VERFGMV 5/14

bei uns veröffentlicht am18.12.2014

Tenor

Der Antrag wird verworfen.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Gegenstand des Organstreitverfahrens ist die Frage, ob die Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern den Antragsteller - Mitglied der Fraktion der NPD - dadurch in seinen Rechten aus Art. 40 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung - LV - i.V.m. § 65 Abs. 5 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtages - GO LT - verletzt hat, dass sie als Inhaberin der Sitzungsleitung in der 63. Plenarsitzung am 13. März 2014 im Rahmen einer Fragestunde nach § 65 Abs. 1 Satz 1 GO LT seine zwei Zusatzfragen an die Justizministerin zurückgewiesen hat.

2

Der Antragsteller hatte zunächst folgende an die Justizministerin gerichtete Frage gemäß § 65 Abs. 2 GO LT vorab schriftlich eingereicht und sodann in der Sitzung gestellt:

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Inwieweit ist es als Rechtsmittel vorgesehen und statthaft, dass, wenn der Erstatter einer Strafanzeige in Mecklenburg-Vorpommern sowohl von der zuständigen Staatsanwaltschaft als auch nach der Beschwerde beim Generalstaatsanwalt von diesem mitgeteilt bekommt, dass Ermittlungen mangels Anfangsverdacht nicht aufgenommen werden, der Anzeigeerstatter hinsichtlich dieser Entscheidung direkt bei der Justizministerin Beschwerde einlegt?

4

Nach Beantwortung durch die Justizministerin stellt er zunächst folgende Zusatzfrage:

5

Es gab einen konkreten Fall, in dem Frau S. B. als Präsidentin des Landtages in der Presse oder über die Öffentlichkeit mitgeteilt hat, dass sie sich gegen eine Entscheidung des Generalstaatsanwalts bei Ihnen beschweren möchte. Hat sie das in der Form einer Dienstaufsichtsbeschwerde getan?

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Laut Sitzungsprotokoll wies die Antragsgegnerin diese Frage wie folgt zurück:

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Einen Moment, Herr Abgeordneter. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie hier Fragen an die Landesregierung stellen können und nicht Fragen, die das Parlament selbst betreffen. Es geht um die Regierungsarbeit. Insofern weise ich diese Zusatzfrage zurück.

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Auf die Zurückweisung reagierte der Antragsteller mit der Äußerung:

9

Eine zweite Nachfrage: Fanden Sie, dass Sie bei der ersten Zusatzfrage betroffen waren, oder teilen Sie die Argumentation unserer Landtagspräsidentin?

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Hierzu äußerte die Antragsgegnerin:

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Auch diese Frage, Herr P., weise ich an dieser Stelle zurück.

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Für seine anschließende Bemerkung „Vielen Dank für die Zensur" erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Ordnungsruf; er habe die Entscheidung des Präsidiums nicht zu kommentieren und nicht zu bewerten.

II.

13

Der Antragsteller trägt in dem am 04. Juli 2014 eingeleiteten Verfahren vor, dass Hintergrund seiner Frage und der beiden Zusatzfragen eine Strafanzeige der Landtagsverwaltung gegen Mitglieder der Fraktion der NPD im Landtag Mecklenburg-Vorpommern wegen des Verdachts der Untreue durch angeblich zweckwidrig verwendete Fraktionsmittel gewesen sei. Nachdem die Staatsanwaltschaft Schwerin die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels Vorliegens eines Anfangsverdachts abgelehnt habe, habe die Landtagsverwaltung bei der Generalstaatsanwaltschaft Rostock dagegen Beschwerde eingelegt, welche ebenfalls zurückgewiesen worden sei. Auf Grund von Presseberichten habe im Raum gestanden, dass die Landtagsverwaltung nunmehr das Justizministerium mit dem Fall befassen wolle, um die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu erzwingen. Diesen Sachverhalt habe er mit seiner Frage und den nicht zugelassenen Zusatzfragen näher beleuchten wollen.

14

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Nichtzulassung der beiden Zusatzfragen sein verfassungsmäßiges Fragerecht aus Art. 40 Abs. 1 Satz 1 LV verletze. Er sei nicht gehalten gewesen, gegen die Zurückweisung seiner Zusatzfragen Einspruch beim Landtag einzulegen. Das Einspruchsverfahren gegen die Zurückweisung von Fragen an die Landesregierung gemäß § 62 Abs. 4 GO LT betreffe nur schriftlich eingereichte Fragen. Auf mündliche Zusatzfragen passe diese Vorschrift kraft Natur der Sache nicht; insbesondere trenne einerseits § 62 GO LT und dann § 65 Abs. 5 GO LT auch terminologisch zwischen Fragen und Zusatzfragen.

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Selbst wenn man aber das Einspruchsverfahren nach § 62 GO LT auch auf Zusatzfragen anwenden wollte, scheitere dies hier daran, dass derzeit eine schriftliche Begründung der Zurückweisungsentscheidung fehle.

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Sein Antrag sei begründet, die Antragsgegnerin habe ihn in seinem verfassungsmäßigen Fragerecht aus Art. 40 Abs. 1 Satz 1 LV verletzt. Diese Vorschrift verleihe ihm als Abgeordnetem das Recht, an die Landesregierung oder deren Mitglieder Fragen zu stellen, die diese nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten hätten.

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Dieses verfassungsmäßige Recht dürfe die Landtagspräsidentin nicht ohne sachlichen Grund beschneiden. Zu Unrecht berufe sich die Antragsgegnerin auf das Argument, nur Fragen hinsichtlich der Regierungsarbeit seien zulässig gewesen, nicht aber Fragen, die „das Parlament selbst betreffen würden". Seine Fragen hätte sich gemäß § 65 Abs. 1 GO LT auf die Landespolitik sowie auf solche aus dem Bereich der Verwaltung bezogen. Er habe mit seinen Zusatzfragen erfahren wollen, ob die Antragsgegnerin tatsächlich beim Justizministerium eine entsprechende Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt habe. Es sei darum gegangen, ob dem Justizministerium eine entsprechende Dienstaufsichtsbeschwerde vorliege und wie damit verfahren worden sei. Zumindest läge eine mittelbare Betroffenheit vor, welche für die Zulässigkeit der Fragen ausreiche. Die Fragestellung habe sich ausschließlich auf Verwaltungsfragen i.S.d. § 65 Abs. 1 GO LT bezogen, da die Landtagspräsidentin diese Dienstaufsichtsbeschwerde in ihrer Eigenschaft als Chefin der Landtagsverwaltung erhoben habe.

18

Die Zurückweisung der zweiten Zusatzfrage sei schon mangels Begründung rechtswidrig.

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Der Antragsteller beantragt

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festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Rechte des Antragstellers aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit § 65 Absatz 5 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern dadurch verletzt hat, dass sie im Rahmen der Fragestunde der 63. Plenarsitzung am 13. März 2014 die beiden an die Justizministerin gerichteten Zusatzfragen des Antragstellers nicht zugelassen hat.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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III.

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Sie meint, die auf der Grundlage der Geschäftsordnung beruhende Zurückweisung der Zusatzfragen verletze den Antragsteller nicht in seinem Fragerecht aus Art. 40 Abs. 1 Satz 1 LV. Diese Vorschrift statuiere Frage-, Auskunfts- und Informationsrechte der Abgeordneten gegenüber der Landesregierung, gewährleiste aber nicht die nähere Bestimmung von Inhalt und Verfahren der Fragestunde im Landtag. Beides könne der Landtag im Rahmen seiner Parlamentsautonomie durch die Geschäftsordnung regeln. Da der Landtag mit § 65 GO LT solche Regelungen getroffen habe und die Präsidentin nach § 107 Abs. 1 GO LT über die „während einer Sitzung auftauchenden Zweifel über die Auslegung der Geschäftsordnung" unmittelbar zu entscheiden habe, könne für die vorliegende Streitfrage allein auf die Auslegung der Geschäftsordnung abgestellt werden.

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Nach § 65 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 GO LT seien Nachfragen zulässig, soweit ihr Gegenstand „aus dem Bereich der Landespolitik" sowie „aus dem Bereich der Verwaltung" stamme und soweit „die Landesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist". Fragen an die Regierung seien nicht zulässig, wenn sie das Verhalten anderer Verfassungsorgane oder ihrer Teile oder Unterorgane beträfen. Dies gelte für Abgeordnete, Fraktionen, Ausschüsse und Leitungsorgane des Parlaments, aber auch für Fragen nach dem Verhalten von Justizorganen als Teilen der unabhängigen „dritten Gewalt". Dieses in allen deutschen Parlamenten geltende Verbot der im Parlamentsrecht „Dreiecksfragen" genannten Auskunftsverlangen solle verhindern, dass die Regierung in im Parlament selbst geführte Auseinandersetzungen hineingezogen werde, und sei maßgebliches Kriterium für die Verfassungsauslegung.

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Bezüglich der ersten Zusatzfrage sei offensichtlich, dass für Handlungen oder Ankündigungen der Parlamentspräsidentin die Regierung weder zuständig noch verantwortlich sei; auch an einer „zumindest mittelbaren" Verantwortung der Regierung fehle es, weil die Zusatzfrage die Präsidentin des Landtages lediglich als Verfassungsorgan betreffen könne. Die Frage ziele darauf ab, die Landesregierung gegen ein Verhalten der Parlamentspräsidentin in Stellung zu bringen oder eine Differenz zwischen den Beurteilungen des zugrunde liegenden Sachverhalts durch beide aufzuzeigen, womit die Präsidentin kritisiert werden solle.

27

Auch für die zweite Zusatzfrage gelte dies. Die Entscheidung über die Zulässigkeit von Fragen stehe allein dem Landtag - in Person des sitzungsleitenden Präsidenten - zu; die Regierung könne derartige Zusatzfragen nicht ihrerseits zurückweisen oder ihre Beantwortung ablehnen.

IV.

28

Die Landesregierung, der nach § 38 Abs. 2 Landesverfassungsgerichtsgesetz - LVerfGG - Kenntnis vom Verfahren gegeben worden ist, hat sich nicht geäußert.

29

Der Antragsteller wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 05. November 2014 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seines Antrags hingewiesen.

V.

30

Der im Rahmen eines Organstreitverfahrens nach Art. 53 Nr. 1 LV i.V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1, §§ 36 ff. LVerfGG gestellte Antrag ist zu verwerfen, weil nicht alle erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein derartiges Organstreitverfahren gegeben sind.

31

Da die Entscheidung einstimmig ergeht, konnte sie durch Beschluss getroffen werden (§ 20 Satz 1 LVerfGG).

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1. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind im Sinne der genannten Vorschriften beteiligungsfähig, weil sie durch die Verfassung und die Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattet werden und um die Reichweite der Handlungsbefugnisse der Landtagspräsidentin im Rahmen der Ausübung des parlamentarischen Fragerechts eines Abgeordneten (Art. 40 Abs. 1 LV i.V.m. §§ 62 ff. GO LT) in einer Fragestunde nach § 65 GO LT streiten.

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2. Dem Antragsteller fehlt hinsichtlich der zweiten Zusatzfrage die Antragsbefugnis und hinsichtlich der ersten Zusatzfrage jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis.

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a.) Der Antragsteller sieht sich durch die Zurückweisung seiner beiden Zusatzfragen in der 63. Plenarsitzung in seinem Recht auf Fragestellung und Auskunft gemäß Art. 40 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LV verletzt. Diese Vorschriften räumen ergänzend zu Art. 22 Abs. 2 LV (vgl. Tebben/Zapfe in: Litten/Wallerath, LVerf M-V, Art. 40 Rn. 1) jedem Mitglied des Landtages das Recht ein, der Landesregierung Fragen zu stellen sowie parlamentarische Anfragen an sie zu richten, die nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten sind. Das Fragerecht des Abgeordneten soll diesen in die Lage versetzen, seine ihm durch das Mandat verliehenen Rechte und Befugnisse sachgerecht wahrnehmen zu können. Dem Fragerecht entspricht die grundsätzliche Verpflichtung der Regierung, den Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandats erforderliche Information zu verschaffen (BVerfGE 57, 1, 5; 67, 100, 129; 70, 324, 355) und eine „vollständige und zutreffende Antwort zu geben" (LVerfG M-V, Urt. v. 19.12.2002 - LVerfG 5/02 -, LVerfGE 13, 284, 293 ff.). Grundsätzlich gilt hierbei, dass sich das „Ob" der Ermöglichung derartiger parlamentarischer Anfragen wegen des verfassungsrechtlichen Rangs dieses Kontrollinstruments der Gestaltungsmacht des Landtags entzieht, während das Parlament im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie frei ist, wie es das Recht der parlamentarischen Anfrage ausgestaltet (Tebben/Zapfe, a.a.O., Art. 40 Rn. 4).

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Zwar kann in der Zurückweisung einer auf Art. 40 Abs. 1 LV gestützten Frage eines Abgeordneten durch die Landtagspräsidentin als unzulässig ein Eingriff in das „Ob" der Ermöglichung einer Anfrage liegen. Jedoch kann das Fragerecht des Abgeordneten insoweit nur dann verletzt sein, wenn sich Fragerecht und Antwortpflicht auf einen Bereich beziehen, für den die Landesregierung unmittelbar oder zumindest mittelbar verantwortlich ist, zu einer auf Erkundung des Meinungsstands der Landesregierung angelegten Frage vgl. ThürVerfGH, Urt. v. 04.04.2003 - VerfGH 8/02 -, LVerfGE 14, 437, 446, zu Art. 53 Abs. 2 ThürVerf ).

36

Das parlamentarische Fragerecht unterliegt dabei verfassungsrechtlichen Grenzen; diese ergeben sich erstens aus dem Zweck des Fragerechts und zweitens aus den Grundrechten und dem Schutz anderer durch die Verfassung geschützter Rechtsgüter (Glauben/Edinger, DÖV 1995, 941, 943 f.). Selbst wenn danach der Verantwortungsbereich der Landesregierung grundsätzlich weit gesteckt ist, sind jedenfalls Fragen an diese unzulässig, mit denen ihre Stellungnahme zu einem Tun oder Unterlassen von anderen Abgeordneten, Fraktionen, Parteien oder anderen Regierungen und Verfassungsorganen erbeten wird, wenn dieses Verhalten nicht im Zusammenhang mit dem Verhalten der Landesregierung steht (sogenannte „Dreiecksfragen"; vgl. Glauben/Edinger, a.a.O.; van Heiß in: Festgabe für Werner Blischke, 1982, S. 210, 211 ff.).

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b.) Soweit sich der Antrag auf die zweite vom Antragsteller im Rahmen der Fragestunde gestellte Zusatzfrage bezieht, fehlt es in Anwendung der vorstehenden Maßstäbe bereits an der Antragsbefugnis. Mit dieser Frage begehrte der Antragsteller im Ergebnis von der Justizministerin eine inhaltliche Bewertung einer gemäß § 65 Abs. 5 GO LT ausschließlich der Landtagspräsidentin obliegenden und von ihr getroffenen Entscheidung über die Zulässigkeit einer Zusatzfrage. Hierbei handelte es sich ersichtlich um eine unzulässige „Dreiecksfrage“, die auch nach allgemeiner parlamentarischer Gepflogenheit dem Anwendungsbereich des Art. 40 Abs. 1 LV entzogen ist.

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c.) Das Gericht kann offen lassen, ob dem Antragsteller auch hinsichtlich der ersten Zusatzfrage bereits die Antragsbefugnis fehlt, weil er auch insoweit nicht i.S.d. § 37 Abs. 1 LVerfGG hinreichend geltend machen kann, dass er durch eine Maßnahme oder Unterlassung der Antragsgegnerin in seinen ihm durch die Landesverfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Diese Frage stellt ihrem Wortlaut nach auf ein Handeln der Antragsgegnerin ab, welches dem Verantwortungsbereich der Landesregierung entzogen ist; jedoch erschiene es zumindest möglich und vertretbar, die Frage des Antragstellers dahin auszulegen, dass er erfahren wollte, ob die Landesregierung auf eine Beschwerde der Landtagspräsidentin hin gedenkt, Einfluss auf die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft auszuüben. Bei einer solchen Auslegung wäre der Verantwortungsbereich der Landesregierung eröffnet, und die Frage wäre nicht offensichtlich unzulässig gewesen mit der Folge, dass die Verletzung des Rechts des Antragstellers aus Art. 40 Abs. 1 LV zumindest möglich erscheinen könnte. Denn jedenfalls fehlt dem Antragsteller insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil er vor Einschaltung des Landesverfassungsgerichts hätte versuchen können und müssen, der vermeintlichen Rechtsverletzung selbst abzuhelfen. Das Gericht hat in früheren Entscheidungen bereits ausgeführt, dass parlamentarisches Handeln nicht durch einen verfassungsgerichtlichen Organstreit ersetzt werden darf, wenn der Träger verfassungsmäßiger Rechte diese auf parlamentarischem Wege genauso effektiv durchsetzen kann wie mit Hilfe des Verfassungsgerichts oder wenn die Möglichkeit eröffnet war, einen Fehler auf parlamentarischem Wege auszuräumen (Urt. v. 29.01.2009 - LVerfG 5/08 - LVerfGE 20, 255, 263 m.w.N.).

39

Wollte man das Informationsinteresse des Antragstellers zu seinen Gunsten im Sinne der oben beschriebenen Auslegung seiner ersten Zusatzfrage verstehen - und der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass sein Interesse von Anfang an mehr auf die Beantwortung der ersten Zusatzfrage als auf die Ausgangsfrage nach abstrakten Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft bzw. des Generalstaatsanwalts gerichtet war -, wäre es ihm ohne Weiteres möglich gewesen, das eigentlich hinter seiner Frage stehende Informationsinteresse erneut zum Gegenstand einer Anfrage zu machen (§ 62 Abs. 1 GO LT); daran hätte sich im Falle einer erneuten Zurückweisung gegebenenfalls das Einspruchsverfahren nach § 62 Abs. 4 GO LT anschließen können, denn es ist davon auszugehen, dass sich § 62 GO LT auf alle Arten von Fragestellungen bezieht, die nach §§ 63 bis 65 GO LT vorab schriftlich einzureichen sind und der Ausübung des Prüfungsrechts durch die Präsidentin nach § 62 Abs. 3 GO LT unterliegen .

40

Es ist Parlamentspraxis, dass auch zunächst als unzulässig zurückgewiesene Fragen, gegebenenfalls nach einer Konkretisierung und/oder Umformulierung, erneut als Fragen eingebracht und dann als zulässig angesehen werden, zumal sich keine allgemein gültige, kraft ständiger Praxis zur gewohnheitsrechtlichen Norm erstarkte Definition des Begriffs „Dreiecksfragen" zur Bezeichnung einer unzulässigen Fragenkategorie feststellen lässt (vgl. auch zu den unterschiedlichen Handhabungen während einzelner Wahlperioden des Bundestages van Heiß, a.a.O., S. 225 f.).

41

Nach § 62 Abs. 4 GO LT kann der Fragesteller gegen die Zurückweisung einer Frage binnen einer Frist von einem Monat einen schriftlich zu begründenden Einspruch beim Präsidenten einlegen. Dieser Einspruch ist auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung nach Eingang des Einspruchs zu setzen. Der Landtag entscheidet dann ohne Aussprache nach Beratung im Ältestenrat.

42

Mit diesem zeitnahen Verfahren wäre die Chance, dass dem Anliegen des Antragstellers durch Auskunftserteilung tatsächlich inhaltlich Rechnung getragen wird, zudem deutlich größer als bei einer - hier zudem erst mehr als drei Monate später erfolgten - Anrufung des Landesverfassungsgerichts im Falle der Zurückweisung einer im Rahmen der Fragestunde nach § 65 Abs. 5 GO LT mündlich gestellten Zusatzfrage. In seiner Entscheidung im Organstreitverfahren könnte das Gericht nämlich nur eine Feststellung nach § 39 Abs. 1 LVerfGG treffen, nicht jedoch zur Auskunft verpflichten.

VI.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 33 Abs. 1 LVerfGG. Es besteht kein Grund, gemäß § 34 Abs. 2 LVerfGG eine Erstattung von Auslagen anzuordnen.

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