Arbeitsrecht: Teilzeit während der Elternzeit - Wie berechnet sich die Abfindung bei einer Kündigung?
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Eine Verkürzung der Entschädigung ist rechtswidrig.
Diese Grundsatzentscheidung traf der Europäische Gerichtshof (EuGH), vor dem eine unbefristet in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmerin geklagt hatte. Nach der Geburt ihres Kindes hatte sie mit dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit auf Teilzeitbasis zu halbierten Bezügen vereinbart. Noch vor Ablauf der Elternzeit wurde ihr mit sofortiger Wirkung gekündigt. Sie erhielt zwar eine Entlassungsentschädigung in Höhe von zehn Monatsgehältern. Diese berechnete der Arbeitgeber aber auf der Grundlage ihres für die Zeit der Teilzeitbeschäftigung reduzierten Gehalts.
Hierin sahen die Luxemburger Richter einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Nach der europäischen „Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub“ müssten Ansprüche, die eine Arbeitnehmerin zu Beginn eines „Elternurlaubs“ bereits erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende der nachwuchsbedingten Beschäftigungsreduzierung uneingeschränkt bestehen bleiben. So werde gewährleistet, dass sich die Arbeitnehmerin im Anschluss an die Elternzeit hinsichtlich ihrer Rechte in derselben Situation wie vorher befände.
Nationale Regelungen, die zu einer Herabsetzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Leistungsansprüche führen, seien geeignet, Arbeitnehmer davon abzuhalten, „Elternurlaub“ zu nehmen. Gleichzeitig hielten sie Arbeitgeber dazu an, bevorzugt solche Beschäftigte zu entlassen, die sich in Elternzeit befinden. Daher war die Entlassungsentschädigung vorliegend auf Basis des Gehalts für eine Vollzeitstelle zu berechnen (EuGH, C-116/08).
Die Entscheidung im einzelnen lautet:
EuGH: Urteil vom 22.10.2009 (Az: C-116/08)
Paragraf 2 Nrn. 6 und 7 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er im Fall der einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags eines unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des Arbeitnehmers einer Berechnung der diesem zu zahlenden Entschädigung auf der Grundlage seines zum Zeitpunkt der Kündigung reduzierten Gehalts entgegensteht.
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
22. Oktober 2009
„Richtlinie 96/34/EG – Von UNICE, CEEP und EGB geschlossene Rahmenvereinbarung über Elternurlaub – Auslegung von Paragraf 2, Nrn. 6 und 7 – Elternurlaub auf Teilzeitbasis – Entlassung des Arbeitnehmers vor Beendigung des Elternurlaubs ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist – Berechnung der Abfindung“
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 2 Nrn. 4 bis 7 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung enthalten ist (im Folgenden: Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Meerts und ihrem früheren Arbeitgeber, der Proost NV, die sich im Ausgangsverfahren wegen der Entlassung von Frau Meerts gegenüberstehen, die erfolgte, während diese im Elternurlaub auf Teilzeitbasis war.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Mit der Richtlinie 96/34 soll die zwischen den europäischen Sozialpartnern Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), Europäischer Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB) geschlossene Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub durchgeführt werden.
Nach Art. 2 dieser Richtlinie waren die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen, je nach Mitgliedstaat bis spätestens 3. Juni 1998 oder 15. Dezember 1999 zu erlassen.
Im ersten Absatz der Präambel der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub heißt es:
„Die … Rahmenvereinbarung [über den Elternurlaub] stellt ein Engagement von UNICE, CEEP und EGB im Hinblick auf Mindestvorschriften für den Elternurlaub … dar, weil sie dies als ein wichtiges Mittel ansehen, Berufs- und Familienleben zu vereinbaren und Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu fördern.“
Nr. 5 der Allgemeinen Erwägungen dieser Rahmenvereinbarung lautet:
„Die Entschließung des Rates vom 6. Dezember 1994 erkennt an, dass eine effiziente Chancengleichheitspolitik eine globale und integrierte Strategie verlangt, die eine bessere Organisation der Arbeitszeit sowie eine größere Flexibilität ebenso wie eine leichtere Rückkehr ins Berufsleben ermöglicht; in der Entschließung wird die wichtige Rolle berücksichtigt, die den Sozialpartnern in diesem Bereich auch dann zukommt, wenn es darum geht, Männern und Frauen eine Gelegenheit zu bieten, ihre berufliche Verantwortung sowie ihre familiären Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren.“
In Nr. 6 dieser Allgemeinen Erwägungen wird ausgeführt:
„Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sollten die Einführung neuer und flexibler Arten der Arbeitsorganisation und der Zeiteinteilung fördern, die den sich ändernden Bedürfnissen der Gesellschaft besser angepasst sind und die sowohl die Bedürfnisse der Unternehmen als auch die der Arbeitnehmer berücksichtigen sollten.“
Paragraf 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub bestimmt:
„…
3. Die Voraussetzungen und die Modalitäten für die Inanspruchnahme des Elternurlaubs werden in den Mitgliedstaaten gesetzlich und/oder tarifvertraglich unter Einhaltung der Mindestanforderungen dieser Vereinbarung geregelt. Die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner können insbesondere
a) entscheiden, ob der Elternurlaub auf Vollzeit- oder Teilzeitbasis, in Teilen oder in Form von ‚Kreditstunden‘ gewährt wird;
…
4. Um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer ihr Recht auf Elternurlaub wahrnehmen können, treffen die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Entlassungen, die auf einem Antrag auf Elternurlaub oder auf der Inanspruchnahme des Elternurlaubs beruhen.
5. Im Anschluss an den Elternurlaub hat der Arbeitnehmer das Recht, an seinen früheren Arbeitsplatz zurückzukehren oder, wenn das nicht möglich ist, entsprechend seinem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis einer gleichwertigen oder ähnlichen Arbeit zugewiesen zu werden.
6. Die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bleiben bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen. Im Anschluss an den Elternurlaub finden diese Rechte mit den Änderungen Anwendung, die sich aus einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten ergeben.
7. Die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner bestimmen den Status des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum des Elternurlaubs.
…“
Nationales Recht
Die Richtlinie 96/34 wurde in Bezug auf die im Privatsektor Beschäftigten mit dem Königlichen Erlass vom 29. Oktober 1997 zur Einführung eines Rechts auf Elternurlaub im Rahmen der Laufbahnunterbrechung (Belgisches Staatsblatt vom 7. November 1997, S. 29930) umgesetzt.
Nach Art. 2 § 1 dieses Königlichen Erlasses hat der Arbeitnehmer, um für sein Kind zu sorgen, Anspruch auf Elternurlaub. Ihm stehen folgende Möglichkeiten offen:
– die Erfüllung seines Arbeitsvertrags während eines Zeitraums von drei Monaten auszusetzen;
– seine Arbeitsleistungen während eines Zeitraums von sechs Monaten teilzeitig in Form einer Halbzeitbeschäftigung fortzusetzen, wenn er vollzeitbeschäftigt ist;
– seine Arbeitsleistungen während eines Zeitraums von fünfzehn Monaten teilzeitig in Form einer Reduzierung um ein Fünftel fortzusetzen, wenn er vollzeitbeschäftigt ist.
Der allgemeine rechtliche Rahmen für die Regelung über die Unterbrechung der beruflichen Laufbahn ist in Kapitel IV Abschnitt 5 des Sanierungsgesetzes vom 22. Januar 1985 zur Festlegung sozialer Bestimmungen (Belgisches Staatsblatt vom 24. Januar 1985, S. 699) in seiner geänderten Fassung (im Folgenden: Sanierungsgesetz) festgelegt.
Wer als Arbeitnehmer Elternurlaub auf der Grundlage des Königlichen Erlasses vom 29. Oktober 1997 nimmt, kommt nach den Art. 100 und 102 des Sanierungsgesetzes in den Genuss einer Unterbrechungszulage, die vom Landesamt für Arbeitsbeschaffung im Rahmen des Königlichen Erlasses vom 2. Januar 1991 über die Bewilligung von Unterbrechungszulagen (Belgisches Staatsblatt vom 12. Januar 1991, S. 691) gezahlt wird.
In Art. 101 des Sanierungsgesetzes heißt es:
„Ist die Erfüllung des Arbeitsvertrags … ausgesetzt oder sind die Arbeitsleistungen … reduziert, darf der Arbeitgeber nichts unternehmen, was auf eine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, es sei denn, es liegt ein schwerwiegender Grund im Sinne von Art. 35 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge [Belgisches Staatsblatt vom 22. August 1978, S. 9277, im Folgenden: Arbeitsvertragsgesetz] oder ein hinreichender Grund dafür vor.
…
Dieses Verbot endet drei Monate nach dem Ende der Aussetzung der Erfüllung des Arbeitsvertrags oder der Reduzierung der Arbeitsleistungen.
Kündigt der Arbeitgeber ungeachtet der Bestimmungen des Absatzes 1 den Arbeitsvertrag ohne schwerwiegenden oder hinreichenden Grund, so hat er dem Arbeitnehmer unbeschadet der Entschädigungen, die diesem im Fall der Beendigung des Arbeitsvertrags zustehen, eine pauschale Entschädigung in Höhe von sechs Monatsgehältern zu zahlen.
…“
Art. 102 des Sanierungsgesetzes bestimmt:
„Dem Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber eine Reduzierung seiner Arbeitsleistungen um 1/5, 1/4, 1/3 oder 1/2 der normalen Arbeitsstundenzahl bei Vollzeitbeschäftigung vereinbart oder die Anwendung eines Tarifvertrags mit einer ähnlichen Regelung beantragt oder die Regelung des Art. 102bis für sich in Anspruch nimmt, wird eine Entschädigung gewährt.
…“
In Art. 103 dieses Gesetzes heißt es:
„Bei einseitiger Beendigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber wird die Kündigungsfrist gegenüber dem Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistungen … reduziert hat, so berechnet, als ob er seine Arbeitsleistungen nicht reduziert hätte. Die Dauer dieser Kündigungsfrist ist auch bei der Festsetzung der [Entlassungs‑]Entschädigung im Sinne des Art. 39 des [Arbeitsvertragsgesetzes] zu berücksichtigen.“
Die nicht im Sanierungsgesetz, im Königlichen Erlass vom 29. Oktober 1997 oder im Königlichen Erlass vom 2. Januar 1991 geregelten arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Elternurlaub richten sich weiterhin nach dem allgemeinen Arbeitsvertragsrecht, insbesondere nach dem Arbeitsvertragsgesetz.
Art. 39 § 1 dieses Gesetzes lautet:
„Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, ist die Partei, die den Vertrag ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der in den Artikeln 59, 82, 83, 84 und 115 festgelegten Kündigungsfrist kündigt, dazu verpflichtet, der anderen Partei eine Entschädigung in Höhe der laufenden Entlohnung zu zahlen, die entweder der ganzen oder der restlichen Dauer der Kündigungsfrist entspricht. Die Entschädigung stimmt jedoch immer mit dem Betrag der laufenden Entlohnung, die der Dauer der Kündigungsfrist entspricht, überein, wenn die Kündigung vom Arbeitgeber und unter Missachtung der Bestimmungen von Artikel 38 § 3 des vorliegenden Gesetzes oder von Artikel 40 des Gesetzes vom 16. März 1971 über die Arbeit ausgesprochen wird.
Die Entlassungsentschädigung umfasst nicht nur die laufende Entlohnung, sondern auch die aufgrund des Vertrags erworbenen Vorteile.“
Nach Art. 82 § 4 des Arbeitsvertragsgesetzes müssen die Kündigungsfristen entsprechend dem zu Beginn der Kündigungsfrist erworbenen Dienstalter berechnet werden.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
Den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ist zu entnehmen, dass Frau Meerts seit September 1992 bei der Proost NV auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsvertrags vollzeitbeschäftigt war. Ab November 1996 nahm sie verschiedene Formen der Laufbahnunterbrechung in Anspruch, und ab dem 18. November 2002 arbeitete sie aufgrund von Elternurlaub, der bis zum 17. Mai 2003 dauern sollte, auf Halbzeitbasis.
Am 8. Mai 2003 wurde Frau Meerts mit sofortiger Wirkung gekündigt, wobei ihr eine Entlassungsentschädigung in Höhe von zehn Monatsgehältern gezahlt wurde, die auf der Grundlage ihres damaligen, wegen der entsprechenden Reduzierung ihrer Arbeitsleistungen um die Hälfte niedrigeren Gehalts berechnet war.
Gegen die Höhe dieser Entlassungsentschädigung erhob sie Klage bei der Arbeidsrechtbank van Turnhout (Arbeitsgericht Turnhout) und beantragte die Verurteilung der Proost NV zur Zahlung einer Entlassungsentschädigung, die auf der Grundlage des Vollzeitgehalts zu berechnen sei, das sie bezogen hätte, wenn sie ihre Arbeitsleistungen nicht im Rahmen ihres Elternurlaubs reduziert hätte.
Ihre Klage wurde mit Urteil vom 22. November 2004 abgewiesen. Auf Berufung bestätigte der Arbeidshof te Antwerpen (Arbeitsgerichtshof Antwerpen) dieses Urteil. Mit ihrer Kassationsbeschwerde macht Frau Meerts geltend, sowohl im ersten Rechtszug als auch im Berufungsverfahren hätten die Gerichte das nationale Recht ausgelegt, ohne die Bestimmungen der Richtlinie 96/34 zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund hat der Hof van Cassatie (Kassationsgerichtshof) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die Bestimmungen von Paragraf 2 Nrn. 4, 5, 6 und 7 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub dahin auszulegen, dass sich bei einseitiger Beendigung eines Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegende Gründe oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu einem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer von einer Regelung über die Verkürzung der Arbeitsleistungen Gebrauch macht, die dem Arbeitnehmer geschuldete Kündigungsentschädigung nach dem Grundgehalt bemisst, das so berechnet wird, als ob der Arbeitnehmer nicht seine Arbeitsleistungen als Form von Elternurlaub im Sinne von Paragraf [2]? Nr. 3 Buchst. a dieser Rahmenvereinbarung verkürzt hätte?
Zur Zulässigkeit
Die belgische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften führen aus, der Hof van Cassatie erläutere in der Vorlageentscheidung nicht, warum er eine Antwort des Gerichtshofs als für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erforderlich ansehe. Nach Ansicht der Kommission genügt diese Vorlageentscheidung, da das vorlegende Gericht die Beschwerdegründe und Rügen der Kassationsbeschwerde nur summarisch angebe und sich damit begnüge, das Berufungsurteil auszugsweise zu zitieren, nicht den Anforderungen an die Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens, wie sie in der Rechtsprechung herausgearbeitet worden seien.
Es ist daran zu erinnern, dass es nach ständiger Rechtsprechung allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen.
Ungeachtet dessen kann der Gerichtshof nicht über eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage befinden, wenn offensichtlich ist, dass die vom nationalen Gericht erbetene Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der Frage erforderlich sind.
Die Vorlageentscheidung muss insoweit die genauen Gründe angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Gemeinschaftsrechts fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheint. In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt.
Im vorliegenden Fall verfügt der Gerichtshof aber über ausreichende Anhaltspunkte, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben.
Zum einen werden nämlich in der Vorlageentscheidung der Sachverhalt, der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegt, und das einschlägige nationale Recht kurz, aber präzise dargestellt. Dieser Darstellung ist zu entnehmen, dass der Rechtsstreit darauf zurückgeht, dass die Proost NV den mit Frau Meerts geschlossenen Vollzeitarbeitsvertrag ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs der Betroffenen einseitig beendete. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frau Meerts insoweit zustehende Entschädigung, die vom Arbeitgeber auf der Grundlage des wegen des Elternurlaubs reduzierten Gehalts der Betroffenen und nicht auf der Grundlage des einer Vollzeitarbeit entsprechenden Gehalts festgesetzt wurde.
Zum anderen werden in der Vorlageentscheidung die Gemeinschaftsbestimmungen genannt, um deren Auslegung das vorlegende Gericht ersucht, und der Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen und den im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften erläutert.
Unter diesen Umständen ist dem von der belgischen Regierung und der Kommission erhobenen Einwand nicht zu folgen, so dass das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.
Zur Vorlagefrage
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht mit der Vorlagefrage um die Auslegung von Paragraf 2 Nrn. 4 bis 7 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Rahmen eines Rechtsstreits ersucht, in dem es um die Berechnung der Entlassungsentschädigung geht, die wegen der Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber geschuldet wird.
Aus dem Wortlaut dieses Paragrafen ergibt sich jedoch, dass nach Nr. 4 die Arbeitnehmer vor Entlassungen geschützt werden sollen, die auf einem Antrag auf Elternurlaub oder auf der Inanspruchnahme des Elternurlaubs beruhen, und nach Nr. 5 dem Arbeitnehmer das Recht zuerkannt wird, im Anschluss an seinen Elternurlaub an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren oder eine ähnliche oder gleichwertige Arbeit zugewiesen zu bekommen.
Daraus folgt, dass das vorlegende Gericht mit seiner Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Paragraf 2 Nrn. 6 und 7 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub dahin auszulegen ist, dass er im Fall der einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags eines unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des Arbeitnehmers einer Berechnung der diesem zu zahlenden Entschädigung auf der Grundlage seines zum Zeitpunkt der Kündigung reduzierten Gehalts entgegensteht.
Wie sich aus dem ersten Absatz der Präambel der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und aus Nr. 5 der Allgemeinen Erwägungen dieser Rahmenvereinbarung ergibt, stellt diese ein Engagement der europäischen Sozialpartner UNICE, CEEP und EGB im Hinblick auf Maßnahmen im Wege von Mindestvorschriften dar, um die Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu fördern, indem ihnen Gelegenheit geboten wird, ihre berufliche Verantwortung und ihre familiären Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren.
Aus Nr. 6 der Allgemeinen Erwägungen dieser Rahmenvereinbarung geht auch hervor, dass die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben die Einführung neuer und flexibler Arten der Arbeitsorganisation und der Zeiteinteilung in den Mitgliedstaaten fördern sollten, die den sich ändernden Bedürfnissen der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Bedürfnisse sowohl der Unternehmen als auch der Arbeitnehmer besser angepasst sind.
Die Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub ist an den grundlegenden Zielen ausgerichtet, die in der die Gleichbehandlung von Männern und Frauen betreffenden Nr. 16 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer, auf die in der Rahmenvereinbarung verwiesen und die auch in Art. 136 EG erwähnt wird, festgeschrieben sind und im Zusammenhang mit der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie dem Vorhandensein eines angemessenen sozialen Schutzes der Arbeitnehmer stehen, hier derjenigen, die Elternurlaub beantragt oder genommen haben.
In dieser Perspektive bestimmt Paragraf 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, dass die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben.
Sowohl aus dem Wortlaut dieses Paragrafen 2 Nr. 6 als auch aus dem Kontext, in den er sich einfügt, ergibt sich, dass der Zweck dieser Bestimmung darin besteht, zu verhindern, dass aus dem Arbeitsverhältnis abgeleitete Rechte, die der Arbeitnehmer erworben hat oder dabei ist zu erwerben und über die er zum Zeitpunkt des Antritts eines Elternurlaubs verfügt, verloren gehen oder verkürzt werden, und zu gewährleisten, dass sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub im Hinblick auf diese Rechte in derselben Situation befindet wie vor diesem Urlaub.
Die Wendung „Rechte, die der Arbeitnehmer … erworben hatte oder dabei war zu erwerben“ in Paragraf 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub wird zwar in dieser nicht definiert und Letztere verweist dafür auch nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten.
Aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts als auch des Gleichheitsgrundsatzes ergibt sich jedoch, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Gemeinschaft eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Vorschrift und des mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss.
In Anbetracht des mit der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub verfolgten Ziels der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, wie es oben in Randnr. 35 in Erinnerung gerufen worden ist, muss Paragraf 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung als Ausdruck eines Grundsatzes des Sozialrechts der Gemeinschaft verstanden werden, dem besondere Bedeutung zukommt und der deshalb nicht restriktiv ausgelegt werden darf.
Aus den Zielen der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub ergibt sich, dass die Wendung „Rechte, die der Arbeitnehmer … erworben hatte oder dabei war zu erwerben“ im Sinne von Paragraf 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung alle unmittelbar oder mittelbar aus dem Arbeitsverhältnis abgeleiteten Rechte und Vorteile hinsichtlich Bar- oder Sachleistungen erfasst, auf die der Arbeitnehmer bei Antritt des Elternurlaubs einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber hat.
Zu diesen Rechten und Vorteilen gehören diejenigen, die mit den Beschäftigungsbedingungen zusammenhängen, wie das Recht eines Vollzeitbeschäftigten, der Elternurlaub auf Teilzeitbasis genommen hat, darauf, dass bei einseitiger Beendigung eines unbefristeten Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber eine Kündigungsfrist gilt, deren Länge sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bemisst und deren Ziel es ist, die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu erleichtern.
Paragraf 2 Nr. 7 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub verweist auf die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner, wenn es darum geht, den Status des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum des Elternurlaubs zu bestimmen, wozu auch gehört, in welchem Maß der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums weiter Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber erwerben kann. Bei teleologischer und systematischer Auslegung ist dieser Verweis so zu verstehen, dass er Paragraf 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung unberührt lässt, nach dem „die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben“.
Diese Gesamtheit von Rechten und Vorteilen wäre nicht gewährleistet, wenn im Fall der Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist bei einer Kündigung während eines Elternurlaubs auf Teilzeitbasis ein auf Vollzeitbasis angestellter Arbeitnehmer den Anspruch darauf verlöre, dass die ihm zustehende Entlassungsentschädigung auf der Grundlage seines arbeitsvertraglichen Gehalts bestimmt wird.
Wie die Generalanwältin in den Nrn. 54 und 55 ihrer Schlussanträge ausführt, könnte eine nationale Regelung, die im Fall eines Elternurlaubs zu einer Herabsetzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Rechte führte, den Arbeitnehmer davon abhalten, Elternurlaub zu nehmen, und den Arbeitgeber dazu anhalten, bevorzugt diejenigen Arbeitnehmer zu entlassen, die sich im Elternurlaub befinden. Das liefe unmittelbar dem Zweck der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub zuwider, zu deren Zielen eine bessere Vereinbarkeit von Familienleben und Berufsleben gehört.
In der mündlichen Verhandlung hat die belgische Regierung ausgeführt, dass ihres Erachtens nach dem anwendbaren nationalen Recht bei einer fristlosen Entlassung eines auf Vollzeitbasis angestellten Arbeitnehmers, der Elternurlaub auf Vollzeitbasis mit einer zulässigen Höchstdauer von drei Monaten genommen habe, die Entschädigung des Arbeitnehmers auf der Grundlage seines vertraglichen Gehalts ermittelt werde, während bei der Entlassung eines ebenfalls auf Vollzeitbasis angestellten Arbeitnehmers, der aber Elternurlaub auf Halbzeitbasis, ganz gleich ob im Umfang der Hälfte oder eines Fünftels der Regelarbeitszeit, genommen habe, das während des Elternurlaubs bezogene Gehalt herangezogen werden müsse, da sich der Vollzeitarbeitsvertrag während dieses Urlaubs in einen Teilzeitarbeitsvertrag umwandle.
Die belgische Regierung rechtfertigt dies damit, dass es zu einer Diskriminierung käme, wenn zwei auf Vollzeitbasis angestellten Arbeitnehmern, von denen der eine von einem Elternurlaub auf Teilzeitbasis profitiere und der andere in Vollzeit arbeite, im Fall der Entlassung eine gleichwertige Entschädigung zustünde, weil zwei unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt würden.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Zwar erbringt ein mit einem Vollzeitarbeitsvertrag angestellter Arbeitnehmer während eines Elternurlaubs auf Halbzeitbasis nicht dieselbe Zahl an Arbeitsstunden wie ein Arbeitnehmer, der in Vollzeit arbeitet. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich beide in Bezug auf den ursprünglichen Arbeitsvertrag, durch den sie mit ihrem Arbeitgeber verbunden sind, in einer unterschiedlichen Situation befinden.
Nach einer nationalen Regelung wie derjenigen, die im Ausgangsverfahren gilt, läuft nämlich während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des auf Vollzeitbasis angestellten Arbeitnehmers seine Betriebszugehörigkeit weiter, deren Dauer bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist berücksichtigt wird, als ob er seine Arbeitsleistungen nicht reduziert hätte.
Außerdem trägt das Vorbringen der belgischen Regierung nicht dem Umstand Rechnung, dass der Vollzeitangestellte während des Elternurlaubs auf Halbzeitbasis neben dem Gehalt für seine weiterhin erbrachten Arbeitsleistungen eine Pauschalzulage vom Landesamt für Arbeitsbeschaffung bezieht, mit der die Gehaltsminderung ausgeglichen werden soll.
Außerdem ist der Zeitraum, während dessen ein auf Vollzeitbasis angestellter und in einem Elternurlaub auf Halbzeitbasis befindlicher Arbeitnehmer seine Arbeit in dieser Weise verrichtet, zeitlich begrenzt.
Schließlich beträfe die einseitige Beendigung durch den Arbeitgeber in beiden von der belgischen Regierung miteinander verglichenen Fällen einen Vollzeitarbeitsvertrag.
Nach alledem ist Paragraf 2 Nrn. 6 und 7 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub dahin auszulegen, dass er im Fall der einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags eines unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des Arbeitnehmers einer Berechnung der diesem zu zahlenden Entschädigung auf der Grundlage seines zum Zeitpunkt der Kündigung reduzierten Gehalts entgegensteht.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Paragraf 2 Nrn. 6 und 7 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er im Fall der einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags eines unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des Arbeitnehmers einer Berechnung der diesem zu zahlenden Entschädigung auf der Grundlage seines zum Zeitpunkt der Kündigung reduzierten Gehalts entgegensteht.
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