Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2010 - V ZR 42/10


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines zugunsten der Beklagten im Grundbuch eingetragenen Erbbaurechts an einem Grundstück der Klägerin und über die Rechtsfolgen im Fall der Unwirksamkeit dieses Rechts.
- 2
- Die Klägerin hat die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe des Grundstücks, zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung und zur Zustimmung zur Löschung des Erbbaurechts im Grundbuch verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat - unter Abweisung der Klage im Übrigen - die Beklagten zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 6.756 € nebst Zinsen und zur Zustimmung zur Löschung des Erbbaurechts verurteilt.
- 3
- Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Sie wollen in dem angestrebten Revisionsverfahren die Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts erreichen.
II.
- 4
- Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Beklagten nicht ausreichend dargelegt haben, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 5
- 1. Fest steht eine Beschwer von 6.756 €. Das ist der Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagten verurteilt worden sind.
- 6
- 2. Hinzuzurechnen ist der Wert der Verurteilung zur Löschungszustimmung. Dieser bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten an der Beseitigung der Verurteilung und damit an dem Bestehen des Erbbaurechts. Diesen Wert haben die Beklagten nicht ausreichend dargelegt.
- 7
- a) Entgegen ihrer Auffassung ist der Grundstückswert nicht als Anhaltspunkt heranzuziehen. Die von ihnen genannte Senatsentscheidung vom 25. Juli 2002 (V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) betrifft die Verurteilung zur Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung und ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.
- 8
- b) Selbst wenn man die Annahme der Beklagten als rechtlich zutreffend unterstellt, der Wert bestimme sich nach dem Verkehrswert des Gebäudes, weil ihnen ohne das Erbbaurecht nach dem Ablauf der von dem Berufungsgericht angenommenen Nutzungsfrist bis zum 1. Oktober 2022 kein Entschädigungsanspruch für das Gebäude (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) zustehe, kann der von ihnen errechnete Betrag von 75.000 € der Bemessung der Beschwer nicht zugrunde gelegt werden. Zum einen haben die Beklagten nicht nachvollziehbar dargelegt, wie hoch der Verkehrswert in dem maßgeblichen Zeitpunkt 1. Oktober 2022 voraussichtlich sein wird. Ihr Vortrag erschöpft sich insoweit in der Behauptung eines derzeitigen Verkehrswerts von 150.000 € und dem Erfordernis eines Abschlags von 50%. Zum anderen haben die Beklagten nicht berücksichtigt , dass ihnen ohne das Bestehen des Erbbaurechts wegen der Investitionen für die Renovierung und Wiederherstellung des Gebäudes ein Entschädigungsanspruch nach § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehen kann. Beschwert sind sie deshalb allenfalls in Höhe der Differenz zwischen den beiden Ansprüchen.
- 9
- c) Auch mit ihrem Hinweis darauf, dass sie ohne das Erbbaurecht für die Jahre 2007 bis 2022 zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 23.646 € verpflichtet seien und für die Wertberechnung ein Abschlag von einem Drittel vorzunehmen sei, haben die Beklagten die Beschwer in dieser Höhe nicht ausreichend dargelegt. Sie haben nämlich außer Acht gelassen, dass sie bei Bestehen des Erbbaurechts den Erbbauzins zahlen müssen. Nur in Höhe der Differenz zwischen diesem und der Entschädigung können sie deshalb beschwert sein.
- 10
- 3. Mangels anderer Anhaltspunkte verbleibt es bei dem in den Tatsacheninstanzen angenommenen Wert von 1.689 € für die Zustimmung zur Löschung.
III.
Krüger Lemke Schmidt-RäntschStresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 18.07.2008 - 3 O 1811/07 -
OLG Jena, Entscheidung vom 09.02.2010 - 5 U 695/08 -


Annotations
(1) Erlischt das Erbbaurecht durch Zeitablauf, so hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Bauwerk zu leisten. Als Inhalt des Erbbaurechts können Vereinbarungen über die Höhe der Entschädigung und die Art ihrer Zahlung sowie über ihre Ausschließung getroffen werden.
(2) Ist das Erbbaurecht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minderbemittelter Bevölkerungskreise bestellt, so muß die Entschädigung mindestens zwei Dritteile des gemeinen Wertes betragen, den das Bauwerk bei Ablauf des Erbbaurechts hat. Auf eine abweichende Vereinbarung kann sich der Grundstückseigentümer nicht berufen.
(3) Der Grundstückseigentümer kann seine Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung dadurch abwenden, daß er dem Erbbauberechtigten das Erbbaurecht vor dessen Ablauf für die voraussichtliche Standdauer des Bauwerks verlängert; lehnt der Erbbauberechtigte die Verlängerung ab, so erlischt der Anspruch auf Entschädigung. Das Erbbaurecht kann zur Abwendung der Entschädigungspflicht wiederholt verlängert werden.
(4) Vor Eintritt der Fälligkeit kann der Anspruch auf Entschädigung nicht abgetreten werden.
(1) Wer infolge der Vorschriften der §§ 946 bis 950 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Wiederherstellung des früheren Zustands kann nicht verlangt werden.
(2) Die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen sowie die Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen und über das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung bleiben unberührt. In den Fällen der §§ 946, 947 ist die Wegnahme nach den für das Wegnahmerecht des Besitzers gegenüber dem Eigentümer geltenden Vorschriften auch dann zulässig, wenn die Verbindung nicht von dem Besitzer der Hauptsache bewirkt worden ist.