Muss man für eine Unterhaltsabfindung Schenkungsteuer bezahlen?

erstmalig veröffentlicht: 11.02.2022, letzte Fassung: 11.02.2022

Autoren

Rechtsanwalt

Bernfried Rose

Zusammenfassung des Autors

Sind Paare erstmal in den Hafen der Ehe eingelaufen, braut sich nicht selten auch mal ein Sturm zusammen. Dabei kommt es vor, dass die Verwüstung so verheerend ist, dass die Scheidung eingereicht wird. Ebenso wie zuvor die Heirat bringt dann auch die Scheidung steuerliche Konsequenzen mit sich. Dann kommen Scheidungsanwalt und Steuerberater ins Spiel, um sich mit den Rechtsfolgen der Trennung auseinanderzusetzen.

Vorsorglich können Heiratende im Voraus einen Ehevertrag aufsetzen, in welchem bereits Regelungen für Unterhaltszahlungen im Scheidungsfall getroffen werden. Dabei ist es möglich, dass die zu Vermählenden an Stelle von fortlaufenden Trennungsunterhaltszahlungen eine einmalige Abfindungszahlung zum Zeitpunkt der Scheidung vereinbaren. Aber entfällt auf eine solche Abfindung die Schenkungsteuer? Mit dieser Frage hat sich der Bundesfinanzhof im vergangenen Jahr auseinandergesetzt (BFH, Urteil vom 01.09.2021 - II R 40/19). 

Schenkungsteuer auf 1 Millionen D-Mark?

Der dem BFH vorgelegene Ehevertrag war vom geschiedenen Ehepaar damals formwirksam notariell beglaubigt worden. Der Vertrag umfasste eine Regelung über einen indexierten Zahlungsanspruch, der bei der Scheidung Wirksamkeit entfalten sollte. Nach 16 Jahren Ehe kam es dann zur Scheidung und der Ehemann zahlte seiner Ex-Frau die Bedarfsabfindung in Höhe der festgelegten Summe.

Damals war sich darauf geeinigt worden, dass der Zahlungsanspruch 2 Millionen D-Mark betragen soll, wenn die Ehe mindestens 15 Jahre hält. Andernfalls sollte der Anspruch anteilig gemindert werden. Ein gesetzlicher Versorgungsanspruch wurde vom Ehepaar damals zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rechtswahl ausgeschlossen. Vereinbart wurde außerdem die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts und der Güterstand der Gütertrennung.

Finanzamt: Unterhaltsabfindung ist Schenkung

Das Finanzamt war der Meinung, dass ihm auch ein Stück des Abfindungskuchens zustehe, da es sich dabei um eine „freigebige Geldzuwendung“ handele. Die Vorinstanz hatte dem zugestimmt. Der BFH dagegen war der Auffassung, dass es sich bei Geldzahlung des einen Ehegatten an den anderen, die für den Fall einer Scheidung vorgesehen werden, nicht um steuerpflichtige Pauschalabfindungen im Sinnde des § 7 Abs. 3 ErbStG handelt. Eine solche individuelle Regelung der Rechtsfolgen der Vermählung – abweichend von den gesetzlichen Regelungen – erfülle diesen Tatbestand nicht.

Ehepartner wollten keine Schenkung vereinbaren

"Es werden lediglich Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher Ansprüche im Falle der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert", so die in der Sache entscheidenden Richter. Von einer „freigebigen Zuwendung“ (§ 7 Abs. 1 ErbStG) könne darüber hinaus auch keine Rede sein. Vielmehr würde eine Gegenleistung existieren, denn die Abfindungsklausel sei "in ein Vertragskonvolut über die Rechtsfolgen einer Eheschließung eingebettet". 

Die Bundesrichter konnten außerdem keinen subjektiven Willen der Ehepartner erkennen, der die Abfindungszahlung als Schenkung legitimieren würde. Die Regelung habe vielmehr dazu gedient, das Vermögen des Ex-Mannes vor unwägbaren finanziellen Verpflichtungen infolge einer Scheidung zu schützen.

BFH: Keine Schenkungssteuer für Abfindung nach der Scheidung

Wer in Folge der Scheidung Anspruch auf die Zahlung von Unterhalt hat, der hat auch die Möglichkeit sich stattdessen einen Gesamtbetrag in Form einer Abfindung auszahlen zu lassen. In Folge des aktuellen BFH-Urteils gilt für solche Abfindungszahlungen künftig, dass es sich dabei keineswegs um eine Schenkung handelt und somit keine Schenkungssteuer vom Finanzamt erhoben werden kann.

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Gesetze

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1 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz - ErbStG 1974 | § 7 Schenkungen unter Lebenden


(1) Als Schenkungen unter Lebenden gelten1.jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;2.was infolge Vollziehung einer von dem Schenker angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung

Referenzen

(1) Als Schenkungen unter Lebenden gelten

1.
jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;
2.
was infolge Vollziehung einer von dem Schenker angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, daß eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;
3.
was jemand dadurch erlangt, daß bei Genehmigung einer Schenkung Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden;
4.
die Bereicherung, die ein Ehegatte oder ein Lebenspartner bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft (§ 1415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfährt;
5.
was als Abfindung für einen Erbverzicht (§§ 2346 und 2352 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gewährt wird;
6.
(weggefallen)
7.
was ein Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ihrem Eintritt herausgibt;
8.
der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. Dem steht gleich die Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist;
9.
was bei Auflösung, Aufhebung, Zulegung oder Zusammenlegung von Stiftungen oder bei Auflösung eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erworben wird. Dem steht gleich der Erwerb bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, sowie der Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse. Wie eine Auflösung wird auch der Formwechsel eines rechtsfähigen Vereins, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, in eine Kapitalgesellschaft behandelt;
10.
was als Abfindung für aufschiebend bedingt, betagt oder befristet erworbene Ansprüche, soweit es sich nicht um einen Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 5 handelt, vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt wird.

(2) Im Fall des Absatzes 1 Nr. 7 ist der Versteuerung auf Antrag das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen. § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(3) Gegenleistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, werden bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht berücksichtigt.

(4) Die Steuerpflicht einer Schenkung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrags gekleidet wird.

(5) Ist Gegenstand der Schenkung eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, in deren Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, daß der neue Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft oder im Fall eines vorherigen Ausscheidens nur den Buchwert seines Kapitalanteils erhält, werden diese Bestimmungen bei der Feststellung der Bereicherung nicht berücksichtigt. Soweit die Bereicherung den Buchwert des Kapitalanteils übersteigt, gilt sie als auflösend bedingt erworben.

(6) Wird eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die insbesondere der Kapitaleinlage, der Arbeits- oder der sonstigen Leistung des Gesellschafters für die Gesellschaft nicht entspricht oder die einem fremden Dritten üblicherweise nicht eingeräumt würde, gilt das Übermaß an Gewinnbeteiligung als selbständige Schenkung, die mit dem Kapitalwert anzusetzen ist.

(7) Als Schenkung gilt auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt. Wird auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden eingezogen und übersteigt der sich nach § 12 ergebende Wert seines Anteils zur Zeit seines Ausscheidens den Abfindungsanspruch, gilt die insoweit bewirkte Werterhöhung der Anteile der verbleibenden Gesellschafter als Schenkung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Bei Übertragungen im Sinne des § 10 Abs. 10 gelten die Sätze 1 und 2 sinngemäß.

(8) Als Schenkung gilt auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Freigebig sind auch Zuwendungen zwischen Kapitalgesellschaften, soweit sie in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern und soweit an diesen Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind. Die Sätze 1 und 2 gelten außer für Kapitalgesellschaften auch für Genossenschaften.