dass diesen Lieferungen nach ihrer Entnahme aus dem Netz wieder diese Nachhaltigkeitseigenschaften in entsprechenden Mengen zugeordnet werden, insbesondere zu einem der in Art. 17 Abs. 1 genannten Zwecke, nämlich ihrer Zulassung zu einer finanziellen Förderung für den Verbrauch.

56

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass weder angenommen werden kann, dass Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 als solcher es unmöglich macht, im Fall des Verkehrs von nachhaltigem Biogas zwischen den Mitgliedstaaten über nationale Gasverbundnetze dessen Nachhaltigkeit im Einfuhrmitgliedstaat für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten Zwecke anzuerkennen, noch folglich, dass Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie aus diesem Grund den in Art. 34 AEUV gewährleisteten freien Warenverkehr behindert.

57

Als Zweites ist, wie das vorlegende Gericht mit seiner Frage begehrt, auch auf den Umstand einzugehen, dass – wie aus der Antwort auf die erste Frage hervorgeht – Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 jedoch ebenso wenig zu einer Pflicht der Mitgliedstaaten führt, die Einfuhr von nachhaltigem Biogas über ihre Gasverbundnetze zu gestatten.

58

Insoweit ist indes daran zu erinnern, dass – wie in Rn. 34 des vorliegenden Urteils bereits festgestellt wurde und insbesondere aus Art. 17 Abs. 8 der Richtlinie 2009/28 und ihrem 94. Erwägungsgrund hervorgeht – ihre Art. 17 bis 19 den Handel mit nachhaltigem Biogas zwischen den Mitgliedstaaten dadurch erleichtern, dass sie zum einen die Nachhaltigkeitseigenschaften harmonisieren, die Biogas für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie genannten Zwecke erfüllen muss, und zum anderen durch die Überprüfungsregeln in Art. 18 der Richtlinie es erlauben, dass diese Eigenschaften für diese Zwecke dem Biogas zugeordnet bleiben, auch wenn es mit anderen Gasen vermischt wird.

59

Dadurch wird mit der von den Art. 17 bis 19 der Richtlinie 2009/28 eingeführten Regelung der freie Warenverkehr eher gefördert als beschränkt (vgl. entsprechend Urteile vom 29. Februar 1984, Rewe-Zentrale, 37/83, EU:C:1984:89, Rn. 19, und vom 12. Juli 2012, Association Kokopelli, C‑59/11, EU:C:2012:447, Rn. 81).

60

Zwar sollen die Art. 17 und 18 der Richtlinie 2009/28 nicht gewährleisten, dass nachhaltiges Biogas bedingungslos von einem Mitgliedstaat in einen anderen unter Beibehaltung seiner Nachhaltigkeitseigenschaften eingeführt werden kann, doch ist dies die unvermeidliche Konsequenz der Harmonisierungstechnik, die der Unionsgesetzgeber hier gewählt hat, der, wie in den Rn. 30 und 31 des vorliegenden Urteils ausgeführt, über einen Ermessensspielraum verfügt, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit, eine Harmonisierung nur in Etappen vorzunehmen und nur einen schrittweisen Abbau der einseitig von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen zu verlangen (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 79 und 80).

61

Als Drittes ist, wie der Generalanwalt in Nr. 63 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, darauf hinzuweisen, dass schon die Verpflichtung zur Einrichtung eines Massenbilanzsystems wie das in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 vorgesehene zulasten der Wirtschaftsteilnehmer, die sich auf die Nachhaltigkeit des von ihnen vermarkteten Biogases insbesondere in anderen Mitgliedstaaten, in die das Biogas ausgeführt wurde, berufen können wollen, geeignet, die Ausfuhr und Vermarktung wegen der mit einem solchen System verbundenen administrativen und finanziellen Lasten sowohl komplexer als auch teurer zu machen.

62

Zu der vom Unionsgesetzgeber so getroffenen Wahl, die genauer gesagt darin bestanden hat, das Massenbilanzüberprüfungssystem den beiden anderen auf den ersten Blick verfügbaren Methoden, nämlich zum einen die Identity-Preservation-Methode und zum anderen die Methode der handelbaren Zertifikate („book and claim“), vorzuziehen, ist allerdings Folgendes festzustellen.

63

Erstens steht fest, dass die Identity-Preservation-Methode dadurch, dass sie es ausschließt, eine Lieferung von nachhaltigem Biogas mit einer nicht diese Eigenschaften aufweisenden Gaslieferung zu vermischen, nicht im gleichen Maße zum Handel mit nachhaltigem Biogas zwischen den Mitgliedstaaten beitragen würde, weil diese Methode u. a. automatisch zur Folge gehabt hätte, dass in der Praxis ausgeschlossen wäre, dass nachhaltiges Biogas in ein Gasnetz eingespeist und folglich über eine solche Infrastruktur transportiert und ausgeführt werden kann und dabei seine Nachhaltigkeitseigenschaften für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 genannten drei Zwecke behält.

64

Zweitens geht hinsichtlich des Umstands, dass das Massenbilanzsystem der Methode der handelbaren Zertifikate vorgezogen wurde, die nicht verlangt, dass die Angaben über Nachhaltigkeitseigenschaften physisch den Lieferungen oder gemischten Lieferungen zugeordnet bleiben, zum einen aus dem 76. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28 hervor, dass der Unionsgesetzgeber diese Wahl getroffen hat, um zu gewährleisten, dass eine konkrete Verbindung zwischen dem Zeitpunkt der Herstellung des nachhaltigen Biokraftstoffs und dem seines Verbrauchs fortbesteht. Nach diesem Erwägungsgrund wurde eine solche konkrete Verbindung vorgezogen, weil sie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage schaffen und einen Preisaufschlag auf nachhaltige Biokraftstoffe gewährleisten kann, der hoch genug ist, um zu dem erforderlichen veränderten Verhalten der Marktteilnehmer zu führen und dadurch die Wirksamkeit der Nachhaltigkeitskriterien zu gewährleisten. Im 76. Erwägungsgrund hat der Unionsgesetzgeber zudem hervorgehoben, dass die Anwendung der Massenbilanzmethode zur Überprüfung der Einhaltung der Kriterien die Integrität des Systems wahren und gleichzeitig vermeiden sollte, dass der Industrie ein unvertretbarer Aufwand abverlangt wird.

65

Zum anderen hat der Unionsgesetzgeber im 76. Erwägungsgrund gleichwohl hervorgehoben, dass andere Überprüfungsmethoden jedoch weiterhin geprüft werden sollten. So sieht Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2009/28 vor, dass die Kommission über das Funktionieren der Massenbilanzüberprüfungsmethode und über die Möglichkeit berichtet, andere Überprüfungsmethoden zu erlauben, insbesondere die, in denen Eigenschaftsangaben nicht physisch bei speziellen Lieferungen oder Gemischen verbleiben müssen, unter Berücksichtigung auch dessen, dass es notwendig ist, die Integrität und die Effektivität des Überprüfungssystems zu sichern und eine unverhältnismäßige Belastung der Industrie zu vermeiden. Die Kommission kam insoweit zu dem Schluss, dass es zweckmäßig sei, die Massenbilanzmethode beizubehalten (vgl. u. a. Commission Staff Working Document: Report on the operation of the mass balance verification method for the biofuels and bioliquids sustainability scheme in accordance with Article 18[2] of Directive 2009/28/EC [SEC/2010/0129 final].

66

Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Unionsgesetzgeber durch den Entschluss, bei der Verfolgung des von Art. 114 Abs. 3 AEUV vorgegebenen Ziels der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus und für die im 76. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28 genauer angegebenen Zwecke die Einrichtung eines Systems zur Überprüfung der Nachhaltigkeitskriterien vorzuziehen, das integer und effektiv ist und das Bestehen einer physischen Verbindung zwischen der Herstellung nachhaltiger Biokraftstoffe und ihrem Verbrauch in der Union gewährleisten soll, und auf diese Weise das Verhalten der Marktteilnehmer wirksamer zu beeinflussen, die Grenzen seines in Rn. 50 des vorliegenden Urteils genannten weiten Ermessens überschritten hätte, noch, dass er die Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit missachtet hat.

67

Wie der Generalanwalt in Nr. 70 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verlangt der spezielle Bereich, in dem der Unionsgesetzgeber hier Rechtsvorschriften zu erlassen hatte, von ihm nämlich offensichtlich, dass er politische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Entscheidungen trifft und dabei hochkomplexe Beurteilungen insbesondere technischer und wirtschaftlicher Art vornimmt.

68

Ohne Überschreitung dieses Ermessens durfte der Unionsgesetzgeber hier aber davon ausgehen, dass das auf der Massenbilanzmethode beruhende Überprüfungssystem angesichts zum einen der mit ihm eingeführten Form der Rückverfolgbarkeit und seiner in Art. 18 der Richtlinie 2009/28 vorgesehenen Voraussetzungen, die seine Wirksamkeit und Integrität gewährleisten sollen, und zum anderen des Einflusses, den er dadurch auf den Preis nachhaltiger Biokraftstoffe und auf die Marktteilnehmer ausüben möchte, bei gleichzeitiger Verringerung des Betrugsrisikos geeignet erschien, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen.

69

Desgleichen durfte der Unionsgesetzgeber, ohne die Grenzen seines Ermessens zu überschreiten, vernünftigerweise insoweit davon ausgehen, dass ein solches Überprüfungssystem erforderlich war und es insbesondere keine alternative Maßnahme gab, die es ermöglichte, die hier verfolgten legitimen Ziele ebenso wirksam zu erreichen und gleichzeitig den Wirtschaftsteilnehmern geringere wirtschaftliche und administrative Zwänge aufzuerlegen. Insbesondere durfte der Unionsgesetzgeber, ohne einen offensichtlichen Ermessensfehler zu begehen, die Methode der handelbaren Zertifikate mit der Annahme ablehnen, dass diese nicht gewährleistete, dass zwischen der hergestellten Lieferung von nachhaltigem Biogas und der später verbrauchten Gasmenge eine physische Verbindung bestehe, und sie in Bezug auf Effektivität und Integrität geringere Garantien bot, insbesondere hinsichtlich des Ziels, zu gewährleisten, dass nur nachhaltiges Biogas, das die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 aufgezählten strikten Anforderungen erfüllt, für die in Abs. 1 des Artikels genannten drei Zwecke berücksichtigt werden kann.

70

Aus denselben Gründen kann in Bezug auf die in Rn. 61 des vorliegenden Urteils festgestellte Behinderung des freien Warenverkehrs, die somit unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus Umweltschutzgründen gerechtfertigt ist, nicht, wie aus der in Rn. 46 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, angenommen werden, dass sie gegen Art. 34 AEUV verstößt (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Dezember 2004, Swedish Match, C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 61).

71

Nach alledem hat die Prüfung der zweiten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 beeinträchtigen könnte.

Zur Auslegung von Art. 34 AEUV

72

Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, hindert der Umstand, dass ein nationales Gericht seine Vorlagefrage ihrer Form nach unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, den Gerichtshof nicht daran, diesem Gericht unabhängig davon, worauf es in seinen Fragen Bezug genommen hat, alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten vom einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. u. a. Urteil vom 27. Oktober 2009, ČEZ, C‑115/08, EU:C:2009:660, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73

Im vorliegenden Fall ist, obwohl das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage den Gerichtshof formal nur zur Vereinbarkeit von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 mit Art. 34 AEUV befragt hat, wie sowohl der Rat als auch E.ON Biofor angeregt haben und der Generalanwalt in Nr. 73 seiner Schlussanträge empfohlen hat, auch die Frage zu prüfen, ob Art. 34 AEUV gegebenenfalls dahin auszulegen ist, dass er einer Anweisung wie der hier streitigen entgegensteht.

74

Wie in den Rn. 18 bis 20 des vorliegenden Urteils dargelegt, geht aus der Vorlageentscheidung nämlich hervor, dass E.ON Biofor mit ihrer Klage im Ausgangsverfahren die Nichtigerklärung der streitigen Anweisung begehrt, da die Anweisung zur Folge gehabt hat, dass das in Deutschland hergestellte und für den Transport bestimmte nachhaltige Biogas, das E.ON Biofor in Schweden über das deutsche und das dänische Gasnetz einführt, nicht in das System zur Überprüfung der Nachhaltigkeit von Biogas einbezogen werden kann und folglich nicht als „nachhaltig“ im Sinne des Gesetzes Nr. 598 und der Richtlinie 2009/28 eingestuft werden und bestimmte Ermäßigungen auf die Kohlendioxidsteuer und die Energiesteuer beanspruchen kann.

75

Die Voraussetzung, dass die Massenbilanz „innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs“ ausgeglichen sein muss, auf die sich die Energieagentur im vorliegenden Fall gestützt hat, ist in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 jedoch nicht enthalten, sondern ergibt sich aus innerstaatlichen schwedischen Bestimmungen, die zur Umsetzung dieser Vorschrift erlassen wurden. Denn § 14 der Verordnung Nr. 1088, der diese Umsetzung gewährleisten soll, gibt zum einen die drei allgemeinen Kriterien in den Buchst. a bis c des Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie wieder und sieht zum anderen vor, dass die Energieagentur ergänzende Bestimmungen zum Überprüfungssystem und zu seiner Kontrolle erlassen kann. § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur, in dem klargestellt wird, dass die Massenbilanz „innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs“ ausgeglichen sein muss, wurde auf Grundlage der zuletzt genannten Ermächtigung erlassen.

76

Insoweit ist zwar darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine nationale Maßnahme in einem Bereich, der auf Unionsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der Bestimmungen dieser Harmonisierungsmaßnahme und nicht des Primärrechts zu beurteilen ist (vgl. u. a. Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77

Wie in Rn. 38 des vorliegenden Urteils bereits ausgeführt, hat Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 die mit dem Massenbilanzsystem zusammenhängende Überprüfungsmethode jedoch nicht abschließend harmonisiert, so dass die Mitgliedstaaten vorbehaltlich dessen, dass sie die in Art. 18 Buchst. a bis c genannten allgemeinen Anforderungen einzuhalten haben, einen bedeutenden Gestaltungsspielraum behalten, wenn sie die konkreten Bedingungen, unter denen die Wirtschaftsteilnehmer ein solches System verwenden sollen, genauer bestimmen sollen.

78

Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten bei dieser Umsetzung von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 insbesondere Art. 34 AEUV zu beachten haben, wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat.

79

Was als Erstes das Vorliegen einer Behinderung des Handels im Sinne des Art. 34 AEUV anbelangt, ist festzustellen, dass die streitige Anweisung zumindest mittelbar und potenziell die Einfuhren von nachhaltigem Biogas nach Schweden aus anderen Mitgliedstaaten im Sinne der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung behindern kann.

80

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 75, 76 und 78 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat die besagte Anweisung nämlich zur Folge, dass ein Ausgleich der Massenbilanz des über nationale Gasverbundnetze eingeführten nachhaltigen Biogases verhindert wird, und daher, dass ausgeschlossen wird, dass dieses Biogas, nachdem es auf diese Weise in Schweden eingeführt wurde, die Nachhaltigkeitseigenschaften behalten kann, die es ihm ermöglichen, eine vorteilhafte Steuerregelung zu beanspruchen, die in dem Mitgliedstaat für den Verbrauch von nachhaltigen Biokraftstoffen gilt.

81

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Energieagentur sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass nachhaltiges Biogas aus anderen Mitgliedstaaten diesen Steuervorteil in Schweden beanspruchen könne, und zwar, wenn es in diesen Mitgliedstaat mit Transportmitteln – z. B. über die Straße – befördert werde, bei denen das nachhaltige Biogas nicht zwangsläufig mit anderen Gaslieferungen vermischt werde. Folglich verhindert nur die sich aus der streitigen Anweisung und aus § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur ergebende Unmöglichkeit, bei Einfuhren über nationale Gasverbundnetze die Massenbilanz auszugleichen, dass das so eingeführte nachhaltige Biogas in den Genuss des Steuervorteils kommt.

82

Hinsichtlich der Möglichkeit der Verwendung anderer Beförderungsarten ist darauf hinzuweisen, dass der Transport über nationale Gasverbundnetze im Allgemeinen und wegen seiner Kosten unstreitig die einzige grenzüberschreitende Beförderungsart darstellt, die für die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer wirklich konkurrenzfähig ist.

83

Was schließlich den Umstand anbelangt, dass die Energieagentur sich dazu bereit erklärt, die Nachhaltigkeit des Biogases anzuerkennen, das über nationale Gasverbundnetze in Schweden eingeführt wird, sofern diese Einfuhr im Kontext der von der Kommission gemäß Art. 18 Abs. 4 der Richtlinie 2009/28 genehmigten freiwilligen nationalen oder internationalen Systeme stattfindet, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen äußerst vage ist. Denn die Energieagentur hat vor dem Gerichtshof nicht dargetan, wie die so genehmigten Systeme, auf die sie sich bezogen hat, konkret geeignet sein sollen, es E.ON Biofor zu erlauben, Gemische von nachhaltigem Biogas in solchen Netzen unter Einhaltung der Anforderungen des Massenbilanzsystems herzustellen. Zudem hat E.ON Biofor, wie der Generalanwalt in Nr. 79 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, ohne dass ihr die Energieagentur insoweit widersprochen hat, dass der etwaige Einsatz eines solchen genehmigten freiwilligen Systems ihr zusätzliche Kosten verursachen würde.

84

Da die Behinderung des Handels somit erwiesen ist, ist als Zweites gemäß der in Rn. 46 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob die der Behinderung zugrunde liegende nationale Maßnahme dennoch durch einen der in Art. 36 AEUV genannten Gründe des Allgemeininteresses oder durch zulässige zwingende Erfordernisse wie den Umweltschutz gerechtfertigt sein kann und ob sie den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit genügt.

85

Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Erzeugung von Biogas, die durch eine nationale Regelung wie diejenige, zu der § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur gehört, letztlich gefördert werden soll, grundsätzlich dem Umweltschutz dient. Denn diese Regelung soll im Einklang mit den Zielen, die mit der Richtlinie 2009/28 und insbesondere ihren Art. 17 und 18 insoweit verfolgt werden, deren konkrete Umsetzung sie gewährleisten soll, zur Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen beitragen, die zu den Hauptursachen der Klimaänderungen zählen, zu deren Bekämpfung sich die Union und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet haben (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86

Was speziell die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 harmonisierten Nachhaltigkeitskriterien anbelangt, deren Beachtung eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende grundsätzlich sicherstellen soll, wird im 65. Erwägungsgrund der Richtlinie hervorgehoben, dass diese Kriterien gewährleisten sollen, dass Biokraftstoffe, die dafür verwendet werden, die Ziele der Richtlinie zu erreichen, wirklich nachhaltig sind.

87

Wie im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28 ganz allgemein hervorgehoben wird, bietet die Nutzung landwirtschaftlicher Materialien wie Dung, Gülle sowie anderer tierischer und organischer Abfälle zur Erzeugung von Biogas aufgrund des hohen Einsparpotenzials bei Treibhausgasemissionen signifikante Umweltvorteile sowohl bei der Wärme- und Elektrizitätserzeugung als auch bei der Verwendung als Biokraftstoff.

88

In diesem Sinne ist, wie u. a. im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28 dargelegt wird, die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energiequellen eines der wesentlichen Elemente des Maßnahmenbündels, das zur Verringerung dieser Emissionen und zur Einhaltung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen sowie der zur Senkung der Treibhausgasemissionen über das Jahr 2012 hinaus eingegangenen weiteren Verpflichtungen auf Ebene der Union und auf internationaler Ebene benötigt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89

Wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, bezweckt eine solche vermehrte Nutzung zugleich den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen, der in Art. 36 AEUV unter den Gründen des Allgemeininteresses aufgeführt ist (Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90

Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die nationalen Behörden nach ständiger Rechtsprechung dartun müssen, dass die von ihnen eingeführte Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs erforderlich ist, um die betreffenden Ziele zu erreichen, und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Daher müssen die nationalen Behörden, wenn sie einen Rechtfertigungsgrund für eine Beschränkung des freien Warenverkehrs geltend machen, konkret dartun, dass ein Grund des Allgemeininteresses vorliegt und dass die Maßnahme hinsichtlich des verfolgten Ziels verhältnismäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2003, ATRAL, C‑14/02, EU:C:2003:265, Rn. 67 bis 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91

Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass die Energieagentur vor dem Gerichtshof nicht nachgewiesen hat, dass eine Maßnahme wie die streitige Anweisung, die auf der Grundlage von § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur erlassen wurde, diesen Anforderungen genügt.

92

Insoweit ist zu beachten, dass nach diesem § 3 die Massenbilanz „innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs“ ausgeglichen sein muss und dass die Energieagentur beim Erlass der streitigen Anweisung angenommen hat, dass nationale Gasverbundnetze wie diejenigen zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden keinen solchen eindeutig abgegrenzten Bereich darstellten.

93

Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht und die Energieagentur vor dem Gerichtshof bestätigt hat, besteht deren Auslegungspraxis dagegen darin, dass der Umstand der Einspeisung von nachhaltigem Biogas in das nationale schwedische Gasnetz nicht verhindere, dass die Massenbilanz in Bezug auf dieses Biogas ausgeglichen sei.

94

Es ist jedoch festzustellen, dass es der Energieagentur nicht gelungen ist, objektiv zu erläutern, wie zum einen angenommen werden konnte, dass das nationale schwedische Gasnetz, in dem verschiedene Biogasarten vermischt sind, einen „eindeutig abgegrenzten Bereich“ im Sinne von § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur darstelle, und zum anderen, dass, wenn es sich um Gasnetze anderer Mitgliedstaaten oder um nationale Gasverbundnetze handelt, diese Gasnetze einzeln oder zusammen betrachtet keinen „eindeutig abgegrenzten Bereich“ darstellten.

95

Darüber hinaus hat die Energieagentur in ihren schriftlichen Erklärungen und in der mündlichen Verhandlung auch mehrfach geltend gemacht, dass sie, wenn nachhaltiges Biogas, das über nationale Gasverbundnetze eingeführt werde, durch von der Kommission gemäß Art. 18 Abs. 4 der Richtlinie 2009/28 genehmigte freiwillige nationale oder internationale Systeme geschützt sei, keine Einwände gegen die Anerkennung der Nachhaltigkeit des auf diese Weise aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Biogases habe, womit sie anzuerkennen scheint, dass der Umstand, dass nachhaltiges Biogas in diesen Netzen vermischt wird, nicht verhindert, dass in Bezug auf das so hergestellte Gemisch eine Massenbilanz erstellt wird.

96

Hinsichtlich der von der Energieagentur zur Rechtfertigung der streitigen Anweisung ebenfalls vorgetragenen Erklärung, dass es keine europäische Behörde gebe, die in der Lage sei, den von nationalen Gasverbundnetzen gebildeten Raum zu kontrollieren, ist erstens festzustellen, dass sich die Erklärung von der Rechtsgrundlage entfernt, die die Energieagentur für die streitige Anweisung ausdrücklich angegeben hat und die auf das Fehlen eines „eindeutig abgegrenzten Bereichs“ im Sinne von § 3 in Kapitel 3 der Vorschriften von 2011 der Energieagentur gestützt ist.

97

Unabhängig von dieser Unbeständigkeit vermag die Erklärung zweitens auch nicht zu überzeugen. Denn wie aus § 1a in Kapitel 3 des Gesetzes Nr. 598 hervorgeht, haben die Wirtschaftsteilnehmer, die sich auf die Nachhaltigkeit des von ihnen vermarkteten Biogases berufen, insbesondere durch direkte oder indirekte Vereinbarungen mit allen Betreibern der gesamten Produktionskette und durch Einrichtung eines Überprüfungssystems, das von einem unabhängigen Prüfer kontrolliert wird, der festzustellen hat, dass es genau, zuverlässig und betrugssicher ist, zu gewährleisten, dass das Biogas, für das sie einen Steuervorteil beantragen, tatsächlich die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 vorgeschriebenen Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.

98

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 89 und 90 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es nicht ersichtlich, und die Energieagentur hat dies auch nicht dargetan, dass ihr es unmöglich wäre, sich von der Nachhaltigkeit des aus anderen Mitgliedstaaten über nationale Gasverbundnetze eingeführten Biogases dadurch zu vergewissern, dass sie von den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern die Vorlage der nach dem nationalen Recht erforderlichen Nachweise verlangt, wobei sie etwaige aus dem in den Herkunftsmitgliedstaaten der betreffenden Biogaslieferung eingerichteten Massenbilanzsystem stammende Angaben und Unterlagen berücksichtigt, und sich vergewissert, dass die Lieferung für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 genannten Zwecke nur einmal als dem Gemisch oder den Gemischen entnommen gilt, wie es das in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie eingerichtete Massenbilanzsystem verlangt.

99

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Energieagentur nicht dargetan hat, dass die auf der Grundlage von § 3 in Kapitel 3 ihrer Vorschriften von 2011 erlassene streitige Anweisung erforderlich wäre, um sich für die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 genannten Zwecke von der Nachhaltigkeit des aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Biogases zu vergewissern, so dass eine solche Maßnahme gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt und daher nicht gerechtfertigt sein kann.

100

Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht mitzuteilen, dass Art. 34 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer Anweisung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, mit der eine nationale Behörde ausschließen will, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf das in nationalen Gasverbundnetzen transportierte nachhaltige Biogas ein Massenbilanzsystem im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 einrichten kann, und zwar aufgrund einer von dieser Behörde erlassenen Bestimmung, nach der diese Massenbilanz „innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs“ ausgeglichen sein muss, obgleich die Behörde auf der Grundlage dieser Bestimmung gestattet, dass für das im nationalen Gasnetz des Mitgliedstaats dieser Behörde transportierte nachhaltige Biogas ein Massenbilanzsystem eingerichtet werden kann.

Kosten

101

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG ist dahin auszulegen, dass er keine Pflicht zulasten der Mitgliedstaaten begründen soll, Einfuhren von Biogas, das die in Art. 17 der Richtlinie genannten Nachhaltigkeitskriterien erfüllt und als Biokraftstoff verwendet werden soll, über ihre nationalen Gasverbundnetze zu gestatten.

 

2.

Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 beeinträchtigen könnte.

 

3.

Art. 34 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Anweisung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, mit der eine nationale Behörde ausschließen will, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf das in nationalen Gasverbundnetzen transportierte nachhaltige Biogas ein Massenbilanzsystem im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 einrichten kann, und zwar aufgrund einer von dieser Behörde erlassenen Bestimmung, nach der diese Massenbilanz „innerhalb eines eindeutig abgegrenzten Bereichs“ ausgeglichen sein muss, obgleich die Behörde auf der Grundlage dieser Bestimmung gestattet, dass für das im nationalen Gasnetz des Mitgliedstaats dieser Behörde transportierte nachhaltige Biogas ein Massenbilanzsystem eingerichtet werden kann.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Schwedisch.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Europäischer Gerichtshof Urteil, 22. Juni 2017 - C-549/15

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