Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 5 StR 499/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorteilsannahme in zwölf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt, Zahlungserleichterungen bewilligt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 26.065,32 Euro angeordnet. Die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge begründete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
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- 1. Zu den nach der Beschränkung noch relevanten Verfahrensrügen und der Frage von Verfahrenshindernissen verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift. Ergänzend bemerkt er:
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- a) Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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- Entgegen der Auffassung der Revision begründet es kein Verfahrenshindernis , dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig nach Erhebung der Anklage zum Amtsgericht Goslar nach zahlreichen Einwendungen der Verteidiger mit Verfügung vom 18. April 2016 diese Anklage zurückgenommen und mit dersel- ben Verfügung – angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache ohne Willkürverstoß – zugleich neue Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig erhoben hat, ohne den Eingang ihrer Rücknahmeverfügung beim Amtsgericht Goslar (28. April 2016) und die Rückkehr der Akten abzuwarten. Eine doppelte Rechtshängigkeit wurde hierdurch nicht begründet (vgl. zur Auflösung anderweitiger Rechtshängigkeit durch ein Gericht mit höherer sachlicher Zuständigkeit auch BGH, Beschluss vom 27. April 1989 – 1 StR 632/88, NJW 1989, 2403). Auch etwaige Gehörverstöße insoweit begründen kein Verfahrenshindernis.
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- b) Nach der sogenannten Mühlenteichtheorie (vgl. hierzu näher Roxin /Schäfer/Widmaier StV 2006, 655; Roxin NStZ 2007, 616, 618) hindert die rechtswidrige Erhebung von Beweisen deren Verwertung zu Gunsten eines Angeklagten zwar nicht (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 10. August 2005 – 1 StR 140/05, BGHSt 50, 206, 215). Die insoweit erhobene Verfahrensrüge ist aber – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – unzulässig.
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- 2. Die Rechtsfolgenentscheidungen weisen keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.
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- a) Die Strafen sind auch unter Berücksichtigung der vom Generalbundesanwalt und der Revision zur Berechnung der erlangten Vorteile vorgebrachten Bedenken rechtsfehlerfrei bemessen.
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- b) Die Einziehungsentscheidung, bei der die Strafkammer bei der Berechnung des Wertes des durch die Tat Erlangten jeweils 20 % der für die Reiseleistungen bezahlten Rechnungsbeträge und zusätzlich den Wert der vom Angeklagten Z. erbrachten Arbeitsleistung in Abzug gebracht hat, kann ebenfalls bestehen bleiben.
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- Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte – wie von ihm ganz überwiegend eingeräumt – die jeweils für ihn gebuchten Reisen und weiteren Leistungen in Anspruch genommen und deshalb entsprechende Vorteile in erheblicher Höhe erhalten hat. Die Zuordnung einzelner Rechnungen zu den jeweiligen Taten ist zwar ausweislich der jeweiligen Rechnungs - und Bestelldaten nicht in jedem Fall nachvollziehbar. Den Urteilsgründen insgesamt entnimmt der Senat aber, dass alle vom Landgericht im Einzel- nen aufgeführten Rechnungen über „Konzeptionshonorare“ der Bezahlung der für den Angeklagten gebuchten tatgegenständlichen Reiseleistungen (mit Aus- nahme der Reise „Wien 2“) dienten und deshalb anhand der festgestellten „Bestell“ - undRechnungsdaten wie folgt zuzuordnen sind: Tat 1 den Rechnungen vom 4. und 22. Juni 2009, Tat 2 der vom 1. April 2010, Tat 3 der vom 1. Juni 2010, Tat 4 der vom 19. Oktober 2010, die Taten 5 und 6 der vom 7. März 2011, die Taten 7 bis 9 der vom 1. November 2011, die Tat 10 der vom 13. Mai 2012 sowie die Taten 11 und 12 der vom 1. August 2012. Die Einziehungsentscheidung wird durch die Fehler bei der Zuordnung der Rechnungen deshalb im Ergebnis nicht in Frage gestellt, weshalb das Urteil darauf nicht beruht.
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- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Berger Mosbacher
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
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auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.