Vergabekammer Nordbayern Beschluss, 30. Sept. 2015 - 21.VK-3194-33/15

bei uns veröffentlicht am30.09.2015

Gericht

Vergabekammer Nordbayern

Tenor

1. Der Antrag wird verworfen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle.

3. Die BGl trägt ihre Aufwendungen selbst.

4. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt ...,-- €.

Auslagen sind nicht angefallen.

Gründe

Sachverhalt:

1.

Die VSt schrieb für den Neubau eines Studentenwohnheims in ... den Trockenbau in einer öffentlichen Ausschreibung aus. Das Verfahren wurde im Informationsdienst der ... am xx.xx.xxxx veröffentlicht.

Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis.

Die Angebotsfrist endete laut Veröffentlichung am xx.xx.xxxx.

Aus dem Antrag auf Förderung vom xx.xx.xxxx ergeben sich folgende Kostenpositionen:

6. Gesamtkosten: ... €

...

6.1 Grundstück x.xxx.000

6.2 Herrichten und Erschließen xxx.000

6.3 Bauwerk Wohn- und Nebengebäude x.xxx.000

6.4 Bauwerk Garagen xxx.000

6.5 Außenanlagen xxx.000

6.6 Ausstattung und Kunstwerke xxx.000

6.7 Baunebenkosten x.xxx.000

Summe der Kosten xx.xxx.000

Aus dem Förderbescheid vom xx.xx.xxxx ergibt sich als Gegenstand der Förderung ein Neubau von xxx Wohnplätzen für Studierende, 1 Hausmeisterwohnung sowie Erwerb von xx Tiefgaragenstellplätzen. Bewilligt ist ein leistungsfreies Baudarlehen in Höhe von x.xxx.xxx,-- €.

2.

Der Eröffnungstermin fand am xx.xx.xxxx statt. Die ASt hat das günstigste Angebot mit xxx.xxx,xx € brutto abgegeben. Die BGl hat ein Angebot in Höhe von xxx.xxx,xx € brutto abgegeben. Auf das Angebot hat sie im Rahmen eines Nebenangebotes Skonto gewährt.

3.

Am 07.08.2015 teilte die VSt der ASt mit, dass das Angebot der ASt nicht berücksichtigt werde und sie beabsichtige, den Auftrag an die BGl zu erteilen, die ein wirtschaftlicheres Nebenangebot abgegeben habe. Der Zuschlag werde am 20.08.2015 erteilt.

4.

Mit Schreiben vom 10.07.2015 rügte die ASt die beabsichtigte Vergabe an die BGl. Die Wertung eines Skontoangebots verstoße gegen die VOB. Es handle sich um eine Wertung von Preisnachlässen mit Bedingung.

5.

Mit Schreiben vom 17.08.2015 teilte die VSt der ASt mit, dass sie der Rüge nicht abhelfe. Da die VSt kein öffentlicher Auftraggeber sei, sei sie berechtigt, das Skonto zu werten.

6.

Mit Fax vom 17.08.2015 stellte die ASt Nachprüfungsantrag und beantragt:

Das Vergabenachprüfungsverfahren zuzulassen und der VSt die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

sowie

Die VSt anzuweisen, das Angebot der ASt vom xx.xx.xxxx anzunehmen.

Die ASt sei Submissionserster und habe daher den Auftrag zu erhalten. Die Wertung von Skonti sei unzulässig.

Mit Schreiben vom 18.08.2015 teilte die ASt mit, dass es sich bei der VSt um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB handle. Zudem habe die VSt den Anschein eines öffentlichen Auftraggebers geweckt.

7.

Die Vergabekammer Nordbayern hat den Nachprüfungsantrag am 18.08.2015 der VSt übermittelt und um Zusendung der Vergabeakten und Äußerung gebeten.

8.

Mit Schreiben vom 18.08.2015 teilte die VSt mit, dass sie kein öffentlicher Auftraggeber sei. Insbesondere liege die Fördersumme unter 50%, so dass die Voraussetzungen des § 98 Nr. 5 GWB nicht erfüllt seien. Eine Wertung der Skonti sei daher zulässig. Die öffentliche Ausschreibung sei als Auflage des Bewilligungsbescheides zwingend gewesen.

9.

Mit Schreiben vom 27.08.2015 teilte die ASt mit, dass sich vorliegend ein Förderschlüssel von 5x,x% ergebe. Die VSt sei daher öffentlicher Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 5 GWB. Da nur die Baukosten, nicht jedoch die Grundstückskosten förderfähig seien, ergebe sich bei Baukosten i. H. v. xx.xxx.xxx,xx € und einer Förderung laut Bewilligungsbescheid in Höhe von x.xxx.xxx,xx € eine Förderung von über 50%.

Hierzu legt die ASt eine Kostenübersicht der VSt vom 27.08.2015 vor, welche das Grundstück mit x.xxx.xxx,xx € und die Summe der Kosten mit xx.xxx.xxx,xx € beschreibt.

10.

Mit Schreiben vom 01.09.2015 teilte die VSt mit, dass es sich bei dem bewilligten Darlehen um ein Darlehen ohne Tilgung und mit x% Zinsen handle.

Der Grund- und Bodenanteil sei mit x.xxx.xxx € im Kaufvertrag veranschlagt gewesen. Bei den anderen Erwerbskosten handle es sich um bereits verauslagte Planungs-, Wettbewerbs- und Erwerbskosten für eine bereits bestehende Tiefgarage.

Die Tiefgarage sei mit xxx.xxx € anteilig gefördert worden.

Die Förderung betrage im Verhältnis zu den Gesamtkosten weniger als 50%. Es komme hier insbesondere nicht auf den Ansatz der förderfähigen Kosten an.

Die geplanten Gesamtkosten des Objekts betrugen xx.xxx.xxx,xx €. Die Finanzierung erfolgt u. a. aus einem leistungsfreien Baudarlehen i. H. v. x,xxx Mio.

11.

Auf das Schreiben der ASt vom 11.09.2015 und das Schreiben der VSt vom 14.09.2015 wird verwiesen.

12.

Die Vorsitzende hat die Fünf-Wochen-Frist bis 09.10.2015 verlängert.

13.

Mit Schreiben vom 18.09.2015 teilte die ASt mit, dass es hinsichtlich des Begriffs „Vorhaben“ im GWB auf die reinen Baukosten und damit auf die reine Errichtung des Gebäudes ohne Grundstück und Ausstattung ankomme.

Zudem gehöre auch die Errichtung einer Tiefgarage nicht zur Bereitstellung günstigen studentischen Wohnraums. Hierbei handle es sich um privatwirtschaftliche Belange des Auftraggebers. Diese Kosten seien nicht durch den Fördermittelbescheid gedeckt und daher seien diese aus den Kosten heraus zu rechnen.

14.

Am 18.09.2015 hat die Vergabekammer die Fa... zum Verfahren beigeladen.

15.

Die Vergabekammer hat am 30.09.2015 ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Begründung:

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zu verwerfen. Die Vergabekammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (entspr. § 112 GWB).

Der Rechtsweg zur Vergabekammer ist nicht eröffnet. Die VSt ist nicht öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB.

Bei der VSt handelt es sich um eine juristische Person des privaten Rechts.

In Betracht kommt vorliegend allein die Einstufung der VSt als öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 GWB. Da die Voraussetzungen des § 98 Nr. 5 GWB nicht erfüllt sind, ist die VSt nicht als öffentlicher Auftraggeber i.d.S. einzustufen.

a) Das Studentenwohnheim ist als Hochschulgebäude i. S. d. § 98 Nr. 5 GWB anzusehen.

Der Begriff der Hochschulgebäude ist extensiv auszulegen und umfasst daher auch Studentenwohnheime (Zeiss in Juris Praxiskommentar Vergaberecht, Heiermann, Zeiss, Blaufuß, 4. Auflage aus 2013, § 98 Rn. 243).

b) Das Vorhaben ist nicht zu mehr als 50 vom Hundert aus öffentlichen Mitteln finanziert i. S. d. § 98 Nr. 5 GWB.

Bei den Kosten des Vorhabens sind die gesamten Projektkosten einzuberechnen. Es kommt hierbei zum einen nicht auf die nach dem Zuwendungsbescheid benannten „förderfähigen Kosten“ an (Zeiss in Juris Praxiskommentar Vergaberecht, Heiermann, Zeiss, Blaufuß, 4. Auflage aus 2013, § 98 Rn. 237).

Zum anderen sind aus der Kostenschätzung der VSt nicht einzelne Positionen abzuziehen. Auf den Begriff des Auftragswertes i. S. d. § 3 VgV kommt es gerade nicht an. Der Begriff des Vorhabens in § 98 Nr. 5 GWB ist insoweit weiter zu fassen (VK Niedersachsen, B. v. 28.07.2011, VgK-27/2011).

Der Förderantrag hat die Kosten des Projektes auf xx.xxx.xxx,-- € beschrieben.

Hierin enthalten sind laut Aufstellung die Kosten des Grundstückserwerbs mit x.xxx.xxx,-- €, Kosten der Errichtung und Erschließung mit xxx.xxx,-- €, und Kosten für eine Garage mit xxx.xxx,-- €

Die aktuelle Kostenaufstellung der VSt aus dem Juli 2015 bestätigt die Kostenpositionen in der Höhe.

Unter Einbezug aller Projektkosten für das Vorhaben sind die benannten Gesamtkosten in Höhe von xx.xxx.xxx,-- € mit dem Gesamtbetrag der Förderung ins Verhältnis zu setzen. Als rückzahlungsfreies Darlehen werden die gesamten Förderkosten i. H. v. x,xxx Mio. angerechnet. Hieraus ergibt sich eine Förderquote von weniger als 50%.

Die Auffassung der ASt, dass weder das Grundstück noch die Garage in die Vorhabenskosten miteinzuberechnen seien, und sich daher durch die Förderung eine Förderquote von über 50% ergebe, überzeugt nicht. Es sind keine Einzelpositionen aus den Gesamtkosten des Projekts herauszurechnen. Der Beschluss des OLG München vom 10.11.2010, Verg 19/10, betraf einen Gebäudekomplex, der studentisches und betreutes Wohnen umfasste. Diese Rechtsprechung ist vorliegend nicht einschlägig. Es handelt sich vorliegend ausschließlich um das Projekt eines Studentenwohnheims. Eine Teilung von Kosten ist hier nicht angezeigt, da das gesamte Projekt als Vorhaben i. S. d. § 98 Nr. 5 GWB zu sehen ist. Sowohl das Grundstück als auch die Garage sind damit Teil der Projektkosten und sind hier von der VSt auch im Förderantrag als solche dokumentiert zugrunde gelegt.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 GWB.

a) Die ASt hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der VSt zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB).

b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der VSt ergibt sich aus § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB.

c) Die BGl trägt ihre Aufwendungen selbst. Sie hat keine Anträge gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen. Infolgedessen hat sie auch ihre Aufwendungen selbst zu tragen.

d) Die Gebühr war nach § 128 Abs. 2 GWB festzusetzen.

Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der ASt und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von x.xxx,-- €. Da ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, reduziert sich die Gebühr um xxx,-- € auf x.xxx,-- €.

e) Der von der ASt geleistete Kostenvorschuss von 2.500,-- € wird mit der zu zahlenden Gebühr verrechnet.

Der überschüssige Betrag in Höhe von xxx,-- € wird nach Bestandskraft dieses Beschlusses an die ASt zurücküberwiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

...

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 128 Auftragsausführung


(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelunge

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 98 Auftraggeber


Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 3 Schätzung des Auftragswerts


(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämie

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 112 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Tätigkeiten umfassen


(1) Umfasst ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, dürfen getrennte Aufträge für die Zwecke jeder einzelnen Tätigkeit oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

Referenzen

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Umfasst ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, dürfen getrennte Aufträge für die Zwecke jeder einzelnen Tätigkeit oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) Wird ein Gesamtauftrag vergeben, unterliegt dieser Auftrag den Bestimmungen, die für die Tätigkeit gelten, für die der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist. Ist der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfasst, ist § 111 Absatz 3 Nummer 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vorschriften dieses Teils auszunehmen.

(5) Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

1.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die der Auftrag bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,
2.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen fallen würde,
3.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die weder in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen noch in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber fallen würde.

(6) Umfasst eine Konzession mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit die Konzession hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

1.
den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Bestimmungen und die andere Tätigkeit den Bestimmungen für die Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 unterliegt,
2.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,
3.
den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Vorschriften und die andere Tätigkeit weder den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber noch den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber unterliegt.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.

(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.

(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.

(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.

(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.

(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.

(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen

1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.

(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert

1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.

(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.