Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2007 - IX ZR 233/04

bei uns veröffentlicht am08.02.2007
vorgehend
Landgericht Bonn, 15 O 272/04, 30.11.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 233/04
vom
8. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin
Lohmann
am 8. Februar 2007

beschlossen:
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 30. November 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 19.819,56 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Beklagte ist Treuhänder in dem am 8. Dezember 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der J. . Diese hat ihren am 28. Dezember 2001 verstorbenen Vater neben dem Kläger zu ½-Anteil beerbt. Ihr Vater hatte ihr des Weiteren durch Verfügung unter Lebenden auf den Todesfall ein Sparguthaben zugewandt. Von diesem Guthaben beansprucht der Kläger von der Masse einen Bruchteil von ¼. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger begehrt die Zulassung der Sprungrevision gegen dieses Urteil.

II.


2
Der statthafte und nach § 566 Abs. 2 ZPO zulässige Antrag ist unbegründet. Die von dem Kläger in der Antragsschrift zur Entscheidung gestellten grundsätzlichen Fragen zur insolvenzrechtlichen Behandlung von Nachlassverbindlichkeiten in den Fällen, in denen die Erbschaft in die Neumasse des Insolvenzschuldners fällt, stellen sich nicht.
3
Mit der Klage beansprucht der Kläger ¼ des der Schuldnerin schenkweise zugewandten Sparguthabens. Zugleich trägt er unter Vorlage des Erbscheins vor, er selbst sei neben der Schuldnerin zu ½-Anteil Erbe geworden, und legt dar, der Nachlass - ohne das Sparguthaben - habe ausgereicht, um etwa bestehende Nachlassverbindlichkeiten und Erbfallschulden zu begleichen. Den Bestand des Nachlasses und dessen Wert im Zeitpunkt des Erbfalles nennt er dagegen nicht. Die Klage ist damit unschlüssig, ohne dass die benannten Grundsatzfragen beantwortet werden müssen. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß §§ 2325, 2326 BGB richtet sich gegen den Erben. Da der Kläger selbst zu ½ Erbe geworden ist, kann er diesen Anspruch nur im Rahmen einer Erbauseinandersetzung geltend machen, wozu der Bestand des gesamten Nachlasses darzulegen wäre (vgl. RGZ 84, 204, 207; Erman/ Schlüter, BGB 10. Aufl. § 2325 Rn. 2; Staudinger/Olshausen, Neubearbeitung 2006 § 2325 Rn. 83 f).
4
Für den Ergänzungsanspruch gegen den Beschenkten gemäß § 2329 BGB gelten keine geringeren Darlegungsanforderungen. Auch für diesen Anspruch muss der Pflichtteilsberechtigte die Voraussetzungen des Anspruchs darlegen und beweisen und deshalb ebenfalls den Nachlassbestand in den Prozess einführen, weil nur so die Berechnung seines Anspruchs möglich ist (RGZ 84, 204, 207; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. Band II § 2329 BGB Rn. 2; Staudinger/Olshausen, aaO § 2329 Rn. 23). Da der Kläger den Nachlassbestand nicht dargelegt hat, ist die Klage auch insoweit unschlüssig.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanz:
LG Bonn, Entscheidung vom 30.11.2004 - 15 O 272/04 -

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2007 - IX ZR 233/04 zitiert 5 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2325 Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen


(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 566 Sprungrevision


(1) Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile, die ohne Zulassung der Berufung unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt, wenn1.der Gegner in die Übergehung der Beru

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2329 Anspruch gegen den Beschenkten


(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Heraus

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2326 Ergänzung über die Hälfte des gesetzlichen Erbteils


Der Pflichtteilsberechtigte kann die Ergänzung des Pflichtteils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des gesetzlichen Erbteils hinterlassen ist. Ist dem Pflichtteilsberechtigten mehr als die Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen

Referenzen

(1) Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile, die ohne Zulassung der Berufung unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt, wenn

1.
der Gegner in die Übergehung der Berufungsinstanz einwilligt und
2.
das Revisionsgericht die Sprungrevision zulässt.
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision sowie die Erklärung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung.

(2) Die Zulassung ist durch Einreichung eines Schriftsatzes (Zulassungsschrift) bei dem Revisionsgericht zu beantragen. Die §§ 548 bis 550 gelten entsprechend. In dem Antrag müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Sprungrevision (Absatz 4) dargelegt werden. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung des Antragsgegners ist dem Zulassungsantrag beizufügen; sie kann auch von dem Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszuges oder, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen gewesen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden.

(3) Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsstelle des Revisionsgerichts hat, nachdem der Antrag eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern.

(4) Die Sprungrevision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die Sprungrevision kann nicht auf einen Mangel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Das Revisionsgericht entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision durch Beschluss. Der Beschluss ist den Parteien zuzustellen.

(6) Wird der Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt, so wird das Urteil rechtskräftig.

(7) Wird die Revision zugelassen, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt der form- und fristgerechte Antrag auf Zulassung als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(8) Das weitere Verfahren bestimmt sich nach den für die Revision geltenden Bestimmungen. § 563 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erfolgt. Wird gegen die nachfolgende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts Berufung eingelegt, so hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung durch das Revisionsgericht zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Der Pflichtteilsberechtigte kann die Ergänzung des Pflichtteils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des gesetzlichen Erbteils hinterlassen ist. Ist dem Pflichtteilsberechtigten mehr als die Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen, soweit der Wert des mehr Hinterlassenen reicht.

(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.