Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 419/02 Verkündet am:
23. Mai 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Mai 2003 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein,
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12. November 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Mit Vertrag vom 27. September 1994 bestellte die Beklagte an einem ihr gehörenden, mit einem Alten- und Pflegeheim bebauten Grundstück in E. zugunsten des DRK-Kreisverbandes M. e.V. (im folgenden: Kreisverband) ein Erbbaurecht, dessen Übertragung der Zustimmung der Beklagten bedurfte. Der Kreisverband sollte hierfür eine einmalige Gebäudeabgeltung von 279.182,14 DM sowie einen jährlichen Erbbauzins von 5.978,89 DM zahlen. Diese Zahlungen entrichtete der Kreisverband wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht. Ende 1997 standen neben der Gebäudeabgeltung an Erbbauzinsen insgesamt 27.876,59 DM aus.
Mit Rücksicht hierauf kam es am 29. Oktober 1997 zu einem Gespräch zwischen den Parteien und dem Kreisverband. Im Anschluß an dieses Gespräch bat der Kreisverband den Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 1997
darum, in seinen Erbbauvertrag mit der Beklagten einzutreten und das Alten- und Pflegeheim zu übernehmen. Der Kläger stellte daraufhin bei der Beklagten mit Schreiben vom 3. November 1997 "den Antrag, ab sofort in den Erbbaupachtvertrag zur Liegenschaft "O. " eintreten zu dürfen“. Es sei beabsichtigt , das Alten- und Pflegeheim gemeinsam mit anderen Einrichtungen des DRK-Landesverbandes weiterzuführen. Die finanziellen Verpflichtungen des DRK-Kreisverbandes M. e.V. gegenüber der Beklagten würden "dann" vom Kläger übernommen. In ihrem Antwortschreiben vom 13. November 1997 teilte die Beklagte mit, daß der Stadtrat seine Zustimmung zum "Eigentümerwechsel" am 25. November 1997 fassen solle. "Zu unserer Sicherheit" solle der Kläger bis zum 24. November 1997 erklären, daß er bis zum 12. Dezember 1997 einen im einzelnen aufgeschlüsselten Betrag von insgesamt 307.059,43 DM an die Beklagte zahlen werde. Am 18. November 1997 erklärte der Kläger "verbindlich", daß die Forderungen an den Kreisverband in Höhe von 307.059,43 DM bis zum 12. Dezember 1997 beglichen würden, "vorausgesetzt , daß der Stadtratsbeschluß zum Eintritt [des Klägers] in den Erbbauvertrag gefaßt worden ist". Der Stadtrat der Beklagten stimmte am 25. November 1997 dem Wechsel des Erbbauberechtigten zu. Am 4. Dezember 1997 zahlte der Kläger an die Beklagte die erbetenen 307.059,43 DM. Am 25. Februar 1998 übermittelte die Beklagte dem Kläger den Entwurf eines Kaufvertrags, demzufolge der Kläger von dem Kreisverband das Erbbaurecht zum Preise von 279.182,14 DM kaufen sollte, die bereits gezahlt seien. Zum Abschluß eines entsprechenden Kaufvertrages oder eines anderen Vertrages über die Übernahme eines Erbbaurechts durch den Kläger kam es nicht, weil der Kläger erst jetzt bemerkte, daß das Erbbaurecht mit einer Grundschuld von 2 Mio. DM belastet war.
Am 1. Februar 1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Kreisverbandes eröffnet. Der Insolvenzverwalter verkaufte das Erbbaurecht am 11. August 1999 an die Firma Seniorenresidenz I. GmbH. Dieser Übertragung des Erbbaurechts stimmte der Stadtrat der Beklagten im Dezember 2000 zu.
Der Kläger verlangt die Rückzahlung des Betrags von 307.059,43 DM. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

I.


Das Berufungsgericht meint, aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit lasse sich der Anspruch nicht begründen, weil es an einer Verpflichtung fehle, deren Erfüllung durch den Nichterwerb des Erbbaurechts durch den Kläger hätten unmöglich werden können. Auch auf ungerechtfertigte Bereicherung könne der Anspruch nicht gestützt werden. Der Zahlung des Klägers an die Beklagte habe ein Schuldbeitritt oder ein abstraktes Schuldanerkenntnis zugrunde gelegen. Einer Rückforderung der geleisteten Zahlungen stehe unabhängig hiervon entgegen, daß der Kläger nicht auf eine aus einem Schuldbeitritt oder einem abstrakten Schuldanerkenntnis resultierende eigene Verbindlichkeit , sondern auf die Verbindlichkeit des Kreisverbandes gezahlt habe.

II.


Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Der geltend gemachte Anspruch folgt nicht aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit. Der Kläger meint zwar, die Beklagte habe sich ihm gegenüber als Gegenleistung für den Ausgleich der Verbindlichkeiten seines Kreisverbandes zur Erteilung der nach dem Inhalt des Erbbaurechts für dessen Übertragung erforderlichen Zustimmung verpflichtet. Eine solche Verpflichtung (s. aber nachstehend zu 2 b) hätte die Beklagte aber erfüllt. Sie hat die Zustimmung erteilt und die Zustimmung zu der Übertragung des Erbbaurechts auf die Residenz I. GmbH erst erteilt, nachdem der Kläger und der Kreisverband von einer Übertragung des Erbbaurechts auf den Kläger endgültig Abstand genommen und der Insolvenzverwalter des Kreisverbandes das Erbbaurecht an diese Erwerberin veräußert hatte.
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint.

a) Hierfür kann allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht unentschieden bleiben, auf welcher rechtlichen Grundlage der Kläger seine Zahlung an die Beklagte erbracht hat und ob diese Grundlage oder der mit der Zahlung verfolgte Zweck fortgefallen sind. Dem Berufungsgericht ist zwar einzuräumen, daß demjenigen, der eine fremde Schuld tilgt, ein Bereicherungsanspruch nicht gegen den Zahlungsempfänger, sondern nur gegen den
von seiner Schuld befreiten Schuldner zusteht (BGH, Urt. v. 22. Oktober 1975, VIII ZR 80/74, JZ 1976, 24; BGHZ 70, 389, 396; MünchKom-BGB/Krüger, Bd. 2a, 4. Aufl., § 267 Rdn. 21). Es trifft auch zu, daß Zahlungen nicht nur einem, sondern mehreren Tilgungszwecken dienen können (BGHZ 72, 246, 249; Urt. v. 26. September 1994, II ZR 166/93, NJW 1995, 128). Das gilt aber nicht, wenn der Zahlende selbst zur Zahlung verpflichtet ist und diese Verpflichtung aus einer Gesamtschuld oder einer Bürgschaft herrührt (BGH, Urt. v. 26. September 1985, IX ZR 180/84, NJW 1986, 251; Urt. v. 4. Januar 1998, XII ZR 103/96, WM 1998, 443, 445). Denn in einem solchen Fall soll die Zahlung die fremde Schuld gerade nicht zum Erlöschen bringen, sondern bewirken, daß sie auf den Zahlenden zum Zwecke des Rückgriffs übergeht (§§ 426 Abs. 2 Satz 1, 774 Abs. 1 Satz 1 BGB). So liegt es hier. Der Kläger hat einen Schuldbeitritt erklärt (siehe unten b) und haftet damit zusammen mit seinem Kreisverband als Gesamtschuldner (Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Überbl. v. § 414 Rdn. 2) für dessen Verbindlichkeiten. Seine Zahlung erfolgte auf die eigene Verpflichtung , nicht auf die des Kreisverbandes. Daß er dessen Verpflichtung in dem Überweisungsträger angab, ändert daran nichts. Das war nur eine Beschreibung der Verbindlichkeit, der er beigetreten war.

b) Die danach erforderliche Prüfung, ob die Zahlung des Klägers aufgrund einer wirksamen eigenen Verpflichtung erfolgt ist, kann der Senat selbst vornehmen. Die dazu erforderlichen Tatsachen sind in dem unstreitigen Teil des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils enthalten, auf den das Berufungsgericht uneingeschränkt Bezug genommen hat. Darüber hinausgehende Erkenntnisse zum Grund der Zahlung sind nicht zu erwarten.
Nach diesen Feststellungen hatte der Kläger zwar in seinem Schreiben vom 3. November 1997 eine Begleichung der Verbindlichkeiten seines Kreisverbandes erst im Zusammenhang mit dem Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag in Aussicht gestellt. Nachdem aber die Beklagte in ihrer Antwort vom 13. November 1997 die Zustimmung von der vorherigen Verpflichtung zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten abhängig gemacht hatte, hat der Kläger am 18. November 1997 "verbindlich erklärt", daß er die Schuld seines Kreisverbandes in der bezeichneten Höhe bis spätestens 12. Dezember 1997 begleichen werde. Er ist damit den Verbindlichkeiten seines Kreisverbandes beigetreten. Dieser Beitritt ist der Rechtsgrund seiner Zahlung.
An dem Bestand dieses Rechtsgrundes ändert es nichts, daß der Kläger seine Verpflichtung unter eine Bedingung gestellt hat. Nach dem Text seines von der Beklagten akzeptierten Schreibens vom 18. November 1997 sollte die Verpflichtung davon abhängen, daß der Stadtratsbeschluß zu seinem Eintritt in den Erbbauvertrag gefaßt worden ist. Diese Formulierung war allerdings nicht wörtlich in dem Sinne zu verstehen, daß es nur auf die Fassung des Beschlusses als solchen ankommen sollte. Auch aus der maßgeblichen (BGHZ 103, 275, 280; BGH, Urt. v. 12. März 1992, IX ZR 141/91, NJW 1992, 1446; Senatsurt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038) Sicht der Beklagten als Empfängerin dieses Schreibens war klar, daß der Kläger die Eingehung seiner nicht unerheblichen Zahlungsverpflichtung nicht allein von dem formalen Akt einer Zustimmung des Stadtrats der Beklagten abhängig machen wollte. Schon aus dem gemeinsamen Gespräch am 29. Oktober 1997 war der Beklagten bekannt, daß der Kläger den Verbindlichkeiten seines Kreisverbandes nicht ohne weiteres beitreten wollte und dazu nur bereit war, wenn er das Alten - und Pflegeheim übernehmen konnte. Dieses Motiv seines Handelns hat er
in dem Schreiben vom 3. November 1997 an die Beklagten noch einmal aus- drücklich wiederholt. Die Beklagte hat den Vorschlag des Klägers, die Verbindlichkeiten des Kreisverbandes im Zusammenhang mit dem Eintritt in den Erbbauvertrag zu übernehmen, zwar zurückgewiesen und die vorherige Eingehung einer Verpflichtung zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten gefordert. Aus der Formulierung, daß dies "zur Sicherheit" der Beklagten geschehen sollte, durfte der Kläger aber ableiten, daß die Beklagte im übrigen die von dem Kläger geforderte Verknüpfung von Übernahme der Verbindlichkeiten, Erwerb des Erbbaurechts und Betrieb des Alten- und Pflegeheims nicht auflösen wollte. Die Beklagte durfte ihrerseits allerdings davon ausgehen, daß der Kläger das Erbbaurecht und den Betrieb des Alten- und Pflegeheims so übernehmen wollte, wie es der bisher Berechtigte, der Kreisverband, zu übertragen in der Lage war. Denn er hatte die Beklagte am 3. November 1997 gebeten, "ab sofort in den Erbbaupachtvertrag ... eintreten zu dürfen". Das konnte die Beklagte nur so verstehen, daß die Entscheidung für die Übernahme verbandsintern gefallen war. Aus der Sicht der Beklagten konnte der Beitritt des Klägers zu den Verbindlichkeiten seines Kreisverbandes nur noch davon abhängen, daß der Verwirklichung dieses Entschlusses weder die seitens der Beklagten zu erteilende Zustimmung noch sonstige Hindernisse entgegenstanden. Anhaltspunkte dafür, daß sich der Kläger darüber hinausgehend ein jederzeitiges Abstandnehmen von seinem Entschluß offen halten wollte, hatte die Beklagte demgegenüber nicht. Der Kläger hatte sich nach anfänglichem Zögern zur Übernahme entschlossen. Er hat die Beklagte darum gebeten, den Schuldbeitritt sofort zu vollziehen und diesen mit einer Bedingung versehen, die Zweifel an der Endgültigkeit des Entschlusses, das Erbbaurecht und den Betrieb des Altenund Pflegeheims zu übernehmen, nicht auftreten und einen etwaigen Wunsch,
sich den Erwerb oder Nichterwerb weiterhin offen zu halten, auch unter Be- rücksichtigung der Umstände der Abgabe dieser Erklärung nicht erkennen ließ.
Die von dem Kläger gestellte Bedingung ist eingetreten. Die Beklagte hat die erbetene Zustimmung erteilt. Damit standen dem Erwerb des Erbbaurechts und der Übernahme des Betriebs des Alten- und Pflegeheims keine Hindernisse mehr entgegen. Daß das Erbbaurecht mit einer Grundschuld über 2 Mio. DM belastet war, ist kein solches Hindernis. Denn das war auch schon am 3. November 1997 der Fall und aus der Sicht der Beklagten ein Umstand im Risikobereich des Klägers, den dieser bei seiner Entscheidung für die Übernahme bedacht und akzeptiert hatte.

c) Ein Bereicherungsanspruch des Klägers läßt sich auch nicht gem. § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des Nichteintritts eines mit der Leistung verfolgten Zwecks begründen. Dazu müssen sich die Beteiligten über einen Leistungszweck einigen, der aber nicht Teil ihrer vertraglichen Vereinbarungen werden darf (BGH, Urt. v. 17. Juni 1992, XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690). Dieser zuletzt genannte Fall liegt hier vor. Die Zahlung des Klägers verfolgte zwar einen über die bloße Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus dem Schuldbeitritt hinausgehenden Zweck. Diesen Zweck haben die Parteien aber zur Bedingung des Schuldbeitritts, und damit zum Inhalt ihres Vertrages gemacht.
3. Auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage kann sich der Kläger nicht berufen. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, daß dem Kläger erst im Februar 1998 auffiel, daß das Erbbaurecht mit einer Grundschuld über 2 Mio. DM belastet war, die er aus finanziellen Gründen nicht übernehmen konnte. Die
Regel, daß nach beiderseitiger Erfüllung eines Vertrages jede Partei dessen Chancen und Risiken endgültig selbst zu tragen hat (vgl. nur Senatsurt. v. 14. Februar 1962, V ZR 80/60, WM 1962, 625 f.; v. 9. Juli 1968, V ZR 118/67, WM 1968, 1248 f.; BGHZ 113, 310, 314), gilt nämlich, das ist der Revision zuzugeben , nicht ohne Ausnahme (Senat BGHZ 74, 370, 373; 131, 209, 217). Voraussetzung hierfür ist aber, daß Grundlage der Vereinbarung der Parteien auch eine bestimmte Erwartung über ein künftiges Risiko war (BGH, Urt. v. 17. Juni 1992, XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690; Senat BGHZ 131, 209, 217). Daran fehlt es hier. Grundlage des Schuldbeitritts war allein die Erwartung der Parteien, daß der Kläger das Erbaurecht seines Kreisverbandes erwerben und den Betrieb des Alten – und Pflegeheims übernehmen konnte. Diese Erwartung hat sich nach Erteilung der Zustimmung zum Erwerb durch die Beklagte erfüllt. Daß der Kläger das Erbbaurecht dennoch nicht erwarb, lag allein daran, daß er von seinem Erwerbsentschluß Abstand nahm, weil er die Grundschuld übersehen hatte, mit der das Erbbaurecht aber schon bei Aufnahme der Verhandlungen belastet war. Dieser Umstand gehört in die Risikosphäre des Klägers und ist nicht Geschäftsgrundlage geworden.
4. Die Klage hat schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß Erfolg. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht zwar auch in Fällen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluß von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1995 – VIII ZR 192/94, NJW-RR 1996, 429, Senatsurt. v. 16. Oktober 1987 – V ZR 170/86, NJW RR 1988, 394; Urt. v.
4. April 2001, VIII ZR 33/00, unveröff.). Der Revision ist auch zuzugeben, daß der Schuldbeitritt des Klägers in seiner der Beklagten bekannten Interessenlage nur zweckmäßig war, wenn es zum Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag des Kreisverbandes mit der Beklagten kam, und daß das der Beklagten bekannte Bestehen der Grundschuld ein für den Entschluß des Klägers, in den Vertrag einzutreten, wesentlicher Gesichtspunkt war. Der Kläger konnte aber von der Beklagten keinen Hinweis auf diese Grundschuld erwarten. Das Bestehen der Grundschuld war kein verborgener Umstand, den der Kläger als Erwerber des Erbbaurechts nur nach einem Hinweis hätte ausfindig machen können. Sie war vielmehr im Grundbuch eingetragen, in das der Kläger als Kaufinteressent, jedenfalls aber mit Zustimmung seines Kreisverbandes ohne weiteres hätte Einsicht nehmen und aus dem er diese Belastung auch ohne große Schwierigkeiten hätte entnehmen können. Veräußerer des Erbbaurechts war auch nicht die Beklagte. Der Veräußerer war nicht einmal ein dem Kläger unbekannter Dritter, sondern der Kreisverband, der zu der Verbandsorganisation des Klägers gehörte und unter dessen Aufsicht stand und ihr alle erforderlichen Auskünfte erteilen mußte. Auf den Gedanken, daß der Kläger diese sich unmittelbar aufdrängenden und auch ohne weiteres zu realisierenden Erkundigungen nicht einholte, bevor er den Schuldbeitritt erklärte und die zudem sehr hohe Schuld des Kreisverbands beglich, konnte die Beklagte nicht kommen. Sie durfte vielmehr als selbstverständlich davon ausgehen, daß der Kläger diese Erkundigung eingeholt hatte und über die finanzielle Lage, jedenfalls über die Belastungen des zu übernehmenden Erbbaurechts, im Bilde war. Das schließt eine Aufklärungspflicht aus.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Klein Dr. Lemke ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Tropf Schmidt-Räntsch

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 426 Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang


(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2001 - VIII ZR 33/00

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bei uns veröffentlicht am 07.12.2001

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(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 65/01 Verkündet am:
7. Dezember 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Gegenstand der Auflassung von den Beteiligten versehentlich falsch bezeichnet
, so finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer
Falschbezeichnung ("falsa demonstratio non nocet") Anwendung. Die Auflassung ist
danach nur hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende
Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äußerlich umschriebenen
Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit
an einer Auflassung fehlt.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2001- V ZR 65/01 - OLG Dresden
LG Bautzen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2001 durch die Richter Tropf, Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 12. Mai 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte verurteilt wird, den Veränderungsnachweis Nr. 16 des Staatlichen Vermessungsamtes B. zu genehmigen und der Berichtigung des Grundbuches dahin zuzustimmen , daß die Stadt W. als Eigentümerin des im Veränderungsnachweis mit Flurstück Nr. 64/4 bezeichneten Grundstücks eingetragen wird.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Eigentümer zweier nebeneinander liegender Grundstücke (Flurstücke Nr. 64/2 und Nr. 66/2) in der Innenstadt von W. (Sachsen). Das
benachbarte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1), eingetragen im Grundbuch von W. Blatt 543 unter lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses, stand im Eigentum der Stadt W. Eine etwa 20 m² groûe, an seine Anwesen grenzende Teilfläche dieses Grundstücks nutzte mit Zustimmung der Stadt W. allein der Kläger. Grundlage hierfür soll nach den Behauptungen des Klägers ein 1989 zwischen ihm und der Stadt W. mündlich geschlossener und später in privatschriftlicher Form bestätigter Tauschvertrag gewesen sein. Danach habe er, der Kläger, der Stadt W. eine 8 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/2 überlassen und von dieser im Gegenzug die etwa 20 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/1 erhalten. Dieser angebliche Geländetausch wurde jedoch weder im Liegenschaftskataster noch im Grundbuch gewahrt.
Am 1. November 1995 schlossen die Stadt W. und der Beklagte einen notariell beurkundeten Kaufvertrag. In der Urkunde wird als Kaufgegenstand das "im Grundbuch von W. Blatt 543 eingetragene Grundstück, Flurstück 64/1 (lfd. Nr. 4) mit einer Gröûe von 633 m²" genannt. Als Kaufpreis wurden 250.000 DM vereinbart, wovon 31.650 DM "auf den Grund und Boden" entfallen sollten. Die Urkunde enthält überdies die Einigung der Erschienenen hinsichtlich des Übergangs des Eigentums an dem Kaufgegenstand. Nach der Beurkundung erhielt der Beklagte von der Stadt W. eine Kopie der Katasterkarte , auf der u.a. das Flurstück 64/1 dargestellt war. In Abänderung des zuvor geschlossenen Kaufvertrages vereinbarten die Vertragsparteien mit notarieller Urkunde vom 6. Februar 1996 ein Rücktrittsrecht zugunsten des Beklagten für den Fall von Finanzierungsschwierigkeiten.
Vor Vertragsschluû hatte der Beklagte gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt W. das Anwesen besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war von dem
Kläger die Hoffläche der ihm gehörenden Grundstücke und die von ihm für Parkplätze genutzte Teilfläche des Nachbargrundstücks bereits einheitlich mit roten Steinen gepflastert worden. Dagegen bestand das Pflaster der übrigen Hoffläche des Grundstücks der Stadt W. aus grauen, bogenförmig verlegten Natursteinen. Am Rand der von ihm genutzten Teilfläche hatte der Kläger zur Abgrenzung von dem verbleibenden Grundstück der Stadt W. im Anschluû an eine auf der Grenze verlaufende halbhohe Mauer zwei massive Steinpoller setzen lassen.
Der inzwischen als Eigentümer des Flurstücks Nr. 64/1 eingetragene Beklagte nahm die von dem Kläger genutzte Teilfläche im Sommer 1998 in Besitz.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei nicht Eigentümer dieser Teilfläche geworden. Kaufobjekt habe nur das Grundstück sein sollen, wie es sich bei der Besichtigung tatsächlich dargestellt habe. Er hat von dem Beklagten die Auflassung der näher umschriebenen Teilfläche an die Stadt W. verlangt , hilfsweise die Auflassung an sich selbst und weiter hilfsweise die Feststellung , daû ihm an der Teilfläche ein Nutzungsrecht zustehe. Das Landgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Ein erstes Urteil des Oberlandesgerichts , das die Verurteilung im wesentlichen bestätigt hat, ist von dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen wegen Verletzung des Beklagten in seinem Grundrecht aus Art. 78 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Verfassungsgerichtshof hat der Kläger weitere Hilfsanträge gestellt, mit denen er die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung der Eintragung der Stadt W., hilfsweise seiner selbst, als Eigentümer der noch zu vermessenden bzw. nach nicht
bestandskräftigem Veränderungsnachweis bereits vermessenen Teilfläche erstrebt. In einem zweiten Urteil hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, mit der er seine Anträge weiterverfolgt und mit zusätzlichen Hilfsanträgen von dem Beklagten die Genehmigung des Veränderungsnachweises hinsichtlich der umstrittenen Teilfläche, weiter hilfsweise dessen Zustimmung zur Abmessung und Abschreibung einer Fläche von ca. 20 m² entsprechend dem Veränderungsnachweis , sowie jeweils die Bewilligung zu seiner Eintragung als Eigentümer des Teilgrundstücks verlangt. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt - mit klarstellender Maûgabe - zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hält den Kläger zwar für befugt, einen etwaigen Anspruch der Stadt W. im Wege gewillkürter Prozeûstandschaft geltend zu machen. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil weder die Voraussetzungen eines Grundbuchberichtigungsanspruchs nach § 894 BGB noch die eines Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB erfüllt seien. Die Stadt W. habe dem Beklagten nämlich das gesamte Flurstück Nr. 64/1 verkauft und übereignet und
nicht etwa nur eine durch die "natürlichen Grenzen" umschriebene Teilfläche dieses Grundstücks. Allerdings sei eine Falschbezeichnung auch bei Grundstücksgeschäften unschädlich, hier hätten die Vertragsparteien aber nichts von der Vertragsurkunde Abweichendes gewollt. Nach der Aussage des Zeugen S. habe bei der Besichtigung des Anwesens das streitige Teilstück keine Rolle gespielt und sei nicht in die Überlegungen einbezogen worden. Die Vertragsparteien hätten keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Willen gehabt, sondern sich einfach vorgestellt, daû das Grundstück "im Ganzen" verkauft werden solle. Auch die Vertragsauslegung ergebe keinen von dem Wortlaut der Vertragsurkunde abweichenden Inhalt des Vertrages. Wer ein Grundstück kaufe, könne regelmäûig davon ausgehen, daû der tatsächliche Grenzverlauf und nicht die natürlichen Grenzen maûgeblich seien. Auch juristischen Laien sei bekannt, daû nicht die natürlichen Grenzmarken verbindlich seien. Der zwischen dem Kläger und der Stadt W. formunwirksam vereinbarte Tausch der Grundstücksflächen könne keine Bedeutung erlangen, weil die Vertragsparteien daran bei Vertragsschluû nicht gedacht hätten. Unerheblich sei auch die Nutzung der Teilfläche durch den Kläger, wie schon der Vergleich mit der Einräumung eines bloûen Nutzungsrechts oder einer irrtümlichen Überbauung zeige. Aus den weiteren Umständen habe sich für den Beklagten ebenfalls nicht ergeben, daû das Grundstück nur teilweise habe verkauft werden sollen. Insbesondere sei der Kaufpreis offenbar nach der Fläche des gesamten Grundstücks errechnet worden. Schlieûlich ergebe auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht, daû die streitige Teilfläche von dem Verkauf ausgenommen sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Das Berufungsgericht bejaht allerdings zu Recht die Prozeûführungsbefugnis des Klägers. Der Kläger kann einen nur der Stadt W. als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks zustehenden Grundbuchberichtigungsanspruch im Wege der gewillkürten Prozeûstandschaft geltend machen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Kläger im Prozeû ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (s. nur BGHZ 100, 217, 218 m.w.N.) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Grundbuchberichtigungsanspruch, der nicht selbständig abtretbar ist, geltend gemacht werden soll (Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127). Vorliegend ist die Ermächtigung des Klägers in schlüssiger Weise durch die von der Stadt W. in der Vereinbarung vom 30. September 1998 erklärte Abtretung erfolgt (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, aaO). Unter den gegebenen Umständen ist das Berufungsgericht zutreffend von einem eigenen Interesse des Klägers ausgegangen, den Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Dieses Interesse des Klägers ist auch schutzwürdig, insbesondere wird der Beklagte durch die gewählte Art der Prozeûführung nicht unbillig benachteiligt.
2. Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag bedarf allerdings einer interessengerechten Auslegung. In Anbetracht der inzwischen veränderten Umstände ist der Hauptantrag dahin zu verstehen, daû der Kläger die Genehmi-
gung des nun vorliegenden Veränderungsnachweises durch den Beklagten erstrebt (vgl. Senat, Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868 zur Auslegung eines vergleichbaren Antrages bei fehlender Zulässigkeit), und der Antrag im übrigen auf die Zustimmung des Beklagten zur Eintragung der Stadt W. als Eigentümerin der umstrittenen Teilfläche im Wege der Grundbuchberichtigung gerichtet ist (vgl. Senat, Urt. v. 17. November 2000, V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 6). Während des anhängigen Rechtsstreits ist nämlich die Abvermessung der umstrittenen Teilfläche erfolgt und Gegenstand eines Veränderungsnachweises geworden. Damit ist zwar dem Kläger die an sich für eine Verurteilung erforderliche Bezeichnung nach Maûgabe des § 28 GBO (vgl. Senat, BGHZ 37, 233, 242) noch nicht möglich. Der Veränderungsnachweis bildet aber die Grundlage der Grundstücksabschreibung (§ 2 Abs. 3 GBO) und erlaubt es, durch entsprechende Bezugnahme das noch nicht abgeschriebene Grundstück übereinstimmend mit dem (künftigen) Inhalt des Grundbuchs festzulegen, weil das Grundbuchamt bei der Abschreibung die Angaben im Veränderungsnachweis übernimmt. Auch in einem solchen Fall wird daher dem Zweck des § 28 GBO genügt, die Eintragung bei dem richtigen Grundstück zu sichern (Senat, BGHZ 90, 323, 327 f; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 24. April 1987, V ZR 228/85, NJW-RR 1988, 266). Die hier erhobene Leistungsklage ist daher ausnahmsweise zulässig, wobei es unschädlich ist, daû der Beklagte den Veränderungsnachweis nicht genehmigt hat. Der Kläger ist nämlich nicht gehalten, zunächst allein die Genehmigung des Veränderungsnachweises zu erstreiten, sondern kann dieses Ziel mit der auf Verurteilung zur Eintragungsbewilligung gerichteten Klage verbinden (vgl. Senat, BGHZ 90, 323, 328).
3. Die Klage hat bereits mit diesem Hauptantrag Erfolg. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) gegenüber dem Beklagten. Ein solcher Anspruch ist vielmehr gegeben, weil sich die am 1. November 1995 erklärte Auflassung nicht auf das gesamte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1) erstreckte, sondern die nun im Streit befindliche Teilfläche (nach dem Veränderungsnachweis Flurstück Nr. 64/4) nicht deren Gegenstand war. Da der Beklagte insoweit mangels Auflassung kein Eigentum erworben hat (§ 925 Abs.1 Satz 1 BGB), ist dieses bei der Stadt W. verblieben, die ihrerseits das Eigentum mangels Eigentumsumschreibung (§ 26 Abs. 2 ZGB, § 873 Abs. 1 BGB) nicht an den Kläger verloren hatte. Damit stimmt die im Grundbuch dargestellte Rechtslage, die den Beklagten als Eigentümer des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 ausweist, nicht mit der tatsächlichen Rechtslage überein.

a) Der Wortlaut der in der notariellen Urkunde vom 1. November 1995 erklärten Auflassung ist zweifelsfrei auf die Übereignung des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 gerichtet. Allerdings finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung (falsa demonstratio) auch dann Anwendung, wenn die Beteiligten den Gegenstand der Auflassung versehentlich falsch bezeichnen. Die Auflassung ist dann hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äuûerlich umschriebenen Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit an einer Auflassung fehlt (RGZ 46, 225, 227 f; Senat, Urt. v. 8. Juni 1965, V ZR 197/62, DNotZ 1966, 172, 173; Urt. v. 25. November 1977, V ZR 102/75, WM 1978, 194, 196; vgl. auch RGZ 133, 279, 281; Senat, Urt. v. 23. Juni 1967, V ZR 4/66, LM § 256 ZPO Nr. 83; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 17. November 2000,
V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 5 f; OLG Nürnberg, DNotZ 1966, 542, 544; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153; Staudinger/Pfeifer, BGB [1995], § 925 Rdn. 68; MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 925 Rdn. 37; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf , 7. Aufl., 2000, Rdn. 1a).

b) All das verkennt das Berufungsgericht nicht grundsätzlich, meint aber, ein von dem Wortlaut der Urkunde abweichender Wille der Vertragsparteien lasse sich nicht feststellen. Dies ist von Rechtsfehlern beeinfluût. Die Revision rügt zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit dem festgestellten Sachverhalt und den Beweisergebnissen nicht umfassend auseinandergesetzt hat. Durch ein zu enges Verständnis des gemäû § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willens hat sich das Berufungsgericht den Blick auf den entscheidungserheblichen Tatsachenstoff verstellt.
aa) Nach § 133 BGB ist der wirkliche - möglicherweise ungenau oder sogar unzutreffend geäuûerte - Wille des Erklärenden als eine sogenannte innere Tatsache zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, IVa ZR 80/82, NJW 1984, 721). Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung festgestellt, und hat der andere Teil die Erklärung ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne daû es auf Weiteres ankommt (BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO). Es ist insbesondere nicht erforderlich, daû sich der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden zu eigen macht. Ausreichend ist vielmehr, daû er ihn erkennt und in Kenntnis dieses Willens das Geschäft abschlieût (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373; BGH, Urt. v. 13. Februar 1989, II ZR 179/88,
NJW-RR 1989, 931, 932). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 171/86, NJWRR 1988, 265; Urt. v. 20. November 1992, aaO; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO; vgl. auch MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 14), und auch eine abweichende Auslegung kommt nicht in Frage (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 32/96, WM 1997, 777, 778; Urt. v. 13. November 1998, V ZR 216/97, NJW 1999, 486, 487).
bb) Das Berufungsgericht stellt jedoch nicht auf den solchermaûen nach § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willen ab, sondern richtet seine Feststellungen auf einen gemeinsamen "besonderen rechtlichen Willen" der Vertragsparteien , der gegenüber dem wirklichen Willen offensichtlich dadurch qualifiziert sein soll, daû sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung des Kaufobjekts "besondere Vorstellungen über die 'natürliche Grenze' des Grundstücks gemacht haben" müssen. Es läût dabei auûer acht, daû sich das von den B eteiligten bei Abgabe der Auflassungserklärungen gemeinsam Gewollte nicht etwa nur aus deren aktuellen Vorstellungen oder - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt - den "gemachten Gedanken" bei einer vorangegangenen Besichtigung des Anwesens erschlieût. Heranzuziehen sind vielmehr alle Umstände, die zur Aufdeckung oder Aufhellung des Parteiwillens dienlich sein können, damit das Gericht auf dieser Grundlage seine Überzeugung von dem wirklichen Willen bilden kann (vgl. BGHZ 20, 109, 110 f; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO).

c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Der Senat kann aber gemäû § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache abschlieûend
entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts ausreichen, um dem Senat das Nachholen der von dem Berufungsgericht versäumten zwingenden Schluûfolgerungen zu ermöglichen (vgl. Senat, Urt. v. 14. Dezember 1990, V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181; Urt. v. 27. September 1991, V ZR 55/90, NJW 1992, 183, 184).
aa) Das Berufungsgericht stellt fest, daû die Stadt W. mit der Übereignung der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten ihre eigenen Interessen miûachtet hätte, weil dieses Areal im Wege des Tausches Eigentum des Klägers habe werden sollen. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen, ist insbesondere von der Aussage des Zeugen S., des Bürgermeisters der Stadt W., gedeckt. Da es keinen Hinweis dafür gibt, daû die Verkäuferin abweichend von dem Regelfall nicht das Vernünftige wollte (vgl. BGHZ 134, 325, 329), ist aus diesem Umstand zu schlieûen, daû ihr Wille bei Erklärung der Auflassung nicht dahin ging, dem Beklagten das Eigentum auch an der von dem Kläger genutzten Teilfläche zu verschaffen. Dieser Schluûfolgerung steht nicht entgegen, daû sich, wie das Berufungsgericht feststellt, der Bürgermeister der Stadt W. bei der Besichtigung des Anwesens und wohl auch die bei der Beurkundung als Vertreterin handelnde Zeugin B. keine Vorstellungen von dem genauen Grenzverlauf machten, also keine (aktuelle) Kenntnis von dem gegenüber der Darstellung im Liegenschaftskataster abweichenden Kauf- und Auflassungsgegenstand hatten. Für den die Verkäuferin nach § 51 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO vertretenden Bürgermeister stand, wie er selbst als Zeuge bekundet hat, auûer Frage, daû ungeachtet der Rechtslage an dem Flächentausch mit dem Kläger festgehalten werden sollte, die fragliche Teilfläche also nicht mehr zur Disposition der Verkäuferin stand. Mithin war, auch ohne daû er sich dies bei der Besichtigung nochmals vergegenwärtigte, sein Wille nicht auf die Übereignung
der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten gerichtet. Daû die Willensrichtung der bei Erklärung der Auflassung mit Einzelvollmacht (§ 59 Abs. 2 SächsGemO ) handelnden Zeugin B. eine andere war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Falls die Willensrichtung der nach Weisung handelnden Zeugin überhaupt maûgeblich sein sollte (vgl. BGHZ 51, 141, 147 für den Geschäftswillen bei arglistiger Täuschung des Vollmachtgebers), war für sie - wie sie bekundet hat - doch klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehört" und damit nicht Gegenstand des Geschäfts mit dem Beklagten sein konnte.
bb) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ferner zu schlieûen , daû der Beklagte diesen Willen der Verkäuferin erkannte und sich in dessen Kenntnis mit ihr über den Eigentumsübergang einigte. Durch die der Beurkundung vorangehende Besichtigung des Anwesens hatte sich der Beklagte über den Gegenstand des Kaufvertrages und der Eigentumsverschaffung informiert. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daû die Besichtigung nicht nur den Zweck hatte, den Beklagten über den Zustand des Grundstücks zu unterrichten, sondern ihm auch dessen Lage und ungefähre Gröûe vermitteln sollte. Hierbei war aber, wie das Berufungsgericht weiter feststellt, die Nutzung der umstrittenen Teilfläche durch den Kläger "visuell erkennbar". Überdies hatte sich der Kläger nicht nur auf die offensichtliche Nutzung beschränkt, sondern das Areal durch die einheitliche, deutlich zu unterscheidende Pflasterung für jedermann ersichtlich in seine Grundstücke einbezogen und durch die massiven Poller zum verbleibenden Nachbargrundstück abgegrenzt. Die aufwendige und erkennbar dauerhaft gewollte bauliche Gestaltung vermittelte den Eindruck, die Fläche zähle zum Grundstückseigentum des Klägers. Auf dieser Grundlage ging nicht nur der Zeuge S. davon aus, daû "jeder normale Mensch" das durch Pflaster und Poller abgegrenzte "andere Grundstück" erkannte.
Vielmehr war auch der über die Hintergründe, insbesondere über den Flächentausch , nicht informierten Zeugin B. klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehörte" und nicht verkauft werden sollte. Es gibt keinen Hinweis darauf , daû der Beklagte, der in gleicher Weise wie die Zeugin informiert war und sich wie diese bei der Besichtigung Kenntnis von dem Gegenstand des beabsichtigten Geschäfts verschaffen wollte, eine andere Vorstellung gewonnen hatte. Tritt wie hier einem Erwerbsinteressenten bei der Besichtigung des Objekts aufgrund der tatsächlichen Situation klar vor Augen, welche Flächen Teil eines Nachbargrundstücks sind, so kann er ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, daû ihm der Veräuûerer weitergehendes Eigentum ve rschaffen kann und will, als sich das Grundstück nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37; MünchKommBGB /Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Lutter, AcP 164 [1964], 122, 140; auch OLG Oldenburg, Recht 1920, Nr. 1220; OLG Hamm, aaO). Eine solche zweifelsfreie Zuordnung wird allerdings nicht möglich sein, soweit der Interessent lediglich nicht auf der Grenze stehende Grenzeinrichtungen vorfindet, die den richtigen Grenzverlauf nur ungenau wiedergeben (vgl. MünchKommBGB /Säcker, 3. Aufl., § 912 Rdn. 15), jedoch unerkannt bleiben oder wegen Geringfügigkeit hingenommen werden. Gleiches gilt im Falle eines Überbaus, der nach § 912 BGB geduldet werden muû. Geht es aber wie hier um eine gröûere zusammenhängende Fläche, deren Inbesitznahme als Eigentum durch den Nachbarn dem Grundstückseigentümer weder verborgen bleibt, noch regelmäûig von ihm geduldet wird, so kann ein Interessent im Zweifel nur davon ausgehen, daû dieser Bereich nicht mehr zum Eigentum des Veräuûerers zählt und daher auch nicht übereignet werden soll.
Der Kenntnis des Beklagten steht die von dem Berufungsgericht in anderem Zusammenhang erörterte Frage der Bemessung des Kaufpreises nicht entgegen. Zwar ergibt sich auf der Grundlage eines - von der Verkäuferin als angemessen erachteten - Kaufpreises von 50 DM/m² bei der Grundfläche von 633 m², die in der notariellen Urkunde bei der Beschreibung des Objekts für das gesamte Flurstück Nr. 64/1 genannt wird, genau der Betrag von 31.650 DM, der als Kaufpreisanteil für "Grund und Boden" vereinbart worden ist. Daraus folgt aber nicht, daû die Beteiligten auch die dem Kläger überlassene Teilfläche einbeziehen wollten. Nachdem sie davon ausgingen, daû das verbliebene Anwesen dem Flurstück Nr. 64/1 entsprach, war es nur folgerichtig , die hierfür in dem Liegenschaftskataster vermerkte Grundfläche auch der Preisermittlung zugrunde zu legen. Eigenständige Bedeutung für die Bestimmung des Vertragsgegenstandes kann diese Angabe mithin nicht erlangt haben. Die Unmaûgeblichkeit des Kaufpreises folgt im übrigen auch daraus, daû - was das Berufungsgericht nicht beachtet hat - die tatsächliche Grundfläche des Flurstücks Nr. 64/1 unstreitig nicht nur 633 m², sondern 645 m² betrug. Hätte der von der Stadt W. zur Ermittlung des Kaufpreises hinzugezogene Sachverständige mithin die Grundstücksgröûe nicht aus den vorhandenen Unterlagen übernommen, sondern selbst ermittelt, so könnten sich die genannten 633 m² nur durch die Berücksichtigung eines Tauschs der Teilflächen zwischen der Stadt W. und dem Kläger ergeben, also wiederum keine Einbeziehung des umstrittenen Areals in das Geschäft mit dem Beklagten begründen.
cc) An dem geschilderten Willen der Verkäuferin und an der Kenntnis des Beklagten hiervon hat sich bis zur Erklärung der Auflassung nichts geändert. Insbesondere kann der Beklagte nicht aufgrund der Katasterkarte eine
andere Vorstellung gewonnen haben, weil ihm deren Kopie erst nach der Beurkundung vom 1. November 1995 und damit erst nach der Auflassung ausgehändigt wurde. Die nachfolgende Abänderung zuvor getroffener Vereinbarungen durch die notarielle Urkunde vom 6. Februar 1996 kann insoweit keine Bedeutung erlangen, weil sie die Auflassungserklärungen nicht zum Gegenstand hatte und diese durch den Hinweis auf das unveränderte Bestehenbleiben der "übrigen Vertragsvereinbarungen" unberührt lieû (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37).

d) Die von dem Berufungsgericht weiter vorgenommene Auslegung des objektiven Erklärungswertes aus der Sicht des Erklärungsempfängers (vgl. BGH, Urt. v. 8. September 1997, II ZR 55/96, NJW 1998, 384, 385) bleibt danach ohne Bedeutung. Gegenüber dem übereinstimmend Gewollten kommt eine abweichende Auslegung nicht in Betracht (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997 und Urt. v. 13. November 1998, beide aaO).
4. Der Beklagte kann gegen den Berichtigungsanspruch nicht einwenden , daû ihm ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung der umstrittenen Teilfläche zustehe. Zwar vermag eine solche Verpflichtung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zu begründen (vgl. Senat, Urt. v. 28. Juni 1974, V ZR 131/72, NJW 1974, 1651), die Stadt W. schuldete aber dem Beklagten jedenfalls insoweit keine Eigentumsverschaffung, weil die vorstehenden Überlegungen zur Falschbezeichnung bei Erklärung der Auflassung wegen der Identität von Auflassungs- und Kaufgegenstand in gleicher Weise auch für den zugrundeliegenden Kaufvertrag gelten. Insbesondere ist eine versehentliche Falschbezeichnung auch im Rahmen des § 313 BGB unschädlich (vgl. Senat, BGHZ 87, 150, 153 m.w.N.; Hagen, DNotZ 1984, 267, 283 ff).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Schneider Krüger Klein Gaier

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 33/00 Verkündet am:
4. April 2001
Kirchgeßner,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2001 durch die Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers
und Dr. Wolst

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenates des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 12. Januar 2000 aufgehoben. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mühlhausen vom 26. Februar 1998 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger begehren vom Beklagten Freistellung von Ansprüchen einer Sparkasse auf Rückzahlung von Darlehen sowie Freistellung von Ansprüchen aus selbstschuldnerischen Bürgschaften, die sie zugunsten der BKD B. -, R. - und S. GmbH (im folgenden: BKD GmbH oder GmbH) übernommen hatten. Der Beklagte macht mit der Widerklage Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Kauf von Geschäftsanteilen der BKD GmbH geltend.
Gesellschafter der GmbH waren zunächst der Kläger zu 1, sein Bruder V. B. und der Zeuge K. . Am 8. September 1993 schied V. B. aus der Gesellschaft aus, nachdem er seine Geschäftsanteile an den Mitgesellschafter K. v erkauft und übertragen hatte; er blieb jedoch der GmbH - wie bisher - als Steuerberater verbunden und arbeitete, insbesondere durch die Erledigung sämtlicher Buchführungsarbeiten, mit seinem Bruder und der GmbH weiterhin eng zusammen. Die Geschäftsführung teilten die beiden verbliebenen Gesellschafter dergestalt unter sich auf, daß der Kläger zu 1 als "Hauptgeschäftsführer" für den kaufmännischen Bereich und der Zeuge K. für den technischen Bereich zuständig sein sollte. Die wirtschaftliche Situation der BKD GmbH war bereits spätestens seit dem Sommer 1993 angespannt. Ende September/Anfang Oktober 1993 lernten der Kläger zu 1 und sein Bruder den Beklagten kennen und nahmen Verhandlungen über den Erwerb der vom Kläger zu 1 gehaltenen Geschäftsanteile durch den Beklagten auf. Am 9. November fand zwischen dem Kläger zu 1, dem Zeugen K. und dem Beklagten eine Besprechung statt, bei der die Übernahme sämtlicher Geschäftsanteile des Klägers zu 1 mit einem Nennbetrag von insgesamt 12.300 DM sowie von zwei Geschäftsanteilen des Zeugen K. in Höhe von insgesamt 7.800 DM durch den Beklagten vereinbart wurde; die von K. gehaltenen restlichen Geschäftsanteile im Nennbetrag von 30.000 DM sollten weiterhin bei diesem verbleiben. Außerdem vereinbarten die Beteiligten, daß der Beklagte der Gesellschaft eine “Liquiditätshilfe” von 100.000 DM als Darlehen gewähren sollte, die zur Bezahlung der anstehenden Löhne und Gehälter bestimmt war. Der Betrag wurde am 11. November 1993 vom Beklagten überwiesen und am folgenden Tag der GmbH gutgeschrieben.
Entsprechend der Vereinbarung vom 9. November 1993 erwarb der Beklagte durch notariellen Vertrag vom 22. November 1993 die Geschäftsanteile des Klägers zu 1 zum Nennwert von 12.300 DM sowie zwei Anteile des Zeugen K. - ebenfalls zum Nennwert - für 7.800 DM. Hinsichtlich der finanziellen Entlastung der Kläger durch den Beklagten war unter Ziffer III.5 des Vertrages folgendes vereinbart: “Sämtliche Kredite, Sicherheiten und Bürgschaften, die auf die Namen J. B. und M. B. z u Gunsten der BKD GmbH getätigt wurden, sind durch schriftliche Entlastung der Kreditgeber aus allen in diesem Zusammenhang entstandenen Rechten und Pflichten zu entlasten. Sie erhalten hierfür keinen Ausgleich. Herr R. W. v erpflichtet sich, diese Verpflichtung gegenüber der Kreissparkasse S. in vollem Umfang zu übernehmen oder abzulösen.” Mit Anwaltsschreiben vom 11. April 1994 forderten die Kläger den Beklagten erfolglos auf, sie bis zum 20. April 1994 von den Verbindlichkeiten gegenüber der K. sparkasse S. freizustellen. Nachdem am 10. Juni 1994 das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der BKD GmbH eröffnet worden war, erklärte der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Juni 1994 die Anfechtung des notariellen Vertrages vom 22. November 1993 wegen arglistiger Täuschung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der BKD GmbH durch den Kläger zu 1. Mit weiterem Schreiben vom 18. Juli 1994 forderte der Beklagte den Kläger zu 1 auf, einer Rückübertragung der Geschäftsanteile der BKD GmbH zuzustimmen und zu erklären, daß er keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten werde. Dies lehnte der Kläger zu 1 mit Schreiben seines Anwalts vom 21. Juli 1994 ab.
Die Kläger haben behauptet, für den Kläger zu 1 sei im September 1993 nicht erkennbar gewesen, daß die Gesellschaft konkursreif gewesen sei; jedoch hätten er und sein Bruder den Beklagten auf die äußerst angespannte wirtschaftliche Situation der Gesellschaft aufmerksam gemacht. Dem Beklagten sei die finanzielle Situation der BKD GmbH auch deshalb bekannt gewesen, weil er ein Unternehmenskonzept sowie einen Finanzplan erstellt habe. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat behauptet, der Kläger zu 1 habe ihn bei den Vertragsverhandlungen über entscheidende Umstände, insbesondere über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft getäuscht, zumindest aber fahrlässig seine ihm insoweit obliegenden Hinweispflichten verletzt. Die wirtschaftliche und finanzielle Lage habe er als günstig und positiv dargestellt und monatliche Umsätze von 500.000 DM als möglich bezeichnet. Tatsächlich sei die GmbH jedoch bereits im Oktober/ November 1993 nahezu konkursreif gewesen, was sich u.a. aus einer rückständigen Forderung der Sozialversicherungsträger und der vom Kläger zu 1 hierfür übernommenen persönlichen Bürgschaft ergeben habe. Mit seiner Widerklage erstrebt der Beklagte die Rückabwicklung des Anteilskaufvertrages vom 22. November 1993 sowie die Feststellung, daß er nicht zur Ablösung des vom Kläger zu 1 der GmbH gewährten Darlehens verpflichtet sei und daß der Kläger ihn von allen Verpflichtungen freizustellen habe , die sich aus der Inhaberschaft der von ihm gehaltenen Geschäftsanteile an der BKD GmbH derzeit oder zukünftig ergeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, der Widerklage hat es im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht der Klage überwiegend stattgegeben, im übrigen die Hauptsache für
erledigt erklärt und die Widerklage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung , im wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe den Vertrag vom 22. November 1993 nicht wirksam angefochten, da er nicht bewiesen habe, daß er vom Kläger zu 1 oder dessen Bruder in arglistiger Weise über solche Aspekte getäuscht worden sei, die für seinen Entschluß zum Erwerb der Geschäftsanteile erheblich gewesen seien. Ohne Erfolg berufe sich der Beklagte auch auf Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Zwar sei der Kläger zu 1 verpflichtet gewesen, den Beklagten über alle für ihn wesentlichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß aufzuklären; dies gelte insbesondere für solche Umstände, die geeignet gewesen seien, den Vertragszweck - Beteiligung des Beklagten an einer lebensfähigen Gesellschaft - zu vereiteln, wie etwa eine desolate wirtschaftliche Lage oder die Konkursreife der Gesellschaft. Insoweit sei dem Kläger zu 1 ohne weiteres auch ein schuldhaftes Verhalten seines BrudersV. B. zuzu - rechnen, der maßgeblich an den Vertragsverhandlungen beteiligt und insgesamt in enger Art und Weise mit der BKD GmbH verflochten gewesen sei. Die vom Beklagten behauptete desolate wirtschaftliche Situation der Gesellschaft bis hin zur Konkursreife sei jedoch nicht bewiesen. Nach den Aussagen der im Parallelverfahren hierzu vernommenen Zeugen J. und O. sei es allerdings im Zeitraum Juli bis Oktober 1993 zu Zwangsvollstreckungsmaß-
nahmen verschiedener Gläubiger, u.a. der Berufsgenossenschaft und der Zusatzversorgungskasse , zu Rückholversuchen von Leasingfirmen, Rückbuchungen von Lastschriften und Rückholung von unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren gekommen; die Sperrung der Telefonleitung und der Stromleitung sei zwar angedroht worden, es sei aber nicht feststellbar, ob sie auch durchgeführt worden sei. Ebenso unerheblich sei auch die Tatsache, daß der Beklagte zu 1 im Oktober 1993 eine persönliche Bürgschaft wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge übernommen habe. Alle diese Umstände ließen weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit anderen Indizien den zwingenden Schluß auf eine dauernde Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu. II. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Es kann dahinstehen, ob der Kläger zu 1, der sich das mitwirkende Verhalten seines Bruders auch insoweit zurechnen lassen muß (vgl. dazu BGH, Urteile vom 1. Juni 1989 - III ZR 261/87, WM 1989, 1364 unter II 2 = BGHR BGB § 123 Abs. 2 Dritter 1; vom 8. Dezember 1989 - V ZR 259/87, WM 1990, 479 unter II = BGHR aaO Dritter 2; vom 9. April 1992 - IX ZR 145/91, WM 1992, 1016 unter I 1= BGHR aaO Dritter 4 und vom 20. November 1995 - II ZR 209/94, WM 1996, 201 unter 3 = BGHR aaO Dritter 5), den Beklagten bei den Vertragsverhandlungen durch Übergabe einer falschen betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 30. September 1993 und durch die angeblichen Manipulationen im Zusammenhang mit dem Verkauf des Betriebsteils “Baustoffcenter” arglistig getäuscht hat und der Beklagte deshalb den notariellen Vertrag vom 22. November 1993 wirksam gemäß § 123 BGB angefochten hat. Der Beklagte kann jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes
für Verschulden bei Vertragsverhandlungen die Rückabwicklung des notariellen Vertrages und Freistellung von allen darin übernommenen Verpflichtungen verlangen, weil der Kläger zu 1 ihn bei den Verhandlungen pflichtwidrig nicht über wesentliche Umstände, die für die Kaufentscheidung des Beklagten von Bedeutung waren, aufgeklärt hat.
a) Eine Anwendung der Grundsätze der Haftung für vorvertragliches Verschulden scheitert hier - mangels Vorliegens eines Unternehmenskaufs (vgl. insoweit BGHZ 65, 246, 251 f; 138, 195, 204 m.w.Nachw.) - nicht an dem Vorrang der Sachmängelhaftung gemäß §§ 459 ff BGB. Das hat das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich erörtert, aber jedenfalls im Ergebnis zu Recht - stillschweigend - angenommen. Eine derartige Haftung kommt mithin im vorliegenden Fall selbst dann in Betracht, wenn dem Kläger zu 1 auch unter Berücksichtigung des ihm zuzurechnenden Verschuldens seines Bruders kein arg-listiges Verhalten, sondern lediglich eine fahrlässige Verletzung der ihm obliegenden Aufklärungspflichten anzulasten ist.
b) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, von der auch das Berufungsgericht ausgeht, besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluß von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1995 – VIII ZR 192/94, NJW-RR 1996, 429 unter II 2 m.w.Nachw.; vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1987 – V ZR 170/86, NJW RR 1988, 394 unter 2). Beim Kauf eines Unternehmens oder von GmbH-Geschäftsanteilen ist im Hinblick auf den für den Kaufpreis im Regelfall erheblichen Ertragswert ins-
besondere zu berücksichtigen, daß der Kaufinteressent - für den Verkäufer erkennbar - sich ein einigermaßen zutreffendes Bild von den wertbildenden Faktoren in erster Linie nur an Hand der Bilanzen, der laufenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen, sonstiger Buchführungsunterlagen und ergänzender Auskünfte des Inhabers oder Geschäftsführers machen kann. Diese Erschwerung der Bewertung des Kaufobjekts durch einen außenstehenden Interessenten , die auch durch dessen möglicherweise vorhandene Sachkunde nicht ausgeglichen wird, und seine besondere Abhängigkeit von der Vollständigkeit und Richtigkeit der ihm erteilten Informationen vor allem zur Umsatz- und Ertragslage des Unternehmens sowie die regelmäßig weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Kaufentscheidung rechtfertigen es, dem Verkäufer eine gesteigerte Aufklärungspflicht aufzuerlegen und an die hierbei anzuwendende Sorgfalt einen strengen Maßstab anzulegen. Geht es um die Beteiligung des Erwerbers an einem lebensfähigen Unternehmen, dann erstreckt sich die Aufklärungspflicht des Käufers namentlich auch auf alle Umstände, welche die Überlebensfähigkeit ernsthaft gefährden, insbesondere also drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.
c) Gemessen an diesen Grundsätzen und auf der Grundlage des festgestellten und unstreitigen Sachverhalts kann der Auffassung des Berufungsgerichts , dem Kläger zu 1 sei nicht einmal fahrlässiges Verhalten anzulasten, nicht gefolgt werden. aa) Zu Recht beanstandet die Revision, daß das Berufungsgericht die desolate wirtschaftliche Situation der Gesellschaft “bis hin zur Konkursreife” als nicht bewiesen angesehen hat. Schon die - unstreitige - Häufung von zahlreichen gewichtigen Indizien für eine anhaltende Krise der Gesellschaft ab Juni 1993 zeigt, daß sich die GmbH bereits seit geraumer Zeit auf den Zustand der
Zahlungsunfähigkeit zubewegte. In den Monaten Juni und Juli wurde in mehreren Fällen Ware im Wert von jeweils etwa 20.000 bis 30.000 DM, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden war, von der Lieferantin wegen Nichtbezahlung der Rechnungen wieder abgeholt. Im Juli und August kam es zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verschiedener Gläubiger. In der ersten Hälfte des vierten Quartals hatten die rückständigen Raten für geleaste Kraftfahrzeuge einen solchen Umfang angenommen, daß die betroffenen Leasingfirmen Maßnahmen zur Rückholung von Fahrzeugen ergriffen. Ab Oktober wurden mehrfach Lastschriften zurückgebucht und Schecks nicht eingelöst. Wegen Zahlungsrückständen wurde überdies die Sperrung der Telefon- und Stromleitungen angedroht. Bei der zuständigen Berufsgenossenschaft befand sich die BKD GmbH mit Beiträgen in Höhe von etwa 50.000 DM in Verzug, so daß sich der Kläger zu 1 im Oktober 1993 auf Drängen der Berufsgenossenschaft veranlaßt sah, eine entsprechende persönliche Bürgschaft zu übernehmen. Daß der Zeuge B. als Steuerberater und damaliger Gesellschafter der GmbH die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nicht anders sah, belegt sein Mahnschreiben an die Gesellschaft vom 15. Juli 1993, in welchem er auf die Dringlichkeit der Tilgung von Forderungen der Krankenkassen und Finanzämter hinwies. Dieses Schreiben - ein wichtiges Indiz für die negative Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der GmbH durch den Kläger zu 1 und seinen Bruder - hat das Berufungsgericht mit Stillschweigen übergangen, was die Revision zutreffend als Verstoß gegen § 286 ZPO rügt. Angesichts einer solchen Häufung deutlicher Anzeichen für eine bereits eingetretene oder unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft spätestens im Herbst 1993 erweist sich die zusammenfassende Wertung des Berufungsgerichts , es hätte "wesentlich stärkerer Indizien bedurft", als formelhafte Wendung und Überspannung der Beweisanforderungen (vgl. dazu BGH, Urteil vom
18. Juni 1998 - IX ZR 311/95, WM 1998, 1689 unter C II 2 a = BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweismaß 2). Sofern der Kläger zu 1 als der für die kaufmännischen Angelegenheiten zuständige “Hauptgeschäftsführer” der GmbH über diese Vorgänge nicht in vollem Umfang unterrichtet war, entlastet ihn das nicht; denn dann müßte er sich das Verhalten seines als Verhandlungsgehilfen hinzugezogenen Bruders V. B. z urechnen lassen (§ 278 BGB), der, wie den Aussagen der Zeugen J. und O. zu entnehmen ist, umfassend informiert war. bb) Auf Grund der unstreitigen gewichtigen Anzeichen für eine anhaltende Krise der Gesellschaft war für den Kläger zu 1 und seinen Bruder erkennbar , daß die GmbH im Herbst 1993 entweder bereits zahlungsunfähig war oder der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zumindest drohte. Damit war der vom Beklagten mit dem Erwerb eines Geschäftsanteils verfolgte Vertragszweck der Beteiligung an einer lebensfähigen Gesellschaft ernsthaft gefährdet. Der Kläger zu 1 war daher verpflichtet, den Beklagten - auch ungefragt - über diese Vorkommnisse umfassend und wahrheitsgemäß zu unterrichten; dieser Verpflichtung ist er unstreitig nicht nachgekommen. Darin liegt eine mindestens fahrlässige Verletzung der ihm gegenüber dem Beklagten obliegenden Aufklärungspflicht , die ihn nach den Grundsätzen der Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen zum Schadensersatz verpflichtet.
d) Das Verschweigen der auf eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH hindeutenden Anzeichen war ursächlich für den Kaufentschluß des Beklagten. Das Berufungsgericht hat dies - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft. Soweit es in anderem Zusammenhang Zweifel an der Kausalität der Handlungsweise des Klägers zu 1 und des Zeugen K. äußert, verkennt es, daß sich in
Fällen der vorliegenden Art die Darlegungs- und Beweislast umkehrt: Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist, derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, beweispflichtig dafür , daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis - hier: auf die eindeutigen Anzeichen für eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit im Sommer und Herbst 1993 - unbeachtet gelassen und auch bei wahrheitsgemäßen Angaben den Kaufvertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 18. Juni 1996 - VI ZR 121/95 = NJW 1996, 2503 unter II; Urteil vom 20. September 1996 - V ZR 173/95 = NJW-RR 1997, 144 unter II 2 b bb). Anhaltspunkte für ein solches - hypothetisches - Verhalten des Beklagten sind weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere trifft es nicht zu, daß dem Beklagten, wie die Kläger unter Hinweis auf das von ihm erstellte Unternehmenskonzept behaupten, die “äußerst angespannte wirtschaftliche Situation” der Gesellschaft bekannt gewesen sei. Jenes - allerdings undatierte - Sanierungskonzept kann der Beklagte frühestens am 9. Dezember 1993, mithin mehr als zwei Wochen nach dem Abschluß des Anteilskaufvertrages , erstellt haben. Das ergibt sich aus dem einleitenden Satz des Konzepts: “Eine BWA ... liegt für den Monat Oktober seit dem 09.12. 1993 vor (Anhang).” Unter diesen Umständen läßt die unstreitige Tatsache, daß der Beklagte ein Sanierungs- bzw. Unternehmenskonzept erstellt hat, keinerlei Rückschlüsse auf seinen Kenntnisstand bei Abschluß des notariellen Vertrages am 22. November 1993 und etwaige Schlußfolgerungen hinsichtlich einer mangelnden Kausalität der Pflichtverletzungen des Klägers zu 1 zu. 2. Der in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben seines Vertragspartners Enttäuschte ist so zu stellen, wie er bei richtiger Offenbarung der für seinen Kaufentschluß erheblichen Umstände stünde.
Er kann daher entweder am Vertrag festhalten und lediglich zusätzlich Schadensersatz beanspruchen oder aber Rückgängigmachung des Vertrages verlangen (BGHZ 69, 53, 56 und BGHZ 111, 75, 82). Wählt er - wie der Beklagte im vorliegenden Fall - die letztere Möglichkeit, dann kann er Zug um Zug gegen (Rück-) Abtretung des erworbenen Geschäftsanteils den Kaufpreis zurückfordern und zugleich verlangen, von allen Verbindlichkeiten befreit zu werden , die er im Vertrag zusätzlich übernommen hat. 3. Diesen Grundsätzen entspricht das landgerichtliche Urteil mit seiner Entscheidung zu Klage und Widerklage. Der Senat hat daher, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), ausgesprochen, daß die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 26. Februar 1998 zurückgewiesen wird. Mit der Rückabwicklung des notariellen Vertrages vom 22. November 1993 entfällt zugleich der Anspruch der Kläger auf Freistellung von den Darlehensrückzahlungs - und Bürgschaftsverpflichtungen gegenüber der K. sparkasse S. , die der Beklagte von den Klägern übernommen hatte. Hinsichtlich des mit dem Klageantrag Ziffer 2) ursprünglich geltend gemachten Anspruchs auf Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Eigenkapitalhilfedarlehen der Deutschen Ausgleichsbank, den die Kläger in der Berufungsinstanz in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt haben, bezieht sich der wiederhergestellte landgerichtliche Ausspruch über die Abweisung der Klage nunmehr auf den zuletzt gestellten Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 91 a Rnr. 45). Dr. Hübsch Dr. Beyer Dr. Leimert
Wiechers Dr. Wolst

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)