Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 04. Apr. 2017 - Vf. 3-VII-16
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Gründe
I.
§ 556 d Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn; Verordnungsermächtigung
(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2) höchstens um 10 Prozent übersteigen.
(2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. 2Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. 3Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn
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1.die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
-
2.die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
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3.3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder
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4.geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.
4Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 muss spätestens am 31. Dezember 2020 in Kraft treten. 5Sie muss begründet werden. 6Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. 7Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen.
„§ 1 Anwendungsbereich bundesrechtlicher Mieterschutzvorschriften
1Die Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen im Sinn von §§ 556 d, 558 oder 577 a BGB besonders gefährdet ist, bestimmen sich jeweils nach der Anlage. 2Die Frist nach § 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 577 a Abs. 1 und 1 a BGB beträgt zehn Jahre.“
§ 2 Inkrafttreten; Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft und mit Ablauf des 31. Juli 2020 außer Kraft.
(2) Die Wohnungsgebieteverordnung (WoGeV) vom 15. Mai 2012 (GVBl S. 189, BayRS 400-6-J), die zuletzt durch Verordnung vom 14. Juli 2015 (GVBl S. 250) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Anlage (zu § 1)
Örtlicher Anwendungsbereich bundesrechtlicher Mieterschutzvorschriften
Nr.
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Gemeinde
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Örtlicher Anwendungsbereich von § 556 d BGB |§ 558 BGB |§ 577 a BGB
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1.
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Regierungsbezirk Oberbayern
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1.1
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Kreisfreie Städte
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1.1.1
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Ingolstadt
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ja
|
ja
|
nein
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1.1.2
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München
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ja
|
ja
|
ja
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1.1.3
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Rosenheim
|
ja
|
ja
|
ja
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1.2
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Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen
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1. Allgemeines
a) Ausgangslage
Für Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, d. h. ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt, enthält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in §§ 556 d ff., § 558 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie § 577 a Abs. 2 besondere Vorschriften zum Schutz der Mieter. Sie sind jeweils mit der Ermächtigung der Landesregierungen verbunden, durch Rechtsverordnung die betroffenen Gebiete festzulegen. Die Bayerische Staatsregierung hat von allen drei Ermächtigungsgrundlagen durch Erlass von Regelungen in der heutigen Verordnung über die Gebiete nach §§ 556 d, 577 a und 558 BGB (Wohnungsgebieteverordnung - WoGeV) vom 15. Mai 2012 Gebrauch gemacht. Diese Regelungen bedürfen aus mehreren Gründen der Anpassung.
aa) Ausdehnung der Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung
Nach § 577 a Abs. 1 BGB kann sich ein Erwerber von vermietetem Wohnraum, an dem nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist, erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung auf ein berechtigtes Interesse im Sinn des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Eigenbedarfskündigung) oder des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Verwertungskündigung) berufen. Gleiches gilt nach § 577 a Abs. 1 a BGB, wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist oder zugunsten einer Personengesellschaft oder mehrerer Erwerber mit einem Recht belastet worden ist, durch dessen Ausübung dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch entzogen wird. Nach § 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB beträgt die Sperrfrist bis zu zehn Jahre, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete und die Dauer der Frist durch Rechtsverordnung bestimmt sind. Zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung sind nach § 577 a Abs. 2 Satz 2 BGB die Landesregierungen ermächtigt, wobei die Verordnung eine Geltungsdauer von jeweils höchstens zehn Jahren haben darf.
Von dieser Ermächtigung hat die Bayerische Staatsregierung wiederholt Gebrauch gemacht, zuletzt am 15. Mai 2012 (GVBl S. 189) durch die am 1. Juli 2012 in Kraft getretene Verordnung über die Gebiete mit gefährdeter Wohnungsversorgung (Wohnungsgebieteverordnung - WoGeV). Der die konkrete Regelung enthaltende § 1 WoGeV in Verbindung mit der dazugehörigen Anlage (in der derzeitigen Fassung: Anlage 1) tritt zwar erst mit Ablauf des 14. Mai 2018 außer Kraft; im Hinblick auf den erheblichen Eingriff in das Eigentumsrecht der Wohnungseigentümer in den betroffenen Gebieten bedarf die Regelung jedoch einer regelmäßigen Überprüfung.
bb) Senkung der Kappungsgrenze
Gemäß § 558 Abs. 3 Satz 1 BGB darf der Vermieter grundsätzlich die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen (Kappungsgrenze). In Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, beträgt die Kappungsgrenze lediglich 15 Prozent, sofern die Landesregierung diese Gebiete durch Rechtsverordnung bestimmt hat. Die Geltungsdauer einer solchen Verordnung darf jeweils höchstens fünf Jahre betragen.
Die Bayerische Staatsregierung hat solche Gebiete durch die Kappungs-grenzesenkungsverordnungen vom 3. Mai 2013 (GVBl S. 266) und vom 23. Juli 2013 (GVBl S. 470) festgelegt. Die erste Kappungsgrenzesen-kungsverordnung, die nur das Gebiet der Landeshauptstadt München betraf und in die Wohnungsgebieteverordnung einen § 1 a einfügte, trat am 15. Mai 2013 in Kraft, die Zweite Kappungsgrenzesenkungsverordnung, die durch Einfügung eines § 1 b und der dazugehörigen Anlage 2 WoGeV weitere 89 Gemeinden in den Anwendungsbereich der Kappungsgren-zesenkung einbezog, am 1. August 2013. Mit Blick auf die Dynamik der Mietwohnungsmärkte wurde die Geltungsdauer der Regelung des § 1 b WoGeV bis 31. Dezember 2015 befristet. Es ist daher eine Neubestimmung der betroffenen Gebiete vorzunehmen.
cc) Mietpreisbremse
Seit 1. Juni 2015 enthalten die §§ 556 d bis 556 g BGB Regelungen zur zulässigen Miethöhe bei Beginn eines Mietverhältnisses (sogenannte Mietpreisbremse). Sie kommen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten zur Anwendung, die nach § 556 d Abs. 2 BGB durch Rechtsverordnung einer Landesregierung als solche bestimmt werden. Die Rechtsverordnung muss nach § 556 d Abs. 2 Satz 4 BGB spätestens am 31. Dezember 2020 in Kraft treten. Sie muss nach § 556 d Abs. 2 Sätze 5 und 6 BGB begründet werden und aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Ferner muss sich nach § 556 d Abs. 2 Satz 7 BGB aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem durch Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen. Die Geltungsdauer der Rechtsverordnung darf höchstens fünf Jahre betragen.
Die Bayerische Staatsregierung hat von dieser Ermächtigung mit Erlass der Mietpreisbremseverordnung vom 14. Juli 2015 (GVBl S. 250) Gebrauch gemacht, die zum 1. August 2015 in Kraft getreten ist. Durch sie wurden in dem neu eingefügten § 1 c und der dazugehörigen Anlage 3 WoGeV 144 Gemeinden benannt, in denen ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt. Die Regelung ist bis zum 31. Juli 2020 befristet.
Nach Erlass der Mietpreisbremseverordnung haben einzelne Gemeinden bis dahin nicht bekannte Tatsachen zur örtlichen Wohnungsmarktsituation vorgetragen, die eine andere Bewertung im Rahmen der Entscheidung des Verordnungsgebers rechtfertigen; die Bestimmung der betroffenen Gemeinden ist daher entsprechend anzupassen.
b) Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten in Bayern
Als Grundlage für die Bestimmung der Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen im Sinn des § 577 a BGB, im Sinn des § 558 BGB und im Sinn des § 556 d BGB besonders gefährdet ist, wurde im Auftrag des Staatsministeriums der Justiz und des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Jahr 2014 eine Erhebung zur Wohnungsversorgung in den Gemeinden Bayerns durch das Bayerische Landesamt für Statistik durchgeführt.
Aufgrund von zum Stichtag 9. Mai 2011, dem Stichtag des Zensus 2011, neu berechneten Wohnungsversorgungsquoten wurden insgesamt 468 Gemeinden Bayerns für eine verpflichtende Teilnahme an der Erhebung zur Wohnungsversorgung ermittelt. Im Verlaufe der Monate Juni bis Oktober 2014 wurden bei allen Gemeinden Bayerns Kennzahlen zur aktuellen Wohnraumsituation abgefragt. Insgesamt antworteten zunächst 907 Gemeinden; neben den verpflichtend teilnehmenden Gemeinden noch weitere 439 Gemeinden auf freiwilliger Basis. Zwei weitere Gemeinden nahmen nachträglich freiwillig an der Erhebung teil.
Die Wohnungsmarktsituation jeder an der Erhebung teilnehmenden Gemeinde wurde anhand von elf Bewertungskriterien analysiert. Dabei handelt es sich teilweise um Bewertungskriterien, welche anhand von aktuellen Daten der amtlichen Statistik berechnet wurden, und teilweise um Bewertungskriterien, die aufgrund der Angaben der Gemeinden, Kreisverwaltungsbehörden und Regierungen während der Datenerhebung von Juni bis Oktober 2014 ermittelt wurden.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die verwendeten Bewertungskriterien und kennzeichnet deren Herkunft als berechnete oder erhobene Kenngröße:
Kriterium Nr.
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Kriterium Name
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Berechnung oder Erhebung
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Regionaler Detailgrad
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1
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Wohnungsversorgungsquote in % am 31.12.2013
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B
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Gemeinde
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2
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Wohnungsüberhang/-defizit am 31.12.2013
|
B
|
Gemeinde
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3
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Bauintensität (fertig gestellte Wohnungen 2011 -2013/Wohnungs-bestand 2010) in %
|
B
|
Gemeinde
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4
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Bauüberhang 2013 in Relation zum Wohnungsbestand 2013 in %
|
B
|
Gemeinde
|
5
|
Erstvermietungsmiete liegt um … € höher als die nach den Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 zumutbare Miete
|
E
|
Gemeinde
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6
|
Erstvermietungsmiete liegt um … % höher als die nach den Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 zumutbare Miete
|
E
|
Gemeinde
|
7
|
Regionale Mietbelastungsquote (aus Mikrozensus-Zusatzerhebung 2010) in %
|
B
|
zusammengefasste Kreise
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8
|
Mittlere Wartezeit bis zur Vermittlung einer Sozialwohnung in Monaten
|
E
|
Gemeinde
|
9
|
Versorgte Sozialmietwohnungssuchende in %
|
E/B
|
Gemeinde
|
10
|
Nicht versorgte Sozialmietwohnungssuchende in % - normiert an der Zahl der Haushalte
|
E/B
|
Gemeinde
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11
|
Entwicklungsprognose: prozentuale Veränderung der Bevölkerung minus prozentuale Veränderung des Wohnungsbestandes
|
E
|
Gemeinde
|
Für alle an der Erhebung teilnehmenden Gemeinden wurden die Kriterien 1 bis 4 und 7 anhand der aktuell verfügbaren Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik für den Stichtag 31. Dezember 2013 berechnet. Die Bewertungskriterien 5 und 6 sowie 8 bis 11 wurden anhand von Daten der von Juni bis Oktober 2014 durchgeführten Erhebung ermittelt.
Als Grundlage für die vorläufige Einordnung der Gemeinden in die jeweilige Gebietskulisse zu § 556 d Abs. 2 BGB, zu § 558 Abs. 3 BGB und zu § 577 a Abs. 2 BGB wurden die Informationen zur Wohnungssituation in einer Gemeinde anschließend einer Gesamtbetrachtung unterzogen.
Die Gemeinden wurden im Rahmen der Erhebung unter anderem auch um eine Einschätzung gebeten, ob Gebietsbestimmungen nach § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB und nach § 577 a Abs. 2 Satz 2 BGB sowie nach dem damals lediglich im Entwurf vorliegenden § 556 d Abs. 2 BGB auch ihre Gemeinde erfassen müssten. Soweit sich hierbei ein Unterschied zwischen dem Ergebnis der Erhebung und der eigenen Einschätzung ergab, wurde den Gemeinden mit Schreiben vom 8. April 2015 Gelegenheit gegeben, die im Einzelfall neben den ermittelten Daten weiteren relevanten Umstände vorzutragen.
Nach Erlass der Mietpreisbremseverordnung am 14. Juli 2015 wurden die Gemeinden, die in den Anwendungsbereich der Mietpreisbremseregelung aufgenommen worden waren, sowie die Gemeinden, die in Abweichung vom Ergebnis der Erhebung die Einschätzung abgegeben hatten, in mindestens eine der drei mietrechtlichen Gebietskulissen aufzunehmen zu sein, nochmals mit Schreiben vom 31. Juli 2015 angehört.
Im Zuge der genannten Anhörungen haben folgende Gemeinden zusätzliche Tatsachen zur örtlichen Wohnungsmarktsituation dargelegt, die dazu führen, dass der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Bewertung abweichend von der nach Aus- und Bewertung der erhobenen Daten getroffenen vorläufigen Einordnung jeweils vom Vorliegen eines angespannten Wohnungsmarktes im Sinn aller drei Regelungen ausgeht: Aschaffenburg, Bad Aibling, Bamberg, Dießen a. Ammersee, Dorfen, Erd Weg, Kreuth, Neuching, Oberding, Pfaffenhofen a. d. Ilm, Pliening, Straßlach-Dingharting und Zirndorf.
Die folgenden Gemeinden haben umgekehrt zusätzliche Tatsachen vorgetragen, die zu der Bewertung führen, dass entgegen der nach Aus- und Bewertung der erhobenen Daten getroffenen vorläufigen Einordnung dort kein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt, so dass sie in keine der drei Gebietskulissen aufzunehmen sind: Balderschwang, Bayreuth, Bernried am Starnberger See, Buckenhof, Chiemsee, Egenhofen, Greiling, Großmehring, Gundremmingen, Haag a. d. Amper, Icking, Jesenwang, Kleinostheim, Moosburg a. d. Isar, Oberstaufen, Surberg, Valley, Waldkraiburg, Wolfersdorf und Zolling.
Bei der Bestimmung der Gebiete im Sinn des § 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB (Verlängerung der Kündigungssperrfrist) wurde im Rahmen der Entscheidung des Verordnungsgebers berücksichtigt, dass im Hinblick auf den damit verbundenen schwerwiegenden Eingriff in Eigentumsrechte der Wohnungserwerber eine Einbeziehung in die Gebietskulisse unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unangemessen erscheint, wo konkrete Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass sich die Auswirkungen der Regelung auf seltene Einzelfälle beschränken würden und die Maßnahme daher nicht erforderlich ist, um spekulative Umwandlungen einzudämmen (s. BT-Drucksache 11/6374, S. 5). Die Stadt Ingolstadt und die Gemeinden Langenbach und Petershausen haben hierzu dargelegt, dass die Umwandlung von Mietin Eigentumswohnungen dort lediglich einen unbedeutenden Umfang hat bzw. äußerst selten vorkommt. Gleiches gilt für die Gemeinde Prien a. Chiemsee, die zwar Umstände vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass ein angespannter Wohnungsmarkt im Gemeindegebiet besteht, die aber Tatsachen zum Beleg dafür mitgeteilt hat, dass die Problematik der Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum dort nahezu nicht zu verzeichnen ist.
Weder die Erhebung zur Wohnungsversorgung noch das Vorbringen einzelner Gemeinden ergaben Hinweise auf geographisch abgrenzbare Wohnungsmärkte innerhalb einzelner Gemeinden, die eine Differenzierung nach Gemeindeteilen bei der Zugehörigkeit zur Gebietskulisse begründen könnten.
Auf der Grundlage der durch die Erhebung zur Wohnungsversorgung und die Anhörung der Gemeinden gewonnenen Informationen zur Situation auf den einzelnen örtlichen Wohnungsmärkten ergaben die Bewertungen des Verordnungsgebers, dass eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen sowohl im Sinn des § 556 d Abs. 2 Satz 2 BGB (Mietpreisbremse) als auch im Sinn des § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB (Kappungsgrenzesenkung) in 137 Gemeinden besonders gefährdet ist.
Unter Würdigung diesen Tatsachenvortrags ergab die Bewertung, dass 133 Gemeinden als Gebiete im Sinn von § 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB in die Gebietskulisse aufzunehmen sind.
c) Bezeichnung
Aus Gründen der Verständlichkeit und leichteren Auffindbarkeit durch den Normadressaten wird die Verordnung nicht erneut unter der bisherigen Überschrift erlassen, sondern erhält einen neuen Titel.
d) Geltungsdauer
Hinsichtlich der Mietpreisbremse erlaubt es § 556 d Abs. 2 Satz 1 BGB, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. In der Mietpreisbremseverordnung vom 14. Juli 2015, die am 1. August 2015 in Kraft trat, wurde die Regelung zur Mietpreisbremse in § 1 c und der dazugehörigen Anlage 3 WoGeV bis zum 31. Juli 2020 befristet. Diese die maximale Geltungsdauer ausschöpfende Frist muss auch bei der Übernahme der Regelung in die Mieterschutzverordnung eingehalten werden. Zur Wahrung der Einheitlichkeit wird der 31. Juli 2020 auch für die neu einbezogenen Gemeinden als Zeitpunkt des Außerkrafttretens gewählt.
Die Geltungsdauer einer Verordnung zur Senkung der Kappungsgrenze darf nach § 558 Abs. 3 BGB höchstens fünf Jahre betragen und die Geltungsdauer einer Verordnung zur Verlängerung der Kündigungssperrfrist nach § 577 a Abs. 2 BGB eine Frist von zehn Jahren nicht überschreiten. Um einen Gleichlauf mit der Regelung zur Mietpreisbremse herzustellen, werden die Höchstfristen nicht ausgeschöpft, sondern ein einheitlicher Zeitpunkt für das Außerkrafttreten festgelegt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollen die in den einzelnen Gebietskulissen bestimmten Gebiete auf der Grundlage einer neuen Datenerhebung aktualisiert werden.
e) Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt
Die Staatsregierung hat verschiedene wohnungspolitische Maßnahmen ergriffen bzw. plant, sie zu ergreifen, um im Zeitraum der Geltung der Rechtsverordnung der angespannten Wohnungsmarktlage in den bayerischen Gemeinden entgegenzuwirken, die in den Anwendungsbereich der §§ 556 d ff. BGB einbezogen sind.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Maßnahmen:
2. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu § 1
In § 1 in Verbindung mit der Anlage werden die Gemeinden bestimmt, die nach der Auswertung der im Rahmen der Erhebung zur Wohnungsversorgung ermittelten Daten, den von den Gemeinden zusätzlich vorgetragenen Tatsachen und den anschließenden Bewertungen durch den Verordnungsgeber Gebiete sind, in denen im Sinn von § 556 d Abs. 2 Satz 2, im Sinn von § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB und im Sinn von § 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.
Die Kündigungssperrfrist im Rahmen des § 577 a Abs. 1 und 1 a BGB wird einheitlich auf das nach § 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB zulässige Höchstmaß von zehn Jahren festgelegt. Die zehnjährige Kündigungssperrfrist hat sich in der Vergangenheit in Bayern bewährt. § 577 a Abs. 2 BGB ließe es zwar auch zu, die Gemeinden je nach dem Grad ihrer Unterversorgung mit Wohnraum in verschiedene zeitlich gestaffelte Kategorien einzuordnen. Für eine derartige Differenzierung lassen sich jedoch keine sinnvollen Parameter festlegen. Stattdessen wird durch den Verzicht, die maximal zulässige Geltungsdauer der Verordnung auszuschöpfen, ein angemessener Ausgleich zwischen Mieter- und Vermieterrechten herbeigeführt.
Zu § 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten und Außerkrafttreten der Verordnung und sieht ein gleichzeitiges Außerkrafttreten der Wohnungsgebieteverordnung vor.
II.
III.
IV.
V.
VI.
gez. Küspert gez. Dr. Kainz gez. Dr. Zöllner Kersten Dhom Peter
Ruderisch Kahl
Dr. Muthig
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Annotations
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, - 2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder - 3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.
(2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.
(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.
(4) Die Kappungsgrenze gilt nicht,
- 1.
wenn eine Verpflichtung des Mieters zur Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen wegen des Wegfalls der öffentlichen Bindung erloschen ist und - 2.
soweit die Erhöhung den Betrag der zuletzt zu entrichtenden Ausgleichszahlung nicht übersteigt.
(5) Von dem Jahresbetrag, der sich bei einer Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ergäbe, sind Drittmittel im Sinne des § 559a abzuziehen, im Falle des § 559a Absatz 1 mit 8 Prozent des Zuschusses.
(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.
(2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.
(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.
(4) Die Kappungsgrenze gilt nicht,
- 1.
wenn eine Verpflichtung des Mieters zur Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen wegen des Wegfalls der öffentlichen Bindung erloschen ist und - 2.
soweit die Erhöhung den Betrag der zuletzt zu entrichtenden Ausgleichszahlung nicht übersteigt.
(5) Von dem Jahresbetrag, der sich bei einer Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ergäbe, sind Drittmittel im Sinne des § 559a abzuziehen, im Falle des § 559a Absatz 1 mit 8 Prozent des Zuschusses.
(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.