Vergabekammer Nordbayern Beschluss, 15. Feb. 2018 - RMF-SG21-3194-3-1

published on 15/02/2018 00:00
Vergabekammer Nordbayern Beschluss, 15. Feb. 2018 - RMF-SG21-3194-3-1
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Referenzen - Gesetze
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Vergabekammer Südbayern, Z3-3-3194-1-38-10/13, 05/12/2013

Gericht

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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.

Der Vergabestelle wird aufgegeben, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin trägt die Vergabestelle.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

4. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.

5. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt ...,- €.

Die Vergabestelle ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

Tatbestand

1. Die VSt schrieb das Klärwerk … im Wege des offenen Verfahrens europaweit aus. Das Verfahren wurde im Supplement zum Amtsblatt der EU am ... veröffentlicht. Einziges Zuschlagskriterium war laut Bekanntmachung II.2.5 der Preis. Die Antragstellerin und die Beigeladene beteiligten sich mit ihrem Angebot jeweils am Verfahren. Ausweislich der Vergabeunterlagen befand sich die Antragstellerin nach Wertung der Angebote als wirtschaftlichste Bieterin an 1. Stelle. Die BGl befand sich mit ihrem Angebot auf dem Rang 2. Die Vergabestelle forderte daraufhin mit E-Mail vom 20.12.2017 Unterlagen bei der Antragstellerin nach. Diese wurden am 21.12.2017 per E-Mail übermittelt.

2. Mit Schreiben vom 02.01.2018 informierte die Vergabestelle die Antragstellerin über den Ausschluss ihres Angebotes. Zur Begründung führte die Vergabestelle aus, dass widersprüchliche Erklärungen zu Nachunternehmerleistungen vorliegen. Weiterhin führte die VSt aus, dass die ASt ihre Fachkunde nicht nachgewiesen habe. Alle Stahlbetonbauwerke/ -bauteile seien wasserundurchlässig herzustellen, die ASt habe jedoch keine nach Art und Umfang vergleichbaren Maßnahmen ausgeführt.

3. Mit Schreiben vom 02.01.2018, per Fax versandt um 16:35 Uhr, rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebots. Es sei nicht nachvollziehbar, welche widersprüchlichen Erklärungen zu Nachunternehmerleistungen vorliegen. Hierzu sei keine Nachforderung von Unterlagen und keinerlei Hinweis ergangen.

Es sei nicht zutreffend, dass die Antragstellerin nicht nachweisen kann, dass sie nach Art und Umfang vergleichbare Arbeiten ausgeführt hat. Es seien keine Referenzen nachgefordert worden. Die Antragstellerin könne zahlreiche Referenzen für Bauwerke aus WU-Beton benennen.

4. Mit Schreiben vom 02.01.2018, eingegangen per Telefax am 02.01.2018 um 14:18 Uhr, und Schreiben vom 02.01.2018, eingegangen per Telefax am 02.01.2018 um 17:04 Uhr beantragte die ASt ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer Nordbayern.

Zur Begründung verweist die Antragstellerin auf ihr Rügeschreiben vom 02.01.2018.

5. Mit Telefax vom 03.01.2018 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag an die Vergabestelle übermittelt.

6. Mit Schriftsatz vom 12.01.2018 beantragte die Vergabestelle,

den Antrag auf Nachprüfung zurückzuweisen.

Der Nachprüfungsantrag sei als unzulässig zu verwerfen, denn er sei vor Erhebung der Rüge bei der Vergabestelle eingereicht worden. Der Nachprüfungsantrag sei am 02.01.2018 um 14:18 Uhr bei der Vergabekammer Nordbayern eingereicht worden per Fax. Das Rügeschreiben erreichte den Auftraggeber nicht rechtzeitig vor Einreichung des Antrags.

Die Rüge erfolgte per Fax am 02.01.2018 und 16:35 Uhr. Das Schreiben der Antragstellerin vom 02.01.2018, per Fax übersandt an die Vergabekammer um 17:04 Uhr, stelle allenfalls die nachgereichte Begründung des Antrags vom 02.01.2018, per Fax versandt um 14:18 Uhr, dar.

Der Antrag sei auch unbegründet.

Die Überprüfung des Angebots der Antragstellerin habe ergeben, dass der Gesamtbetrag der LV-Positionen, die gemäß Formblatt 235 „Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmen“ an Nachunternehmer vergeben werden, nicht mit den Angaben zu Nachunternehmerleistungen im Formblatt 221 „Preisermittlung“ übereinstimmt. Die Erklärung zum Nachunternehmereinsatz stelle eine kalkulationserhebliche Erklärung dar, die auf die Bewertung der Eignung und des Angebots selbst maßgeblichen Einfluss hat. Aus diesem Grund sei es notwendig, dass die Leistungsanteile von Hauptunternehmer und Nachunternehmer eindeutig bezeichnet sind und nicht durch Unterlagen zur Kalkulation infrage gestellt werden.

Eine Nachforderungspflicht aufgrund der Widersprüchlichkeit habe hier nicht bestanden. Die Formblätter 235 und 221 seien vollständig übergeben worden. Ein Fehlen von Unterlagen im Sinne des § 16 EU Abs. 1 Nummer 4 VOB/A liege nicht vor. Ein Anspruch gemäß § 15 EU Abs. 1 Nummer 1 VOB/A auf Aufklärung bestehe nicht. Es sei unzulässig, dem Bieter eine Möglichkeit zur inhaltlichen Nachbesserung zu geben. Die Angaben zu den Nachunternehmerleistungen seien verständlich und klar, hinsichtlich ihres Bedeutungsgehalts bestünden keine Zweifel. Die Verschiebung von Leistungsanteilen von Hauptunternehmer und Nachunternehmer sei eine inhaltliche Abänderung des Angebots und damit nicht zulässig.

Die Antragstellerin sei mit E-Mail vom 08.12.2017 aufgefordert worden, die Bestätigungen und Nachweise zum Formblatt 124 EU „Eigenerklärung zur Eignung“ mit 3 Referenzbescheinigungen vorzulegen. Es seien 4 Referenzen eingereicht worden. Die Prüfung der Referenzen habe ergeben, dass die von der Antragstellerin vorgelegten Referenzen nach Art und Umfang nicht mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sind. Es handle sich um eine Bauleistung, für die die ausreichende Fachkunde bei der Ausführung von WU-Bauwerken notwendig ist. Es sei die DAfStb-Richtlinie für wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton zu berücksichtigen. Die Herstellung von Streifenfundamenten und Fertigteileschächten sei hiermit nicht vergleichbar.

Eine Nachforderungspflicht habe insoweit nicht bestanden. § 16 a EU VOB/A gelte lediglich für Nachforderungen von Erklärungen und Nachweisen, die bereits in den Vergabeunterlagen gefordert waren und mit dem Angebot abzugeben waren. § 16 EU Abs. 1 Nummer 4 VOB/A gelte für Nachweise, die erst nach Angebotsabgabe gefordert wurden. Diese gelte jedoch nur für fehlende Unterlagen. Vorliegend seien die Unterlagen nicht fehlend, sondern sie seien vollständig und fristgerecht eingereicht worden. Hinsichtlich des Inhalts der Referenzen gilt die Norm nicht. Eine inhaltliche Nachbesserung der Referenzen sei nicht möglich.

Das Angebot der Antragstellerin sei aufgrund der widersprüchlichen Erklärungen zu den Nachunternehmerleistungen sowie der fehlenden Eignung auszuschließen.

7. Mit Schriftsatz vom 18.01.2018 beantragt die Bevollmächtigte der Antragstellerin

1. Es wird festgestellt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Der Vergabestelle wird aufgegeben, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen und das Angebot der Antragstellerin zu berücksichtigen.

2. Die Vergabestelle trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Die Antragstellerin sei in ihren Rechten verletzt, weil sie das preisgünstigste Angebot abgegeben habe. Ein Ausschlussgrund liege nicht vor.

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig.

Der Nachprüfungsantrag sei erst nach Rüge beim Auftraggeber eingereicht worden. Bei dem ersten Schreiben, das am 02.01.2018 um 14:18 Uhr an die Vergabekammer verschickt wurde, handle es sich nicht um einen Nachprüfungsantrag, sondern um die Rüge gegenüber dem Auftraggeber. Die Adressierung sei fehlerhaft erfolgt. Die Rüge sei daher erneut am 02.01.2018, 16:35 Uhr, an den Antragsgegner versandt worden. Der Nachprüfungsantrag sei erst mit Telefax um 17:04 Uhr an die Vergabekammer versandt worden.

Der Nachprüfungsantrag sei begründet.

Die Antragstellerin habe ihre Eignung für die Ausführung von Stahlbetonarbeiten durch Benennung entsprechender Referenzen nachgewiesen. Die Wasserundurchlässigkeit sei ein bloßes Ausführungsdetail und erfordere kein anderes Fachwissen. Die Vergabestelle habe keine Referenzen für die Herstellung von wasserundurchlässigem Beton verlangt. Im Übrigen sei eine solche Referenz dann nachzufordern. Nach Ansicht der Vergabestelle „fehle“ diese Referenz für die Herstellung von WU-Beton.

Hinsichtlich der Nachunternehmer gebe es keine widersprüchlichen Angaben der Antragstellerin. Es handle sich um eine unzutreffende Interpretation der Vergabestelle. Der genannte Betrag stehe nicht in Formblatt 235. Bei der Aufgliederung der Einheitspreise in Formblatt 223 seien erkennbar sowohl die eigene Leistung als auch die Nachunternehmerleistungen angegeben. Der Titel 1.9 werde keineswegs in vollem Umfang als Nachunternehmerleistungen erbracht. Vorliegend werde nur die Lohnleistung durch den Nachunternehmer erbracht. Das Material werde seitens der Antragstellerin geliefert.

8. Mit Schriftsatz vom 26.01.2018 bekräftigt die Vergabestelle, dass der Antrag unzulässig und unbegründet sei.

Das Schreiben an die Vergabekammer vom 02.01.2018, gefaxt um 14:18 Uhr, sei keine Rüge, sondern ein Nachprüfungsantrag. Als „Rüge“ sei erst das spätere Schreiben, welches an die Vergabestelle versandt wurde, bezeichnet. Dies sei zudem inhaltlich verschieden zu dem vorherigen Schreiben an die Vergabekammer.

Die eingereichten Referenzen seien nicht vergleichbar. Es seien dabei die Anforderungen zu berücksichtigen, die die konkrete Bauaufgabe an das Unternehmen stellt. An die Herstellung von WU-Beton seien höhere Anforderungen zu stellen. Die Herstellung erfordere ein hohes Maß an Fachwissen. Auch die Anforderungen an die Überwachungsklassen seien höher. Das Bauunternehmen müsse über eine ständige Betonprüfstelle verfügen. Diese habe die Fachkräfte zu schulen.

Die Vergabestelle habe vorliegend Referenzen verlangt, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind. Es bestehe keine Pflicht, spezielle Referenzen für WU-Beton zu verlangen.

Eine Nachforderung nach § 16 EU VOB-A dürfe nicht erfolgen. Eine Nachreichung dürfe nur erfolgen, wenn die Einreichung von Referenzen schlicht vergessen worden ist. Liegen formal gesehen aber Referenzen vor, dürfe eine inhaltliche Nachbesserung nicht mehr erfolgen.

Im Rahmen des Formblattes 235 habe die Antragstellerin die Teilleistung ohne Beschränkung als Nachunternehmerleistung angegeben. Das Formblatt 235 und das Formblatt 221 seien widersprüchlich. In dem Formblatt 235 sei durch den Bieter Art und Umfang der durch den Nachunternehmer zu erbringenden Leistung anzugeben. Soll eine Leistung nur teilweise an Nachunternehmer vergeben werden, so müsse dies genau kenntlich gemacht werden. Eine Aufklärung im Sinne des § 15 EU VOB/A sei nicht erlaubt. Widersprüchliche Angaben dürfen nicht im Nachhinein inhaltlich geändert werden. Das Formblatt 223 dürfe zur Aufklärung nicht herangezogen werden.

9. Die Vorsitzende hat die Frist des § 167 Abs. 1 Satz 1 GWB gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB aufgrund besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten bis 28.02.2018 verlängert.

10. Mit Schreiben vom 02.02.2018 teilte die Antragstellerin mit, dass hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Referenzen auf die Gesamtleistung abzustellen ist. Die WU-Betonherstellung sei ein untergeordneter Teil der Leistung, der nach der Ausschreibung fremdüberwacht werden soll (Position 1.8.161). Es seien hier lediglich 10% der Angebotssumme betroffen. Die Erdund Abrissarbeiten seien hingegen die Hälfte des Auftragsvolumens.

Hinsichtlich des WU-Betons sei größtenteils ein Nachunternehmer benannt, der geeignete Referenzen vorgelegt hat. Es sei nicht erforderlich, dass die Referenz zu 100% deckungsgleich mit dem Inhalt des Auftrags ist. Es sei der Vergabestelle bekannt, dass die Antragstellerin über eine Qualifikation für die Herstellung von WU-Beton verfügt, da die Antragstellerin für die Vergabestelle bereits entsprechende WU-Betonarbeiten in der Vergangenheit ausgeführt hat. Für die ausgeschriebene Fremdüberwachung habe die Antragstellerin einen entsprechenden Dienstleister angeboten. Bei Klärungsbedarf hätte die Vergabestelle eine Nachfrage bei der Antragstellerin stellen können und müssen. Sie hätte die fehlende Referenz der Teilleistung erfragen müssen.

Ein Widerspruch hinsichtlich der Nachunternehmerleistungen liege nicht vor. Es müsse das Gesamtangebot der Antragstellerin einschließlich Formblatt 223 gewürdigt werden. Ein reiner Vergleich der Formblätter 235 und 221 sei sachlich nicht begründbar. Die Berechnung der Vergabestelle sei fehlerhaft.

11. Auf die Schreiben der VSt vom 08.02.2018 und der ASt vom 13.02.2018 wird verwiesen.

12. In der mündlichen Verhandlung am 15.02.2018 hatten die Beteiligten Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Auf das diesbezügliche Protokoll wird verwiesen.

Die Antragstellerin bekräftigt ihre Anträge aus dem Schriftsatz vom 18.01.2018.

Die Vergabestelle bleibt bei ihrem schriftsätzlichen Antrag vom 12.01.2018.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.

b) Die Vergabestelle ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 1 GWB.

c) Bei der ausgeschriebenen Bauleistung handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 103 Abs. 3 GWB.

d) Der Auftragswert für das gesamte Bauvorhaben übersteigt den Schwellenwert, § 106 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB.

e) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Nach § 160 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Die Antragstellerin trägt vor, durch den Ausschluss ihres Angebotes in ihren Rechten verletzt zu sein.

f) Die Antragstellerin ist ihrer Rügeobliegenheit rechtzeitig nachgekommen (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB). Auf das Informationsschreiben vom 2.1.2018 über den Ausschluss ihres Angebots hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 2.1.2018 gerügt, dass der Ausschluss ihres Angebotes vergaberechtswidrig sei.

Die Obliegenheit zur vorprozessualen Rüge ist eine zwingende Sachentscheidungsvoraussetzung für das Nachprüfungsverfahren. Vorliegend hat die Antragstellerin mit Telefax an die Vergabestelle vom 2.1.2018, versandt um 16:35 Uhr den Ausschluss ihres Angebotes gerügt. Im Anschluss daran beantragte die Antragstellerin bei der Vergabekammer mit Telefax vom 2.1.2018, versandt um 17:04 Uhr, ein Nachprüfungsverfahren. Die Rüge erfolgte somit ausreichend vor Einreichung des Nachprüfungsantrags.

Das Schreiben an die Vergabekammer vom 2.1.2018, versandt um 14:08 Uhr, zeitlich vor Einreichung der Rüge bei der Vergabestelle, ändert hieran nichts. Es handelt sich hierbei jedenfalls nicht um einen vollständigen Nachprüfungsantrag, weshalb die Vergabekammer die Antragstellerin diesbezüglich aufforderte mitzuteilen, ob ein Nachprüfungsantrag gewünscht ist. Es kann offenbleiben, ob es sich hierbei um eine fehlgeleitete Rüge handelt, da mit der Rüge um 16:35 Uhr und dem Nachprüfungsantrag um 17:04 Uhr die Rügeobliegenheit gewahrt ist. Sinn und Zweck der Rüge, der Vergabestelle die Möglichkeit einzuräumen, Rechtsverstöße in einem Verfahrensstadium zu beseitigen, indem diese noch unkompliziert korrigiert werden können (Dicks in Vergaberecht, Kommentar 3. Aufl., Ziekow/Völlink, § 160 GWB Rn 37), ist vorliegend ausreichend gewahrt mit der Rüge um 16:35 Uhr. Auf das zusätzliche Schreiben um 14:08 Uhr kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an.

g) Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin wegen fehlender Referenzen und widersprüchlicher Nachunternehmererklärung ist vergaberechtswidrig.

a) Die Forderung von Referenzen ist nicht ausreichend bekannt gemacht und kann somit keinen Ausschluss eines Angebots rechtfertigen.

Der Auftraggeber muss die Eignungskriterien und die geforderten Nachweise den potentiellen Bietern im Voraus bekannt geben gemäß § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A i.V.m.

Anhang V Teil C Nr. 11 lit. c) der Richtlinie 2014/24/EU. Bekannt geben heißt, die einzelnen Eignungskriterien und die Mittel zu deren Nachweis ausdrücklich zu bezeichnen. Das Mitteilungsmedium ist in der Regel die Auftragsbekanntmachung. Es genügt nicht, in der Bekanntmachung auf ein später in den Vergabeunterlagen zu findendes Formblatt hinzuweisen (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 122 GWB Rn 49 ff).

Ausreichend ist es hierbei, wenn sich in einem online zugänglichen Bekanntmachungstext ein Link befindet, über den man ohne weiteres das Formblatt mit den geforderten Eignungskriterien und Nachweisen öffnen und ausdrucken kann. Nicht ausreichend ist es, wenn in der Bekanntmachung auf die Vergabeunterlagen verwiesen wird, die unmittelbar online zugänglich sind (Summa, a.a.O., § 122 Rn. 53 ff).

Der Sinn und Zweck von Regelungen wie § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB und § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A i.V.m Anhang V Teil C Nr. 11 lit. c) der Richtlinie 2014/24/EU besteht darin, dass jedes in- und ausländische Unternehmen auf einen Blick erkennen kann, ob es als potentiell geeigneter Wettbewerbsteilnehmer in Betracht kommt oder ob es sich eine Befassung mit den Vergabeunterlagen von vornherein ersparen kann (Summa, a. a. O. § 122 Rn. 54.1).

Vorliegend hat die Vergabestelle in der Bekanntmachung unter Ziffer III.1.2) bekannt gegeben:

III.

1.2) wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien:

Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen siehe:

https://www…

Unter Anklicken dieses Links erscheint folgende Ausführung:

Neubau … Rohbauarbeiten Los 2

… Art des Auftrags: Ausführung von Bauleistungen Ort der Ausführung: … Ausschreibungsunterlagen:

00 Wichtige Hinweise für EUweite Vergabeverfahren

01 Auftragsbekanntmachung

02 Aufforderung zur Angebotsabgabe

03 BVB, ZVB etc.

04 Leistungsbeschreibung

05 GAEB-Datei D83 (zip-Datei)

06 Kennzettel

07 Anlagen (zip-Datei)

Erst unter Anklicken von 04 kommt man auf eine Datei, die u.a. das Formblatt 124 mit folgenden Anforderungen an den Bieter enthält:

Es ist somit vorliegend gerade nicht gewährleistet, dass der Bieter über den Link aus dem Bekanntmachungstext ohne weiteres das Formblatt mit den geforderten Eignungskriterien und Nachweisen öffnen und ausdrucken kann. Der Bieter kann nicht auf einen Blick erkennen, ob er als potentiell geeigneter Wettbewerbsteilnehmer in Betracht kommt.

Nach § 16b EU VOB/A überprüft der Auftraggeber die Eignung der Bieter anhand der vorgelegten Nachweise. Hat der Auftraggeber nichts festgelegt, fehlt auch die Grundlage für eine Eignungsprüfung (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 122 Rn. 54.1).

Mangels Festlegung der Eignungskriterien in der Bekanntmachung scheidet ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin vorliegend aufgrund fehlender Nachweise über die Referenzen aus. Die Referenzen sind nicht wirksam gefordert worden.

Die Vergabestelle hat hier eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie in dem Vergabeverfahren den Zuschlag erteilen kann und willkürfrei unter den eingereichten Bietern auswählen kann (VK Südbayern Beschluss vom 5.12.2013-Z3-3-3194-1-38-10/13).

Im Übrigen hat die Vergabestelle auch in den Vergabeunterlagen nicht explizit Referenzen für Leistungen mit wasserundurchlässigem Beton gefordert. In der mündlichen Verhandlung trägt sie vor, dass es genüge, vergleichbare Referenzen von den Bietern zu fordern. Vergleichbar seien vorliegend nur Referenzen, die sich auf Bauwerke mit wasserundurchlässigem Beton beziehen. Ob die Vergabestelle tatsächlich nur Referenzleistungen mit wasserundurchlässigem Beton werten darf, obwohl sie dies nicht explizit gefordert hat, ist vorliegend mangels ausreichender Bekanntmachung der Referenzanforderung nicht mehr entscheidungserheblich.

b) Die Angaben der Antragstellerin zu den Nachunternehmerleistungen sind vollständig und widerspruchsfrei. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin kann hierauf nicht begründet werden.

aa) Der Bieter hat in seinem Angebot die geforderten Angaben zu den Nachunternehmern vollständig und widerspruchsfrei vorzunehmen. Sein Angebot kann bei Widersprüchen in der Nachunternehmererklärung von der Wertung auszuschließen sein (OLG Dresden, Beschluss vom 8.5.2013-Verg 1/13).

Die Vergabestelle begründet den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin mit Widersprüchen zwischen den eingereichten Formblättern 235 und 221. Sie hat aus dem Leistungsverzeichnis die Positionen addiert, zu denen die Antragstellerin eine Nachunternehmerleistung in Formblatt 235 angegeben hat. Sodann hat sie den errechneten Betrag mit dem angegebenen Betrag zu den Nachunternehmerleistungen aus Formblatt 221 verglichen. Hier hat sie eine Abweichung festgestellt.

Weiterhin trägt sie vor, dass in der Nachunternehmererklärung 235 nicht kenntlich gemacht wurde, dass nicht die gesamte Position aus dem Leistungsverzeichnis, sondern nur Teile der Leistung an einen Nachunternehmer vergeben werden sollen.

Gründe

Die Antragstellerin hat vorliegend mit Angebotsabgabe das Formblatt 235 und das Formblatt 221 eingereicht. In dem Formblatt 235 hat die Antragstellerin u.a. folgende Angaben zur Nachunternehmerleistung gemacht:

OZ/Leistungsbereich Beschreibung der Teilleistung

… …

1.9.207 – 208 Betoneinbau/ Glätten

1.9.211 – 212

Im Leistungsverzeichnis handelt es sich hierbei um folgende Positionen:

1.9. Betonarbeiten Gasbehälter 1 + 2 Sauberkeitsschichten

1.9.207

Ort Beton der Sauberkeitsschichten,

Untergrund waagrecht,

obere Betonfläche waagrecht,

aus unbewehrtem Beton

1.9.208 …

Frischbetonoberfläche der Sauberkeitsschicht,

maschinell Glätten,

Bodenplatten

1.9.211

Ort Beton der Bodenplatte,

obere Betonfläche geneigt,

1.9.212 … Frischbetonoberfläche

der Bodenplatte

als flächenfertiger Nutzboden

maschinell Glätten

bb) Aus den Angaben in Formblatt 235 ist ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht die gesamte Position durch einen Nachunternehmer erfüllen möchte, sondern nur den Betoneinbau und die Glättung. Die Art und der Umfang der Nachunternehmerleistung ist eindeutig bestimmt.

Entgegen dem schriftsätzlichen Vortrag der Antragstellerin handelt es sich hier gerade nicht um die reine Lohnleistung. In der mündlichen Verhandlung trägt die Antragstellerin vor, dass es sich um den gesamten Betoneinbau und die Glättung handelt, die von einem Nachunternehmer erbracht werden. Lediglich der Beton und die Schalung werden seitens der Antragstellerin geliefert. Die Werkleistung selbst werde vollumfänglich von einem Nachunternehmer erbracht.

Im Gegensatz zum bloßen Zulieferer schuldet der Nachunternehmer selbst einen werkvertraglichen Erfolg. Er schuldet mehr als die Dienstleistung (Schneevogl Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 36 VgV Rn. 3). Dies ist vorliegend bei den Positionen 1.9.207 – 208, 1.9.211 – 212 bei dem Betoneinbau und der Glättung erfüllt.

In dem Formularblatt 235 hat die Antragstellerin die Nachunternehmerleistung eindeutig bestimmt.

cc) Die vergleichende Berechnung der Vergabestelle, mit der sie die Widersprüchlichkeit der Angaben zu den Nachunternehmern im Angebot der Antragstellerin begründet, rechtfertigt keinen Ausschluss des Angebots.

Ein Preisvergleich anhand der Angaben in den Formblättern „Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen“ (235) und „Preisermittlung“ (221 bzw. 222) ist untauglich, weil er auf unterschiedliche Sachverhalte bezogen ist und damit im Ergebnis nicht vergleichbare Angaben zum Gegenstand hat (OLG Dresden, Beschluss vom 8.5.2013 - Verg 1/13). Das Formblatt zur Preisermittlung klärt die dem Bieter entstandenen Kosten und dessen Aufwand (auch die ihm berechneten Preise der Nachunternehmer), nicht jedoch die der Vergabestelle angebotenen Preise für die Nachunternehmerleistungen. So ist auch in der Fußnote festgelegt:

Auf Verlangen sind für diese Leistungen die Angaben zu Kalkulation der Nachunternehmer dem Auftraggeber vorzulegen.

Auch dies macht deutlich, dass es bei Ziffer 3.5 des Formblattes 221 um den Aufwand des Bieters, also um die ihm berechneten Preise der Nachunternehmer und nicht um seine der Vergabestelle angebotenen Preise für Nachunternehmerleistungen, geht.

Das Formblatt 235 klärt davon unabhängig die Leistungen oder Teilleistungen, die von dritten Unternehmen ausgeführt werden. Ein Preisvergleich der Formblätter ist vorliegend nicht sachgerecht. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin kann aus diesem Grunde daher nicht erfolgen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.

a) Die VSt trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie mit ihren Anträgen unterlegen ist (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB).

b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der ASt ergibt sich aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.

c) Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die ASt notwendig (§ 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr.).

Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der ASt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen.

d) Die BGl trägt ihre Aufwendungen selbst. Sie hat keinen Antrag gestellt und ist daher kein Kostenrisiko eingegangen. Im Umkehrschluss bekommt sie daher auch keine Aufwendungen erstattet.

e) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 und 3 GWB festzusetzen. Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der ASt und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von ...,- €.

Der geleistete Kostenvorschuss von 2.500,- € wird nach Bestandskraft des Beschlusses an die ASt zurückerstattet.

Die VSt ist gem. § 182 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG in der am 14.08.2013 geltenden Fassung von der Zahlung der Gebühr befreit.

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(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. (2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 dur

Annotations

(1) Die Vergabekammer trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Dieser Zeitraum soll nicht länger als zwei Wochen dauern. Er begründet diese Verfügung schriftlich.

(2) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und raschen Abschluss des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. Den Beteiligten können Fristen gesetzt werden, nach deren Ablauf weiterer Vortrag unbeachtet bleiben kann.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.

(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

1.
von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder
2.
eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.
Ein Bauauftrag liegt auch vor, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.

(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen.

(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.

(6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.

(1) Dieser Teil gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. § 114 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Der jeweilige Schwellenwert ergibt sich

1.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, aus Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der jeweils geltenden Fassung; der sich hieraus für zentrale Regierungsbehörden ergebende Schwellenwert ist von allen obersten Bundesbehörden sowie allen oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen anzuwenden,
2.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von Sektorenauftraggebern zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit vergeben werden, aus Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der jeweils geltenden Fassung,
3.
für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge aus Artikel 8 der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76) in der jeweils geltenden Fassung,
4.
für Konzessionen aus Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt die geltenden Schwellenwerte unverzüglich, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach den §§ 123 oder 124 ausgeschlossen worden sind.

(2) Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Kriterien (Eignungskriterien) erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen ausschließlich Folgendes betreffen:

1.
Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung,
2.
wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit,
3.
technische und berufliche Leistungsfähigkeit.

(3) Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden.

(4) Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Sie sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen.

(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.

(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.

(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.