Amtsgericht München Endurteil, 16. Apr. 2019 - 335 C 23106/18

bei uns veröffentlicht am16.04.2019

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Die Klage war daher in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen.

I.

Die Parteien streiten über die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die der Klägerin nach Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche nach einem Unfall am 12.3.2015 in der G.-straße in M. entstanden sind, bei der das im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beschädigt wurde.

Die Pflicht zum Schadensersatz umfasst bei Verkehrsunfällen regelmäßig auch die Rechtsanwaltskosten, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB 69. Auflage, § 249, Rdn. 57 m.w.N.). In einfach gelagerten Fällen trifft das nur zu, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB 69. Auflage, § 249, Rdn. 57 m.w.N.). In sehr einfach gelagerten Fällen kann der Geschädigte, ob es sich nun um einen Privatmann oder eine Behörde handelt, grundsätzlich den Schaden selbst geltend machen, so dass sich die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen kann, wenn etwa der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden (BGH, Urteil vom 8.11.1994, VI ZR 3/94).

Nach Auffassung des Gerichts ist für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts zu unterscheiden, ob es sich um die Schadensanmeldung bei der Versicherung oder die weitere Schadensregulierung handelt. Bei einfach gelagerten Fällen ist es geschäftlich gewandten Personen ohne weiteres zuzumuten, die erste Schadensmeldung selbst zu verfassen und zunächst die Reaktion der Haftpflichtversicherung auf die Schadensmeldung abzuwarten. Nur wenn von vorneherein erkennbar ist, dass der Haftungsgrund oder einzelne Schadenspositionen streitig sein werden, ist bereits für die Schadensmitteilung die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich. Erst wenn sich bei der weiteren Schadensabwicklung herausstellt, dass der Haftungsgrund bzw. einzelne Schadenspositionen von der Versicherung bestritten werden, wird nach Auffassung des Gerichts auch bei einfach gelagerten Sachverhalten und einer Geschäftsgewandtheit des Geschädigten die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich (so zuletzt auch LG München I, Az. 19 S 13459/18).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Klägerin um einen größeren Betrieb, der im Bereich des KFZ Leasings tätig ist. Aus der Anlage K 1 ergibt sich, dass die Klägerin in O. eine eigene Abteilung für Schadenmanagement unterhält. Die Klägerin besitzt daher nach Auffassung des Gerichts die erforderliche Geschäftsgewandtheit.

Es handelt sich auch um einen einfachen Sachverhalt, dessen Schilderung problemlos durch einen Mitarbeiter der Klägerin möglich gewesen wäre. Die Fahrerin des Beklagtenfahrzeugs fuhr rückwärts gegen das klägerische Fahrzeug. Einwände gegen die Haftung dem Grunde nach waren bei diesem Sachverhalt nicht zu erwarten.

Es handelte sich eindeutig um einen Reparaturschaden. Es wurde konkret abgerechnet. Einwendungen gegen eventuelle Reparaturschritte, die bei fiktiver Abrechnung erfolgen, waren daher nicht zu erwarten. Der Schaden wurde mit Schreiben vom 30.3.2015 (Anlage K3) mit Zahlungsfrist bis zum 8.5.2015 beziffert. Sämtliche von der Klageseite geltend gemachten Schadenspositionen wurden ohne Einwand durch die Beklagte mit Abrechnungsschreiben vom 8.5.2015 vollständig reguliert.

Alleine in der Tatsache, dass zunächst die Haftpflichtversicherung des Beklagtenfahrzeugs über den Zentralruf der Versicherer eruiert werden musste, ist kein Grund zu sehen, dass alleine deshalb die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich war.

Damit war im vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich im Sinne von § 249 BGB. Damit steht der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.