Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2005 - VII ZR 15/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Mängelbeseitigungskosten. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob dieser Anspruch verjährt ist. Die Klägerin beauftragte die Beklagte im Frühjahr 1994 unter Einbeziehung der VOB/B sowie ihrer besonderen und zusätzlichen Vertragsbedingungen mit Tiefbauarbeiten. Bei der Abnahme am 21. Dezember 1994 vereinbarten die Parteien eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Mit Schreiben vom23. Oktober 1998 wurde die Beklagte aufgefordert, bis 3. November 1998 einen in einem Hausanschlußschacht entstandenen Rückstau zu beseitigen. Nach erneuter Aufforderung vom 16. Dezember 1998 antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 30. Dezember 1998, die Arbeiten hätten witterungsbedingt nicht ausgeführt werden können, die Mängel würden in der zweiten Januarwoche beseitigt. Das geschah nicht. In der Folgezeit ließ die Klägerin den Mangel durch Drittfirmen beseitigen. Mit der am 12. November 2002 zugestellten Klage hat die Klägerin 5.203,26 € und Zinsen verlangt. Den Hauptsachebetrag hat sie später auf 4.918,57 € ermäßigt. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht "hinsichtlich der Einrede der Verjährung" zugelassene Revision, mit der sie ihren Anspruch noch in Höhe von 3.732,08 € und Zinsen weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2004, 1460 veröffentlicht ist, meint, der Anspruch der Klägerin sei verjährt. Die ab 21. Dezember 1994 laufende fünfjährige Verjährungsfrist sei durch das Mängelbeseitigungsverlangen der Klägerin vom 23. Oktober 1998 gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B"quasi" unterbrochen worden. Die Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B von zwei Jahren sei in Lauf gesetzt worden. Diese Frist sei sodann durch das im Schreiben der Beklagten vom 30. Dezember 1998 enthaltene Anerkenntnis gemäß § 208 BGB unterbrochen worden. Danach habe gemäß § 217 BGB diese Frist von zwei Jahren und nicht die ursprünglich vereinbarte fünfjährige Frist neu zu laufen begonnen. Das Hinausschieben der Verjährung durch § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B sei nach dem Wortlaut der Regelung und der Interessenlage der Werkvertragsparteien mit dem Inhalt vereinbart, daß einmalig die vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist laufe und ab Verlängerung durch das Mängelbeseitigungsverlangen die Regelfrist an deren Stelle trete und sie ersetze. Hierdurch erhalte der Auftraggeber einen angemessenen Schutz; des erneuten Laufs der vereinbarten fünfjährigen Frist bedürfe er nicht. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Oktober 1986 - VII ZR 184/85, BauR 1987, 84 = ZfBR 1987, 37 stehe dem nicht entgegen. Der dort entschiedene Fall einer Unterbrechung durch ein vom Gläubiger veranlaßtes Beweissicherungsverfahren sei anders zu beurteilen als ein vom Schuldner abgegebenes Anerkenntnis, das aus einer Reaktion des Schuldners auf das Mängelbeseitigungsverlangen resultiere.
II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Der Anspruch der Klägerin war bei Klageerhebung nicht verjährt. 1. Das Berufungsgericht hält § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ohne weiteres für anwendbar. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die VOB/B als Ganzes vereinbart wurde oder ob die Inhaltskontrollenach § 9 AGBG eröffnet ist und ob die Bestimmung ihr standhalten würde. Diese Fragen können offen bleiben. Verjährung ist keinesfalls eingetreten. Denn die Verjährung wurde durch das Schreiben der Beklagten vom 30. Dezember 1998 gemäß § 208 BGB unterbrochen. Danach begann unabhängig von der Anwendbarkeit des § 13 VOB/B in jedem Fall die vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist neu zu laufen. 2. Die Auslegung des Berufungsgerichts, das Schreiben vom 30. Dezember 1998 enthalte ein Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB, ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB liegt dann vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, daß dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewußt ist und angesichts dessen der Berechtigte darauf vertrauen darf, daß sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - VII ZR 136/92, BauR 1994, 103 = ZfBR 1994, 17; st. Rspr.). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Die Beklagte bringt in dem Schreiben unzweideutig ihr Wissen zum Ausdruck, zur Mängelbeseitigung verpflichtet zu sein. Eine Einschränkung, nur aus Kulanz zur Vermeidung weiteren Streits nachbessern zu wollen, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. 3. Ist § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B nicht anwendbar, ist die Mängelbeseitigungsaufforderung der Klägerin vom 23. Oktober 1998 für den Lauf der vereinbarten fünfjährigen Verjährungsfrist ohne Bedeutung. Diese Frist wurde durch das Anerkenntnis der Beklagten vom 30. Dezember 1998 gemäß § 208 BGB unterbrochen. Sie begann danach neu zu laufen, § 217 BGB. Bei Klageerhebung war sie noch nicht abgelaufen.
4. Ist § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B anwendbar, ist Verjährung ebenfalls nicht eingetreten.
a) Nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ist der Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung verpflichtet, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Verjährungsfrist schriftlich verlangt. Dieser Anspruch verjährt nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B mit Ablauf der Regelfristen des § 13 Nr. 4 VOB/B, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der vereinbarten Frist. Das gilt auch dann, wenn die Parteien eine längere als die in § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vorgesehenen Fristen vereinbart haben (BGH, Urteil vom 18. März 1976 - VII ZR 35/75, BGHZ 66, 142). Die Bestimmung bezieht sich auf alle Gewährleistungsansprüche aus § 13 VOB/B (BGH, Urteile vom 19. September 1985 - IX ZR 16/85, BGHZ 95, 375, 383 und vom 29. April 1974 - VII ZR 29/73, BGHZ 62, 293).
b) Wird der Lauf einer nach § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vereinbarten und nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B verlängerten Verjährungsfrist nach gesetzlichen Bestimmungen unterbrochen, so wird gemäß § 217 BGB nach dem Ende der Unterbrechung die vereinbarte Frist und nicht die Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B erneut in Gang gesetzt. Das hat der Senat wiederholt entschieden (Urteile vom 23. Februar 1989 - VII ZR 89/87, BGHZ 107, 75, 85, 86 und vom 9. Oktober 1986 - VII ZR 184/85, BauR 1987, 84, 86 = ZfBR 1987, 37). Hieran hält er nach Überprüfung fest. Die Bedenken des Berufungsgerichts rechtfertigen keine andere Entscheidung: aa) Ob die Parteien ursprünglich die Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B oder eine andere Frist vereinbart haben, ist ohne Bedeutung. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ist eine typisierte Regelung, die der Rechtssicherheit dient und deren Anwendbarkeit nicht davon abhängt, ob im Einzelfall die Erwägun-
gen zutreffen, die zur Schaffung der Bestimmung geführt haben. Sie gilt unabhängig davon, welche Verjährungsfrist zunächst vereinbart wurde und soll Zweifel über die Dauer der Verjährungsfrist möglichst ausschließen (BGH, Urteile vom 20. Dezember 1971 - VII ZR 97/70, BGHZ 58, 7, 11 ff und vom 18. März 1976 - VII ZR 35/75, BGHZ 66, 142, 145). bb) Da die Regelung nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls abstellt , ist es auch unerheblich, ob die Unterbrechung der Verjährungsfrist durch ein Anerkenntnis oder die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens herbeigeführt wurde. cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertigt der Umstand , daß nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B der Mängelbeseitigungsanspruch "mit Ablauf der Regelfristen" verjährt, nicht den Schluß, daß ab dem Mängelbeseitigungsverlangen nur noch die Regelfristen und nicht mehr die vereinbarte Frist in Betracht kommen. Durch diese Formulierung wird lediglich das Ende der durch das Mängelbeseitigungsverlangen verlängerten vereinbarten Frist festgelegt. Sie sagt nichts darüber aus, welche Frist in Gang gesetzt wird, wenn innerhalb der verlängerten Frist eine Unterbrechung der Verjährung aufgrund gesetzlicher Vorschriften eintritt. Das Berufungsgericht berücksichtigt auch hier nicht, daß es sich bei § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B um eine typisierte Regelung handelt, die jedem Auftraggeber zugute kommt. Damit ist eine Auslegung der Bestimmung nicht zu vereinbaren, die dazu führen kann, daß der Auftraggeber durch die Einbeziehung der VOB/B hinsichtlich des Laufs der Verjährungsfrist gegenüber der gesetzlichen Regelung (vgl. oben 3) benachteiligt wird. Das wäre der Fall, wenn nach der Unterbrechung die zweijährige Verjährungsfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B zu laufen beginnen würde.
c) Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten wird von § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B erfaßt. Nach der Unterbrechung durch das Anerkenntnis der Beklagten am 30. Dezember 1998 begann die ursprünglich vereinbarte Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß § 217 BGB neu zu laufen. Sie war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen.
III.
Da noch Feststellungen zur Höhe des Anspruchs zu treffen sind, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dressler Hausmann Wiebel Kniffka BaunerAnnotations
Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.
Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.
Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.
Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.
Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.
Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.