Umsatzsteuerfreie Heilbehandlung? – wenn die künstliche Befruchtung zur Steuerfrage wird

bei uns veröffentlicht am05.04.2020

Autoren

Rechtsanwalt

Bernfried Rose

Zusammenfassung des Autors

Bei unerfülltem Kinderwunsch kommt es nicht selten zu der Einlagerung sogenannter kryokonservierter, also eingefrorener Ei- und Samenzellen zum Zweck der künstlichen Befruchtung. Welche steuerrechtlichen Folgen sich für die behandelnden Ärzte daraus ergeben können, war jüngst Thema einer Entscheidung des Finanzgerichtes Münster.

Finanzamt lehnt Steuervorteile ab

Der Entscheidung des Finanzgerichtes geht die Klage einer GbR voraus, die Einlagerungen von Ei- und Samenzellen vornimmt und an der mehrere Frauenärzte beteiligt sind. Zusätzlich waren diese Ärzte in einer Partnerschaftsgesellschaft organisiert, durch die die eigentlichen Kinderwunschbehandlungen durchführt wurden. Sollten Ei- oder Samenzellen von Patienten eingefroren werden, wurde deren Einlagerung auf Grundlage eines Vertrages zwischen den Patienten und der GbR vereinbart. Die künstliche Befruchtung wurde wiederum im Vertragsverhältnis mit der Partnerschaftsgesellschaft durchgeführt.

In der Folge behandelte die GbR die Umsätze aus der Einlagerung als steuerfreie Heilbehandlungen. Dieser Einschätzung folgte das zuständige Finanzamt allerdings nicht. Es sei nicht ausreichend nachgewiesen worden, dass alle Einlagerungen tatsächlich aus einem medizinischen Anlass erfolgten. Das vorsorgliche Einfrieren und Einlagern von Ei- und Samenzellen zur Erfüllung eines späteren Kinderwunsches sei beispielweise ohne medizinischen Anlass und damit auch keine Heilbehandlung, so die Ansicht des Finanzamtes. Weiter argumentierte das Finanzamt damit, dass eine Umsatzsteuerfreiheit auch nur dann in Betracht komme, wenn das Einfrieren und Lagern auch vom selben Unternehmer erfolge, der später auch die Heilbehandlung, also die künstliche Befruchtung, durchführe. Hier aber waren unterschiedliche Unternehmensstrukturen für die Lagerung auf der einen Seite und der Kinderwunschbehandlung auf der anderen Seite verantwortlich.

Ärzte setzen sich zur Wehr

Gegen diese Einschätzung wollte sich die GbR zur Wehr setzen und klagte vor dem Finanzgericht Münster auf Festlegung der Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze.

Zum einen wurde betont, dass die GbR grundsätzlich keine Einlagerung zum Zwecke des „social freezing“, also für einen späteren Kinderwunsch, vornehme. Vielmehr seien alle Einlagerungen auch im Zusammenhang mit einer medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung und damit einer Heilbehandlung erfolgt. Dafür spreche auch der enge zeitliche Zusammenhang der Entnahme und Einlagerung der Ei- und Samenzellen und der anschließenden Kinderwunschbehandlung.
Weiter bezweifelten die Ärzte, dass es für eine Steuerfreiheit tatsächlich darauf ankomme, dass Einlagerung und künstliche Befruchtung von einem und demselben Unternehmen vorgenommen werden.

Heilbehandlung oder nicht?

Letztlich hatte nun das Finanzgericht Münster zu entscheiden, ob es sich vorliegend um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen handelt oder nicht. Dazu hat das Gericht den Ansatz vertreten, dass das Einfrieren und Lagern von Ei- und Samenzellen nur bei einer organisch bedingten Sterilität als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung anzusehen seien. Insoweit stimmte das Gericht der Ansicht des Finanzamtes zu, dass bei einem „social freezing“ die Einlagerung keine Heilbehandlung darstellt und damit grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sei.

Nach den von der GbR vorgelegten Beweisen ging aber auch das Finanzgericht davon aus, dass die Behandlungen hier medizinisch begründet waren und keine Entnahmen zum „social freezing“ vorgenommen worden waren.

Einheitlicher therapeutischer Zweck maßgeblich

Auch der Umstand, dass sich die Ärzte hier in unterschiedlichen Gesellschaften für unterschiedliche Schritte der Kinderwunschbehandlung organisiert hatten, stehe einer Steuerfreiheit nicht entgegen. Nicht die unterschiedlichen Unternehmer, sondern die Tatsache, dass das gesamte Verfahren einem einheitlichen therapeutischen Zweck diene, sei maßgeblich. Bei der Einlagerung der Ei- und Samenzelle handele es sich im Gesamtverfahren der künstlichen Befruchtung um einen unerlässlichen Bestandteil. Außerdem sind im vorliegenden Fall in beide Unternehmen dieselben Ärzte im Hintergrund vereinigt. Damit führe auch dieser Umstand nicht zu einer anderen steuerlichen Bewertung.

Insgesamt handelt es sich bei der Einlagerung von gefrorenen Ei- und Samenzellen damit um eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung, so die abschließende Bewertung des Finanzgerichtes Münster (Urteil v. 06.02.2020; Az.: 5 K 158/17 U).

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/kinderwunsch-rechtsanwalt-kanzlei.html

 

 

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