Geringere Bußgelder im Bierkartell – „Corona-Rabatt“ bei Kartellrechtsverstößen
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Kartellamt deckt illegale Preisabsprachen auf
Illegale Preisabsprachen und Marktmanipulationen finden sich in so gut wie jeder Branche – auch bei deutschen Brauereien, die nach Ermittlungen des Bundeskartellamtes in den Jahren 2006 und 2008 illegale Absprachen getroffen und damit Bierpreise gesteuert haben sollen. Insgesamt 11 Brauereien und 14 persönlich Verantwortliche sollen für die Wettbewerbsverstöße verantwortlich sein. Nach Aufdeckung der Verstöße hatte das Kartellamt empfindliche Geldbußen verhängt. Insgesamt rund 338 Millionen Euro sollten die Beteiligten wegen der Kartellrechtsverstöße zahlen.
Nun aber könnten die drei Kölsch-Brauereien Früh, Gaffel und Erzquell von einer deutlichen Reduzierung der ursprünglich verhängten Bußgelder profitieren. Das mit dem Verfahren befasste OLG Düsseldorf hat in einem Verständigungsvorschlag eine Reduzierung der Geldbuße um mehr als 80% in Aussicht gestellt. Dem Vorschlag vom 10.06.2020 müssen die Betroffenen noch zustimmen.
Keine entscheidende Rolle bei Preisabsprachen
Ursprünglich belief sich die Gesamtsumme der verhängten Strafen der drei Brauereien auf rund 10 Millionen Euro. Mit der vorgeschlagenen Reduzierung würde sich diese Summe auf rund eine Million Euro reduzieren. Doch welche Überlegungen haben das OLG zu einer solch deutlichen Reduzierung der verhängten Strafe bewogen?
Der Vorsitzende Richter des 4. Kartellsenats am OLG begründete den Vorschlag insbesondere damit, dass die drei Brauereien bei dem Bierkartell nach dem Stand der Ermittlungen wohl nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben sollen. Maßgeblich verantwortlich für die abgesprochenen Preise seien vielmehr die großen Pils-Brauereien gewesen. Zwar hätten die drei Kölsch-Brauereien durchaus die Grenzen des kartellrechtlich zulässigen überschritten. Im Vergleich zu den großen Brauereien sei ihre Verantwortung bei den Kartellrechtsverstößen aber durchaus geringer, so die Argumentation des OLG. Es sei sogar vorstellbar, dass auch ohne die kartellrechtliche Beteiligung der Kölsch-Brauereien die gleiche Preispolitik verfolgt worden wäre.
Zusätzlich könnte sich im Laufe eines Prozesses auch herausstellen, dass ein Teil der Vorwürfe bereits verjährt sind. Auch dieser Umstand trägt nun dazu bei, die Höhe der Bußgelder für die drei Brauereien neu zu bewerten.
„Corona-Rabatt“ bei Kartellrechtsverstößen
Als weiteren Grund führte das OLG an, dass es auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Bier-Branche bei der Reduzierung der Bußgelder berücksichtigt habe. Konkret zeigt sich dies in einem „Corona-Rabatt“ von rund 25% bei der Berechnung der Bußgelder.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind auch für die Brauereien enorm. Durch die behördlich angeordnete Schließung der Gastronomie in den vergangenen drei Monaten haben die Brauereien erhebliche Umsatzeinbußen erlitten. Auch die Absage von Großveranstaltungen, Volksfesten und das Verbot von Zuschauern bei Fußballspielen haben die Branche schwer getroffen. Trotz der nun anlaufenden Wiedereröffnung der Gastronomie könne man nicht mit einer schnellen Erholung rechnen. Dieser Umstand wurde auch in der Bewertung der verhängten Bußgelder für die Kartellrechtsverstöße berücksichtigt, so das Gericht.
Weitere Informationen zum Thema Kartellrecht finden Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/gewerblicher-rechtsschutz/kartellrecht.html