Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - KZR 33/06

published on 25/09/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - KZR 33/06
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Referenzen - Gesetze
Previous court decisions
Landgericht München I, 4 HKO 18530/05, 30/03/2006
Oberlandesgericht München, U (K) 3090/06, 19/10/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KZR 33/06
vom
25. September 2007
in dem Rechtsstreit
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 durch
den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bornkamm sowie die Richter Dr. Raum, Prof. Dr. Meier-Beck
und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Streitwert: 100.000 €.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil kein Grund für eine Zulassung der Revision besteht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
Allerdings rügt die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht (OLG München, WuW/E DE-R 1887) den sachlich-relevanten Markt unzutreffend abgegrenzt hat. Die Klägerin, die sogenanntes Wärmecontracting aus einer Hand anbietet, will von den beklagten Stadtwerken belie- fert werden, um ihrerseits die Endverbraucher – zusammen mit anderen Leistungen – mit Fernwärme zu versorgen. Von diesem Ausgangspunkt hätte deshalb der sachlich-relevante Markt bestimmt werden müssen. Das von der Klägerin nachgefragte Gut (Fernwärme) bestimmt die Marktabgrenzung. Die Fernwärme ist für die Klägerin nicht austauschbar, weil ihre Kunden Fernwärmeanschlüsse haben. Demnach hätte – wie der Senat in einem vergleichbaren Fall bereits entschieden hat (BGH, Beschl. v. 13.12.2005 – KVR 13/05, WuW/E DE-R 1726, 1728 Tz. 13 – Stadtwerke Dachau) – das Berufungsgericht nicht auf den Markt der Endverbraucher und deren Ausweichmöglichkeiten abstellen dürfen.
3
Dieser Mangel erfordert gleichwohl keine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil sich das Urteil des Berufungsgerichts aufgrund der hilfsweise vorgenommenen zutreffenden Interessenabwägung als richtig erweist. Das Berufungsgericht hat einen Belieferungsanspruch der Klägerin abgelehnt, weil die Beklagte bereits hinsichtlich des identischen Grundstücks mit demselben Grundstückseigentümer , den die Klägerin ihrerseits beliefern will, einen Vertrag über die Belieferung mit Fernwärme abgeschlossen hatte, an den der Grundstückseigentümer nach § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV noch gebunden ist. Diese Erwägung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
4
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation für die Interessenabwägung nicht vergleichbar mit den vom Senat entschiedenen Fällen „Stadtwerke Dachau“ (WuW/E DE-R 1726) und „Arealnetz“ (BGHZ 163, 296). Das Belieferungsbegehren der Klägerin ist unter dem Gesichtspunkt der Zielsetzung des Kartellgesetzes, die Offenheit des Marktzugangs sicherzustellen, kaum förderlich, weil die Klägerin nicht selbst Fernwärme durchleiten will. Vielmehr will die Klägerin lediglich als Abnehmerin am Hausanschluss des Grundstückseigentümers zwischengeschaltet werden. Eine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt für Fernwärme ist hierdurch nicht erkennbar. Der Belieferungswunsch der Klägerin dient allenfalls dazu, durch die Koppelung von Wärmebezug und Wärmedienstleistung die Bindung ihrer eigenen Kunden zu verstärken und damit die Offenheit des nachgelagerten Marktes für Wärmedienstleistungen zu beeinträchtigen.
5
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt eine Zulassung der Revision auch nicht deshalb in Betracht, weil das Berufungsgericht von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg (NJOZ 2005, 4115) abgewichen wäre. Das Oberlandesgericht Naumburg bejaht in der genannten Entscheidung eine Belieferungspflicht des Betreibers des Fernwärmenetzes an ein Unternehmen, das – ähnlich wie die Klägerin – umfassende Wärmedienstleistungen anbietet. Dem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg lässt sich allerdings nicht entnehmen, wie lange dort der Vertrag des Fernwärmelieferanten mit dem Grundstückseigentümer bestanden hatte und ob der Vertrag nach § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV für den Abnehmer schon kündbar war. Zudem ist die Interessenabwägung im Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg maßgeblich davon beeinflusst, dass nach dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt ein Anschluss- und Benutzungszwang bestanden hatte. Im Hinblick auf diese wesentliche Abweichung im Sachverhalt ist – wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – eine Zulassung der Revision nicht geboten.
Hirsch Bornkamm Raum
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 30.03.2006 - 4 HKO 18530/05 -
OLG München, Entscheidung vom 19.10.2006 - U (K) 3090/06 -
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3 Referenzen - Gesetze

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Die Laufzeit von Versorgungsverträgen beträgt höchstens zehn Jahre. Wird der Vertrag nicht von einer der beiden Seiten mit einer Frist von neun Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt, so gilt eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahr

Annotations

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Laufzeit von Versorgungsverträgen beträgt höchstens zehn Jahre. Wird der Vertrag nicht von einer der beiden Seiten mit einer Frist von neun Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt, so gilt eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre als stillschweigend vereinbart.

(2) Ist der Mieter der mit Wärme zu versorgenden Räume Vertragspartner, so kann er aus Anlaß der Beendigung des Mietverhältnisses den Versorgungsvertrag jederzeit mit zweimonatiger Frist kündigen.

(3) Tritt anstelle des bisherigen Kunden ein anderer Kunde in die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, so bedarf es hierfür nicht der Zustimmung des Fernwärmeversorgungsunternehmens. Der Wechsel des Kunden ist dem Unternehmen unverzüglich mitzuteilen. Das Unternehmen ist berechtigt, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der Mitteilung folgenden Monats zu kündigen.

(4) Ist der Kunde Eigentümer der mit Wärme zu versorgenden Räume, so ist er bei der Veräußerung verpflichtet, das Fernwärmeversorgungsunternehmen unverzüglich zu unterrichten. Erfolgt die Veräußerung während der ausdrücklich vereinbarten Vertragsdauer, so ist der Kunde verpflichtet, dem Erwerber den Eintritt in den Versorgungsvertrag aufzuerlegen. Entsprechendes gilt, wenn der Kunde Erbbauberechtigter, Nießbraucher oder Inhaber ähnlicher Rechte ist.

(5) Tritt anstelle des bisherigen Fernwärmeversorgungsunternehmens ein anderes Unternehmen in die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, so bedarf es hierfür nicht der Zustimmung des Kunden. Der Wechsel des Fernwärmeversorgungsunternehmens ist öffentlich bekanntzugeben. Der Kunde ist berechtigt, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der Bekanntgabe folgenden Monats zu kündigen.

(6) Die Kündigung bedarf der Schriftform.