Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Okt. 2002 - BLw 22/02

17.10.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 22/02
vom
17. Oktober 2002
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 17. Oktober
2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 31. Mai 2002 wird auf Kosten des Antragstellers, der der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 128.436

Gründe:

I.


Die Antragsgegnerin, die Mutter des Antragstellers, ist testamentarische Erbin ihres Mannes, der in R. einen Hof im Sinne der Höfeordnung bewirtschaftet hat. Der Antragsteller, der den Hof seit 1981 zunächst von seinem Vater, nach dessen Tod von der Antragsgegnerin gepachtet hatte, hält das Hoffolgezeugnis, in dem die Antragsgegnerin als Hoferbin ausgewiesen ist, für unrichtig. Seinem Antrag auf Kraftloserklärung und Einziehung des Hoffolge-
zeugnisses hat das Landwirtschaftsgericht stattgegeben. Das Oberlandesge- richt hat den Antrag zurückgewiesen. Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde erstrebt der Antragsteller die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
Soweit der Antragsteller auf der Grundlage von § 574 Abs. 2 ZPO n.F. argumentiert und meint, der Sache komme rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu, verkennt er, daß sich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde allein nach § 24 LwVG richtet. Diese Norm eröffnet nicht die Möglichkeit, geltend zu machen, daß die Rechtsbeschwerde hätte zugelassen werden müssen. Der Senat ist an die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht gebunden (vgl. Senatsbeschl. v. 12. Februar 1963, V BLw 37/62, RdL 1963, 66, und seither st. Rspr.).
Auch die Rüge der Verletzung des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts eröffnet nicht die Rechtsbeschwerde (st. Senatsrspr., vgl. schon Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).
Soweit der Antragsteller meint, es lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG vor, verkennt er diese zwar nicht grundsätzlich (dazu näher BGHZ 89, 149 ff), sieht sie im konkreten Fall aber zu Unrecht als gegeben an.
Das Beschwerdegericht hat nicht einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt , der im Widerspruch stünde zu einem solchen, den der Senat in der Entscheidung BGHZ 101, 57, 61 aufgestellt hat. Allerdings hat der Senat dort ausgeführt , daß ein Hofübergabevertrag den Hofeigentümer daran hindere, einen anderen Hoferben einzusetzen, daß aber der durch Erbvertrag gebundene Hofeigentümer nicht gehindert sei, den Hof durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu übertragen. Das Beschwerdegericht hat dies schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es keine Ausführungen zur Bindungswirkung einer erbvertraglichen Erbeinsetzung gemacht hat. Es ging allein um eine testamentarische Verfügung.
Auch die von dem Antragsteller geltend gemachte Divergenz zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (AgrarR 1985, 114) besteht nicht. Es trifft schon nicht zu, daß das Oberlandesgericht Köln den abstrakten Rechtssatz aufgestellt hätte, daß eine formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO "einem Testat gleich zu erachten" sei. Der von der Rechtsbeschwerde konstruierte Gegensatz zwischen dieser Entscheidung und der angefochtenen Entscheidung kommt daher nicht in Betracht.
Schließlich steht der von dem Beschwerdegericht aufgestellte Rechtssatz , daß die Nutzungsüberlassung keine Verfügung von Todes wegen sei und zur Begründung der Widerrufswirkung nach § 2254 BGB einer solchen nicht gleichgestellt werden könne, auch nicht im Gegensatz zu den angeführten Ent-
scheidungen zur formlos bindenden Vereinbarung über die Hofnachfolge. Im übrigen ist die Frage auch nicht entscheidungserheblich. Denn selbst wenn es sich um eine Verfügung von Todes wegen handeln sollte, kommt ein Widerruf der testamentarischen Erbeinsetzung der Antragsgegnerin nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen der §§ 2254, 2229 ff BGB in Betracht. Nur darum geht es dem Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2229 Testierfähigkeit Minderjähriger, Testierunfähigkeit


(1) Ein Minderjähriger kann ein Testament erst errichten, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat. (2) Der Minderjährige bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. (3) (weggefallen) (4) We

Höfeordnung - HöfeO | § 6 Einzelheiten zur Hoferbenordnung


(1) In der ersten Hoferbenordnung ist als Hoferbe berufen: 1. in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, daß sich der Erblasser dabei ihm gegenüber di

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) In der ersten Hoferbenordnung ist als Hoferbe berufen:

1.
in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, daß sich der Erblasser dabei ihm gegenüber die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten hat;
2.
in zweiter Linie der Miterbe, hinsichtlich dessen der Erblasser durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung auf dem Hof hat erkennen lassen, daß er den Hof übernehmen soll;
3.
in dritter Linie der älteste der Miterben oder, wenn in der Gegend Jüngstenrecht Brauch ist, der jüngste von ihnen.
Liegen die Voraussetzungen der Nummer 2 bei mehreren Miterben vor, ohne daß erkennbar ist, wer von ihnen den Hof übernehmen sollte, so ist unter diesen Miterben der älteste oder, wenn Jüngstenrecht Brauch ist, der jüngste als Hoferbe berufen.

(2) In der zweiten Hoferbenordnung scheidet der Ehegatte als Hoferbe aus,

1.
wenn Verwandte der dritten und vierten Hoferbenordnung leben und ihr Ausschluß von der Hoferbfolge, insbesondere wegen der von ihnen für den Hof erbrachten Leistungen, grob unbillig wäre; oder
2.
wenn sein Erbrecht nach § 1933 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen ist.

(3) In der dritten Hoferbenordnung ist nur derjenige Elternteil hoferbenberechtigt, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt oder mit dessen Mitteln der Hof erworben worden ist.

(4) Stammt der Hof von beiden Eltern oder aus beiden Familien oder ist er mit den Mitteln beider Eltern erworben und ist wenigstens einer der Eltern wirtschaftsfähig, so fällt der Hof den Eltern gemeinschaftlich als Ehegattenhof an. Lebt einer von ihnen nicht mehr, so fällt er dem anderen an. Ist die Ehe der Eltern vor dem Erbfall auf andere Weise als durch den Tod eines von ihnen aufgelöst worden, so scheiden sie als Hoferben aus.

(5) In der vierten Hoferbenordnung gilt Absatz 1 entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gehen die Geschwister vor, die mit dem Erblasser den Elternteil gemeinsam haben, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt.

(6) Wer nicht wirtschaftsfähig ist, scheidet als Hoferbe aus, auch wenn er hierzu nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 berufen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn allein mangelnde Altersreife der Grund der Wirtschaftsunfähigkeit ist oder wenn es sich um die Vererbung an den überlebenden Ehegatten handelt. Scheidet der zunächst berufene Hoferbe aus, so fällt der Hof demjenigen an, der berufen wäre, wenn der Ausscheidende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte.

(7) Wirtschaftsfähig ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften.