Bundesgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2004 - VII ZR 199/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn wegen Bauleistungen, dessen Höhe mit 323.274,24 € nunmehr unstreitig ist. Die Beklagte macht ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln geltend. Die Klägerin hält das für nicht gerechtfertigt , weil sie nicht mehr zur Mängelbeseitigung verpflichtet sei. Sie hat nach Abnahme des Werks die Beklagte unter Fristsetzung aufgefordert, eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB zu stellen. Diese Aufforderung hat sie später unter Setzung einer Nachfrist wiederholt und dabei angedroht, nach Verstreichen der Frist die Erfüllung von Gewährleistungspflichten zu verweigern. Die Beklagte hat die Sicherheit nicht geleistet.Beide Vorinstanzen haben zum Nachteil der Beklagten entschieden und der Klägerin den geltend gemachten Werklohn ohne Rücksicht auf die behaupteten Mängel des Werks in der genannten Höhe zugesprochen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen wegen der Frage, ob auch noch nach Abnahme des Werks eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB verlangt werden kann. Die Revision der Beklagten strebt im Ergebnis die Abweisung der Klage an.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden deutschen Gesetzen. Die Parteien haben die Geltung deutschen Rechts und den Gerichtsstand innerhalb der Bundesrepublik Deutschland vereinbart.I.
Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht, auf dessen Gründe es sich bezieht, der Auffassung, die Beklagte habe kein Zurückbehaltungsrecht. Die Klägerin sei berechtigt, die Beseitigung der behaupteten Mängel zu verweigern. Ein mögliches Zurückbehaltungsrecht sei entfallen, weil die Beklagte die von ihr verlangte Sicherheit nicht erbracht habe. Die Klägerin sei berechtigt gewesen , bis zur Höhe ihres voraussichtlichen Vergütungsanspruchs eine Sicherheit zu verlangen.Unerheblich sei, daß das Werk im Zeitpunkt des Sicherungsbegehrens bereits abgenommen gewesen sei. Es sprächen keine wirtschaftlich vernünftigen Gründe dafür, dem Unternehmer die vorgesehene Sicherheit wegen der Abnahme zu verweigern. Auch nach der Abnahme gehe es um Erfüllungsansprüche , für die der Auftragnehmer vorleisten müsse. Die Sicherheit benachteilige andererseits den Besteller nicht. Mit ihr könne er ohne Risiko die Nachbesserung erzwingen. Da die Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht habe, müsse sie der Klägerin den im übrigen unstreitigen Werklohn bezahlen.
II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem Punkt nicht stand. Die Klägerin hat lediglich einen Werklohnanspruch, der um den Minderwert gekürzt ist, welcher sich aus etwa vorhandenen Mängeln ergibt. 1. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß auch nach Abnahme eines Werkes eine Sicherheit gemäß § 648 a Abs. 1 BGB verlangt werden kann. Richtig ist ferner, daß die Beseitigung von Mängeln verweigert werden darf, wenn ein berechtigtes Sicherungsverlangen unbeachtet bleibt (dazu im einzelnen BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 183/02, BGHZ 157, 335). Danach konnte die Klägerin trotz der Abnahme des Werks eine Sicherheit gemäß § 648 a Abs. 1 BGB verlangen, nachdem die Beklagte mit ihrem Wunsch, die Mängel beseitigen zu lassen, noch die Erfüllung des Vertrages forderte. Da die Beklagte dem berechtigten Sicherungsverlangen der Klägerin nicht nachgekommen war, durfte die Klägerin die Beseitigung der behaupteten Mängel verweigern.2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe nach ihrem berechtigten jedoch vergeblichen Sicherungsverlangen der Restwerklohn uneingeschränkt zu. Nach dem fruchtlosen Ablauf der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist für die Sicherheitsleistung hat der Unternehmer in sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 und § 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB lediglich Anspruch auf Vergütung, soweit er den Leistungsanspruch erfüllt hat, das heißt die Leistung mangelfrei erbracht hat. Daneben besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf Ersatz eines Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB. Das bedeutet, daß der Vergütungsanspruch des Unternehmers um den infolge eines Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen ist. Sofern die Mängelbeseitigung möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert werden kann, ist die Vergütung regelmäßig um die Kosten zu kürzen, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks. Im Ergebnis erhält der Unternehmer damit die Möglichkeit, selbst eine Minderung herbeizuführen (im einzelnen BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 aaO m.w.N.).
III.
Danach hat das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand, als das Berufungsgericht der Klägerin den geltend gemachten Restwerklohn ungeachtet eines aus den Mängelrügen der Beklagten etwa sich ergebenden Minderwertes zugesprochen hat. Das Berufungsgericht wird aufzuklären haben, ob die behaupteten Mängel vorliegen. Ist das nicht der Fall, so kann die Klägerin denvollen Rest des im übrigen unstreitigen Werklohns verlangen. Stellen sich Mängel heraus, so kann die Klägerin nur den entsprechend geminderten Restwerklohn beanspruchen. Dressler Thode Haß Wiebel Kuffer
Annotations
(1) Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des § 643 aufgehoben wird.
(2) Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt.
Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.