Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2013 - 3 StR 124/13

bei uns veröffentlicht am22.10.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 124/13
vom
22. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
Miguel M.
wegen Handeltreibens mit Grundstoffen
weiterer Verfahrensbeteiligter: Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof,
Brauerstraße 30, 76135 Karlsruhe
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2013 beschlossen
:
1. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung
der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 11. Februar 2004 betreffend Drogenausgangsstoffe
(ABl. EU Nr. L 47 vom 11. Februar 2004
S. 1) sowie der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 des Rates vom
22. Dezember 2004 zur Festlegung von Vorschriften für die
Überwachung des Handels mit Drogenausgangsstoffen zwischen
der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. EU Nr. L 22
vom 26. Januar 2005 S. 1, Nr. L 61 vom 2. März 2006 S. 23)
folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie
2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes
für Humanarzneimittel, die von den Verordnungen (EG)
Nr. 273/2004 und (EG) Nr. 111/2005 erfasste Stoffe enthalten,
gemäß dem jeweiligen Art. 2 Buchst. a dieser Verordnungen
stets von deren Anwendungsbereich ausgenommen, oder ist
dies lediglich dann anzunehmen, wenn die Arzneimittel so zusammengesetzt
sind, dass die erfassten Stoffe nicht einfach
verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können
?
2. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs
der Europäischen Union ausgesetzt.

Gründe:

1
Dem 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs liegt die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Krefeld zur Entscheidung vor. Das Landgericht hat den Angeklagten des Handeltreibens mit Grundstoffen, die zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden sollten, in 14 Fällen schuldig gesprochen, ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt sowie eine Kompensations- und eine Verfallsentscheidung getroffen.

I.

2
1. Dem Revisionsverfahren liegt im Wesentlichen folgender, vom Landgericht festgestellter Sachverhalt zugrunde:
3
Der Angeklagte war selbständig als Handelsvertreter für Nahrungsergänzungsmittel , orthopädische Hilfsmittel, medizinische Geräte und Zubehör sowie rezeptfreie Medikamente tätig. Er vermittelte und organisierte, dass ein in Brüssel ansässiges Unternehmen zwischen dem 15. Juni 2007 und dem 6. Oktober 2008 (legal hergestellte und grundsätzlich für eine Verwendung als Arzneimittel bestimmte) Ephedrin-Tabletten in dreizehn Fällen nach Mexiko sowie in einem Fall nach Belize lieferte. Das Gesamtwirkstoffgewicht betrug 4.179 Kilogramm Ephedrinhydrochlorid. Dem Angeklagten war bereits vor der ersten Lieferung bewusst, dass die Ephedrin-Tabletten zur Herstellung von Metamfetamin verwendet und dann auf dem amerikanischen Drogenmarkt verkauft werden sollten.
4
2. Nach Würdigung des Landgerichts hat sich der Angeklagte nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 GÜG (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GÜG aF) strafbar gemacht, indem er ent- gegen § 3 GÜG mit einem Grundstoff i.S.d. § 1 Nr. 1 GÜG2 Nr. 1 GÜG aF), der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden sollte , Handel getrieben habe.
5
3. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen die Verurteilung und rügt allgemein die Verletzung sachlichen Rechts.

II.

6
Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten hängt von der Beantwortung der Vorlagefrage ab. Die Arzneimittel betreffenden Ausnahmeregeln in Art. 2 Buchst. a Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 und Art. 2 Buchst. a Halbsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 bedürfen - auch vor dem Hintergrund der Auffassung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften - mit Blick auf den Wortlaut, die Historie sowie den Sinn und Zweck dieser Verordnungen der Auslegung. Da es sich um europäische Rechtsregeln handelt, obliegt diese allein dem Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 AEUV). Dieser hat bislang die Frage nicht entschieden, ob Arzneimittel stets vom Anwendungsbereich der genannten Verordnungen ausgenommen sind, oder ob dies nur dann der Fall ist, wenn die in den Arzneimitteln enthaltenen, von den Verordnungen "erfassten Stoffe" nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können, so dass kein "acte éclairé" vorliegt. Die Auslegung ist auch nicht derart offenkundig, dass sie im Sinne eines "acte clair" keinen vernünftigen Zweifeln unterläge. Im Einzelnen:
7
1. Die Strafbarkeit des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Grundstoffen setzt nach § 19 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 1 Nr. 1 GÜG (BGBl. I 2008 S. 306 ff.), § 29 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 2 Nr. 1 GÜG aF (BGBl. I 2005 S. 3686, 3689 f.) voraus, dass es sich bei den Ephedrin-Tabletten um Grundstoffe handelt. Da das deutsche Recht zur Definition des Begriffs "Grundstoff" auf den "erfassten Stoff" im Sinne des Art. 2 Buchst. a in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 und des Art. 2 Buchst. a in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 Bezug nimmt, kommt es darauf an, ob die gehandelten Tabletten "erfasste Stoffe" im Sinne dieser Verordnungen sind. Ephedrin ist jeweils in den Anhängen der genannten Verordnungen als "erfasster Stoff" aufgeführt. Allerdings könnte der Ausnahmetatbestand des Art. 2 Buchst. a Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 und des Art. 2 Buchst. a Halbsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 vorliegen, der jeweils unter anderem Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/EG nennt. Da nach den Feststellungen des Landgerichts die legal hergestellten Tabletten jedenfalls in einem Teil der abgeurteilten Fälle zunächst für eine Verwendung als Arzneimittel bestimmt waren, handelt es sich zumindest insoweit um Arzneimittel im Sinne des Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG (vgl. auch Anlage 1 zu § 1 Nr. 1, § 5 AMVV [BGBl. I 2005 S. 3632 f., 3642]; BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 5 StR 463/10, NStZ 2011, 583), so dass für die Strafbarkeit die Reichweite der Ausnahmeregelung maßgeblich ist.
8
2. Die Ausnahmeregelungen in Art. 2 Buchst. a Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 und Art. 2 Buchst. a Halbsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 sind auslegungsbedürftig hinsichtlich der Frage, ob Arzneimittel, die "erfasste Stoffe" enthalten, stets - unabhängig von der Art ihrer Zusammensetzung - ausgenommen sind, oder ob dies lediglich dann anzunehmen ist, wenn die Arzneimittel so zusammengesetzt sind, dass diese Stoffe nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können.
9
a) Art. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 lautet in seiner deutschen Fassung: "Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck 'erfasste Stoffe' alle in Anhang I aufgeführten Stoffe, einschließlich Mischungen und Naturprodukten, die derartige Stoffe enthalten. Ausgenommen sind Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, pharmazeutische Zubereitungen, Mischungen, Naturprodukte und sonstige Zubereitungen, die erfasste Stoffe enthalten und so zusammengesetzt sind, dass sie nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können".
10
Art. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 ist sprachlich ähnlich gefasst: "Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck 'erfasster Stoff' jeden im Anhang aufgeführten Stoff, einschließlich Mischungen und Naturprodukte , die derartige Stoffe enthalten, jedoch ausgenommen Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, pharmazeutische Zubereitungen, Mischungen, Naturprodukte und sonstige Zubereitungen, die erfasste Stoffe enthalten und so zusammengesetzt sind, dass diese Stoffe nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können."
11
b) Der deutsche Wortlaut dieser Vorschriften könnte eher darauf hindeuten , dass vom Anwendungsbereich der Verordnungen Arzneimittel lediglich dann nicht erfasst werden, wenn sie so zusammengesetzt sind, dass die in ihnen enthaltenen, erfassten Stoffe nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können. Dies ergibt sich daraus, dass sich der abschließende Relativsatz nach den Regeln der deutschen Grammatik entweder nur auf das letzte Substantiv des übergeordneten Satzes oder auf alle Substantive der vorangehenden Aufzählung bezieht. Da der Relativsatz nach dem Zusammenhang naheliegend nicht lediglich an "sonstige Zubereitungen", sondern zumindest auch an Mischungen und Naturprodukte anknüpft, spricht die grammatische Auslegung dafür, dass der Relativsatz auch die Arzneimittel betrifft und diese demnach nicht stets als "erfasste Stoffe" ausscheiden (vgl. zur grammatischen Auslegung in solchen Fällen Kudlich in Festschrift Puppe, 2011, S. 123, 131). Dementsprechend sind verschiedene Gerichte - allerdings jeweils ohne nähere Erörterung - davon ausgegangen, dass der Handel mit Ephedrinhydrochlorid sowohl einen Straftatbestand nach dem deutschen Grundstoffüberwachungsgesetz als auch einen Straftatbestand nach dem deutschen Arzneimittelgesetz verwirklichen und mithin grundsätzlich auch ein Arzneimittel einen Grundstoff im Sinne des Grundstoffüberwachungsgesetzes darstellen könne (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 5 StR 463/10, NStZ 2011, 583; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2013 - OVG 5 N 21.09, juris Rn. 16; s. auch Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 95 Rn. 9).
12
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union schließt es die Notwendigkeit einheitlicher Anwendung und damit Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts aus, sie in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, sondern gebietet vielmehr, sie nach dem wirklichen Willen des Urhebers und dem von diesem verfolgten Zweck namentlich im Licht ihrer Fassung in allen anderen Amtssprachen auszulegen (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-298/12 - Confédération paysanne - juris Rn. 22 mwN). Insoweit ergibt der Vergleich mit anderen Sprachfassungen kein eindeutiges Bild. Beispielsweise erscheinen auch in der englischen Fassung Arzneimittel nicht als Bezugssubjekt ausgeschlossen (vgl. Art. 2 Buchst. a Satz 2 Verordnung [EG] Nr. 273/2004: "This excludes medicinal products as defined by Directive 2001/83/EC of the European Parliament and of the Council of 6 November 2001 on the Community code relating to medicinal products for human use, pharmaceutical preparations, mixtures, natural products and other preparations containing scheduled substances that are compounded in such a way that they cannot be easily used or extracted by readily applicable or economically viable means"). Die französischen Fassungen des Art. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 und des Art. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 weisen untereinander bereits Unterschiede auf, die eine eindeutige Auslegung zweifelhaft erscheinen lassen (vgl. einerseits Verordnung [EG] Nr. 237/2004: "[…] à l'exclusion des médicaments, tels que définis par la directive 2001/83/CE du Parlement européen et du Conseil du 6 novembre 2001 instituant un code communautaire relatif aux médicaments à usage humain, des préparations pharmaceutiques, mélanges, produits naturels ou autres préparations contenant des substances classifiées qui sont composées de manière telle que ces substances ne peuvent pas être facilement utilisées, ni extraites par des moyens aisés à mettre en œuvre ou économiquement viables"; andererseits Verordnung [EG] Nr. 111/2005: "[…] à l'exclusion des médicaments tels que définis par la directive 2001/83/CE du Parlement européen et du Conseil et [!] des préparations pharmaceutiques, mélanges, produits naturels ou autres préparations contenant des substances classifiées qui sont composés de manière telle que ces substances ne peuvent pas être facilement utilisées ni extraites par des moyens aisés à mettre en œuvre ou économiquement viables").
13
d) Die historische und teleologische Auslegung der Verordnungen könnte eher die - auch in der deutschen Kommentarliteratur (vgl. Rohr in Fuhrmann /Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2010, § 43 Rn. 83; Hügel /Junge/Lander/Winkler, Betäubungsmittelrecht, Art. 2 Verordnung [EG] Nr. 273/2004 Rn. 1 [Stand: 8. Auflage, 10. Akt.-Lfg.]; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Auflage, Stoffe, Teil 3 Rn. 8; Körner, GÜG, 1998, § 2 Rn. 2, 5) verbreitete - Auffassung stützen, dass Arzneimittel stets als erfasste Stoffe ausscheiden. So dienen sowohl die Verordnung (EG) Nr. 273/2004 als auch die Verordnung (EG) Nr. 111/2005 (in Ersetzung älterer Richtlinien und Verordnungen ) der Umsetzung der Anforderungen des Art. 12 des am 19. Dezember 1988 angenommenen Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen. Durch sie sollten für den grundsätzlich legalen Handel mit Arzneimitteln kein unnötiges Hemmnis und für die beteiligten Wirtschaftskreise keine Erlaubnispflicht und zusätzliche Buchführungspflichten geschaffen werden (s. Erwägungsgrund Nr. 13 zur Verordnung (EG) Nr. 273/2004). Der nach dem gemäß Art. 33 des genannten UN-Übereinkommens - neben Arabisch, Chinesisch und Russisch - allein maßgebliche französische, englische und spanische Wortlaut des Art. 12 Abs. 14 legt daneben nahe, dass pharmazeutische Zubereitungen insgesamt vom Anwendungsbereich des Artikels ausgenommen sind (vgl. United Nations Treaty Series, Volume 1582 [1990], 95, 193, 239 f., 332). Dementsprechend ließen sich auch der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 92/109/EWG und des Art. 1 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3677/90 verstehen, die durch Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 bzw. Art. 34 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 aufgehoben wurden. Dass durch diese Änderung die Ausnahmeregelung für Arzneimittel modifiziert werden sollte, ist den Begründungen für die Verordnungen nicht zu entnehmen. Indes erscheint danach auch nicht von vorneherein ausgeschlossen , dass der Anwendungsbereich "erfasster Stoffe" in den Verordnungen (EG) Nr. 273/2004 und Nr. 111/2005 erweitert wurde, zumal es der Kommission bei dem Vorschlag für die Verordnung etwa darum ging, "neuen Wegen und Trends der Abzweigung von Ausgangsstoffen und dem illegalen Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen begegnen zu können" (KOM[2004] 244 endgültig S. 2).
14
e) Allerdings spricht Einiges dafür, dass die Kommission der Europäischen Gemeinschaften davon ausgeht, pharmazeutische Zubereitungen und Humanarzneimittel fielen nicht unter die Rechtsvorschriften für Drogenausgangsstoffe (vgl. etwa Bericht der Kommission an den Rat und das Europäi- sche Parlament, KOM[2009] 709 endgültig S. 10; Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD[2012] 267 final S. 2). Sie hat entsprechende Vorschläge zur Änderung bzw. Klarstellung der Verordnungen vorgelegt (COM[2012] 521 final S. 2, 11; COM[2012] 548 final S. 13), aus deren Wortlaut sich eindeutig ergibt, dass Arzneimittel stets - unabhängig von einer einfachen Verwendbarkeit oder leichten und wirtschaftlichen Extrahierbarkeit enthaltener "erfasster Stoffe" - nicht unter die "erfassten Stoffe" fallen. Nach der hierzu gegebenen Begründung soll es sich dabei nicht um eine Änderung, sondern lediglich um eine Verdeutlichung oder Klarstellung der Begrifflichkeit handeln (s. COM[2012] 521 final S. 9; COM[2012] 548 final S. 11; Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, Abl. EU 2013 Nr. C 76/10 S. 56).

III.

15
Der Senat bittet anzuordnen, dass über das Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 53 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Union mit Vorrang entschieden wird. Die Vorabentscheidungsfrage ist in einem schwebenden Strafverfahren entscheidungserheblich, für das in besonderem Maße der aus Art. 6 Abs. 1 MRK resultierende Anspruch des Angeklagten gilt, dass über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen Anklage in angemessener Zeit entschieden wird. Überdies ist es nach Auffassung des Landgerichts bereits zu einer überlangen Verfahrensdauer gekommen.
Becker Pfister Hubert Schäfer Spaniol

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 einen Grundstoff besitzt, herstellt, mit ihm Handel treibt, ihn, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, durch den oder im Geltungsbereich dieses Ge

Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV | § 1


Arzneimittel,1.die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung bestimmte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder2.die Zubereitungen aus den in der Anlage 1 bestimmten Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder3.denen die unter Nummer 1 oder 2

Grundstoffüberwachungsgesetz - GÜG 2008 | § 3 Verbote


Es ist verboten, einen Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll, zu besitzen, herzustellen, mit ihm Handel zu treiben, ihn, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, durch den oder im Geltungsber

Grundstoffüberwachungsgesetz - GÜG 2008 | § 1 Begriffsbestimmungen


Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Grundstoff: ein erfasster Stoff im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 betreffend Drogenausgangsst

Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV | § 5


Von der Verschreibungspflicht sind Arzneimittel ausgenommen, die aus den in der Anlage 1 zu dieser Verordnung genannten Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik, insbesondere nach den Regeln des Homöopathisch

Grundstoffüberwachungsgesetz - GÜG 2008 | § 2 Anwendung der Verordnungen (EG) Nr. 111/2005 und Nr. 1277/2005


Soweit die Verordnung (EG) Nr. 111/2005 und die Verordnung (EG) Nr. 1277/2005 der Kommission vom 27. Juli 2005 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Drogenausgangsstoffe

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Apr. 2011 - 5 StR 463/10

bei uns veröffentlicht am 12.04.2011

5 StR 463/10 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 12. April 2011 in der Strafsache gegen wegen vorsätzlichen unerlaubten Großhandels mit einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. April 2011 beschl

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 einen Grundstoff besitzt, herstellt, mit ihm Handel treibt, ihn, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, durch den oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes befördert, veräußert, abgibt oder in sonstiger Weise einem anderen die Möglichkeit eröffnet, die tatsächliche Verfügung über ihn zu erlangen, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
entgegen Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 einen in Kategorie 1 des Anhangs I dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Erlaubnis besitzt oder in den Verkehr bringt,
3.
entgegen Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Erlaubnis einführt, ausführt oder ein Vermittlungsgeschäft mit ihm betreibt,
4.
entgegen Artikel 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1, 2, 3 oder 4 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Ausfuhrgenehmigung ausführt oder
5.
entgegen Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Einfuhrgenehmigung einführt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Soweit auf die Verordnung (EG) Nr. 273/2004 oder die Verordnung (EG) Nr. 111/2005 Bezug genommen wird, ist jeweils die am 13. Januar 2021 geltende Fassung maßgeblich.

Es ist verboten, einen Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll, zu besitzen, herzustellen, mit ihm Handel zu treiben, ihn, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, durch den oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu befördern, zu veräußern, abzugeben oder in sonstiger Weise einem anderen die Möglichkeit zu eröffnen, die tatsächliche Verfügung über ihn zu erlangen, zu erwerben oder sich in sonstiger Weise zu verschaffen.

Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Grundstoff: ein erfasster Stoff im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 betreffend Drogenausgangsstoffe (ABl. EU Nr. L 47 S. 1) in ihrer jeweils geltenden Fassung und des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 zur Festlegung von Vorschriften für die Überwachung des Handels mit Drogenausgangsstoffen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. EU 2005 Nr. L 22 S. 1, 2006 Nr. L 61 S. 23) in ihrer jeweils geltenden Fassung;
2.
Gemeinschaft: die Europäischen Gemeinschaften;
3.
Drittstaat: ein Staat außerhalb der Gemeinschaft;
4.
Einfuhr: jede Verbringung von Grundstoffen in das Zollgebiet der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 oder in einen nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Teil des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland;
5.
Ausfuhr: jede Verbringung von Grundstoffen aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 oder aus einem nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Teil des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland;
6.
Vermittlungsgeschäft: jede Tätigkeit zur Anbahnung des Ankaufs, des Verkaufs oder der Lieferung von Grundstoffen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 111/2005;
7.
Inverkehrbringen: jede Abgabe von Grundstoffen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 273/2004;
8.
Herstellen: das Gewinnen, Synthetisieren, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten und Umwandeln von Grundstoffen;
9.
Wirtschaftsbeteiligter: eine in Artikel 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 oder in Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 bezeichnete natürliche oder juristische Person.

Soweit die Verordnung (EG) Nr. 111/2005 und die Verordnung (EG) Nr. 1277/2005 der Kommission vom 27. Juli 2005 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Drogenausgangsstoffe und zur Verordnung (EG) Nr. 111/2005 des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Überwachung des Handels mit Drogenausgangsstoffen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. EU Nr. L 202 S. 7) in ihrer jeweils geltenden Fassung auf das Zollgebiet der Gemeinschaft Bezug nehmen, sind sie auch auf den nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Teil des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 einen Grundstoff besitzt, herstellt, mit ihm Handel treibt, ihn, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, durch den oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes befördert, veräußert, abgibt oder in sonstiger Weise einem anderen die Möglichkeit eröffnet, die tatsächliche Verfügung über ihn zu erlangen, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
entgegen Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 einen in Kategorie 1 des Anhangs I dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Erlaubnis besitzt oder in den Verkehr bringt,
3.
entgegen Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Erlaubnis einführt, ausführt oder ein Vermittlungsgeschäft mit ihm betreibt,
4.
entgegen Artikel 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1, 2, 3 oder 4 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Ausfuhrgenehmigung ausführt oder
5.
entgegen Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Einfuhrgenehmigung einführt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Soweit auf die Verordnung (EG) Nr. 273/2004 oder die Verordnung (EG) Nr. 111/2005 Bezug genommen wird, ist jeweils die am 13. Januar 2021 geltende Fassung maßgeblich.

Es ist verboten, einen Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll, zu besitzen, herzustellen, mit ihm Handel zu treiben, ihn, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, durch den oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu befördern, zu veräußern, abzugeben oder in sonstiger Weise einem anderen die Möglichkeit zu eröffnen, die tatsächliche Verfügung über ihn zu erlangen, zu erwerben oder sich in sonstiger Weise zu verschaffen.

Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Grundstoff: ein erfasster Stoff im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 betreffend Drogenausgangsstoffe (ABl. EU Nr. L 47 S. 1) in ihrer jeweils geltenden Fassung und des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 zur Festlegung von Vorschriften für die Überwachung des Handels mit Drogenausgangsstoffen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. EU 2005 Nr. L 22 S. 1, 2006 Nr. L 61 S. 23) in ihrer jeweils geltenden Fassung;
2.
Gemeinschaft: die Europäischen Gemeinschaften;
3.
Drittstaat: ein Staat außerhalb der Gemeinschaft;
4.
Einfuhr: jede Verbringung von Grundstoffen in das Zollgebiet der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 oder in einen nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Teil des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland;
5.
Ausfuhr: jede Verbringung von Grundstoffen aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 oder aus einem nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Teil des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland;
6.
Vermittlungsgeschäft: jede Tätigkeit zur Anbahnung des Ankaufs, des Verkaufs oder der Lieferung von Grundstoffen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 111/2005;
7.
Inverkehrbringen: jede Abgabe von Grundstoffen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 273/2004;
8.
Herstellen: das Gewinnen, Synthetisieren, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten und Umwandeln von Grundstoffen;
9.
Wirtschaftsbeteiligter: eine in Artikel 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 oder in Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 bezeichnete natürliche oder juristische Person.

Es ist verboten, einen Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll, zu besitzen, herzustellen, mit ihm Handel zu treiben, ihn, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, durch den oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu befördern, zu veräußern, abzugeben oder in sonstiger Weise einem anderen die Möglichkeit zu eröffnen, die tatsächliche Verfügung über ihn zu erlangen, zu erwerben oder sich in sonstiger Weise zu verschaffen.

Soweit die Verordnung (EG) Nr. 111/2005 und die Verordnung (EG) Nr. 1277/2005 der Kommission vom 27. Juli 2005 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Drogenausgangsstoffe und zur Verordnung (EG) Nr. 111/2005 des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Überwachung des Handels mit Drogenausgangsstoffen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. EU Nr. L 202 S. 7) in ihrer jeweils geltenden Fassung auf das Zollgebiet der Gemeinschaft Bezug nehmen, sind sie auch auf den nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Teil des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden.

Arzneimittel,

1.
die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung bestimmte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder
2.
die Zubereitungen aus den in der Anlage 1 bestimmten Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder
3.
denen die unter Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind
dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung abgegeben werden (verschreibungspflichtige Arzneimittel), soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist.

Von der Verschreibungspflicht sind Arzneimittel ausgenommen, die aus den in der Anlage 1 zu dieser Verordnung genannten Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik, insbesondere nach den Regeln des Homöopathischen Arzneibuches hergestellt sind oder die aus Mischungen solcher Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen bestehen, wenn die Endkonzentration dieser Arzneimittel im Fertigprodukt die vierte Dezimalpotenz nicht übersteigt. Diese Arzneimittel dürfen auch mit nicht verschreibungspflichtigen Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen gemischt werden.

5 StR 463/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen unerlaubten Großhandels mit einem verschreibungspflichtigen
Arzneimittel
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. April 2011

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen unerlaubten Großhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und Nebenentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Ausführung bedarf nur das Folgende:

I.


2
Nach den Feststellungen lieferte der Angeklagte, ein Apotheker, über die von ihm in Berlin betriebene Apotheke 358 kg Ephedrinhydrochlorid an den anderweitig verfolgten B. . Die insgesamt 17 Lieferungen wurden im Zeitraum vom 5. April 2004 bis 7. April 2005 über einen Mittelsmann durchgeführt. Das Ephedrinhydrochlorid hatte der Angeklagte zuvor über den pharmazeutischen Großhandel bezogen. Es wurde nach Tschechien exportiert und diente dort in den Laboren als Basis für die Herstellung von Crystalspeed. Das in Tschechien hergestellte Crystalspeed wurde nach Ostdeutschland eingeführt und dort vertrieben, was der Ange- klagte allerdings nach den Feststellungen des Landgerichts nicht wusste. Ihm wurde mitgeteilt, das Ephedrinhydrochlorid werde für den Kraftsport benötigt.
3
Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als 17 (tatmehrheitliche ) Vergehen gegen das Arzneimittelgesetz gewertet (§ 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG i.V.m. § 47 Abs. 1 AMG). Das Ephedrinhydrochlorid erfülle den Arzneimittelbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG, weil es zur Anwendung an Menschen bestimmt sei. Hierfür reiche es aus, dass der Stoff als Zwischenprodukt erst nach weiterer Verarbeitung in das Endprodukt einfließe. Unerlaubter Großhandel könne auch durch einen Apotheker begangen werden. Der Angeklagte sei nicht Inhaber einer Großhandelserlaubnis gewesen und seine Tätigkeit habe den Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs überschritten. Da der Angeklagte das Ephedrinhydrochlorid nicht an den in § 47 Abs. 1 AMG bezeichneten Personenkreis abgegeben habe, sei der Tatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG erfüllt. Eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GÜG aF scheide aus, weil die strafbegründende Bezugnahme auf die Verordnung (EWG) Nr. 3677/19 nicht ausreichend bestimmt sei.

II.


4
Die sachlichrechtlichen Einwände des Angeklagten gegen den Schuldspruch greifen nicht durch.
5
1. Das Landgericht hat keine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GÜG aF (jetzt § 19 Abs. 1 Nr. 2 GÜG) angenommen. Dies mag für den hier maßgeblichen Zeitraum vor Inkrafttreten der EU-Verordnungen Nr. 273/2004 und 111/2005 zutreffen. Spätestens seit der Novellierung des Grundstoffgesetzes im Jahre 2008 nimmt die Strafvorschrift in eindeutiger Form auf diese Verordnung Bezug (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 17. März 2011 – 5 StR 543/10). Die Nichtanwendung der § 29 GÜG aF, § 19 GÜG nF beschwert aber den Angeklagten nicht, weil sie – ebenso wie die §§ 29 ff. BtMG (vgl. § 81 AMG) – in Tateinheit mit den arzneimittelstrafrechtlichen Tatbeständen stünden.
6
2. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei eine Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG bejaht.
7
a) Der vom Angeklagten gehandelte Stoff Ephedrinhydrochlorid ist ein Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG. Der Stoff ist ausdrücklich genannt in der Anlage 1 zur Arzneimittelverschreibungsverordnung. Dies betrifft sowohl die zu den Tatzeiten geltenden wie spätere Versionen bis hin zur derzeitigen Fassung (vom 17. Februar 2011).
8
Der Stoff ist zur Anwendung am Menschen zu Heilzwecken bestimmt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG). Maßgeblich hierfür sind in erster Linie objektive Kriterien , nämlich welche Zweckbestimmung dem Stoff nach der Verkehrsanschauung zukommt (BGH, Urteil vom 25. April 2001 – 2 StR 374/00, BGHR AMG § 96 Nr. 5 Arzneimittel 1). Subjektive Elemente, also die Berücksichtigung der vom Hersteller oder dem Abgebenden verfolgten Ziele, können allenfalls dann zur Einordnung herangezogen werden, wenn sich – wie bei neuartigen Arzneimitteln – noch keine Verkehrsanschauung gebildet hat. Im Übrigen dient die subjektive Zweckbestimmung lediglich einer angesichts der erheblichen Weite des Tatbestands notwendigen Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 – 1 StR 277/09, BGHSt 54, 243, 248 ff.).
9
Der vom Angeklagten vertriebene Stoff war auch nach seiner konkreten ihm zugedachten Verwendung Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG. Er stellte zugleich ein Zwischenprodukt dar, bei dem die Bestimmung des Anwendungszwecks möglich war, und auch hierfür lagen die Voraussetzungen des Arzneimittelbegriffs erkennbar vor (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2007 – 1 StR 302/07, NStZ 2008, 530). Dies kann bei der letztlich vorgenommenen Nutzung des Ephedrinhydrochlorids als Baustoff für das Betäubungsmittel Crystalspeed nicht zweifelhaft sein. Von einer arzneimittelrechtlichen Relevanz des Stoffes ist aber auch auszugehen, wenn die vom Abnehmer B. dem Angeklagten gegenüber bezeichnete Zweckbestimmung zugrunde gelegt wird. Die Verwendung des Stoffes für den Einsatz im Kraftsport erfüllt nämlich gleichfalls den Arzneimittelbegriff, weil hierdurch die Beschaffenheit des Körpers (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG) beeinflusst werden sollte.
10
b) Der Angeklagte hat – wie das Landgericht zutreffend ausführt – gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG unter Verstoß gegen § 47 Abs. 1 AMG unerlaubt Großhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln betrieben.
11
aa) Täter im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG kann auch ein Apotheker sein.
12
(1) Die Vorschrift nimmt Bezug auf § 47 Abs. 1 AMG. Dort sind allerdings nur pharmazeutische Unternehmer und Großhändler genannt und die für diese vorgeschriebenen Vertriebswege bezeichnet. Was im Sinne des Arzneimittelgesetzes als Großhandel zu verstehen ist, wird in § 4 Abs. 22 AMG legal definiert. Danach ist Großhandel mit Arzneimitteln jede berufsoder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser. Diese gesetzliche Begriffsbestimmung verdeutlicht, dass Großhandel nach der Art der Tätigkeit, nicht aber im Blick auf die funktionelle Stellung der ihn ausführenden Personen näher umrissen wird. Daher können auch Apotheker, soweit sie im Sinne des § 4 Abs. 22 AMG tätig sind, als Großhändler anzusehen sein. Sie unterfallen dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 22 AMG.
13
(2) Ein solches Ergebnis entspricht im Übrigen auch dem Schutzzweck des Arzneimittelgesetzes, nämlich für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (§ 1 AMG). Hierzu gehört insbesondere die Festlegung von Vertriebswegen, die einen bestimmungsgemäßen Umgang mit Arzneimitteln und die Wahrung der Zielstellungen des Arzneimittelrechts gewährleisten sollen. Ein ganz wesentlicher Bestandteil ist in diesem Zusammenhang , dass die Arzneimittel auf einem geordneten Vertriebsweg weiterverteilt und letztlich durch die (besonders fachkundigen) Apotheken an den Einzelverbraucher abgegeben werden. In Umsetzung dieses Ziels bestimmt deshalb § 47 AMG die Adressaten, an die im Wege des Großhandels weiterverkauft werden darf. Da verhindert werden soll, dass Arzneimittel aus dem geordneten Verkehr herausfallen, untersagt § 47 AMG die unkontrollierte Weitergabe durch Hersteller und Großhändler. Der Schutzzweck des § 47 AMG erfordert es deshalb, auch einem Apotheker zu verbieten, sich als Großhändler zu betätigen und Arzneimittel an nicht zugelassene Händler weiter zu vertreiben.
14
bb) Der Weiterverkauf des Ephedrinhydrochlorids verstieß gegen § 47 Abs. 1 AMG.
15
(1) Die Regelung des § 47 Abs. 1 AMG erfasst jedweden Weiterverkauf durch Großhändler, der nicht durch diese Norm gestattet ist. Maßgebend ist allein, dass der Angeklagte als Lieferant von Arzneimitteln an Weiterverkäufer aufgetreten ist (vgl. Rehmann, AMG, 3. Aufl., § 47 Rn. 2). Dieses Merkmal hat der Angeklagte erfüllt, indem er in erheblichem Umfang Ephedrinhydrochlorid an B. verkauft hat. Dabei ist es unerheblich, ob B. als Abnehmer des Angeklagten seinerseits selbst als Großhändler agierte; jedenfalls war er als solcher nicht zugelassen (§ 52a Abs. 1 AMG).
16
(2) Nach § 47 Abs. 1 AMG ist sowohl genehmigte als auch ungenehmigte Großhandelstätigkeit verboten, soweit sie nicht gegenüber den in dieser Vorschrift genannten Stellen erfolgt. Das Landgericht hat deshalb zutreffend die Verkaufshandlungen vor sowie nach dem Inkrafttreten der 12. AMG- Novelle als gegen § 47 Abs. 1 AMG verstoßend gewertet. Für Apotheken ist durch die am 6. August 2004 in Kraft getretene 12. AMG-Novelle in § 52a Abs. 7 AMG eine Genehmigungspflicht für Großhandelstätigkeit dann eingeführt worden, wenn sie den Bereich des üblichen Apothekenbetriebs übersteigt. Im Ergebnis bestätigt die eingefügte Regelung des § 52a Abs. 7 AMG, dass ein Apotheker zugleich auch Großhändler sein kann, weil ansonsten die Genehmigungspflicht ins Leere ginge. Abgesehen davon, dass der Angeklagte nicht über eine solche Genehmigung verfügte, berührt diese Genehmigung nur eine formelle Voraussetzung. Denn auch dem Inhaber der Genehmigung ist nur gestattet, nach Maßgabe des § 47 Abs. 1 AMG Großhandel zu betreiben. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Übergangsvorschrift des § 138 Abs. 4 AMG. Danach darf derjenige (in erster Linie: der Apotheker), der bis 6. August 2004 befugt eine Großhandelstätigkeit ausgeübt hat, diese bis zur Entscheidung über seinen Genehmigungsantrag weiter ausüben. Hierdurch wird klargestellt, dass nur das Fehlen der Formalvoraussetzung einer Genehmigung überwunden wird. Die materiellen Voraussetzungen , die in den gesetzlich zugelassenen Vertriebswegen vorgegeben sind, wurden durch die Änderungen in der 12. AMG-Novelle nicht betroffen. An sie knüpft aber die Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG an.
17
cc) Der Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG ist – über die Verweisung auf § 47 Abs. 1 AMG hinaus – insoweit enger, als er nur verschreibungspflichtige Arzneimittel erfasst, während der Verstoß gegen § 47 Abs. 1 AMG bei bloß apothekenpflichtigen Arzneimitteln nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 97 Abs. 2 Nr. 12 AMG darstellt. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ist auch dieses Merkmal erfüllt, weil es sich – wie oben dargelegt – bei dem Ephedrinhydrochlorid um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel im Sinne dieser Bestimmung handelt.
18
3. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG nicht durch die (mildere) Strafvorschrift des § 96 Nr. 14 AMG ausgeschlossen. Die Bestimmung des § 96 Nr. 14 AMG ist nicht das speziellere Gesetz. Sie verfolgt vielmehr einen anderen Schutzzweck. Unter Strafe gestellt ist nach § 96 Nr. 14 AMG die Verletzung der Pflicht, eine vorherige Genehmigung für die Großhandelstätigkeit einzuholen. Demgegenüber stellt § 95 Abs. 1 Nr. 5 AMG die Verletzung des durch § 47 Abs. 1 AMG vorgegebenen Vertriebswegs unter Strafe. Beide Vorschriften können deshalb in Tateinheit zueinander stehen. Nach Inkrafttreten der 12. AMGNovelle und der dort angeordneten Erlaubnispflicht käme deshalb allenfalls zusätzlich eine Verurteilung auch wegen einer Verletzung des § 96 Nr. 14 AMG in Betracht. Dass eine solche unterblieben ist, beschwert den Angeklagten jedoch nicht.
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