vorgehend
Amtsgericht Frankfurt (Oder), 2 IN 331/00, 08.11.2004
Landgericht Frankfurt (Oder), 19 T 879/04, 19.04.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 154/05
vom
25. September 2008
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 25. September 2008

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Frankfurt/Oder vom 8. November 2004 und der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 19. April 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht Frankfurt/Oder zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 250,31 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten sind zulässig und begründet. Die Entscheidungen der Vorinstanzen weichen von dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2007 (IX ZB 305/04, ZIP 2007, 1958) zum Nachteil der Rechtsbeschwerdeführerin ab. Sie beanstandet danach (aaO, S. 1959) zu Recht, dass die Vorinstanzen die Berechnungsgrundlage der von ihr bean- spruchten Vergütung als Insolvenzverwalter um die für Anwaltstätigkeit an die Sozietät der Verwalterin gezahlte Nettovergütung von 863,14 € herabgesetzt haben.
2
Der begründete Anspruch der weiteren Beteiligten wird gleichwohl im Ergebnis von der festgesetzten Vergütung möglicherweise nicht unterschritten. Das Amtsgericht hat der Rechtsbeschwerdeführerin ohne eigene Begründung für die Fortführung des kleinen Betriebes während einer Dauer von gut sechs Monaten gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. b) InsVV den hohen Zuschlag von 50 v.H. zugebilligt. Dieser Zuschlag übersteigt den durch die Betriebsfortführung erzielten Überschuss um mehr als das Doppelte. Der Überschuss der Betriebsfortführung von 2.185,05 € ist in die Berechnungsgrundlage eingeflossen. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist zwar grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen , ob sie die Gefahr einer Verschiebung der Maßstäbe mit sich bringt (st. Rspr., siehe zuletzt BGH, Beschl. v. 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 Rn. 4 m.w.N.). Diese Gefahr besteht hier jedoch. Das Insolvenzgericht und das Beschwerdegericht haben nicht erkennbar berücksichtigt, welchen konkreten Mehraufwand die Betriebsfortführung für die Insolvenzverwalterin verursacht hat und inwieweit dieser Mehraufwand bereits durch den vergütungswirksamen Überschuss der Betriebsfortführung abgegolten wird.
3
Das Nähere über die hiernach anzustellende Vergleichsberechnung ist dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. Januar 2008 (IX ZB 120/07, ZIP 2008, 514 Rn. 7, 8) zu entnehmen. Diese Berechnung wird das Amtsgericht nachzuholen haben. Es ist hieran durch das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) nicht gehindert; denn dieses bezieht sich nur auf die Gesamt- höhe der festzusetzenden Vergütung (BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 264/03, ZIP 2005, 1372, 1373 unter II. 3. a.E. m.w.N.).
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 08.11.2004 - 3.2 IN 331/00 -
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 19.04.2005 - 19 T 879/04 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2007 - IX ZB 305/04

bei uns veröffentlicht am 05.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 305/04 vom 5. Juli 2007 in dem Insolvenzverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann am 5. J

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07

bei uns veröffentlicht am 12.06.2008

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 305/04
vom
5. Juli 2007
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin
Lohmann
am 5. Juli 2007

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters wird der Beschluss der Zivilkammer 26 des Landgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.493,58 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss vom 23. Mai 2001 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 19. Februar 2004 reichte dieser den Schlussbericht, die Schlussrechnung und einen Antrag ein, in dem er die Festsetzung einer Vergütung nebst Auslagen und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 19.667,88 € verlangte.
2
Mit Beschluss vom 14. Mai 2004 hat das Amtsgericht die Vergütung des Verwalters auf insgesamt 17.480,64 € festgesetzt. Dessen sofortige Beschwerde hat zu einer Anhebung des Betrags auf 18.174,30 € geführt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Festsetzungsbegehren im Umfang der verbliebenen Differenz weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
4
1. Das Landgericht meint, von der vom Beteiligten angenommenen Berechnungsgrundlage in Höhe von 35.237,23 € seien die an die Sozietät des Insolvenzverwalters gezahlten Beträge sowie - bis zur Schlussverteilung zu erwartende - Zinseinnahmen in Höhe von 130 € abzusetzen.
5
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
a) Die an die Sozietät des Beteiligten gezahlten Beträge sind in die Berechnungsgrundlage gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 InsVV einzurechnen. Sie werden gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV nicht abgesetzt.

7
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen liegt der in § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. a InsVV geregelte Ausnahmefall nicht vor. Danach werden Beträge , die der Verwalter nach § 5 InsVV als Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde erhält, abgezogen. Hier hat indes nicht der Verwalter die gezahlte Vergütung erhalten, sondern die Sozietät. Zwar gehört der Verwalter dieser Sozietät an. Ein Abzug hat gleichwohl zu unterbleiben, weil die Vergütung nicht an den Verwalter persönlich gezahlt worden ist. Die Sozietät ist als (Außen -)Gesellschaft bürgerlichen Rechts rechtsfähig und daher selbst Träger von Rechten und Pflichten (vgl. BGHZ 146, 341). Nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 4 InsVV hat aber ein Abzug immer dann zu unterbleiben, wenn die Vergütung nicht an den Verwalter selbst gezahlt worden ist. Nach der Systematik der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung wird gerade die Tätigkeit des Verwalters, nicht jedoch die seines Sozius oder der Sozietät vergütet. Der Umstand, dass der Verwalter mittelbar an den genannten Einnahmen partizipieren mag, ändert nichts daran, dass er die Beträge nicht nach § 5 InsVV erhalten hat, sondern aufgrund des der Sozietät zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrags (übereinstimmend LG Frankfurt an der Oder ZInsO 1998, 236; LG Leipzig ZInsO 2001, 615 f, jew. zu § 2 Nr. 3 VergVO; HK-InsO/Irschlinger, 4. Aufl. § 1 InsVV Rn. 9 lit. e; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 4. Aufl. § 1 Rn. 83).
8
b) Das Landgericht hat es ferner mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt , die vom Beteiligten angegebenen Zinseinnahmen zu berücksichtigen.
9
Senat Der hat bereits entschieden, dass ein nach Einreichung der Schlussrechnung vor dem Schlusstermin sich ergebender Massezufluss bei der Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung zu berücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 f). Die Entscheidung ist zwar zu § 1 VergVO ergangen; für den dieser Regelung sachlich entsprechenden § 1 InsVV kann jedoch nichts anderes gelten. Aus der Begründung des Senatsbeschlusses ergibt sich, dass der Verwalter schon bei der Erstellung der (vorläufigen) Schlussrechnung Positionen als Massezuflüsse aufnehmen kann, deren Eingang sicher feststeht (BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006, aaO S. 487). Von einem sicheren Massezufluss hat der Senat bei seiner Entscheidung auszugehen.

III.


10
Die Beschwerdeentscheidung kann deshalb keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil des Insolvenzverwalters erkannt worden ist. Das Beschwerdegericht wird nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen die sachliche und rechnerische Richtigkeit der vom Beteiligten geltend gemachten Positionen zu prüfen haben.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 14.05.2004 - 67c IN 99/01 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 02.12.2004 - 326 T 53/04 -
4
1. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757; v. 23. September 2004 - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. 16. Juli 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1205). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr einer Verschiebung der Maßstäbe mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460).