Amtsgericht Dillingen an der Donau Urteil, 09. Mai 2017 - 307 Ls 303 Js 101523/16

published on 09/05/2017 00:00
Amtsgericht Dillingen an der Donau Urteil, 09. Mai 2017 - 307 Ls 303 Js 101523/16
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Tenor

1. Der Angeklagte K. wird frei gesprochen.

2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Angewandte Vorschrift: § 467 StPO

Gründe

I.

Dem Angeklagten lag ausweislich der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 02.11.2016 folgender Sachverhalt zur Last:

1. Zu den nachfolgend benannten Zeitpunkten bestellte der Angeklagte über den vom anderweitig Verfolgten S. betriebenen Internetversandhandel www.shfl.com die nachfolgend aufgeführten Betäubungsmittel zu nachfolgend benannten Preisen. Die Bezahlung der Betäubungsmittel erfolgte dabei via Bitcoins. Seiner getätigten Bestellung entsprechend, wurden die Betäubungsmittel in der Folgezeit an die vom Angeklagten angegebene Wohnanschrift in B. per DHL geliefert und an diesen übergeben. Mit Ausnahme der unter Ziffer 4 aufgeführten Bestellung, waren die Betäubungsmittel dabei jeweils zum überwiegenden Teil für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Bestellungen bzw. Lieferungen:

Nr.

Datum

Uhrzeit

Bestellung

Preis

1

27.11.2014

100 Gramm Amphetamin

239,00 EUR

2

03.01.2015

04:17:06

100 Gramm Amphetamin +

100 Ecstasy-Tabletten „Chupa Chups“

494,00 EUR

3

03.01.2015

22:15:03

100 Gramm Amphetamin + 75 Ecstasy-Tabletten „Chupa Chups“

469,25 EUR

4

27.01.2015

21:56:46

3 Gramm Kokain

228,00 EUR

5

12.02.2015

17:07:58

65 Ecstasy-Tabletten „Chupa Chups“

213,35 EUR

Das Amphetamin hatte einen Wirkstoffgehalt von mindestens 18,6%. Das Ecstasy hatte einen Wirkstoffgehalt von mindestens 19,1% und der des Kokains betrug mindestens 57,7%.

2. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 09.07.2015 bestellte der Angeklagte vermutlich von seiner Wohnanschrift in B. über das sog. Darknet von einer namentlich nicht näher bekannten Person 164,83 Gramm Amphetamin. Dabei beabsichtigte er, den überwiegenden Teil des Amphetamins gewinnbringend weiter zu verkaufen.

Entgegen seiner Vorstellung wurde das Amphetamin vom unbekannten Verkäufer verpackt und abgeschickt, jedoch vor der geplanten Zustellung an den Angeklagten von der Kriminalpolizei Bielefeld sichergestellt.

Das Amphetamin hatte einen Wirkstoffgehalt von 18,8%.

Wie der Angeklagte wusste, besaß er in keinem der Fälle die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.

II.

Von diesem Tatvorwurf war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Das Gericht hat nach Durchführung der Hauptverhandlung und der Beweisaufnahme nicht mit hinreichender Sicherheit die Täterschaft des Angeklagten feststellen können.

Im Einzelnen:

a) Der Angeklagte hat sich nicht zum Tatvorwurf eingelassen.

b) Die beiden einvernommenen Zeugen konnten zur tatsächlichen Beteiligung des Angeklagten an der Bestellung der hier gegenständlichen Betäubungsmittel keine Angaben machen.

Persönliche Beobachtungen in diesem Zusammenhang, die auf die Täterschaft des Angeklagten hätten schließen lassen können oder diese bestätigen würden, haben sich nicht ergeben. Die Zeugin G. hat im Laufe ihrer Ermittlungen bei der Firma V. in B. das Postpaket sichergestellt, das an den Angeklagten adressiert war. Anhaltspunkte dafür, dass er die dazugehörige Bestellung auch tatsächlich getätigt hätte, vermochte sie indes nicht zu machen.

Selbiges gilt für den Polizeibeamten, den Zeugen B.

Im Rahmen der beim Angeklagten durchgeführten Durchsuchung seien geringste Mengen Marihuana sichergestellt worden, jedoch kein Amphetamin, keine Ecstasy-Tabletten und auch kein Kokain. Auch sei im Rahmen der Durchsuchung kein Hinweis auf die Bestellungen laut Anklageschrift gefunden worden. Soweit es möglich war, wurden auch technische Geräte des Angeklagten ausgewertet. Weitere Hinweise auf die Tätigung der Bestellungen ließen sich hierbei jedoch nicht finden.

Weitere unmittelbare Tatzeugen waren nicht vorhanden.

c) Auch aus den verlesenen Urkunden haben sich letztlich keine belastbaren Beweise für die Tatbegehung durch den Angeklagten ergeben. Die Bitcoin-Transaktionen können keinen tatsächlich existierenden Personen zugeordnet werden, nachdem es sich um ein anonymisiertes Zahlungsmittel handelt. Persönlichen Kontakt zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber gab es nur mittels der Emailadresse [email protected]. Die Ermittlungen beim Internetprowider haben als Inhaber dieser Emailadresse nicht den Angeklagten, sondern eine fiktive Person ergeben.

d) Sonstige Beweismittel, die auf den Angeklagten als Täter hätten schließen lassen, waren nicht vorhanden.

Nach alledem war ein Tatnachweis nicht mit der zur Verurteilung notwendigen Sicherheit zu führen.

Es sind andere Sachverhaltsvarianten denkbar und können letztlich nicht ausgeschlossen werden, z.B. dass ein bislang nicht identifizierter Dritter die Bestellungen auf den Namen des Angeklagten getätigt und die Pakete vor Zustellung an seiner Adresse abgefangen oder anderweitig umgeleitet hat. Auch die einvernommenen Zeugen bekundeten auf Nachfrage, dass dies vorkomme, wenngleich es sich nicht um ein häufiges Phänomen handle. Es seien aber durchaus Bestellungen unter fremden Namen erfolgt.

Nach alledem war der Angeklagte auf Grund des Zweifelsgrundsatzes freizusprechen.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 467 StPO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Annotations

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.