Amtsgericht Starnberg Beschluss, 20. März 2017 - 003 F 1121/16

published on 20/03/2017 00:00
Amtsgericht Starnberg Beschluss, 20. März 2017 - 003 F 1121/16
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Gericht

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Tenor

1. Der Antrag der Annehmenden und des Anzunehmenden vom ... eingegangen bei Gericht am ... auf Annahme

des deutschen Staatsangehörigen

... geboren am ...

Standesamt ... Geburtsregister Nr. ...

wohnhaft ...

- Anzunehmender -

als Kind von

... geboren am ...

Staatsangehörigkeit: deutsch

und

... geboren am ...

Staatsangehörigkeit: deutsch

beide wohnhaft ...

wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Annehmenden.

3. Der Verfahrenswert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Annehmenden sind die Großeltern des Anzunehmenden.

Der Anzunehmende ist der Sohn der Tochter ... geboren am ... der Annehmenden.

Die Ehe von ... und ... den Eltern des Anzunehmenden, scheiterte im Jahr ... ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Großeltern mütterlicherseits eine sehr wichtige Rolle für den Anzunehmeden, für dessen weitere Entwicklung und Werdegang.

Seit der Trennung besteht kein Kontakt mehr zum Vater ....

Der zulässige Antrag war zurückzuweisen.

Gemäß § 1767 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger dann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. § 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Anderenfalls muss gemäß § 1767 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB bei objektiver Betrachtung der bestehenden Bindungen und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten das Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung für die Zukunft zu erwarten sein.

Das Eltern-Kind-Verhältnis unter Erwachsenen wird wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt, denn für die sittliche Berechtigung der Adoption kommt es stets vorwiegend auf die Herstellung eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses, eines sozialen Familienbandes an, das seinem ganzen Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen Band ähnelt (OLG Stuttgart, FamRZ 2015, 592; OLG Nürnberg, FamRZ 2015, 517, jeweils m.w.N.). Ob zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis in diesem Sinne besteht oder das Entstehen eines solchen Verhältnisses zu erwarten ist und ob die Adoption sittlich gerechtfertigt ist, muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen; dies ist Gegenstand der Amtsermittlung (§ 26 FamFG) (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O.). Wenn nach Abwägung aller in Betracht kommender Umstände begründete Zweifel verbleiben, muss der Antrag abgelehnt werden (OLG Stuttgart, a.a.O. 592 f.; OLG Nürnberg, a.a.O.; Palandt/Götz, BGB, 75. Aufl. § 1767 BGB Rn. 5, jeweils m.w.N.).

Unter Würdigung der von den Antragstellern anlässlich ihrer Anhörung vor dem Familiengericht gemachten Angaben und unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Beteiligten bestehen zwar keinerlei Zweifel, dass zwischen den Annehmenden und dem Anzunehmenden ein außergewöhnlich gutes persönliches Verhältnis mit häufigen persönlichen Kontakten besteht.

Dies reicht aber nicht aus, um eine familiäre Bindung in Form eines Eltern-Sohn-Verhältnisses festzustellen.

Das Gericht ist dabei in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung der Auffassung, dass die Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses im Wege der Volljährigenadoption regelmäßig nicht in Betracht kommt, wenn eine ungestörte, intakte Beziehung des Anzunehmenden zu mindestens einem leiblichen Elternteil besteht (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., S. 593; Münch.-Komm.-Maurer, BGB, 6. Aufl., § 1767 Rn. 10, jeweils m.w.N.), soweit nicht dieser Elternteil Lebensgefährte oder Lebensgefährtin des Annehmenden ist.

Hier hat der Anzunehmende eine intakte und enge Bindung zu seiner Mutter, insbesondere auch durch den Kontaktabbruch mit dem Vater nach der Trennung der Eltern noch intensiviert. Der Respekt vor einer langen natürlichen Eltern-Kind-Beziehung fordert, diese nicht im Nachhinein durch „Wegadoption“ zu zerstören oder ihr zumindest ihren angemessenen Rang zu nehmen, denn auch wenn rechtlich gesehen bei einer Volljährigenadoption dem Anzunehmenden seine leiblichen Eltern erhalten bleiben, ist das Hinzutreten eines weiterer Eltern in der persönlichen Beziehungsebene nicht unproblematisch, zumindest aber ist es angesichts der langen natürlichen Eltern-Kind-Beziehung nicht angemessen (so OLG Stuttgart, a.a.O.).

Es gibt oft Fälle, in denen die Erziehung und emotionale Zuwendung für ein Kind hauptsächlich durch die Großeltern erfolgt, sie treten dann jedoch in ihrer Rolle neben den Elternteil und nicht an dessen Stelle.

Durch die Adoption würde der Anzunehmende ein Bruder seiner Mutter werden.

Einer Adoption eines Enkelkindes durch seine Großeltern begegnen erhebliche Bedenken grundsätzlicher Art, da hier die Voraussetzung der Adoption, dass wirklich eine personale Eltern-Kind-Beziehung gewollt ist und ermöglicht wird, nur ausnahmsweise gegeben sein dürfte. Wird voraussichtlich auch nach der geplanten Adoption eines Enkelkindes durch seine Großeltern die leibliche Mutter in enger räumlicher und familiärer Verbindung sowohl zu ihren Eltern wie auch zu ihrem Kind verbleiben, so entspricht es der Lebenserfahrung, dass die Großeltern vom Kind nach wie vor als Großeltern angesehen werden, ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen ihnen und dem Kind also nicht entsteht (OLG Hamm v. 29.11.66 15 W 382/66)

Zwischen den Annehmenden und dem Anzunehmenden beseht kein der natürlichen Generationenfolge entsprechender Altersunterschied (hier: 51 bzw. 53 Jahre), vielmehr würde im Falle der Adoption eine Generation übersprungen werden. In einem solchen Fall ist eine Annahme im Zweifel ebenfalls nicht sittlich gerechtfertigt (Münch.-Komm.-Maurer, a.a.O.; Staudinger/Frank, BGB, Bearb. 2007, § 1767 Rn. 16, jeweils m.w.N.).

Nach alledem bestehen für das Gericht Zweifel daran, dass zwischen den Beteiligten ein soziales Familienband dahingehend vorhanden ist, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht oder dessen Entstehung zu erwarten ist.

Neben der intakten Mutter-Sohn-Beziehung besteht nach Überzeugung des Gerichts eine sehr innige und vertrauensvolle Großeltern-Enkel-Beziehung.

Wie voranstehend dargelegt, führen diese Zweifel dazu, dass der Antrag zurückzuweisen ist (vgl. OLG Bremen 4 UF 108/16).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 42 Abs. 2 und 3 FamGKG.

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(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit in einer nichtvermögensrechtliche

Annotations

(1) Die Annahme als Kind ist zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Wer an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt oder einen Dritten hiermit beauftragt oder hierfür belohnt hat, soll ein Kind nur dann annehmen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

(2) Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen. Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Ein Ehegatte kann ein Kind seines Ehegatten allein annehmen. Er kann ein Kind auch dann allein annehmen, wenn der andere Ehegatte das Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig ist oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte, ist von einem Wert von 5 000 Euro auszugehen.