EUGH C-314/14

ECLI:ECLI:EU:C:2016:89
17.02.2016

Gericht

Europäischer Gerichtshof

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

17. Februar 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2010/13/EU — Art. 19 Abs. 1 — Trennung der Fernsehwerbung von anderen Sendungen — Split-Screen-Technik — Art. 23 Abs. 1 und 2 — Begrenzung der Fernsehwerbespots auf 20 % innerhalb einer vollen Stunde — Anzeigen über Sponsoring — Andere Verweise auf einen Sponsor — ‚Schwarze Sekunden‘“

In der Rechtssache C‑314/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Finnland) mit Entscheidung vom 27. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juli 2014, in dem Verfahren

Sanoma Media Finland Oy / Nelonen Media

gegen

Viestintävirasto

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

der griechischen Regierung, vertreten durch N. Dafniou und L. Kotroni als Bevollmächtigte,

der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Koskinen und A. Marcoulli als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Oktober 2015

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 19 Abs. 1 und 23 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95, S. 1, und Berichtigung ABl. L 263, S. 15).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sanoma Media Finland Oy / Nelonen Media (im Folgenden: Sanoma) und der Viestintävirasto (Regulierungsbehörde für Telekommunikation, im Folgenden: Regulierungsbehörde), bei dem es um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids ging, mit dem die Regulierungsbehörde feststellte, dass Sanoma die finnischen Rechtsvorschriften über Fernsehwerbung verletzt habe, und ihr aufgab, diesen Verstoß abzustellen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste hat die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 298, S. 23) kodifiziert und aufgehoben.

4

Die Erwägungsgründe 79, 81, 83, 85 und 87 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste lauten:

„(79)

… Dennoch sollten bei jeglicher audiovisueller kommerzieller Kommunikation nicht nur die Kennzeichnungsvorschriften, sondern auch qualitative Grundvorschriften beachtet werden, damit die anerkannten ordnungspolitischen Ziele erreicht werden können.

(81)

Aufgrund der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung haben die Nutzer eine immer größere Auswahl, damit aber auch eine größere Verantwortung bei der Nutzung audiovisueller Mediendienste. Damit die Ziele des Allgemeininteresses angemessen verwirklicht werden können, sollten etwaige Vorschriften eine ausreichende Flexibilität in Bezug auf Fernsehprogramme zulassen. Der Trennungsgrundsatz sollte auf Fernsehwerbung und Teleshopping beschränkt werden und die Produktplatzierung sollte unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden – sofern ein Mitgliedstaat nicht etwas anderes beschließt. Produktplatzierung, die den Charakter von Schleichwerbung hat, sollte jedoch verboten bleiben. Der Einsatz neuer Werbetechniken sollte durch den Trennungsgrundsatz nicht ausgeschlossen werden.

(83)

Um sicherzustellen, dass die Interessen der Verbraucher als Zuschauer umfassend und angemessen geschützt werden, ist es wesentlich, dass die Fernsehwerbung einer Reihe von Mindestnormen und Kriterien unterworfen wird und die Mitgliedstaaten das Recht behalten, ausführlichere oder strengere Bestimmungen und in bestimmten Fällen unterschiedliche Bedingungen für die ihrer Rechtshoheit unterworfenen Fernsehveranstalter einzuführen.

(85)

In Anbetracht der zunehmenden Möglichkeiten für die Zuschauer, durch den Einsatz neuer Technologien wie persönlicher digitaler Videorecorder und der zunehmenden Auswahl an Fernsehkanälen Werbung zu umgehen, sind detaillierte Vorschriften über Werbeeinschübe zum Schutz der Zuschauer nicht notwendig. Obwohl die zulässige Werbedauer pro Stunde nicht erhöht werden sollte, sollte die vorliegende Richtlinie den Fernsehveranstaltern eine größere Flexibilität im Hinblick auf Werbeeinschübe einräumen, sofern dadurch nicht der Zusammenhang der Sendungen in Frage gestellt wird.

(87)

Es sollte eine Beschränkung bei Fernsehwerbespots und Teleshoppingspots auf 20 % Werbezeit pro voller Stunde, anwendbar auch auf die Hauptsendezeiten, festgelegt werden. Der Begriff ‚Fernsehwerbespot‘ sollte als Fernsehwerbung im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe i mit einer Dauer von nicht mehr als 12 Minuten aufgefasst werden.“

5

Zu den in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie enthaltenen Begriffsbestimmungen gehören insbesondere:

„a)

‚audiovisueller Mediendienst‘[:]

i)

eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze … ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden Absatzes oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf gemäß der Definition unter Buchstabe g des vorliegenden Absatzes,

ii)

die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation;

b)

‚Sendung‘[:] eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind. Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele;

h)

‚audiovisuelle kommerzielle Kommunikation‘[:] Bilder mit oder ohne Ton, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen. Diese Bilder sind einer Sendung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten. Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen unter anderem Fernsehwerbung, Sponsoring, Teleshopping und Produktplatzierung;

i)

‚Fernsehwerbung‘[:] jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Fernsehen von einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern;

k)

‚Sponsoring‘[:] jede[r] Beitrag von nicht im Bereich der Bereitstellung von audiovisuellen Mediendiensten oder in der Produktion von audiovisuellen Werken tätigen öffentlichen oder privaten Unternehmen oder natürlichen Personen zur Finanzierung von audiovisuellen Mediendiensten oder Sendungen mit dem Ziel, ihren Namen, ihre Marke, ihr Erscheinungsbild, ihre Tätigkeiten oder ihre Leistungen zu fördern;

…“

6

Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten können Mediendiensteanbieter, die ihrer Rechtshoheit unterworfen sind, verpflichten, strengeren oder ausführlicheren Bestimmungen in den von dieser Richtlinie koordinierten Bereichen nachzukommen, sofern diese Vorschriften im Einklang mit dem Unionsrecht stehen.“

7

In Art. 10 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Gesponserte audiovisuelle Mediendienste oder Sendungen müssen folgenden Anforderungen genügen:

c)

die Zuschauer müssen eindeutig auf das Bestehen einer Sponsoring-Vereinbarung hingewiesen werden. Gesponserte Sendungen sind – beispielsweise durch den Namen, das Firmenemblem und/oder ein anderes Symbol des Sponsors, etwa einen Hinweis auf seine Produkte oder Dienstleistungen oder ein entsprechendes unterscheidungskräftiges Zeichen – in angemessener Weise zum Beginn, während und/oder zum Ende der Sendung eindeutig zu kennzeichnen.“

8

Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste sieht vor:

„Fernsehwerbung und Teleshopping müssen als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein. Unbeschadet des Einsatzes neuer Werbetechniken müssen Fernsehwerbung und Teleshopping durch optische und/oder akustische und/oder räumliche Mittel eindeutig von anderen Sendungsteilen abgesetzt sein.“

9

Art. 23 der Richtlinie sieht vor:

„(1)   Der Anteil von Fernsehwerbespots und Teleshopping-Spots an der Sendezeit darf innerhalb einer vollen Stunde 20 % nicht überschreiten.

(2)   Absatz 1 gilt nicht für Hinweise des Fernsehveranstalters auf eigene Sendungen und auf Begleitmaterialien, die direkt von diesen Sendungen abgeleitet sind, Sponsorenhinweise und die Produktplatzierung.“

10

Art. 26 der Richtlinie bestimmt:

„Unbeschadet des Artikels 4 können die Mitgliedstaaten für Fernsehprogramme, die ausschließlich für ihr eigenes Hoheitsgebiet bestimmt sind und weder unmittelbar noch mittelbar in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten öffentlich empfangen werden können, unter Einhaltung des Unionsrechts andere als die in Artikel 20 Absatz 2 und in Artikel 23 festgelegten Bedingungen vorsehen.“

Finnisches Recht

11

Die Richtlinie 89/552 wurde mit dem Gesetz 744/1998 über Rundfunk (Laki televisio- ja radiotoiminnasta 744/1998, im Folgenden: Gesetz 744/1998) in das finnische Recht umgesetzt.

12

Nach § 2 Nr. 16 des Gesetzes 744/1998 versteht man unter „kommerzieller Kommunikation“ u. a. Werbung und Sponsoring. Sponsoring und Werbung sind ihrerseits in den Nrn. 13 bzw. 14 dieses Artikels definiert. Aus Nr. 14 geht insbesondere hervor, dass man unter „Werbung“ eine Information, Erklärung oder andere Mitteilung versteht, die für gewöhnlich gegen Entgelt oder eine andere Gegenleistung über Fernsehen oder Rundfunk ausgestrahlt wird, die weder ein Sponsoring noch eine Produktplatzierung ist und die zum Ziel hat, den Absatz der Waren des Werbenden oder die Bekanntheit eines Werbenden zu fördern, der eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

13

Gemäß § 22 Abs. 1 dieses Gesetzes, der den Artikel der Richtlinie 89/552 umsetzt, der Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste entspricht, müssen Fernsehwerbung und Teleshopping durch optische oder akustische Mittel oder durch Teilung des Bildschirms (im Folgenden auch: Split‑Screen‑Technik) von audiovisuellen Programmen abgesetzt sein.

14

Gemäß § 26 Abs. 2 dieses Gesetzes, der den Artikel der Richtlinie 89/552 umsetzt, der Art. 10 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste entspricht, muss der Name oder das Zeichen des Sponsors zu Beginn oder am Ende gesponserter audiovisueller Programme oder Rundfunkprogramme deutlich gezeigt werden.

15

Gemäß § 29 Abs. 1 dieses Gesetzes, der den Artikel der Richtlinie 89/552 umsetzt, der Art. 23 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste entspricht, darf der Anteil von Werbung und Teleshopping an der Sendezeit innerhalb einer vollen Stunde zwölf Minuten nicht überschreiten. Aus Art. 12 Abs. 2 ergibt sich, dass diese Bestimmung u. a. nicht auf Sponsorenhinweise anwendbar ist.

16

Aus § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 des Gesetzes 744/1998 ergibt sich, dass die Regulierungsbehörde, wenn sie feststellt, dass eine Gesellschaft, die eine Fernsehsendetätigkeit oder Rundfunktätigkeit betreibt, die in diesem Gesetz vorgesehenen Bestimmungen verletzt, u. a. befugt ist, der fraglichen Gesellschaft aufzugeben, den Verstoß abzustellen.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17

Sanoma ist ein im Bereich der Bereitstellung von audiovisuellen Mediendiensten tätiges Unternehmen mit Sitz in Finnland. Ihre Dienste umfassen Fernsehsendungen, in deren Rahmen sie insbesondere zum einen Werbung ausstrahlt und zum anderen Sendungen, die gesponsert werden.

18

Um die Werbeunterbrechungen abzusetzen, die sie zwischen zwei Fernsehsendungen einfügt, bedient sich Sanoma der Technik der „Teilung des Bildschirms“ oder auch „Split-Screen-Technik“, die darin besteht, den Bildschirm nach dem Beginn des Programmabspanns einer Sendung in zwei Teile zu teilen, indem parallel dieser Abspann in einer Spalte und eine Programmtafel mit der Präsentation der nachfolgenden Sendungen in der anderen Spalte abgespielt werden. Zudem lässt Sanoma jedem im Rahmen dieser Unterbrechungen ausgestrahlten Werbespot schwarze Bilder mit einer Dauer von 0,4 bis 1 Sekunde vor- und nachfolgen, die als „schwarze Sekunden“ bezeichnet werden.

19

Wird eine von Sanoma ausgestrahlte Sendung gesponsert, kann dies sie im Übrigen dazu veranlassen, Zeichen, die sich auf eine natürliche oder juristische Person beziehen, die diese Sendung sponsert, nicht nur in der gesponserten Sendung selbst, sondern auch in Programmhinweisen zu dieser Sendung und in anderen Sendungen einzufügen.

20

Mit Bescheid vom 9. März 2012 stellte die Regulierungsbehörde fest, dass die verschiedenen Praktiken von Sanoma gegen einige Bestimmungen des Gesetzes 744/1998 verstießen, und gab ihr auf, diese Verstöße abzustellen.

21

In diesem Rahmen zog sie erstens den Schluss, dass Sanoma das Erfordernis der Trennung zwischen Werbung und Sendungen gemäß § 22 Abs. 1 dieses Gesetzes nicht eingehalten habe. In diesem Zusammenhang ist sie der Ansicht, dass die Anwendung der Technik, die darin besteht, die Programmtafel mit der Präsentation der nachfolgenden Sendungen in einem geteilten Bildschirm parallel zu dem Programmabspann am Ende der laufenden Sendung abspielen zu lassen, keine ausreichende Trennung zwischen dieser Sendung und der zwischen dieser und der folgenden Sendung eingefügten Werbung sicherstelle.

22

Zweitens gelangte die finnische Regulierungsbehörde zu dem Ergebnis, dass Sanoma zwölf Minuten und sieben Sekunden Werbung innerhalb einer vollen Stunde ausgestrahlt und daher gegen die gemäß § 29 Abs. 1 des Gesetzes 744/1998 maximal zulässige Sendezeit von 12 Minuten je Stunde verstoßen habe. Zu diesem Ergebnis kam sie, weil sie zum einen die Auffassung vertrat, dass die Ausstrahlung von Zeichen, die sich auf den Sponsor einer Sendung bezögen, außerhalb dieser Sendung selbst als Werbezeit einzustufen sei. Zum anderen ging sie davon aus, dass die „schwarzen Sekunden“, die Sanoma zwischen einer Werbeunterbrechung und der ihr vorangehenden Sendung einfüge, als Teil dieser Sendung anzusehen seien, dass aber die „schwarzen Sekunden“, mit denen die Spots, aus denen diese Werbeunterbrechung bestehe, voneinander getrennt würden und diejenigen, die zwischen dieser Werbeunterbrechung und der folgenden Sendung eingefügt würden, als Werbezeit zu zählen seien.

23

Drittens und letztens gab die Regulierungsbehörde Sanoma auf, die Technik zu ändern, die sie verwende, um die von ihr ausgestrahlten Fernsehsendungen von den zwischen diesen Sendungen eingefügten Werbeunterbrechungen zu trennen. Zudem verpflichtete sie Sanoma, bei der Berechnung der Zeit, die zur Ausstrahlung von Fernsehwerbung bestimmt ist, zum einen die Sponsorenzeichen, die außerhalb der Sendungen, die Gegenstand dieses Sponsorings sind, ausgestrahlt werden, und zum anderen die „schwarzen Sekunden“ zu berücksichtigen, die zwischen den einzelnen, während einer Werbeunterbrechung ausgestrahlten Werbespots sowie zwischen dieser Unterbrechung und der folgenden Sendung eingefügt werden.

24

Sanoma erhob Klage auf Aufhebung dieses Bescheids der Regulierungsbehörde beim Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki), das diese mit Entscheidung vom 9. April 2013 abwies. Das Gericht war zunächst der Ansicht, dass die Anwendung eines geteilten Bildschirms zwischen zwei verschiedenen Fernsehsendungen (der, die endet, und der, die ihr folgt) nicht das Erfordernis der Trennung zwischen Werbung und Sendungen nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes 744/1998 erfülle. Sodann stellte es fest, dass die Ausstrahlung von Zeichen, die sich auf einen Sponsor bezögen, außerhalb der von diesem gesponserten Sendung dazu führe, die in § 29 Abs. 1 dieses Gesetzes vorgesehene maximale Sendezeit für Werbung je Stunde zu umgehen, wenn sie bei der Berechnung der Zeiten der von den Mediendiensteanbietern ausgestrahlten Werbung nicht berücksichtigt werde. Das Gericht entschied schließlich, dass es dem Gesetz 744/1998 nicht widerspreche, die einer Werbeunterbrechung folgenden „schwarzen Sekunden“ als Werbezeit anzusehen.

25

Sanoma legte Rechtsmittel gegen diese Entscheidung beim Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) ein, das sich nach der Auslegung der Art. 19 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 und 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden fragt, um selbst den Sinn und den Umfang der Bestimmungen des Gesetzes 774/1998 bestimmen zu können, gegen die Sanoma nach Ansicht der Regulierungsbehörde und des Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki) verstoßen hat.

26

Unter diesen Umständen hat das Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, dahin auszulegen, dass er einer Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die Teilung des Bildschirms nicht als Werbetrenner angesehen wird, mit dem das audiovisuelle Programm von der Fernsehwerbung abgesetzt wird, wenn ein Teil des Bildschirms dem Programmabspann und ein anderer Teil der Präsentation der nachfolgenden Sendungen des Kanals eines Rundfunkveranstalters durch eine Programmtafel vorbehalten ist und weder in dem geteilten Bildschirm noch danach ein akustisches oder optisches Mittel ausgestrahlt wird, das ausdrücklich den Beginn einer Werbeunterbrechung anzeigt?

2.

Ist unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste den Charakter einer Mindestregelung hat, Art. 23 Abs. 2 dieser Richtlinie unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, dahin auszulegen, dass es hiermit nicht vereinbar ist, Sponsorenzeichen, die im Zusammenhang mit anderen als den gesponserten Programmen ausgestrahlt werden, als „Werbespots“ im Sinne von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie einzustufen, die in die maximal zulässige Werbezeit einzuberechnen sind?

3.

Ist unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste den Charakter einer Mindestregelung hat, der Begriff „Werbespots“ in Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie in Verbindung mit der die maximal zulässige Werbezeit beschreibenden Wendung „darf der Anteil … an der Sendezeit innerhalb einer vollen Stunde 20 % nicht überschreiten“ unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, dahin auszulegen, dass es hiermit nicht vereinbar ist, die „schwarzen Sekunden“ zwischen einzelnen Werbespots und am Ende einer Werbeunterbrechung der Werbezeit zuzurechnen?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

27

Zunächst ist festzuhalten, dass aus der Vorlageentscheidung zum einen hervorgeht, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften vorschreiben, dass über den geteilten Bildschirm hinaus nicht gefordert werden darf, dass ein besonderes akustisches und/oder optisches Signal verwendet wird, um die Sendung, die endet, von der Werbeunterbrechung, die ihr nachfolgt, zu trennen, und zum anderen, dass das vorlegende Gericht der Auffassung ist, dass in diesem Zusammenhang nur dann zusätzliche Anforderungen zulässig wären, wenn diese in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste festgelegt wären.

28

Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage wissen möchte, ob Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach es zulässig ist, dass ein geteilter Bildschirm, in dem der Programmabspann einer Fernsehsendung in einer Spalte und eine Programmtafel mit der Präsentation der nachfolgenden Sendungen des Diensteanbieters in einer anderen Spalte angezeigt werden, um die Sendung, die endet, von der Fernsehwerbeunterbrechung, die ihr nachfolgt, zu trennen, nicht zwingend mit einem akustischen oder optischen Signal verbunden ist oder von ihm gefolgt wird.

29

Art. 19 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste sieht vor, dass Fernsehwerbung und Teleshopping als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein müssen. Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 müssen unbeschadet des Einsatzes neuer Werbetechniken Fernsehwerbung und Teleshopping durch optische und/oder akustische und/oder räumliche Mittel eindeutig von anderen Sendungsteilen abgesetzt sein.

30

Der erste Satz dieser Bestimmung enthält also zwei grundsätzliche Anforderungen, nämlich zum einen, dass Fernsehwerbung und Teleshopping als solche leicht erkennbar sind, und zum anderen, dass sie vom redaktionellen Inhalt und daher von den Fernsehsendungen unterscheidbar sein sollen.

31

Diese Anforderungen sind unter Berücksichtigung der im 83. Erwägungsgrund der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste genannten Zielsetzung auszulegen.

32

Dort heißt es u. a., dass es, um sicherzustellen, dass die Interessen der Verbraucher als Zuschauer umfassend und angemessen geschützt werden, wesentlich ist, dass die Fernsehwerbung einer Reihe von Mindestnormen und Kriterien unterworfen wird.

33

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste gewährt den Mitgliedstaaten allerdings ausdrücklich die Möglichkeit, ausführlichere oder strengere Bestimmungen als in dieser Richtlinie festzulegen, sofern diese im Einklang mit dem Unionsrecht stehen.

34

Im Licht des 83. Erwägungsgrundes der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ist Art. 19 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie so zu verstehen, dass er den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringt, den umfassenden und angemessenen Schutz der Interessen der Verbraucher als Zuschauer sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteile Österreichischer Rundfunk, C‑195/06, EU:C:2007:613, Rn. 26 und 27, und Kommission/Spanien, C‑281/09, EU:C:2011:767, Rn. 46).

35

Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste präzisiert die Tragweite der in dessen Satz 1 aufgestellten Norm, indem er die verschiedenen Mittel auflistet, deren Verwendung die Mitgliedstaaten vorsehen können, um ihre Einhaltung sicherzustellen.

36

Wie insbesondere aus der doppelten Verwendung von „und/oder“ hervorgeht, lässt dieser zweite Satz den Mitgliedstaaten die Möglichkeit offen, einige dieser Mittel auszuwählen und andere auszuschließen.

37

Folglich müssen Fernsehwerbung und Teleshopping zwar unter Anwendung der einzelnen in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste aufgezählten Mittel klar von den Fernsehsendungen getrennt werden. Diese Mittel müssen aber gemäß dieser Bestimmung nicht kumulativ angewendet werden. Wenn nämlich schon mit einem von ihnen, sei es optisch, akustisch oder räumlich, sichergestellt werden kann, dass die Anforderungen, die sich aus Art. 19 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie ergeben, in vollem Umfang eingehalten werden, brauchen die Mitgliedstaaten nicht den kombinierten Einsatz dieser Mittel vorzusehen.

38

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Technik darin besteht, eine Sendung, die endet, von einer Fernsehwerbeunterbrechung, die ihr nachfolgt, durch einen geteilten Bildschirm dergestalt zu trennen, dass sie diese Trennung im Wesentlichen räumlich sicherstellt.

39

Sofern die Verwendung dieses Mittels für sich genommen den beiden Anforderungen genügt, die sich aus der Norm in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ergeben, ist es nicht erforderlich, dass ein solches Mittel mit anderen, insbesondere akustischen oder optischen, Mitteln der Trennung kombiniert wird oder von diesen gefolgt wird. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies der Fall ist.

40

Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, wonach es zulässig ist, dass ein geteilter Bildschirm, in dem der Programmabspann einer Fernsehsendung in einer Spalte und eine Programmtafel mit der Präsentation der nachfolgenden Sendungen des Diensteanbieters in einer anderen Spalte angezeigt wird, um die Sendung, die endet, von der Fernsehwerbeunterbrechung, die ihr nachfolgt, zu trennen, nicht zwingend mit einem akustischen oder optischen Signal verbunden ist oder von ihm gefolgt wird, vorausgesetzt, dass ein solches Mittel der Trennung allein die in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Zur zweiten Frage

41

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass Sponsorenzeichen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Zusammenhang mit anderen als den gesponserten Programmen ausgestrahlt werden, in die in Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegte maximal zulässige Sendezeit für Werbung innerhalb einer vollen Stunde einzuberechnen sind.

42

Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste sieht vor, dass der Anteil von Fernsehwerbespots und Teleshopping-Spots an der Sendezeit innerhalb einer vollen Stunde 20 % nicht überschreiten darf.

43

Abs. 2 dieses Artikels stellt jedoch klar, dass sein Abs. 1 u. a. nicht auf Sponsorenhinweise anwendbar ist.

44

Da der Wortlaut von Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste den Sinn und die Bedeutung des Ausdrucks „Sponsorenhinweise“ nicht klarstellt, ist dieser Ausdruck unter Berücksichtigung des Kontextes, in den er sich einfügt, und des von dieser Richtlinie verfolgten Ziels auszulegen.

45

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. h und k der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste das Sponsoring eine der Formen der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation ist, mit der eine andere natürliche oder juristische Person als der Mediendiensteanbieter oder ein Produzent von audiovisuellen Werken zur Finanzierung von audiovisuellen Mediendiensten oder Sendungen beiträgt, mit dem Ziel, ihren Namen, ihre Marke, ihr Erscheinungsbild, ihre Tätigkeiten oder ihre Leistungen zu fördern.

46

Sodann sieht Art. 10 Abs. 1 dieser Richtlinie, der die Bedingungen, die das Sponsoring erfüllen muss, nennt, u. a. in Buchst. c vor, dass die Zuschauer eindeutig auf das Bestehen einer Sponsoring-Vereinbarung hingewiesen werden müssen und dass gesponserte Sendungen durch Symbole des Sponsors, Hinweise auf seine Produkte oder Dienstleistungen oder andere unterscheidungskräftige Zeichen eindeutig zu kennzeichnen sind.

47

Der Zusammenschau dieser Vorschriften ist zu entnehmen, dass die Symbole, Hinweise oder anderen unterscheidungskräftigen Zeichen betreffend einen Sponsor eng mit dem Dienst oder der Sendung, der oder die von diesem Sponsor finanziert oder mitfinanziert wurde, verbunden sein müssen, da der Beitrag eines Sponsors ausschließlich darin besteht, zur Finanzierung eines Dienstes oder einer Sendung beizutragen.

48

Aus diesem Grund sind diese Symbole, Hinweise oder anderen unterscheidungskräftigen Zeichen, die sich auf den Sponsor beziehen, im Hinblick auf die gesponserten Sendungen, wie es Art. 10 Abs. 1 Buchst. c a. E. der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste auch ausdrücklich vorsieht, entweder zum Beginn, zum Ende oder während der gesponserten Sendung und daher nicht außerhalb dieser Sendung zu platzieren.

49

Die Einhaltung dieser Verpflichtung ist insbesondere im Interesse der Verbraucher als Zuschauer geboten. Sie soll zum einen die Verbraucher in die Lage versetzen, deutlich zu verstehen, dass eine Sendung – anders als eine nicht gesponserte Sendung – Gegenstand einer Sponsoring-Vereinbarung ist, und ihren Sponsor eindeutig zu identifizieren. Zum anderen verhindert sie, dass die in Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste festgelegte maximale Sendezeit für Fernsehwerbespots innerhalb einer vollen Stunde umgangen wird.

50

Wenn Sponsorenhinweise oder ‑zeichen nicht die Bedingung erfüllen, wonach sie zum Beginn, zum Ende oder während der gesponserten Sendung zu platzieren sind, können sie daher nicht unter Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste fallen, da diese Bestimmung nur die im Rahmen der gesponserten Sendung platzierten Sponsorenhinweise betrifft.

51

Daher bleibt Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in der in der vorhergehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannten Situation gegenüber diesen Zeichen oder Hinweisen anwendbar.

52

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass auf die zweite Frage zu antworten ist, dass Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste dahin auszulegen ist, dass Sponsorenzeichen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Zusammenhang mit anderen als den gesponserten Sendungen ausgestrahlt werden, in die in Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegte maximal zulässige Sendezeit für Werbung innerhalb einer vollen Stunde einzuberechnen sind.

Zur dritten Frage

53

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste den Charakter einer Mindestregelung hat, Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er es verbietet, „schwarze Sekunden“, die zwischen den einzelnen Spots einer Fernsehwerbeunterbrechung oder zwischen dieser Unterbrechung und dem Fernsehprogramm, das dieser nachfolgt, eingefügt sind, in die maximal zulässige Sendezeit für Fernsehwerbung von 20 % innerhalb einer vollen Stunde einzuberechnen, die dieser Artikel festlegt.

54

Nach Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste darf der Anteil von Fernsehwerbespots und Teleshopping-Spots an der Sendezeit innerhalb einer vollen Stunde 20 % nicht überschreiten.

55

Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht eindeutig hervor, dass sie sich auf die Festlegung einer maximal zulässigen Sendezeit, also einer Obergrenze, für Fernsehwerbespots und Teleshopping-Spots innerhalb einer vollen Stunde beschränkt. Allerdings steht es den Mitgliedstaaten frei, wie in Rn. 33 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eine strengere Bestimmung zu erlassen und daher eine maximale Sendezeit für solche Spots unterhalb dieser Obergrenze festzulegen.

56

Aus der Vorlageentscheidung geht jedoch hervor, dass es im Ausgangsverfahren, wie in Rn. 15 des vorliegenden Urteils ausgeführt, um nationale Rechtsvorschriften geht, die vorsehen, dass der Anteil an Werbesendungen und Teleshopping eine Obergrenze nicht überschreiten darf, die genau derjenigen in Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste entspricht, und in denen somit nicht von der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht worden ist.

57

In diesem Zusammenhang lässt sich allein anhand des Wortlauts von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste nicht ermitteln, ob diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass sie in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren vorschreibt, „schwarze Sekunden“ wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden in die von ihr aufgestellte Grenze von 20 % einzuberechnen.

58

Daher ist der Status solcher „schwarzen Sekunden“ im Hinblick auf die Zielsetzung von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zu bestimmen.

59

Da Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste darauf abzielt, die Sendezeit für Fernsehwerbespots und Teleshopping innerhalb einer vollen Stunde zu begrenzen, folgt diese Bestimmung implizit, aber notwendigerweise der Absicht des Unionsgesetzgebers, das ordnungsgemäße Erreichen des wesentlichen Ziels dieser Richtlinie sicherzustellen, das darin besteht, die Verbraucher als Zuschauer gegen übermäßige Fernsehwerbung zu schützen (vgl. in diesem Sinne Urteil Sky Italia, C‑234/12, EU:C:2013:496, Rn. 17).

60

Daher ist diese Bestimmung so auszulegen, dass sie es den Mitgliedstaaten nicht erlaubt, die Mindestsendezeit, die für die Ausstrahlung von Sendungen oder anderen redaktionellen Inhalten bestimmt ist, zugunsten von Werbeelementen auf unter 80 % innerhalb einer vollen Stunde – die in diesem Artikel implizit bestätigte Grenze – herabzusetzen.

61

Wenn ein Mitgliedstaat wie im vorliegenden Fall die Sendezeit für die Ausstrahlung von Fernsehwerbung nicht strenger begrenzt als in Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste festgelegt, würde der Wille des Unionsgesetzgebers verkannt, wenn „schwarze Sekunden“ wie die im Ausgangsverfahren, die sowohl die einzelnen Spots trennt, aus denen eine Fernsehwerbeunterbrechung besteht, als auch den letzten Spot und die Sendung, die dieser Unterbrechung nachfolgt, nicht als Sendezeit für die Ausstrahlung von Fernsehwerbung für die Zwecke dieser Bestimmung anzusehen wären. Dies würde nämlich dazu führen, die der Ausstrahlung von Sendungen und anderen redaktionellen Inhalten vorbehaltene Zeit unter die implizit in dieser Bestimmung garantierte Grenze um eine den „schwarzen Sekunden“ entsprechende Dauer herabzusetzen.

62

Daraus folgt, dass auf die dritte Frage zu antworten ist, dass Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste für den Fall, dass ein Mitgliedstaat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine strengere Bestimmung als in diesem Artikel vorzusehen, nicht nur dahin auszulegen ist, dass er es nicht verbietet, „schwarze Sekunden“, die zwischen den einzelnen Spots einer Fernsehwerbeunterbrechung oder zwischen dieser Unterbrechung und der Fernsehsendung, die dieser nachfolgt, eingefügt sind, in die maximal zulässige Sendezeit für Fernsehwerbung von 20 % innerhalb einer vollen Stunde einzuberechnen, die dieser Artikel festlegt, sondern auch dahin, dass er eine solche Einberechnung vorschreibt.

Kosten

63

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, wonach es zulässig ist, dass ein geteilter Bildschirm, in dem der Programmabspann einer Fernsehsendung in einer Spalte und eine Programmtafel mit der Präsentation der nachfolgenden Sendungen des Diensteanbieters in einer anderen Spalte angezeigt wird, um die Sendung, die endet, von der Fernsehwerbeunterbrechung, die ihr nachfolgt, zu trennen, nicht zwingend mit einem akustischen oder optischen Signal verbunden ist oder von ihm gefolgt wird, vorausgesetzt, dass ein solches Mittel der Trennung allein die in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

2.

Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2010/13 ist dahin auszulegen, dass Sponsorenzeichen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Zusammenhang mit anderen als den gesponserten Sendungen ausgestrahlt werden, in die in Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegte maximal zulässige Sendezeit für Werbung innerhalb einer vollen Stunde einzuberechnen sind.

 

3.

Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13 ist nicht nur dahin auszulegen, dass er es für den Fall, dass ein Mitgliedstaat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine strengere Bestimmung als in diesem Artikel vorzusehen, nicht verbietet, „schwarze Sekunden“, die zwischen den einzelnen Spots einer Fernsehwerbeunterbrechung oder zwischen dieser Unterbrechung und der Fernsehsendung, die ihr nachfolgt, eingefügt sind, in die maximal zulässige Sendezeit für Fernsehwerbung von 20 % innerhalb einer vollen Stunde, die dieser Artikel festlegt, einzuberechnen, sondern auch dahin, dass er eine solche Einberechnung vorschreibt.

 

Unterschriften


( *1 )   Verfahrenssprache: Finnisch.

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Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 404/09
vom
27. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 27. Oktober 2009 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 3. Juni 2009 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte und wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Die Strafkammer hat die Verhängung einer Jugendstrafe sowohl wegen schädlicher Neigungen des Angeklagten als auch wegen der Schwere der Schuld für erforderlich gehalten (§ 17 Abs. 2 JGG). Zur Begründung hat es jeweils u. a. darauf abgestellt, dass der Angeklagte bereits einmal für einen Ver- stoß gegen die Rechtsordnung mit jugendrechtlichen Maßnahmen belegt worden sei bzw. bereits die Folgen eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung zu spüren bekommen habe.
3
Diese Erwägung wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach war der Angeklagte zwar vor der Verurteilung in dem hiesigen Verfahren von dem Amtsgericht S. wegen des Diebstahls von 200 € aus der Klassenkasse verwarnt und mit einer Wiedergutmachungspflicht belegt worden. Die Gründe des angefochtenen Urteils lassen jedoch nicht erkennen, wann diese Tat begangen wurde und ob die Verurteilung durch das Amtsgericht vor den hier verfahrensgegenständlichen Taten, die im Jahre 2007 begangen wurden, lag. Das mitgeteilte Aktenzeichen der amtsgerichtlichen Entscheidung ( Ds - 17/08) spricht dafür, dass die dortige Sache erst nach den hier abgeurteilten Taten beim Amtsgericht anhängig wurde.
4
Mit Blick auf die näheren Umstände des vorliegenden Falles - insbesondere die Intensität der Übergriffe auf die im Tatzeitraum erst fünf Jahre alte Geschädigte - ist zwar auszuschließen, dass die Annahme der Schwere der Schuld des Angeklagten durch das Landgericht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Jedoch hat sich dieses nicht ausschließbar auch bei der konkreten Bemessung der Jugendstrafe von der nicht belegten Erwägung leiten lassen , der Angeklagte habe schon vor den hiesigen Delikten zumindest eine andere Straftat begangen und sei bereits vor Erlass des hier angefochtenen Urteils jugendrechtlich sanktioniert worden. So hat es u. a. bei der Erörterung des Erziehungsbedarfs des Angeklagten ausgeführt, die Gesamtentwicklung lasse eine deutliche Steigerung von dessen Bereitschaft erkennen, auch "schwerste" Straftaten zu begehen.
5
Der Senat vermag entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift nicht dahin zu erkennen, dass die verhängte, nicht unerhebliche Jugendstrafe trotz des Rechtsfehlers angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a StPO ist. Diese Vorschrift gilt zwar grundsätzlich auch bei der Prüfung der Angemessenheit einer Jugendstrafe (vgl. BGH NStZ 2006, 587 f.); allerdings ist insoweit aufgrund der Besonderheiten bei der Zumessung einer jugendrechtlichen Sanktion eine gewisse Zurückhaltung des Revisionsgerichts geboten (so zu Recht Kuckein in KK 6. Aufl. § 354 Rdn. 26 g). Insbesondere mit Blick auf die weitere Entwicklung des zur Tatzeit 16 bzw. 17 Jahre alten Angeklagten und vor dem Hintergrund der in den Urteilsgründen mitgeteilten , plausibel begründeten Ausführungen des Sachverständigen, mit weiteren Sexualstraftaten des Angeklagten sei nicht zu rechnen, muss die Bestimmung der angemessenen Rechtsfolgen hier einem neuen Tatgericht vorbehalten bleiben.
Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Schäfer
5 StR 330/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2010

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 6. April 2010 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen aufzuerlegen. Er hat jedoch die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – einen Heranwachsenden – wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen, aufgrund von Reifeverzögerung Jugendstrafrecht angewendet und ihn wegen schädlicher Neigungen und der Schwere der Schuld unter Einbeziehung zweier weiterer Verurteilungen (Jugendstrafe von sechs Monaten und Einheitsjugendstrafe von drei Jahren) zu einer einheitlichen Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts zwang der Angeklagte während der Verbüßung der dreijährigen Jugendstrafe den damals 18 Jahre alten, „offensichtlich verschüchterten“ Geschädigten, der wegen Erschleichens von Leistungen erstmals eine Jugendstrafe verbüßte, unter Einsatz von Schlägen zur Durchführung des oralen und Duldung des analen Geschlechtsverkehrs.
3
1. Die Revision zum Schuldspruch bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.
4
2. Auch die Bemessung der Jugendstrafe hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
5
a) Die Urteilsgründe lassen hinreichend erkennen, dass dem Erziehungsgedanken im Rahmen der Strafzumessung die ihm zukommende Bedeutung eingeräumt worden ist und die wesentlichen erzieherischen Gesichtspunkte beachtet worden sind (§ 54 Abs. 1 Satz 1 JGG).
6
Entgegen der Ansicht der Revision bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht der ausdrücklichen Erörterung, welche erzieherischen Wirkungen die ab September 2009 vollzogene Untersuchungshaft auf den Angeklagten gehabt hat. Zwar kann eine erlittene Untersuchungshaft im Rahmen der Strafzumessung – freilich insbesondere bei bisher haftunerfahrenen Angeklagten – ein bestimmender Gesichtspunkt sein (vgl. BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8 und Strafzwecke 6; BGH NStZ 1984, 508; StV 1986, 68, 69; NStZ 1998, 86, 87). Deren erzieherische Bedeutung und damit korrespondierend eine mögliche Erörterungspflicht in den schriftlichen Urteilsgründen bestimmen sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls; dabei sind namentlich die Dauer der Untersuchungshaft, das Alter des Angeklagten, dessen persönliche Entwicklung und soziale Perspektiven von Bedeutung.
7
Hier stellte die mehr als sechs Monate vollzogene Untersuchungshaft insbesondere mit Blick auf die vorausgehenden bereits zweimaligen Verbüßungen von Jugendstrafen durch den im Zeitpunkt der Urteilsverkündung mehr als zwanzig Jahre alten Angeklagten, seinen auch im früheren Vollzug fortwährenden Rauschmittelkonsum und sein übriges Vollzugsverhalten sowie seine sonstige persönliche Entwicklung und seine fehlende familiäre Einbindung keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar (vgl. BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 6). Ersichtlich dauerten die tiefgreifenden Persönlichkeitsdefizite des aus zerrütteten familiären Verhältnissen stammenden (UA S. 3), ausbildungs- und beschäftigungslosen (UA S. 4) und teils erheblich wegen Gewaltdelikten vorbestraften Angeklagten trotz vorangegangenen Jugendstrafvollzugs und (wiederholt abgebrochener) Therapien auch bis unmittelbar vor Beginn der Untersuchungshaft an (UA S. 4, 11); dass die vollzogene – ohnehin faktisch begrenzte pädagogische Möglichkeiten eröffnende und in erster Linie verfahrenssichernden Zwecken dienende (vgl. BGHSt 37, 75, 77) – Untersuchungshaft nachhaltig auf den Angeklagten eingewirkt haben und deshalb eine niedrigere Jugendstrafe rechtfertigen könnte (vgl. § 18 Abs. 2 JGG; BGHSt 37, 75, 77 f.), liegt nach alledem hier fern.
8
Aus den dargestellten Gründen musste sich das Landgericht auch nicht etwa zur strengbeweislichen Einführung der die Vollstreckung der Untersuchungshaft dokumentierenden Urkunden gedrängt sehen; die insoweit erhobene Aufklärungsrüge ist daher jedenfalls unbegründet.
9
b) Zutreffend macht die Revision allerdings geltend, dass die Erledigung des Verfahrens teils in einer Weise verzögert worden ist, die mit den grundrechtlichen Gewährleistungen des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) und den konventionsrechtlichen Garantien aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK unvereinbar ist; zu einer dem Angeklagten günstigeren Rechtsfolgenbemessung führt dies gleichwohl nicht.
10
Der Senat stellt auf Grund des zutreffenden Sachvortrages der zulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobenen Verfahrensrüge fest, dass die Erledigung des Verfahrens gegen den Angeklagten gegen das Zügigkeitsgebot verstoßen hat. Der mehrere Monate umfassenden Sachbehandlung nach irrtümlich beim örtlich unzuständigen Gericht erhobenen Anklage durch die Staatsanwaltschaft und der damit ersichtlich nicht korrespondierenden Verfahrensförderung durch die Strafkammer entnimmt der Senat im Ergebnis eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von sechs Monaten. Eine über diese Feststellung hinausgehende Kompensation (vgl. hierzu EGMR EuGRZ 1983, 371; BVerfG [Kammer] NJW 2003, 2225, 2226; Tepperwien NStZ 2009, 1, 3 m.w.N.) der Konventionsverletzung etwa entsprechend den vom Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs in dessen Beschluss vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124, 129 ff.) entwickelten Grundsätzen ist hier mit Blick auf den besonders gravierenden Vorwurf, die schwierige Beweissituation und das noch überschaubare Ausmaß der Verzögerung auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung zügigen Prozessierens im Jugendstrafverfahren nicht erforderlich.
11
Der Senat kann nach der Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung dahinstehen lassen, ob eine weitergehende Kompensation im Wege des sogenannten Vollstreckungsmodells im Jugendstrafverfahren auch dann möglich wäre, wenn die Jugendstrafe neben der Schwere der Schuld auch auf das Vorliegen schädlicher Neigungen gestützt worden ist. Eine Übertragung des sogenannten Vollstreckungsmodells auf das Jugendstrafverfahren hat er anerkannt, sofern Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld verhängt worden ist (vgl. BGH NStZ 2010, 94, 95). Anders als der 3. Strafsenat (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 30, 15; dazu aber Eisenberg, JGG 14. Aufl. § 18 Rdn. 15 f. m.w.N.) – vor der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen (BGHSt 52, 124) – neigt der Senat dazu, die Frage zu bejahen.
Basdorf Schaal Schneider König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 178/13
vom
6. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: sexueller Nötigung u.a.
zu 2.: Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 20. Dezember 2012 unter Erstreckung auf die Mitangeklagte J. dahingehend abgeändert, dass
a) die Angeklagte N. der gefährlichen Körperverletzung und der sexuellen Nötigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
b) die Mitangeklagte J. der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Nötigung und mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision der Angeklagten und die Revision des Angeklagten R. werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat die Angeklagte N. und die nicht revidierende Mitangeklagte J. aufgrund verschiedener Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin u.a. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen verurteilt. Den Schuldsprüchen wegen dieses Delikts in den Fällen III.B.3. und III.B.4. der Urteilsgründe liegt folgendes tatsächliche Geschehen zugrunde:
2
1. Nachdem beide im Zusammenwirken mit dem Angeklagten R. und einem weiteren nicht revidierenden Mitangeklagten die Nebenklägerin über mehrere Stunden misshandelt und gedemütigt hatten, zwangen diese die Nebenklägerin unter Androhung von Schlägen, sich nackt in eine Badewanne zu stellen. Dort führte ihr die Mitangeklagte J. in Anwesenheit und mit Billigung der Angeklagten N. einen mit Gleitgel versehenen Vibrator in den Anus ein. Auf die dadurch hervorgerufenen Schmerzensschreie der Nebenklägerin reagierten sie mit lautem Gelächter (Fall III.B.3. der Urteilsgründe). Einige Zeit später brachten beide die Nebenklägerin unter Drohung mit Schlägen dazu, bei dem Angeklagten R. für einige Minuten den Oralverkehr auszuführen. Da sich bei diesem jedoch keine Erektion einstellte, wurde der weitere Vollzug abgebrochen (Fall III.B.4. der Urteilsgründe).
3
2. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. April 2013 zutreffend ausgeführt hat, belegen diese Feststellungen den Schuldspruch gegen die Angeklagte N. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen nicht. Nach der wesentlich auf den Wortlaut „der Täter“ in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB abstellenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht das genannte, eigenständig zu tenorierende Regelbeispiel nur derjenige Tatbe- teiligte, der in eigener Person eine der in der Vorschrift genannten sexuellen Handlungen verwirklicht (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2000 - 2 StR 635/99, NStZ-RR 2000, 326 und vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08, NStZ-RR 2009, 278). Tatbeteiligte, bei denen diese eigenhändige Verwirklichung nicht vorliegt, können nicht als Mittäter einer Vergewaltigung verurteilt werden (BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45). Die Angeklagte N. hat in keinem der beiden Fälle ein von den Sexualhandlungen der Vergewaltigung erfasstes Verhalten in eigener Person vollzogen.
4
Da jedoch nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen die Voraussetzungen einer sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB jeweils erfüllt waren, war der Schuldspruch entsprechend zu berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil die vollumfänglich geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
Angesichts der nach den festgestellten Gesamtumständen der sich über rund 24 Stunden erstreckenden Misshandlungen, Demütigungen und Erniedrigungen der Nebenklägerin ungewöhnlich niedrigen Strafe schließt der Senat aus, dass das Tatgericht zu einer noch geringeren Jugendstrafe gelangt wäre, wenn es in den Fällen III.B.3. und 4. der Urteilsgründe von sexuellen Nötigungen gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB statt von Vergewaltigungen gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen wäre.
6
3. Dass die Angeklagte N. im Fall III.B.3. der Urteilsgründe nicht zusätzlich wegen Nötigung gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, weil sie gemeinsam mit der Mitangeklagten J. die Nebenklägerin durch Drohung mit Misshandlungen dazu gezwungen hat, sich zeitlich vor der analen Penetration durch die Mitangeklagte J. den Vibrator selbst vaginal einzuführen, hat sich nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt.
7
4. Die Angriffe der Revision der Angeklagten N. gegen die Verhängung einer Jugendstrafe und deren Bemessung dringen nicht durch.
8
a) Der Senat teilt insbesondere nicht die Auffassung der Revision, der Anordnungsgrund der „Schwere der Schuld“ in § 17Abs. 2 JGG könne grund- sätzlich lediglich bei „Kapitalstrafsachen“ in Betracht kommen. Dies entspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch außerhalb dessen bei besonders schweren Straftaten, zu denen gravierende Sexualdelikte gehören können (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 - 3 StR 404/09, NStZ-RR 2010, 56 f. und vom 28. September 2010 - 5 StR 330/10, StV 2011, 588 f.), die Verhängung einer allein auf die Schwere der Schuld gegründeten Jugendstrafe zugelassen hat (etwa BGH, Beschluss vom 20. Januar 1998 - 4 StR 656/97, StV 1998, 332, 333; weit. Nachw. bei Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., 2013, Band 6, JGG § 17 Rn. 67).
9
b) Im Übrigen neigt der Senat dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungs- fähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen. Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 re. Spalte/S. 41 li. Spalte) deuten auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin. Die in § 18 Abs. 2 JGG enthaltene Vorgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich zu machen, betrifft unmittelbar lediglich die Festsetzung der Dauer einer Jugendstrafe, nicht aber die vorgelagerte, in § 17 Abs. 2 JGG (in Verbindung mit § 5 und § 13 Abs. 1 JGG) geregelte Auswahl der jugendstrafrechtlichen Sanktion. Es entspricht zudem ohnehin der gefestig- ten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 1981 - 1 StR 634/81, StV 1982, 121; vom 27. November 1995 - 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 - 5 StR 486/97; Beschluss vom 23. März 2010 - 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290, 291). Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zugemessen worden, weil bei derartigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 1995 - 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f. und vom 20. März 1996 - 3 StR 10/96, StV 1998, 344; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 7. Mai 1996 - 4 StR 182/96, NStZ 1996, 496 f.).
10
c) Ob faktische Erziehungsfähigkeit und rechtliche Erziehungsberechtigung (bei Heranwachsenden) notwendige Anordnungsvoraussetzungen der Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld sind, bedarf vorliegend allerdings keiner Entscheidung, weil das Tatgericht ohne Rechtsfehler ein Erziehungsbedürfnis bei der Angeklagten festgestellt hat.
11
d) Die Annahme der „Schwere der Schuld“ ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Gerade weil in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dieses Merkmal nicht anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat, sondern der charakterlichen Haltung, der Persönlichkeit und der Tatmotivation des bzw. der Jugendlichen oder Heranwachsenden beurteilt werden soll (etwa BGH, Beschluss vom 14. August 2012 - 5 StR 318/12, StraFo 2012, 469 f.), versteht sich das Vorliegen dieses Anordnungsgrundes des § 17 Abs. 2 JGG angesichts der getroffenen Feststellungen geradezu von selbst.
12
5. Im Fall III.B.4. der Urteilsgründe ist die Berichtigung des Schuldspruchs gemäß § 357 Satz 1 StPO auch auf die nicht revidierende Mitangeklagte J. zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45). Diese hat lediglich im Fall III.B.3. der Urteilsgründe durch das anale Einführen des Vibrators in eigener Person eine der in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB genannten Handlungen vorgenommen, nicht aber im Fall III.B.4. der Urteilsgründe. Die Erstreckung ist auch dann vorzunehmen , wenn sich die Schuldspruchberichtigung nicht auf den Rechtsfolgenausspruch auswirkt (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 StR 385/03 mwN).

II.


13
Die Revision des Angeklagten R. bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 4. April 2013 ohne Erfolg.
Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 543/08
vom
2. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Dezember 2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 28. Juli 2008
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten der Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung für schuldig befunden und ihn zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision , mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Vergewaltigung weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Dagegen hält die tateinheitliche Verurteilung wegen sexueller Nötigung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
Nach den zu diesem zweiten Handlungsteil getroffenen Feststellungen verlangte der Angeklagte von der Nebenklägerin, ihn oral zu befriedigen. Als sie dies ablehnte, kniete er sich neben sie auf das Bett und beugte sich so zu ihr herunter, dass sein Penis ihren Mund berührte, den sie jedoch fest zukniff. Darauf sagte der Angeklagte wütend "dann eben nicht" und entfernte sich schließlich.
4
Nach diesen Feststellungen hat der Angeklagte bis zur Aufgabe der weiteren Tatausführung in diesem Handlungsabschnitt entgegen der Auffassung des Landgerichts Gewalt (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB) nicht angewendet. Den Feststellungen kann aber ebenso wenig entnommen werden, dass die im ersten Handlungsabschnitt im Zusammenhang mit dem erzwungenen Geschlechtsverkehr ausgeübte Gewalt als konkludente Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben im Sinne der Nr. 2 der Vorschrift fortwirkte (vgl. dazu Fischer StGB 55. Aufl. § 177 Rdn. 20 m.N.). Schließlich geben die Feststellungen auch für eine schutzlose Lage im Sinne der Nr. 3 der Vorschrift nichts her.
5
Da weiter gehende Feststellungen, die die Annahme sexueller Nötigung nach § 177 Abs. 1 StGB tragen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte "nur" der Vergewaltigung schuldig ist.
6
2. Bereits die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Davon abgesehen hat der Strafausspruch auch deshalb keinen Bestand, weil die Verhängung der Jugendstrafe schon für sich genommen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
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Das Landgericht hat die Verhängung von Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 letzter Halbs. JGG für erforderlich gehalten und hat des weiteren dabei vergleichsweise nach den Maßstäben des allgemeinen Strafrechts das Vorliegen eines minder schweren Falles des § 177 Abs. 5 StGB verneint. Beide Erwägungen werden den Besonderheiten des Falles nicht gerecht: Die Nebenklägerin hatte den zur Tatzeit noch 17 Jahre alten Angeklagten früh morgens um 7.00 Uhr zu sich eingeladen, als ihre Mutter verreist war. Nachdem er vereinbarungsgemäß erschienen war, forderte sie ihn auf, sich zu ihr zu setzen, was er befolgte, worauf sie sich an ihn anlehnte. Im weiteren Verlauf ihres Zusammenseins wies sie seine nunmehr beginnenden sexuellen Übergriffe zwar zurück. Gleichwohl ging sie mit ihm in ihr Zimmer, legte sich auf ihr Bett, erlaubte ihm ausdrücklich sich zu ihr zu legen und erklärte ihm, gegen "etwas Kuscheln" habe sie nichts einzuwenden. Auch auf dem Bett wies sie sein wiederholt geäußertes Verlangen, mit ihm zu "schlafen", zurück , bis er sich schließlich auf ihre Oberschenkel setzte, ihre Beine auseinanderdrückte und den Geschlechtsverkehr vollzog.
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Das Landgericht hat diese "Verführungssituation" dem nicht vorbestraften Angeklagten zwar im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen "sehr zugute" gehalten. Das genügte hier jedoch nicht. Vielmehr hätten die besonderen Umstände bereits bei der Beurteilung der Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG Berücksichtigung finden müssen. Denn diese ist nicht abstrakt nach dem verwirklichten Tatbestand messbar, sondern jeweils nur in Beziehung zu einer bestimmten Tat zu erfassen, so dass der äußere Unrechtsgehalt der Tat nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schwere der Schuld 3 m.w.N.). Umstände, die hier aus Erziehungsgründen die Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld gebieten könnten, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Dass auch der Vertreter der Jugendgerichtshilfe - wie das Urteil ohne jegliche nähere Begründung mitteilt - vorliegend die Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld für erforderlich gehalten hat, führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt, über die allein das Gericht zu entscheiden hat.
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Über die Rechtsfolgen der Tat ist daher umfassend neu zu verhandeln und zu entscheiden.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Mutzbauer

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 189/13
vom
5. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 10. Januar 2013 im Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Gera eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestand zwischen dem zur Tatzeit 20jährigen Angeklagten und der 13jährigen Geschädigten eine zunächst rein freundschaftliche Beziehung. Der Angeklagte besuchte die Geschädigte und ihre Familie regelmäßig, wobei er wiederholt auch dort übernachtete. Zwi- schen beiden entwickelte sich schließlich "zumindest" aus der Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung, im Rahmen derer es in vier Fällen auch zu einvernehmlichem und geschütztem Geschlechtsverkehr kam.
3
Die Strafkammer hat den Angeklagten in diesen vier Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen, einen minderschweren Fall abgelehnt und wegen schädlicher Neigungen und Schwere der Schuld des Angeklagten eine Jugendstrafe verhängt.
4
2. Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand.
5
Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer sowohl im Sinne der gebotenen Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 4 StR 157/12; Beschluss vom 4. November 1987 – 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 mwN) einen minderschweren Fall abgelehnt als auch die Schwere der Schuld des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG bejaht hat, sind gleichermaßen rechtsfehlerhaft.
6
a) Das Landgericht hat jeweils schulderhöhend gewertet, dass zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten ein intensives und freundschaftliches Verhältnis bestand, was diesen eher zum Schutz der Geschädigten hätte veranlassen müssen. Auch habe dem Angeklagten als einem bereits seit zwei Jahren volljährigen Erwachsenen die Verantwortung oblegen, die Taten zu unterlassen. Der Angeklagte habe indes nicht nur den Wunsch der Mutter der Geschädigten, weiteren Geschlechtsverkehr wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden großen Altersunterschieds zu unterlassen, ignoriert , sondern auch den Willen des Gesetzgebers "zum Schutze von Kindern auf eine sexuell unbelastete Entwicklung".
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b) Mit diesen Erwägungen stellt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft darauf ab, dass der Angeklagte die Taten überhaupt begangen hat. Das Gericht hat es zudem versäumt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht die Schuld des Angeklagten wegen des zwischen ihm und der Geschädigten bestehenden besonderen Verhältnisses gemindert sein könnte. Hierzu bestand insofern Anlass, als nach den Feststellungen "zumindest" aus Sicht der Geschädigten eine Liebesbeziehung bestand, zwischen beiden stets einvernehmlicher und geschützter Geschlechtsverkehr stattfand, die Geschädigte zur Tatzeit bereits 13 Jahre alt war und es sich bei dem Angeklagten um einen erst 20jährigen jungen Erwachsenen handelte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 – 4 StR 96/05, StV 2005, 387; Urteil vom 26. Juli 2006 – 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339; Beschluss vom 12. November 2008 – 2 StR 355/08, NStZ-RR 2009, 72). So hat zwar die Strafkammer festgestellt, dass die Geschädigte in ihrer Entwicklung nicht anders als der Durchschnitt von Mädchen bis zu 14 Jahren zu beurteilen sei. Allein aber der Umstand, dass die vorliegende Fallkonstellation damit nicht exakt der in den Gesetzesmaterialien zu § 176a StGB als Beispiel eines minderschweren Falls genannten Konstellation einer "Liebesbeziehung zwischen einem körperlich und geistig-seelisch weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten Kind (etwa einem knapp 14 Jahre alten Mädchen) und einem jungen (etwa 21 Jahre alten) Erwachsenen" entspricht (BT-Drucks. 13/8587 S. 32), entbindet nicht von der Erörterung ähnlich gelagerter schuldmindernder Umstände.
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Die Annahme der Schwere der Schuld des Angeklagten (§ 17 Abs. 2, 2. Alt. JGG) begegnet darüber hinaus auch insoweit Bedenken, als die Strafkammer nicht erörtert hat, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Insbesondere wird nicht deutlich, dass die Strafkammer dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat nur insofern Bedeutung zu- gemessen hat, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281 mwN).
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3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen zu einem verringerten Schuldumfang gelangt wäre und daher auf eine insgesamt niedrigere Jugendstrafe erkannt hätte.
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Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler, der allein die Bewertung der festgestellten Umstände betrifft, nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
Becker Appl Berger Eschelbach Ott

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.

(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.