Amtsgericht Erding Endurteil, 26. Feb. 2018 - 5 C 2370/17

bei uns veröffentlicht am26.02.2018

Gericht

Amtsgericht Erding

Tenor

1. Die Beklagte wird verpflichtet, den Stromkreislauf, der derzeit den Stromverbrauch der Mietwohnung der Klägerin, ... und der ... insgesamt erfasst, in separate Stromkreisläufe zu trennen und mit separaten Stromzählern auszustatten.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300,00 € vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.105,55 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Trennung des Stromkreislaufs ihrer Wohnung vom übrigen Stromkreislauf, um von den Stromzahlungen für das übrige Anwesen entlastet zu werden.

Die Klägerin ist hat von der Beklagten seit 01.03.2014 die Wohnung im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens gemietet. Bereits bei Abschluss des Mietvertrages lief über den zur Wohnung der Klägerin gehörenden Stromkreislauf auch der Allgemeinstrom, so dass der Stromverbrauch über den Zähler der Klägerin lief. Die Klägerin bezahlte entsprechend ihrem Stromanbieter auch den Allgemeinstrom, was ihr nicht bekannt war. Der Mietvertrag enthält dazu keine Regelungen. Auf die entsprechende Ablichtung des Mietvertrags, Anlage K1, wird Bezug genommen. Die Beklagte wies die Klägerin auch nicht darauf hin. Für die von der Klägerin gemietete Wohnung ist ein Zwischenzähler vorhanden. Eine Abrechnung dazu erfolgte zunächst nicht.

Im Verfahren 3 C 3386/16 des Amtsgerichts Erding wurde die Beklagte mit streitigem Urteil vom 30.03.2017 zur Zahlung von 376,02 € für die Zeit bis zum 27.02.2016 verurteilt. Im Rahmen dieses Rechtsstreits wurde durch eine durchgeführte Beweiserhebung festgestellt, dass der Strom der übrigen Liegenschaft über den Zähler der Klägerwohnung lief. Bereits in diesem Rechtsstreit lehnte die Beklagte die Trennung der Stromkreisläufe ab, zunächst mit Hinweis auf die technische Unmöglichkeit, sodann nach Vorlage einer schriftlichen Aussage eines Zeugen mit Hinweis auf Unzumutbarkeit.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verpflichtet,

den Stromkreislauf, der derzeit den Stromverbrauch der Mietwohnung der Klägerin ... insgesamt erfasst, in zwei separate Stromkreisläufe zu trennen und mit separaten Stromzählern auszustatten, damit zukünftig die Verbräuche der Wohnung und der Liegenschaft getrennt ermittelt werden können und die Klägerin zukünftig nicht mehr mit Kosten des Stromverbrauchs der Liegenschaft ... insgesamt belastet ist und in Vorleistung zu treten hat

hilfsweise

sich an den monatlichen Stromkostenvorauszahlungen der Klägerin an ihren jeweiligen Stromanbieter, derzeit die Stromio GmbH, in angemessener Höhe zu beteiligen, wobei die tatsächliche Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird 38 % von den jeweiligen monatlichen Vorauszahlungen aber nicht unterschreiten sollte.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, eine Herstellung eines gesonderten Stromkreislaufs sei mit Kosten verbunden, die deutlich über 1.000,00 € lägen. Mit Schriftsatz vom 16.02.2018 erklärte sie, die Kosten lägen bei schätzungsweise 2.000,00-3.000,00 €. Sie meint, dass die Erstellung des Stromkreises eine nicht geschuldete Modernisierung darstelle, die zudem mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei.

Das Gericht hat die zur Verhandlung erschienene Klägerin informatorisch angehört. Zum Ergebnis wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Die mündliche Verhandlung endete am 30.01.2018.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Trennung der Stromkreisläufe.

1. Die Klägerin hat aus dem Mietvertrag nach § 535 BGB Anspruch auf Überlassung der Wohnung im mangelfreien Zustand. Bei der bisherigen Beschaffenheit des Stromkreislaufs der gemieteten Wohnung, bei dem der Allgemeinstrom über den Zähler der Klägerin erfasst wird, handelt es sich um einen Mietmangel im Sinne der §§ 535, 536 BGB. Ein solcher liegt vor, wenn der Zustand der Mietsache für den Mieter nachteilig von dem vertraglich vereinbarten Zustand abweicht (Palandt/Weidenkaff, 77. Aufl. 2018, § 536 Rn. 16). Der vertragliche Zustand umfasst nicht nur ausdrücklich benannte Eigenschaften, sondern im Wege der Vertragsauslegung auch den Zustand, über den sich aus der Sicht eines objektiven Beobachters die Parteien mit dem Abschluss des Vertrags geeinigt haben. Regelmäßig kann als Normalfall erwartet werden, dass die Mietsache so beschaffen ist, dass nicht fremder Strom über den zur Wohnung gehörenden Zahler mitbezahlt wird. Entsprechend wären in der schriftlichen Fassung des Mietvertrags oder in sonstigen Umständen bei Vertragsschluss deutliche Anhaltspunkte zu erwarten, wenn dies dennoch der Fall ist. Andernfalls handelt es sich bei einem Stromkreislauf, über den auch wohnungsfremder Strom erfasst wird, um einen Mietmangel (AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 21.10.2003, 220 C 456/02, AG Erding, Urteil vom 30.03.3017, 3 C 3386/16). Im vorliegenden Fall spricht nichts für eine Abrede, wonach der Stromkreislauf auch Allgemeinstrom umfasst. Letztlich hat dies auch die Beklagte nicht nachvollziehbar behauptet.

2. Das Vorhandensein des Zwischenzählers oder anderer Möglichkeiten, den Stromverbrauch zu schätzen ist zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands nicht geeignet. Es erscheint zwar grundsätzlich denkbar, über Schätzungen, Ablesungen oder etwa die Vorleistung des Vermieters hinsichtlich der gesamten Stromkosten einen Ausgleich der Interessen herbeizuführen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den Gesamtumständen keinen Anlass hat, in eine interessengerechte Abrechnung zu vertrauen. Dies ergibt sich aus dem bisherigen Umgang mit dem Mietmangel. Insbesondere wurde ihr zunächst 2014 die Erfassung nicht mitgeteilt und ihr somit die Bezahlung des Allgemeinstroms auferlegt, wobei es der Klägerin oblag durch Klage und Beweiserhebung ihre Rechte gegen den Widerstand der Beklagten durchzusetzen. Eine Erfassung über den Zwischenzähler erfolgte wiederum nur zögerlich. Es erfolgte stattdessen zunächst eine Erstattung auf der Grundlage einer Schätzung, wobei die Parteien darüber stritten, ob diese zutreffend war. Auf eine zutreffende Erfassung und Abrechnung über den Zwischenzähler kann die Klägerin daher nicht vertrauen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nunmehr die Klägerin auf andere Art und Weise als die Trennung der Stromkreisläufe von den Kosten des Allgemeinstroms entlasten wird, gibt es nicht. Schriftsätzlich wies die Beklagte auch eine Beteiligung an den Abschlagszahlungen von sich. Letztlich tritt nach wie vor die Klägerin mit von ihr nicht zu beherrschenden Abschlagszahlungen in Vorleistung, wobei die Durchsetzung des Ausgleichs mit erheblichem Aufwand und Risiken verbunden sein kann. Vor diesem Hintergrund ist auch mit Rücksicht auf die gegenseitigen Interessen der Vertragsparteien der Anschluss nicht als wirtschaftlich unzumutbar ausgeschlossen. Die Beklagte hat hier bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Kosten erheblich höhere Kosten als 1.000,00 € verursachen würde, da ein neuer Zählerschrank installiert werden müsste. Dies erscheint jedoch nach den Gesamtumständen gerechtfertigt. Dabei ist zu beachten, dass es sich um eine auf Dauer erforderliche und nutzbare Investition handelt, die insbesondere angesichts der monatlichen Mietzahlungen und des erheblichen Aufwands für eine sonstige Erfassung auch nicht völlig unwirtschaftlich erscheint. Soweit die Beklagtenseite mit Schreiben vom 16.02.2018, mit Anlage eingegangen am 19.02.2018 unter Beweisantritt die Kosten auf 2.000,00-3.000,00 € bezifferte, so ist dies von der Klägerseite bestritten und als verspäteter Vortrag zurückzuweisen. Die Gewährung einer Stellungnahmefrist war nicht veranlasst, die Frage der Wirtschaftlichkeit war in den Schriftsätzen der Parteien mehrfach aufgeworfen worden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags


(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und s

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln


(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

Referenzen

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.