Amtsgericht Neu-Ulm Beschluss, 23. März 2015 - 12 M 618/15

bei uns veröffentlicht am23.03.2015

Gericht

Amtsgericht Neu-Ulm

Tenor

1. Der Antrag der Schuldnerin ... vom 12.03.2015. gerichtet auf die teilweise Aufhebung der Kontenpfändung aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 23.02.2015, wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

2. Der Beschluss wird mit Rechtskraft wirksam.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.

Gründe

Der gestellte Antrag ist unbegründet.

Am 12.03.2015 beantragte die Schuldnerin die Pfändung des Kontos bei der Sparkasse ... ... einmalig hinsichtlich eines Betrages von 400,00 € aufzuheben. Die Schuldnerin unterhält aufgrund früherer Pfändungen ein Pfändungsschutzkonto bei der ... Dieses Konto wird jedoch mittlerweile nicht mehr genutzt. Vielmehr richtete sie bei der Sparkasse ... ein neues Konto ein, das ihr nun als Girokonto diente. Dieses wurde nun durch den oben genannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ebenfalls gepfändet. Die Umwandlung in ein P-Konto ist jedoch aufgrund des bestehenden P-Kontos bei der ... nicht möglich, da gesetzlich nur ein Pfändungsschutzkonto pro Schuldner eingerichtet werden kann. Das Konto bei der ... kann nur nach Ablösung eines Betrags vor ca. 170 €, der dem dort pfändenden Gläubiger noch zusteht, erfolgen.

Die Schuldnerin gab an, dass ihr diese Abzahlung nicht möglich ist, da ihr gesamtes Einkommen (Leistungen des Jobcenters sowie Einkommen aus einem 400 €-Job ... auf das neue Konto bei der Sparkasse überwiesen wird und diese Gelder nun aufgrund der auch hier bestehenden Pfändung gesperrt sind. Der Antrag richtete sich daher auf die teilweise Freigabe der sich nun auf dem Sparkassenkonto befindlichen 484,95 €, damit sie ihren alltäglichen Lebensunterhalt bestreiten und die noch offenen ca. 170 € abbezahlen kann.

Die Gläubigerpartei wurde zum Antrag gehört. Es wurde mit Schreiben vom 19.03.2015 zum Antrag Stellung genommen und die vollständige Zurückweisung beantragt.

Eine Stattgabe des Antrags könnte aus Sicht des Gericht nur im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 765a ZPO erfolgen. Die weiteren Vorschriften über einmalige Kontenfreigaben betreffen nur Beträge, die sich auf einem Pfändungsschutzkonto befinden (vgl. § 850k ZPO). Bei der Entscheidung ist daher ein äußerst strenger, der Vorschrift des § 765a ZPO entsprechender Maßstab anzusetzen.

Eine unzumutbare, mit den guten Sitten unvereinbare Härte im Sinne des § 765a ZPO, die für eine Stattgabe des Antrags sprechen würde, kann in diesem Fall nicht erkannt werden.

Die berechtigten Interessen der Gläubigerpartei können nicht durch einseitige Wertung der Schuldnerinteressen übergangen werden. Die Schuldnerin ist grundsätzlich durch die Möglichkeit der Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos gesetzlich ausreichend vor einem unzumutbaren Zugriff durch die Gläubiger geschützt. Wenn sie diese geschützte Kontenform nicht nutzt und stattdessen weitere Konten bei anderen Kreditinstituten einrichtet, trägt sie selbst Schuld an der Pfändung der betroffenen Beträge, da sie damit rechnen musste, dass auch neu eingerichtete Konten gepfändet werden. Das Gericht teilt vielmehr die Ansicht der Gläubigerpartei, dass in diesem Verhalten auch der Versuch gesehen werden kann, Einkommen dem Gläubigerzugriff absichtlich zu entziehen. Es kann nicht erkannt werden, weshalb die Schuldnerin das bestehende Pfändungsschutzkonto nicht mehr nutzt Es hätte ihr klar sein müssen bzw. sie hätte sich entsprechend informieren müssen, dass ihr Einkommen auf dem Konto der Sparkasse vollständig dem Pfändungszugriff unterliegt. Ein von der Schuldnerin auch vorgebrachtes „Schlafen“ der überweisenden Stelle bzgl. der Überweisung auf das „richtige“ Konto kann hier nicht zulasten der Gläubigerin gestellt werden, sondern geht zulasten der Schuldnerin, da diese die Situation des Bestehens von verschiedenen Konten selbst verursacht hat. Der Schuldnerin steht es weiterhin frei, das Konto bei der Commerzbank abzulösen und das Konto bei der Sparkasse als Pfändungsschutzkonto umzuwandeln bzw. das alte Pfändungsschutzkonto weiter zu nutzen um künftiges Einkommen zu schützen. Eine Freigabe des Guthabens des Sparkassenkontos hierzu kann jedoch nicht erfolgen.

Die Ausnahmeregelung des § 765a ZPO ist äußerst eng auszulegen und kann nur bei krassem Missverhältnis der für und gegen die Vollstreckung sprechenden Interessen gewährt werden. Die nun entstandenen Nachteile für die Schuldnerin, die sicher vorliegen, gehen jedoch aus Sicht des Gerichts nicht über die regelmäßig mit einer Pfändung verbundenen Nachteile persönlicher und wirtschaftlicher Art hinaus, sondern sind vielmehr mit dem selbstverschuldeten Verhalten der Schuldnerin verbunden.

Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 788 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Neu-Ulm Beschluss, 23. März 2015 - 12 M 618/15 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 788 Kosten der Zwangsvollstreckung


(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 765a Vollstreckungsschutz


(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850k Einrichtung und Beendigung des Pfändungsschutzkontos


(1) Eine natürliche Person kann jederzeit von dem Kreditinstitut verlangen, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Satz 1 gilt auch, wenn das Zahlungskonto zum Zeitpunkt des Verlangens einen negativen Sal

Referenzen

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Eine natürliche Person kann jederzeit von dem Kreditinstitut verlangen, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Satz 1 gilt auch, wenn das Zahlungskonto zum Zeitpunkt des Verlangens einen negativen Saldo aufweist. Ein Pfändungsschutzkonto darf jedoch ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden.

(2) Ist Guthaben auf dem Zahlungskonto bereits gepfändet worden, kann der Schuldner die Führung dieses Kontos als Pfändungsschutzkonto zum Beginn des vierten auf sein Verlangen folgenden Geschäftstages fordern. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und dem Kreditinstitut bleibt im Übrigen unberührt.

(3) Jede Person darf nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten. Bei dem Verlangen nach Absatz 1 hat der Kunde gegenüber dem Kreditinstitut zu versichern, dass er kein weiteres Pfändungsschutzkonto unterhält.

(4) Unterhält ein Schuldner entgegen Absatz 3 Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers an, dass nur das von dem Gläubiger in seinem Antrag bezeichnete Zahlungskonto dem Schuldner als Pfändungsschutzkonto verbleibt. Der Gläubiger hat den Umstand, dass ein Schuldner entgegen Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten unterhält, durch Vorlage entsprechender Erklärungen der Drittschuldner glaubhaft zu machen. Eine Anhörung des Schuldners durch das Vollstreckungsgericht unterbleibt. Die Anordnung nach Satz 1 ist allen Drittschuldnern zuzustellen. Mit der Zustellung der Anordnung an diejenigen Kreditinstitute, deren Zahlungskonten nicht zum Pfändungsschutzkonto bestimmt sind, entfallen die Wirkungen dieser Pfändungsschutzkonten.

(5) Der Kontoinhaber kann mit einer Frist von mindestens vier Geschäftstagen zum Monatsende von dem Kreditinstitut verlangen, dass das dort geführte Pfändungsschutzkonto als Zahlungskonto ohne Pfändungsschutz geführt wird. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

(3) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.

(4) Die Kosten eines Verfahrens nach den §§ 765a, 811a, 811b, 829, 850k, 851a, 851b, 900 und 904 bis 907 kann das Gericht ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht.