Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2013 - 5 StR 115/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
b) Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
c) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Nebenklägerinnen gegen das genannte Urteil werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Nebenklägerinnen haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „versuchter Vergewalti- gung in Tatmehrheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tatein- heit mit Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen“ unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg. Ansonsten ist das Rechtsmittel gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet; gleiches gilt für die Revisionen der Nebenklägerinnen.
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- 1. Im Gegensatz zur Auffassung des Tatgerichts ist der Angeklagte bei der Tat 2 (UA S. 6, 7) von dem Versuch der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin S. F. gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. StGB strafbefreiend zurückgetreten, so dass der Schuldspruch insoweit entfallen musste. Nach den Feststellungen des Landgerichts sprang der mit zwei Messern bewaffnete Angeklagte zwar auf die Nebenklägerin S. F. zu, um sie zu verletzen. Zu einem Taterfolg kam es aber nicht, weil ihre Mutter die Nebenklägerin U. F. , sie derart beiseite schubste, dass die Stichbewegungen des Angeklagten ins Leere gingen. Dadurch, dass sich der Angeklagte „jetzt körperlich vollständig“ (UA S. 6, 7) von der Nebenkläge- rin S. F. ab- und der Nebenklägerin U. F. mit einer Messerattacke zuwandte, hat er ersichtlich ungehindert und damit freiwillig, ohne dass es auf eine Wertung seiner Motivation ankäme (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1988 – 2 StR 665/87, BGHSt 35, 184, 186 f.), die weitere Ausführung der Tat zum Nachteil der Nebenklägerin S. F. endgültig aufgegeben. Der Senat schließt aus, dass insoweit entgegenstehende Feststellungen getroffen werden können.
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- 2. Die Änderung des Schuldspruchs im Fall 2 nötigt nicht nur zur Aufhebung der insoweit und wegen der Bedrohungen zum Nachteil der Nebenklägerinnen S. und U. F. gemäß § 241 StGB verhängten Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe, sondern auch infolge dessen der Gesamtfreiheitsstrafe. Um dem Tatgericht nach Wegfall des Vorwurfs der versuchten gefährlichen Körperverletzung insgesamt eine einheitliche Sanktionsbewertung zu ermöglichen, hat der Senat auch die Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten im Fall 1 aufgehoben.
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- Schließlich konnte wegen der Wechselwirkung der verhängten Strafen zu der Maßregel die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB keinen Bestand haben. Dies gilt umso mehr, als die Anordnung maßgeblich von der – entfallenen – versuchten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin S. F. bestimmt worden ist (vgl. UA S. 20).
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- Sollte das neue Tatgericht, das auch über die Frage einer Strafaussetzung neu zu befinden hat, mit sachverständiger Hilfe (§ 246a StPO) angesichts auch des Ausmaßes der alkoholischen Beeinflussung des Angeklagten bei den Taten abermals zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erfüllt sind, wird es gegebenenfalls die Möglichkeit einer Aussetzung der Unterbringung gemäß § 67b StGB, unter Umständen mit geeigneten Weisungen, im Blick haben müssen.
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- Da der Vorwurf eines Kapitalverbrechens nicht mehr Verfahrensgegenstand ist und Anliegen des Jugendschutzes nicht mehr im Mittelpunkt des Verfahrens stehen, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück.
Dölp Bellay
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.
(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.
(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.
(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.
(1) Ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt an, so setzt es zugleich deren Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann. Die Aussetzung unterbleibt, wenn der Täter noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und nicht zur Bewährung ausgesetzt wird.
(2) Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.