Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2002 - VII ZR 458/01

bei uns veröffentlicht am25.07.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 458/01
vom
25. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juli 2002 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Wiebel,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Der Wert der Beschwer für die Beklagte wird auf über 60.000 DM festgesetzt.

Gründe:

1. Würdigt das Berufungsgericht aufgerechnete Gegenforderungen nicht als Rechnungsposten sondern entscheidet es über den Bestand der Gegenforderungen im Sinne des § 322 Abs. 2 ZPO, dann erhöht sich der Wert der Beschwer der beklagten Partei, wenn das Berufungsgericht die Begründetheit der Gegenforderungen verneint (BGH, Beschluß vom 10. April 1997 - VII ZR 266/96, NJW-RR 1997, 1157; BGH, Beschluß vom 30. September 1999 - VII ZR 457/98, NZBau 2000, 26). 2. Aus den Urteilsgründen des Berufungsgerichts ergibt sich, daß das Berufungsgericht die Gegenforderungen nicht als Abrechnungsposten gewürdigt , sondern über das Bestehen der Forderung entschieden hat.
Folglich erhöht sich der Wert der Beschwer über die DM 59.777,99 hinaus um die folgenden vom Berufungsgericht beschiedenen Gegenforderungen, so daû er 60.000 DM übersteigt: Kosten für die Erstellung eines Aufmaûes 4.457,20 DM, Kosten für die Nachbesserung der Türöffnungen 8.100,00 DM, Kosten für die Erneuerung der Rigipsplatten im Dachgeschoû 1.320,00 DM.
Ullmann Thode Wiebel Kniffka Bauner

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2001 - VII ZR 457/98

bei uns veröffentlicht am 18.01.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 457/98 Verkündet am: 18. Januar 2001 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB

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(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 457/98 Verkündet am:
18. Januar 2001
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Auch wenn sich ein Bauherr die Sachkunde seines Bauleiters zurechnen lassen
muß, entfällt dadurch allein die Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers
nicht.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 457/98 - OLG Celle
LG Hannover
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. November 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klage in Höhe von 20.880,21 DM (Aufrechnungsbetrag) und Zinsen stattgegeben worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Gesamtvollstreckungsverwalterin, fordert von der Beklagten Restwerklohn. Die Beklagte erteilte der B. & S. GmbH, über deren Vermögen Anfang 1995 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde (künftig: Gemeinschuldnerin ), Ende 1992/Anfang 1993 mehrere schriftliche Aufträge, Sanierungsmaßnahmen an ihrem Hausgrundstück in C. entsprechend einem Sanie-
rungsplan durchzuführen. Auf neun Teilrechnungen der Gemeinschuldnerin über insgesamt 88.816,57 DM leistete die Beklagte 40.000 DM als Abschlagszahlung. Die Klägerin hat Restwerklohn zuletzt in Höhe von 48.816,57 DM geltend gemacht. Die Beklagte hat die Forderung dem Grunde und der Höhe nach bestritten und hilfsweise die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Berufung hat die Beklagte ihr Bestreiten der Klageforderung aufrechterhalten; sie hat ihre zur Aufrechnung gestellten Ansprüche auf den Mangel der fehlenden waagerechten Abdichtung des Kellerbodens ihres Hauses beschränkt. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Der Senat hat die Revision wegen des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1. Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch wegen der unstreitig fehlenden waagerechten Abdichtung im Keller. Es liege kein Mangel vor, weil der bauleitende Ingenieur L. von der zunächst vereinbarten
Abdichtung abgesehen und mit der Gemeinschuldnerin vereinbart habe, lediglich Fliesen auf dem Kellerboden zu verlegen. L. sei hierzu bevollmächtigt gewesen , da die Beklagte ihn mit der Abwicklung und der Ausführung der Sanierungsarbeiten beauftragt habe. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, sie habe L. unmittelbar nach der letzten Auftragserteilung von seinen Aufgaben entbunden und dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin erklärt, sie werde die Sache nunmehr selbst in die Hand nehmen. Ein Widerruf der Vollmacht sei nicht anzunehmen, da die Beklagte kurz nach dieser Erklärung L. wiederum als ihren Ansprechpartner bezeichnet habe. Jedenfalls müsse sie sich die Ä nderung des Auftrages durch L. nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht zurechnen lassen. Die Beklagte habe zudem keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt; dies sei auch nicht entbehrlich gewesen. Eine Verletzung der Hinweispflicht der Gemeinschuldnerin liege nicht vor, da diese sich auf die fachliche Anweisung des L. habe verlassen dürfen. 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Schadensersatzanspruch der Beklagten nach § 635 BGB bestehe nicht, trifft nicht zu.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war nach dem ursprünglich der Gemeinschuldnerin erteilten Auftrag eine Abdichtung gegen Feuchtigkeit im Keller vorgesehen. Diese Abdichtung hat die Gemeinschuldnerin nicht ausgeführt und damit das ursprünglich geschuldete Werk nicht vertragsgerecht hergestellt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vertrag der Parteien nicht wirksam abgeändert worden. Der Bauleiter L. war zu der Ä nderung der vertraglichen Pflichten der Gemeinschuldnerin nicht bevollmächtigt. Die Beklagte hat nach ihrem Vortrag eine ursprünglich vorhandene Vertre-
tungsmacht des L., sie im Rahmen der Sanierung ihres Hauses zu vertreten, wirksam widerrufen. Das Berufungsgericht hat die Tragweite der Erklärung der Beklagten gegenüber dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin verkannt, sie habe L. von seinen Aufgaben entbunden und nehme die Sache nunmehr selbst in die Hand. Danach sollte L., der bis zu diesem Zeitpunkt sowohl mit der Abwicklung und der Ausführung der Sanierungsarbeiten beauftragt war als auch rechtgeschäftliche Erklärungen für die Beklagte abgeben durfte, unmißverständlich nicht weiter für die Beklagte tätig sein. Wenn die Beklagte kurz nach diesem Widerruf L. erneut als Bauleiter und als Ansprechpartner für die Abstimmung von Leistungen und Terminen benannt hat, lag darin weder eine Bestätigung der ursprünglichen Vertretungsmacht noch eine neu erteilte Vollmacht. Ein Bauleiter hat nur insoweit Vertretungsmacht, wie ihn der Auftraggeber dazu bevollmächtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 - VII ZR 186/93, BauR 1994, 760, 761 = ZfBR 1995, 15); daran fehlt es. Die mit der erneuten Benennung verbundene Erklärung der Beklagten enthielt lediglich eine Beschreibung des Aufgabenbereiches des L. als Bauleiter. Das berechtigte ihn nicht dazu, die vertraglichen Pflichten der Gemeinschuldnerin zu ändern. Seine erneute Benennung war ohne weitere Anhaltspunkte auch nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand für eine Rechtscheinsvollmacht zu begründen. Zu Unrecht vermißt das Berufungsgericht eine Fristsetzung der Beklagten mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1 BGB). Die dazu erhobene Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht habe erheblichen Vortrag der Beklagten übergangen, hat Erfolg. Nach dem Vortrag der Beklagten hat der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin am 24. Juni 1994 telefonisch gegenüber dem Ehemann der Beklagten seine ursprünglich erklärte Bereitschaft zur Mängelbeseitigung widerrufen und jedwede Nachbesserung mit der Begründung abgelehnt, sämtliche Leistungen seien mangelfrei. Trifft dies zu, liegt darin eine
ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung, die eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich macht.
b) Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht eine Pflicht der Gemeinschuldnerin , die Beklagte auf die Folgen des Wegfalls der ursprünglich vereinbarten Abdichtung hinzuweisen. Konnte die Gemeinschuldnerin vor Ausführung des geänderten Auftrages erkennen, daß eine waagerechte Abdichtung gegen Feuchtigkeit im Keller nach wie vor erforderlich war, so mußte sie den Bauleiter L. und, falls sich L. dem Hinweis verschlossen hätte, die Beklagte selbst darauf hinweisen. Selbst wenn die Beklagte sich als Bauherrin die Sachkunde des L. zurechnen lassen mußte, entfiel die Prüfungs- und Unterrichtungspflicht der Gemeinschuldnerin dadurch allein nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1977 - VII ZR 325/74, BauR 1977, 420, 421).

II.

Danach kann das Berufungsurteil im Umfang der Annahme nicht bestehenbleiben ; es ist aufzuheben. Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung die erforderlichen Feststellungen zum Grund und gegebenenfalls zur Höhe des Schadensersatzanspruches der Beklagten zu treffen haben.
Ullmann Haß Hausmann Wiebel Wendt