Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2000 - X ZR 155/97
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 155/97 Verkündet am:
15. Februar 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und
die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 2. Oktober 1997 verkündete Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie das Rechtsmittel durch Beschluß des Senats vom 15. Dezember 1998 angenommen worden ist.
Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte hatte für ihre Streithelferin eine in Deutschland herzustellende und in der Antarktis aufzubauende Anlage zu liefern, mit der insbesondere Daten von einem noch zu entsendenden Satelliten empfangen werden sollten. Sie beauftragte die M. GmbH (später: D. AG), die ihrerseits die Klägerin als Auftragnehmerin hinzuzog. Die im September 1990 zustande gekommenen, inhaltlich identischen Aufträge sahen in § 5 (1) zur Abgeltung der Leistungen des Auftragnehmers in der Bundesrepublik Deutschland einen Festpreis vor, während in § 5 (2) zur Abgeltung aller Aufwendungen des Auftragnehmers in der Antarktis für Aufbau und Funktionsnachweis im wesentlichen feste Monatslohnsätze bestimmter Höhe vereinbart waren. In § 6 war vorgesehen, daß eine Zwischenprüfung der vertraglichen Leistungen auf dem Betriebsgelände des Hauptauftraggebers in Oberpfaffenhofen erfolgen solle und mit Erfolg bestanden sein müsse. Die Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche betreffende Regelung in § 11 sah aufgrund der besonderen geographischen und klimatologischen Bedingungen des vorgesehenen Einsatzes des Antennensystems in der Antarktis Einschränkungen dieser Ansprüche vor. Unter anderem hieß es unter (2.2.1.), daß Kosten für Mängelbeseitigungsmaßnahmen für den Zeitraum vor der Abnahme vom Auftraggeber übernommen würden, soweit sie nicht konstruktionsbedingt seien, sowie unter (2.2.3.), daß für die Beseitigung von Mängeln , die während der Montage des Antennensystems in der Antarktis bis zur Abnahme aufträten, die Pflichten des Auftraggebers aus § 5 unberührt blieben.
Die Verschiffung der Anlagenteile war für November 1990 vorgesehen. Eine erfolgreiche Zwischenprüfung gelang vor dieser Verschiffung nicht.
Mitarbeiter der Klägerin waren in der Zeit vom 11. Januar bis 3. Mai 1991 zwecks Aufbaus des Antennensystems in der Antarktis (erste Arbeitsphase ). Diese Arbeiten wurden der Klägerin nach § 5 (2) der vertraglichen Abmachungen vom September 1990 vergütet. In der Zeit vom 10. August bis 16. Oktober 1991 reisten zwei Mitarbeiter der Klägerin erneut in die Antarktis, um die schließlich am 19. Dezember 1991 von der Streithelferin abgenommene Anlage funktionsfähig herzurichten (zweite Arbeitsphase). Die Klägerin hat hierfür aus eigenem und aus von der M. GmbH abgeleitetem Recht 328.877,42 DM klageweise beansprucht.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision hat die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat das Rechtsmittel wegen eines Teilbetrages von 314.377,42 DM nebst Zinsen angenommen.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel der Klägerin führt im Umfange der Annahme durch den Senat zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß die Beklagte eine Vergütung für Arbeiten der Mitarbeiter der Klägerin während der zweiten Arbeitsphase in der Antarktis nicht schulde, die zur Behebung von Mängeln dienten, die
vereinbarungsgemäß zum Bestehen der Zwischenprüfung bereits in Deutschland hätten beseitigt sein müssen. Der Gesamtinhalt, insbesondere § 11 in Verbindung mit § 5 der vertraglichen Abmachungen, die mit identischem Inhalt einerseits zwischen der Beklagten und der M. GmbH, andererseits zwischen diesem Unternehmen und der Klägerin zustande gekommen seien, sei dahin auszulegen, daß die Klägerin die Beseitigungskosten für sämtliche vor der Abnahme des Antennensystems in der Antarktis bei der Montage aufgetretenen Mängel zu tragen habe, die im Rahmen der Zwischenprüfung hätten erkannt werden können. Die durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertige nicht die Überzeugung, daß die am Projekt Beteiligten übereinstimmend etwas anderes gewollt hätten; entgegen der Behauptung der Klägerin habe sich eine Vereinbarung nicht ergeben, wonach die Beklagte vor der erst in der Antarktis vorgesehenen Abnahme für sämtliche in der Antarktis auftretenden Mängel die Beseitigungskosten habe tragen sollen.
Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende und deshalb nur auf Verletzung von gesetzlichen Auslegungsregeln, Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften sowie auf Vollständigkeit und ihre rechtliche Möglichkeit hin zu überprüfende Würdigung ist vertretbar und deshalb hinzunehmen. Die Revision der Klägerin vermag insoweit beachtliche Rechtsfehler nicht aufzuzeigen.
a) Die vertraglichen Abmachungen vom September 1990 teilen die Werkleistungen des Auftragnehmers in Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Leistungen in der Antarktis (§ 5). Erstere sind in § 5 (1) a.E. ausdrücklich als Leistungen bezeichnet, die in Deutschland geschuldet sind. Der Sinn der Zwischenprüfung und der in § 6 vereinbarten Voraussetzung
ihres Bestehens kann daher zwanglos darin gesehen werden festzustellen, ob der Auftragnehmer alle in Deutschland vertragsgemäß zu erbringenden Ergebnisse auch erbracht habe. Dies läßt ohne weiteres die Deutung zu, daß auch bezüglich der Vergütung der einzelnen Leistungsergebnisse unterschieden werden sollte zwischen denen, die nach den vertraglichen Abmachungen in Deutschland zu erbringen waren, und denjenigen, von denen vertraglich vorgesehen war, daß sie erst in der Antarktis vorliegen müssen. Diese Deutung wiederum legt es nahe, zum einen § 5 (1) als Regelung zu verstehen, wonach alle Handlungen, die für das Bestehen der Zwischenprüfung erforderlich waren, mit dem vereinbarten Festpreis abgegolten sein sollten, und zum anderen unter den in § 11 (2.2.3.) erwähnten Mängeln, die während der Montage des Antennensystems in der Antarktis "auftreten", nicht auch solche als angesprochen zu erachten, die vertragsgemäß in Deutschland zu erledigende Arbeiten betreffen und die nach vertraglicher Abmachung in Deutschland zu beseitigen gewesen wären, wenn die Zwischenprüfung erfolgreich hätte sein sollen. Auch mit den Mängelbeseitigungsmaßnahmen, die in § 11 (2.2.1.) a.E. genannt sind, können dann nicht Maßnahmen gemeint sein, die solche Mängel betreffen.
b) Entgegen der Meinung der Revision steht dieser Auslegung nicht die durch die besonderen geographischen und klimatologischen Bedingungen des vorgesehenen Einsatzes des Antennensystems in der Antarktis bedingte und in § 11 (2) auch zum Ausdruck gekommene Absicht der Beteiligten entgegen, die Kosten einer Mängelbeseitigung in der Antarktis für den jeweiligen Auftragnehmer in Grenzen zu halten. Bezüglich der bei der Zwischenprüfung erkennbaren Mängel bestand kein durch die Besonderheiten des Projekts veranlaßtes besonderes Kostenrisiko, dem Rechnung hätte getragen werden müssen. Der Auftragnehmer hatte es in der Hand, die in Deutschland geschuldeten Arbeiten
rechtzeitig zu erledigen und vor dem ins Auge gefaßten Transporttermin das Bestehen der Zwischenprüfung zu gewährleisten. Dementsprechend sieht § 5 (2) eine Aufwandsentschädigung auch nur für den Aufbau und den Funktionsnachweis in der Antarktis vor.
c) Vergeblich macht die Revision geltend, bei der Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht hätte Berücksichtigung finden müssen, daß die Streithelferin die Verlagerung der Mängelbeseitigung in die Antarktis verursacht habe, die vertragsgemäß an sich in Deutschland hätte erfolgen müssen. Denn von der Revision ist damit lediglich ein Umstand angesprochen, der erst nach dem die ausführenden Auftragnehmer bindenden Vertragsschluß entstanden ist. Die zu den hier interessierenden vertraglichen Abmachungen der Beteiligten führende Willensbildung vermochte er nicht zu beeinflussen. Er erlaubt daher keine zwingenden Rückschlüsse darauf, was sie übereinstimmend gewollt haben. Daß es sich tatsächlich um einen nur nachträglichen Umstand handelt, kann auch mit dem Hinweis nicht in Zweifel gezogen werden, die Streithelferin habe den Hauptvertrag mit der Beklagten erst nach der Verschiffung unterzeichnet. Da die Klägerin aus eigenem Vertragsrecht bzw. einem der M. GmbH zustehenden Vertragsrecht klagt, ist hier allein entscheidend, was die M. GmbH mit der Beklagten bzw. was die Klägerin mit der M. GmbH vereinbart und was diese Parteien beim jeweiligen Vertragsschluß als gewollt erklärt haben.
d) Bei der Vertragsauslegung war ebensowenig der Frage nachzugehen, ob die Klägerin bzw. die M. GmbH einen Verzug mit der Erfüllung der vertragsgemäß in Deutschland zu erbringenden Leistungen etwa deshalb nicht zu vertreten haben, weil sie die Antennenanlage in O. nicht betreten konnten und
geeignete Satellitendaten fehlten. Diese Umstände könnten eventuell einen Schadensersatzanspruch des beauftragten Unternehmers begründen. Ein solcher ist jedoch nicht Streitgegenstand.
e) Auch der gegen die Würdigung der erhobenen Beweise gerichteten Beanstandung der Revision kann nicht beigetreten werden. Die Beanstandung geht dahin, weil die Zeugen D., Dr. P. und Be. Einzelheiten nicht mehr hätten erinnern können bzw. nichts bekundet hätten, was gegen die Aussagen der Zeugen F. und B. spreche, und weil der ebenfalls als Zeuge vernommene Dr. R. nicht an der Besprechung vom 16. Mai 1990, sondern nur an einer Besprechung vom 23. August 1990 teilgenommen habe, bleibe als Beweisergebnis nur das, was die Zeugen F. und B. über den Inhalt des Gesprächs vom 16. Mai 1990 übereinstimmend bekundet hätten. Danach habe durch die Bestimmung in § 11 (2.2.3.) Ausdruck finden sollen, daß alle Arbeiten in der Antarktis , auch wenn es sich um die Beseitigung bereits in O. aufgetretener Mängel handele, von der Auftraggeberin bezahlt werden müßten.
Diese Argumentation übersieht, daß es zu den hier maßgeblichen Vertragsschlüssen erst im September 1990 gekommen ist. Was die Beteiligten damals wirklich gewollt haben, kann deshalb nicht an einer einzigen Besprechung festgemacht werden, die lange vor diesem Zeitpunkt stattfand. Zu Recht hat das Berufungsgericht daher auch die Aussage von Dr. R. berücksichtigt, die sich über zeitnähere Umstände verhält. Der Inhalt dieser Aussage steht der Behauptung der Klägerin entgegen. Er rechtfertigt die Zweifel des Berufungsgerichts , das von der Klägerin Behauptete als bewiesen zu erachten.
f) Entgegen der Meinung der Revision bedeutet die vertretbare Auslegung der vertraglichen Abmachungen durch das Berufungsgericht schließlich auch nicht, daß die Vereinbarungen lückenhaft waren und es ergänzender Vertragsauslegung bedurft hätte. Nach der vorgenommenen Auslegung sind nur diejenigen tatsächlich in der Antarktis erbrachten Leistungen nach Aufwand zu vergüten, die auch vertragsgemäß in der Antarktis zu erbringen waren. Das konnten dortige Arbeiten zum Aufbau und Funktionsnachweis des Antennensystems , aber auch Arbeiten zur Beseitigung von Mängeln sein, die vertragsgemäß erst in der Antarktis erledigt werden sollten. Alle anderen Leistungen sollten durch den vereinbarten Festpreis abgegolten sein. Ein Fall, für den noch etwas zu regeln gewesen wäre, kann daher nach der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung nicht vorliegen.
2. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Klageforderung neben dem Entgelt für sonstige Arbeiten der Mitarbeiter der Klägerin in der Antarktis während der zweiten Arbeitsphase die Vergütung für die Beseitigung von Schwingungen in der Encoderaufhängungsmechanik und von Rechenfehlern in der Software des Auto-Tracking-Verfahrens umfasse. Bei den Schwingungen in der Encoderaufhängungsmechanik und bei den Rechenfehlern habe es sich um Mängel der Werkleistung der Klägerin und damit auch derjenigen der M. GmbH gehandelt, die bereits in Deutschland hätten erkannt und vor der Verschiffung Ende November 1990 hätten behoben werden können. Hierfür könne die Klägerin eine Aufwandsvergütung, deren Höhe sie mit ca. 14.500,-- DM angegeben habe, deshalb nicht verlangen.
In Höhe dieses Teilbetrages der Klageforderung ist die Abweisung der Klage infolge Nichtannahme der Revision rechtskräftig; weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich.
3. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Zahlungsanspruch auch insoweit versagt, als in der Klageforderung Aufwandsvergütung für Arbeiten enthalten ist, die nicht der Beseitigung von Mängeln dienten, die vereinbarungsgemäß zum Bestehen der Zwischenprüfung bereits in Deutschland hätten behoben sein müssen. Zur Begründung hat es insoweit angegeben, die Klägerin habe nicht ausreichend substantiiert dargetan, daß für die betreffenden Arbeiten die zweite Arbeitsphase in der Antarktis erforderlich gewesen sei; es sei davon auszugehen, daß bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in Deutschland durch die Klägerin zu erbringenden Leistungen Mitarbeiter der Klägerin nicht noch einmal in die Antarktis hätten reisen müssen und Anfang Mai 1991 die Abnahme der Antenne in der Antarktis hätte stattfinden können.
Dies beanstandet die Revision zu Recht als rechtsfehlerhaft.
a) Die Vertragsschließenden hatten vereinbart, daß die Leistungen in der Antarktis im wesentlichen nach Monatslohnsätzen vergütet werden. Der Unternehmer kann demnach für Arbeiten, die nicht mit dem Festpreis nach § 5 (1) abgegolten sind, nach dem tatsächlichen zeitlichen Aufwand die vereinbarte Vergütung verlangen. Unter diesen Umständen gehörte unter Berücksichtigung der hinzunehmenden Auslegung der vertraglichen Abmachungen durch das Berufungsgericht zur Darlegung einer Vergütungsforderung nach § 5 (2) nur die schlüssige Behauptung, in welcher Zeit das Personal der Klägerin in der Antarktis tätig war und an welchen Tagen es in dieser Zeit für Aufbau
und Funktionsnachweis und nicht zur Behebung von Mängeln tätig war, die bereits in Deutschland im Hinblick auf das Bestehen der Zwischenprüfung hätten behoben s ein müssen. Dies mußte im Hinblick auf das von der M. GmbH (später: D. AG) zu erbringende Gewerk dargelegt werden, weil mangels direkter vertraglicher Abmachungen zwischen Klägerin und Beklagter die vertragliche Verpflichtung der Beklagten sich nur nach der mit ihrem Auftragnehmer getroffenen Absprache richtet.
Die notwendige Behauptung hat die Klägerin aufgestellt. Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat die Klägerin im Schriftsatz vom 15. Mai 1997 den Zeitablauf der zweiten Arbeitsphase angegeben und dabei auch die von den beiden von ihr entsandten Ingenieuren erbrachten Arbeiten im einzelnen benannt. Anhand dieser Angaben kann - jedenfalls bei sachverständiger Beratung - überprüft werden, welche Arbeiten die durch den Festpreis nach § 5 (1) abgegoltene Mängelbeseitigung betrafen und welche Arbeiten nach § 5 (2) nach Zeitaufwand zu vergüten sind. Zu den nach Zeitaufwand zu vergütenden Leistungen gehören entgegen der Meinung der Streithelferin auch Arbeiten an Gewerken anderer Auftragnehmer, die zum Aufbau und Funktionsnachweis des von der M. GmbH bzw. der Klägerin geschuldeten Gewerks von deren Mitarbeitern tatsächlich ausgeführt worden sind.
b) Obwohl dies für seine Begründung erforderlich gewesen wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, daß die Beteiligten als Voraussetzung der Vergütung nach Zeitaufwand den Nachweis vereinbart hätten, daß die jeweilige Arbeitsphase notwendig war. Wenn der Klageforderung zugrundeliegende Arbeiten während der zweiten Arbeitsphase etwa wegen säumiger, bei der Zwischenprüfung nicht erkennbarer mangelhafter oder gegen vertragliche
Nebenpflichten verstoßender Erbringung der in Deutschland oder während der ersten Arbeitsphase in der Antarktis geschuldeter Leistungen der Klägerin erforderlich gewesen sein sollte, kommt deshalb nur ein Gegenanspruch der Beklagten , etwa ein Schadensersatz- oder Gewährleistungsanspruch gegen die Klägerin in Betracht (vgl. Sen.Urt. v. 1.2.2000 - X ZR 198/97, zur Veröffentlichung vorgesehen). Nachdem die Leistungen der Klägerin abgenommen sind, müßten dessen Voraussetzungen aber von der Beklagten als Anspruchsberechtigte dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen werden. Auch seine Verjährung müßte gegebenenfalls geprüft werden. Weitere Ausführungen des Senats hierzu erübrigen sich, weil dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden kann, daß ein solcher Gegenanspruch der Beklagten Gegenstand des Rechtsstreits ist.
4. Das Berufungsgericht hat nach allem die eigentliche Streitfrage der Parteien, wie die Vergütungspflicht nach § 5 (1) von der Vergütungspflicht nach § 5 (2) abzugrenzen sei, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise
entschieden. Es muß aber noch klären, welcher Zeitaufwand, für den die Klägerin die vereinbarte Vergütung verlangt, auf die nach § 5 (2) zu entlohnenden Arbeiten entfällt. Dies macht die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht notwendig.
Rogge Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver
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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
X ZR 198/97 Verkündet am:
1. Februar 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Bei einem mit einem Wirtschaftsprüfer geschlossenen Vertrag über die Erstellung
eines Jahresabschlusses auf der Grundlage eines Stundenhonorars ist
der Einwand des Bestellers beachtlich, der geltend gemachte Zeitaufwand sei
überhöht.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2000 - X ZR 198/97 - OLG Naumburg
LG Halle
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die
Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 24. April 1997 verkündete Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Steuerberater- und Wirtschaftsprüfertätigkeit geltend. Von diesen sind im Revisionsverfahren nurmehr die Ansprüche aus Wirtschaftsprüfertätigkeit betreffend die Jahresabschlüsse der Beklagten für die Jahre 1992 und 1993 im Streit. Der Kläger beziffert diese Ansprüche auf 15.390,11 DM und 50.905,56 DM. Das Berufungsgericht hat in einem ersten,
unangefochten gebliebenen Berufungsurteil den Klageanspruch insoweit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und das Verfahren wegen der Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht hat, nachdem der Kläger die Zahlung eines Auslagenvorschusses für ein Sachverständigengutachten verweigert hatte, die Klage insoweit abgewiesen. Die erneute, auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 66.295,67 DM gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger den in zweiter Instanz gestellten Antrag weiter. Die Beklagte ist im Revisionsverfahren nicht anwaltlich vertreten.
Entscheidungsgründe:
Da die Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, ist auf Antrag der Revisionsklägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (vgl. BGHZ 37, 79, 81). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, es offenlassen zu können, ob es sich bei der Erbringung von Wirtschaftsprüferleistungen um einen Werkvertrag oder um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handle, weil in beiden Fällen der Vergütungsanspruch auf Zahlung der üblichen Vergütung gerichtet sei. Das läßt bereits außer Betracht, daß jeweils Vergütungsvereinbarungen zwischen den Parteien vorgehen.
Das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis ist, was die Prüfung der beiden Jahresabschlüsse angeht, um deren Vergütung noch ge-
stritten wird, als Werkvertrag anzusehen. Der Vertrag besteht ersichtlich unabhängig von dem über laufende Steuerberatertätigkeit. Er betrifft fest umrissene Leistungsgegenstände und nicht eine allgemeine, laufende Tätigkeit, was für eine Einordnung als Werkvertrag genügt (vgl. BGHZ 54, 106, 107; Staudinger/ Frank Peters, BGB, 13. Bearbeitung, Vorbem. §§ 631 ff. Rdn. 31; RGRK/ Glanzmann, 12. Aufl., § 631 BGB Rdn. 208; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., vor § 631 BGB Rdn. 87, 103; vgl. auch MünchKomm./Soergel, BGB, 3. Aufl., § 631 BGB Rdn. 102).
II. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß eine wirksame Vergütungsvereinbarung mangels Bestimmtheit nicht zustande gekommen und deshalb die Höhe der üblichen Vergütung nachzuweisen sei, was in der Regel nur über ein Sachverständigengutachten möglich sei. Diese Auffassung bekämpft die Revision mit Recht. "Bestimmt" ist eine Vergütung nicht nur, wenn ihr Betrag zahlenmäßig festgelegt ist. Es genügt vielmehr, daß der Vertrag die Maßstäbe angibt , nach denen sich die Vergütung berechnen läßt (Staudinger/Frank Peters, § 632 BGB Rdn. 46; RGRK/Glanzmann, § 632 BGB Rdn. 15; vgl. MünchKomm./Soergel, § 632 BGB Rdn. 12); eine rahmenmäßige Vergütung im Sinne einer Stundenlohnvereinbarung genügt (Staudinger, aaO, Rdn. 22 und Rdn. 8). Eine solche Vereinbarung ist auch bei Tätigkeiten eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers grundsätzlich möglich (vgl. die in § 13 StBGebV vorgesehene Zeitgebühr; BGHZ 132, 229). Sind die Stundensätze festgelegt, ergibt sich die vereinbarte Vergütung ohne weiteres aus einer Vervielfältigung des jeweiligen Stundensatzes mit der Zahl der geleisteten Stunden. Eine vertragliche Festlegung des Stundensatzes läßt sich aus der mit der Klage vorgelegten Vereinbarung vom 13./28. Januar 1993 entnehmen. Davon geht ersichtlich auch das angefochtene Urteil aus.
III. Auf Grund der getroffenen Vereinbarung hatte der Kläger die angefallenen Stunden darzulegen und den Anfall unter Beweis zu stellen (Staudinger , aaO, Rdn. 18; vgl. Baumgärtel, Hdb. der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 632 BGB Rdn. 24). Dies folgt auch aus der allgemeinen Beweislastregel, wonach der Kläger die seinen Anspruch begründenden Tatsachen zu beweisen hat (Sen.Urt. v. 21.11.1989 - X ZR 21/89, ZfBR 1990, 129). Der vom Kläger angebotene Zeugenbeweis war zum Nachweis der Stundenzahl grundsätzlich geeignet (vgl. Staudinger, aaO) und daher zu erheben; dies hat das Berufungsgericht zu Unrecht unterlassen. Deshalb kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
IV. 1. Die Beklagte hat allerdings demgegenüber geltend gemacht, der Stundenaufwand sei überhöht. Er sei unglaubhaft, weil die Beklagte eine Immobilienverwaltungsgesellschaft mit nur geringem Buchungsaufwand sei. Sei aber tatsächlich dieser Aufwand angefallen, müsse mangelhafte Durchführung des Auftrags vorliegen. Hierzu hat die Beklagte sich ihrerseits auf Sachverständigenbeweis bezogen.
2. Ob die Einwendungen der Beklagten gegen den Umfang der angefallenen Stunden und dessen Angemessenheit berechtigt sind, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft. Diese Prüfung wird es erforderlichenfalls nachzuholen haben.
a) Der Revision kann nicht darin beigetreten werden, daß eine zeitabhängige Vergütung bei einem Werkvertrag grundsätzlich von Quantität und Qualität der Leistung unabhängig sei. Anders als dies beim Dienstvertrag der
Fall sein mag, kann bei einem Werkvertrag wegen dessen Erfolgsbezogenheit nicht von einem solchen Grundsatz ausgegangen werden. So ist auch ein Teil des Schrifttums (Staudinger/Frank Peters, aaO, Rdn. 18 unter dd)) der Auffassung , daß der Unternehmer nach allgemeinem Zivilrecht zu einer wirtschaftlichen Betriebsführung verpflichtet sei. Der Senat tritt dem für den Fall der Vereinbarung einer zeitabhängigen Vergütung wie hier bei.
b) Allerdings obliegt bei einem Vertrag wie dem hier zugrundeliegenden der Nachweis, daß eine wirtschaftliche Betriebsführung vorgelegen habe, nicht dem Kläger als Unternehmer (a.A. Staudinger/Frank Peters, aaO). Zwar hat auch der Senat entschieden, daß Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit des dem Vergütungsanspruch zugrunde gelegten Leistungsumfangs regelmäßig den Unternehmer treffen (Urt. v. 21.11.1989, aa0). Dies betraf aber einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Fall, nämlich die Darlegung, daß der geltend gemachte Leistungsumfang (Erforderlichkeit eines zweiten Sprengversuchs bei einem Pfeiler einer zu beseitigenden Brücke) erforderlich war; die Notwendigkeit einer solchen Darlegung wird hinsichtlich des Zeitumfangs durch die Vereinbarung einer zeitabhängigen Vergütung aber gerade ausgeschlossen. Bei einem Pauschalpreisvertrag, einem Einheitspreisvertrag wie auch in der Regel bei einer Abrechnung nach angemessener, üblicher oder taxmäßig bestimmter Vergütung wird es auf wirtschaftliches Arbeiten nicht entscheidend ankommen, weil unwirtschaftliches Verhalten des Unternehmers entweder gar nicht in die Abrechnung einfließt oder auf andere Weise bei der Bestimmung der geschuldeten Vergütung berücksichtigt werden kann. Anders liegt es bei einer vereinbarten Vergütung nach geleisteter Zeit, bei der in der Regel der Streit um den erforderlichen Zeitaufwand abgeschnitten werden soll (vgl. Staudinger, aaO, Rdn. 8). Eine solche Vereinbarung begründet nach Treu
und Glauben (§ 242 BGB) aber eine Verpflichtung des Unternehmers gegenüber dem Besteller zu wirtschaftlicher Betriebsführung in Form einer vertraglichen Nebenpflicht. Deren Verletzung wirkt sich indessen nicht unmittelbar vergütungsmindernd aus, sondern nur über einen dem Besteller daraus bei Vorliegen auch der übrigen Anspruchsvoraussetzungen erwachsenden Gegenanspruch wegen positiver Vertragsverletzung. Hieraus folgt zugleich, daß die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß eine positive Vertragsverletzung objektiv vorliegt, den Besteller trifft.
c) Ob die Beklagte ihrer Darlegungspflicht insoweit nachgekommen ist, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben. Eine Selbstbindung der Vorinstanzen an die Annahme im ersten Berufungsurteil, der Vortrag der Beklagten sei "gerade noch substantiiert", ist, worauf die Revision zutreffend hinweist, nicht eingetreten, weil die Zurückverweisung des Rechtsstreits an die erste Instanz auf anderen Gründen beruhte (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 538 Rdn. 7). Jedoch wird zu berücksichtigen sein, daß der Besteller im allgemeinen keine konkreten Kenntnisse darüber haben kann, was sich in der Sphäre des Unternehmers zugetragen hat, und daß schon deshalb an die Substantiierung seines Vorbringens keine hohen Anforderungen gestellt werden können.
d) Sofern sich hiernach auf Grund einer etwa durchzuführenden Beweisaufnahme die geschuldete Vergütung nicht genau ermitteln lassen sollte, wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt.
V. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist daher aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzu-
verweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
Rogge Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens