EUGH C-546/12

ECLI:ECLI:EU:C:2017:460
bei uns veröffentlicht am14.06.2017

Gericht

Europäischer Gerichtshof

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

14. Juni 2017(*)

„Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache C‑546/12 P-DEP

betreffend einen Antrag auf Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten nach Art. 145 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, eingereicht am 10. Februar 2016,

Gemeinschaftliches Sortenamt(CPVO), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. von Mühlendahl und H. Hartwig,

Kläger,

gegen

Ralf Schräder, wohnhaft in Lüdinghausen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Leidereiter,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. Berger sowie der Richter E. Levits (Berichterstatter) und F. Biltgen,


Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgenden

Beschluss

1        Die vorliegende Rechtssache betrifft die Festsetzung der Kosten, die dem Gemeinschaftlichen Sortenamt (CPVO) im Rahmen der Rechtssache C‑546/12 P entstanden sind.

2        In der vorgenannten Rechtssache hatte Herr Ralf Schräder am 28. November 2012 ein Rechtsmittel auf Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 18. September 2012, Schräder/CPVO – Hansson (LEMON SYMPHONY) (T‑133/08, T‑134/08, T‑177/08 und T‑242/09, EU:T:2012:430), eingelegt, mit dem das Gericht seine Klage gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer des CPVO vom 23. Januar 2009 (Sache A 010/2007) über einen Antrag auf Nichtigerklärung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes für die Sorte LEMON SYMPHONY abgewiesen hatte.

3        Der Gerichtshof hat dieses von Herrn Schräder eingelegte Rechtsmittel mit Urteil vom 21. Mai 2015, Schräder/CPVO (C‑546/12 P, EU:C:2015:332), zurückgewiesen und ihm neben seinen eigenen Kosten auch die Kosten des CPVO auferlegt.

4        Da es zwischen dem CPVO und Herrn Schräder nicht zu einer Einigung über die Höhe der in diesem Verfahren entstandenen erstattungsfähigen Kosten gekommen ist, hat das CPVO den vorliegenden Antrag gestellt.

5        Außerdem hat das CPVO beantragt, Herrn Schräder die Kosten des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens aufzuerlegen.

 Vorbringen der Parteien

6        Das CPVO beantragt, die erstattungsfähigen Kosten auf einen Betrag von 20 930,15 Euro festzusetzen, der sich folgendermaßen zusammensetzt:

–        18 300 Euro für das Honorar von Rechtsanwalt von Mühlendahl, das aus 13 000 Euro für die Abfassung der Rechtsmittelbeantwortung (32,5 Stunden zu einem Stundensatz von 400 Euro), 2 800 Euro für die Abfassung der Gegenerwiderung (7 Stunden zu einem Stundensatz von 400 Euro) und 2 500 Euro für die mündliche Verhandlung (6,25 Stunden zu einem Stundensatz von 400 Euro) besteht,

–        73,79 Euro für Auslagen,

–        1 356,36 Euro für Reisekosten und

–        1 200 Euro für das Honorar von Rechtsanwalt von Mühlendahl für das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren.

7        Herr Schräder ist der Auffassung, dass der Antrag auf Kostenfestsetzung insgesamt zurückzuweisen sei, da die beanspruchten Kosten für das Verfahren nicht objektiv notwendig gewesen seien.

8        Zum einen habe das Verfahren keine neue Rechtsfrage aufgeworfen und für das CPVO keine wirtschaftliche Bedeutung aufgewiesen.

9        Zum anderen hätten nicht wenige der zur Stützung des Antrags vorgelegten Rechnungen keine Aufschlüsselung des zeitlichen Umfangs der von den Vertretern des CPVO erbrachten Leistungen enthalten.

 Würdigung durch den Gerichtshof

10      Nach Art. 144 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf Verfahren, die ein Rechtsmittel zum Gegenstand haben, anwendbar ist, gelten als erstattungsfähige Kosten die „Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise‑ und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“.

11      Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift geht hervor, dass die Vergütung eines Anwalts zu den notwendigen Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift gehört und dass nur die Kosten erstattungsfähig sind, die für das Verfahren vor dem Gerichtshof aufgewendet wurden und die dafür notwendig waren (Beschluss vom 25. Februar 2016, Gamesa Eólica/Enercon, C‑35/14 P‑DEP, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:123, Rn. 14).

12      Die Festsetzung der im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Kosten hat nach Maßgabe dieser Kriterien zu erfolgen.

 Zu den Anwaltshonoraren

13      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs hat der Unionsrichter nicht die Vergütungen festzusetzen, die die Parteien ihren Anwälten schulden, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann (Beschluss vom 20. Juli 2016, Hansson/Schräder, C‑546/12 P-DEP, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:594, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Bei der Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag braucht der Gerichtshof somit insbesondere eine eventuelle Gebührenvereinbarung zwischen der betreffenden Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen nicht zu berücksichtigen (Beschluss vom 20. Juli 2016, Hansson/Schräder, C‑546/12 P-DEP, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:594, Rn. 16).

15      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung hat der Unionsrichter, da das Unionsrecht keine Gebührenordnung und keine Bestimmungen über den erforderlichen Arbeitsaufwand enthält, die Umstände des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie seinen Schwierigkeitsgrad, den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und die wirtschaftlichen Interessen der Parteien am Ausgang des Rechtsstreits zu berücksichtigen (Beschluss vom 20. Juli 2016, Hansson/Schräder, C‑546/12 P-DEP, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:594, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Im vorliegenden Fall ist zunächst in Bezug auf den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht und seinen Schwierigkeitsgrad festzustellen, dass es sich um ein Rechtsmittelverfahren handelte, das definitionsgemäß auf Rechtsfragen beschränkt ist und keine Tatsachenfeststellung zum Gegenstand hat.

17      Allerdings warf das Rechtsmittel neue Fragen in Bezug auf den Umfang des Ermessens auf, das das CPVO im Rahmen der nach Art. 55 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. 1994, L 227, S. 1) vorgesehenen technischen Prüfungen hat.

18      In diesem Zusammenhang war der Rechtsstreit sodann, auch wenn er für das CPVO keine wirtschaftliche Bedeutung aufwies, für dieses von besonderem rechtlichen Interesse, da am Ende des Verfahrens zur Hauptsache bestimmte Regeln der Beweislast und der Beweiserhebung sowie die Reichweite des Grundsatzes der Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen und des Anspruchs auf rechtliches Gehör in den Verfahren zur Erlangung von gemeinschaftlichem Sortenschutz geklärt wurden.

19      Was schließlich den Umfang der geleisteten Arbeit angeht, ist erstens darauf hinzuweisen, dass das von Herrn Schräder eingelegte Rechtsmittel sechs Rechtsmittelgründe umfasste, von denen sich die meisten auf Rechtsfragen bezogen. Jedoch wurde die Aufgabe der Anwälte des CPVO, die auf diese Rechtsmittelgründe zu antworten hatten, erleichtert, da sie dem CPVO bereits im Rahmen des Verfahrens im ersten Rechtszug beigestanden hatten.

20      Was zweitens den Zeitaufwand für die Erstellung der Rechtsmittelbeantwortung betrifft, können die in Rechnung gestellten 32,5 Stunden insgesamt nicht als für das Verfahren vor dem Gerichtshof objektiv notwendig angesehen werden, da zum einen die Anwälte des CPVO mit der Rechtssache vertraut waren und zum anderen der in Rede stehende Rechtsstreit für eine Rechtssache beim Gerichtshof keinen ungewöhnlichen Schwierigkeitsgrad aufwies. Darüber hinaus lässt die vom CPVO vorgelegte Rechnung – sieht man davon ab, dass die sieben Schritte, in denen die Rechtsmittelbeantwortung erstellt wurde, angegeben werden – weder die Aufschlüsselung der für jeden dieser Schritte in Rechnung gestellten Stunden noch den angesetzten Stundensatz erkennen. Die Möglichkeit des Unionsrichters, den Wert der Arbeit eines Anwalts zu beurteilen, hängt aber von der Genauigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen ab (Beschluss vom 10. Oktober 2013, CPVO/Schräder, C‑38/09 P-DEP, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:679, Rn. 32).

21      Unter diesen Umständen hält es der Gerichtshof für angemessen, den Betrag des erstattungsfähigen Anwaltshonorars für die Erstellung der Rechtsmittelbeantwortung auf 8 000 Euro festzusetzen.

22      Was drittens die Erstellung der Gegenerwiderung anbelangt, ist, abgesehen davon, dass die vom CPVO vorgelegte Rechnung weder Angaben dazu, wie sich die sieben für die einzelnen angegebenen Schritte in Rechnung gestellten Stunden aufteilen, noch zum anwendbaren Stundensatz enthält, festzustellen, dass sich diese Rechnung auf Leistungen für Übersetzungen in die englische Sprache bezieht, deren Notwendigkeit angesichts der Verfahrenssprache der Rechtssache durch keine vom CPVO vorgelegte Unterlage belegt wird.

23      Daher hält es der Gerichtshof für angemessen, den Betrag des erstattungsfähigen Anwaltshonorars für die Erstellung der Gegenerwiderung auf 1 600 Euro festzusetzen.

24      Viertens hält es der Gerichtshof für angemessen, den Betrag des erstattungsfähigen Anwaltshonorars für die Vorbereitung und die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung dessen, dass diese 90 Minuten gedauert hat, auf 1 300 Euro festzusetzen.

 Zu den Auslagen

25      Was zum einen die Reise- und Unterkunftskosten von 1 356,36 Euro betrifft, kann der in Anbetracht der Mehrkosten gegenüber dem von der betreffenden Fluggesellschaft gewöhnlich angewandten Tarif besonders hohe Preis eines Flugscheins, den eine durchschnittlich unterrichtete Person nicht hätte zahlen müssen, im Umfang dieser Mehrkosten nicht als vom Begriff der Aufwendungen, die für das Verfahren notwendig waren, im Sinne von Art. 144 Buchst. b der Verfahrensordnung erfasst angesehen werden. Dieser Grundsatz ist im vorliegenden Fall anzuwenden, da das CPVO den Preis des Rückflugscheins seines Bevollmächtigten damit rechtfertigt, dass kein anderer Platz zu einem günstigeren Tarif mehr verfügbar gewesen sei. Der Bevollmächtigte hat die Reservierung dieses Flugscheins aber am 28. März 2014, d. h. sieben Tage vor der Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof, an der er teilnahm, und mehr als einen Monat nach Erhalt der Ladung dazu vorgenommen.

26      Daher hält es der Gerichtshof für angemessen, die erstattungsfähigen Reise- und Aufenthaltskosten auf 750 Euro festzusetzen.

27      Was zum anderen die Auslagen in Höhe von 73,79 Euro für Kurierkosten anbelangt, wurden diese durch zwei Rechnungen belegt, deren Beträge nicht unverhältnismäßig erschienen. Sie sind daher als Auslagen erstattungsfähig.

 Zu den im vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten

28      Hinsichtlich der für das Betreiben des vorliegenden Verfahrens verlangten 1 200 Euro ist festzustellen, dass ein Kostenfestsetzungsantrag überwiegend standardisiert ist und grundsätzlich keine Schwierigkeit aufweist (Beschluss vom 20. Juli 2016, Hansson/Schräder, C‑546/12 P-DEP, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:594, Rn. 32).

29      Darüber hinaus bezieht sich ein Teil der beanspruchten Anwaltshonorare auf Leistungen des Bevollmächtigten des CPVO vor der Einreichung des vorliegenden Kostenfestsetzungsantrags.

30      Die finanzielle Forderung des CPVO erscheint daher unverhältnismäßig, und ihr kann nicht – zumindest nicht in vollem Umfang – als Forderung der für das vorliegende Verfahren objektiv notwendigen Kosten stattgegeben werden.

31      Unter diesen Umständen sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens für das CPVO nach billigem Ermessen auf 400 Euro festzusetzen.

32      Nach alledem erscheint es angemessen, den Gesamtbetrag der erstattungsfähigen Kosten einschließlich der Kosten für das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren auf 12 123,79 Euro festzusetzen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) beschlossen:

Der Gesamtbetrag der Kosten, die Herr Ralf Schräder dem Gemeinschaftlichen Sortenamt (CPVO) zu erstatten hat, wird auf 12 123,79 Euro festgesetzt.

Luxemburg, den 14. Juni 2017

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin der Zehnten Kammer

A. Calot Escobar

 

      M. Berger


*      Verfahrenssprache: Deutsch.

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