Unwirksame Anwalts-AGB: Kein voller Stundensatz für vier Minuten Arbeit

09.12.2019

Autoren

Rechtsanwalt

Bernfried Rose

Zusammenfassung des Autors

Nur wenige Minuten arbeiten und dafür eine gesamte Stunde beim Mandanten abrechnen? Dieses Vergütungsmodell wurde nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Kölner Kanzlei mit den Mandanten vereinbart. Das Oberlandesgericht Köln hat dieses Vorgehen nun für unzulässig erklärt.

Streitige Vereinbarungen im Mandantenverhältnis

Der Streit um die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Rechtsanwaltskanzlei aus Köln ist nun rechtskräftig beendet worden. Die Rechtsanwaltskammer Köln hatte bereits vor dem Landgericht Köln die Kanzlei erfolgreich wegen der Verwendung unzulässiger AGB verklagt. Nun vor dem OLG nahm die Kanzlei ihre zunächst eingelegte Berufung wieder zurück.

In dem Fall gab es gleich mehrere interessante Rechtsfragen zu klären. Zum einen war fraglich, ob eine Rechtsanwaltskammer überhaupt gegen eine Kanzlei in ihrem Aufsichtsbereich vorgehen kann, wenn deren Inhaber Mitglied einer anderen Anwaltskammer ist. Inhaltlich wurden mehrere AGB der Kanzlei genauer unter die Lupe genommen. Insbesondere musste geklärt werden, ob es Rechtsanwälten verboten ist, in ihren AGB zu vereinbarten, in Viertelstundenschritten abzurechnen.

Rechtsanwaltskammer überhaupt klagebefugt?

Das Landgericht hatte zunächst klargestellt, dass die Rechtsanwaltskammer als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher beruflicher Interessen im Sinne des Unterlassungsklagegesetzes anzusehen sei. Sie könne dabei grundsätzlich auch gegen ihre eigenen Mitglieder vorgehen und sei daher im vorliegenden Fall auch klagebefugt gewesen. Zu den Aufgaben der Rechtsanwaltskammer gehöre nämlich auch die Abwehr von Gesetzesverletzungen und Wettbewerbsverstößen.

Mandanten in ihrer Entscheidungsfreiheit beschränkt

Die Richter am Landgericht hatten zudem zahlreiche Klauseln der Anwalts-AGB für unzulässig erklärt.
Dazu zählte auch die Regelung, dass die Rechtsanwälte der Kanzlei auch dann mit einer gerichtlichen Interessenwahrnehmung beauftragt werden sollten, selbst wenn der Mandant den Auftrag eigentlich allein auf eine außergerichtliche Tätigkeit beschränkt hatte. Das Gericht urteilte, dass der Mandant unzulässig in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werde. Seine Entscheidung, den Umfang der anwaltlichen Vertretung allein auf den außergerichtlichen Bereich zu beschränken, werde durch die Klausel umgangen.

Auch für unwirksam erklärten die Richter eine Regelung, wonach eine Vergütungsvereinbarung nicht nur für das aktuelle, sondern für sämtliche, auch zukünftige Mandate gelten sollte. Solche Vereinbarungen müssten zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandant aber bei jedem einzelnen neu abzuschließenden Vertrag vereinbart werden. Nur dann könnten die AGB auch tatsächlich gelten. Eine Vergütungsvereinbarung auch für erst künftige Mandate sei dagegen unzulässig.

Kein Stundensatz in Viertelstundenschritten

Schließlich wurde auch die Vergütungsvereinbarung der Kanzlei für unzulässig erklärt. In den Anwalts-AGB war vereinbart worden, dass der Stundensatz in Viertelstundenschritten abgerechnet werde und ein Viertel des vereinbarten Stundensatzes für jede angefangenen 15 Minuten berechnet werde. Nach diesem Modell war es damit möglich, dass ein Anwalt den vollständigen Stundensatz berechnen kann und dabei nur vier Mal eine Minute tätig wird. Dann aber liege die Vergütung der Rechtsanwälte gerechnet auf die Minute deutlich über dem vereinbarten Stundensatz.

Die Klausel ermögliche den Anwälten eine „wissentliche Aufblähung des Zeitaufwandes“ und führe dazu, dass dem Mandanten deutlich höhere Gebühren in Rechnung gestellt werden könnten, als dies dem vereinbarten Stundensatz entspreche – für die Kölner Richter eine unangemessene Benachteiligung der Mandanten. Sie erklärten damit auch diese Regelung für unzulässig (Beschluss vom 04.11.2019, Az.: 17 U 44/18).

Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.rosepartner.de/rechtsberatung/gewerblicher-rechtsschutz/allgemeine-geschaeftsbedingungen-agb.html

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