Sozialgericht Würzburg Urteil, 16. Mai 2017 - S 6 KR 352/16

16.05.2017
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 20 KR 419/17, 29.01.2018

Gericht

Sozialgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vorzeitige Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

1. Der am 28. Juli 1953 geborenen Klägerin wurde im Dezember 2014 eine Hüft-TEP rechts implantiert. Vom 18. Dezember 2014 bis 14. Januar 2015 unterzog sie sich sodann einer Anschlussrehabilitation. Ausweislich des Entlassungsberichts, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, sei die Selbstversorgungsfähigkeit gegeben gewesen und Pflegebedürftigkeit habe nicht bestanden.

2. Am 23. Oktober 2015 wurde der Klägerin unter Verweis auf chronische Schwellungszustände an beiden Beinen und am Bauch medizinische Rehabilitation verordnet. Unter dem 23. Dezember 2015 erklärte der MDK, dass die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme derzeit nicht bestehe. Vorerst erscheine die Durchführung der von der behandelnden Phlebologin im Bericht vom September 2015 empfohlenen ambulanten Maßnahmen mit Entstauung der Unterschenkel beidseits mit begleitender Kompressionstherapie zweckmäßig. Mit Bescheid vom 22. Januar 2016 wurde der Antrag abgelehnt. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Ihr sei es nicht möglich, die Therapie weiterhin ambulant durchzuführen. Unter dem 8. März 2016 äußerte sich der MDK erneut. Eine ambulante Behandlung mit Kompressionstherapie, manuellen Lymphdrainagen und Physiotherapie sei ausreichend. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2016 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

3. Dagegen ließ die Klägerin am 7. Juli 2016 Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.

4. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

5. Das Gericht hat im Rahmen der Ermittlungen einen Befundbericht von Dr. D. eingeholt, die Schwerbehindertenakte, aus der hervorgeht, dass der Grad der Behinderung 80 beträgt sowie das Merkzeichen G zuerkannt wurde, und die Akte des Rentenversicherungsträgers beigezogen. Am 13. April 2017 ist die Beweisanordnung ergangen und die Internistin und Ärztin für Sozialmedizin Dr. C. ist zur Sachverständigen ernannt worden, die die Klägerin am 16. Mai 2017 untersucht hat und ihr Gutachten, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, zum Termin erstattet hat.

6. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Beklagtenakte, die beigezogenen weiteren Akten und die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2016 ist rechtmäßig und kann die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.

1. Versicherte haben Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden ambulant (§ 40 Abs. 1 SGB V) oder stationär (§ 40 Abs. 2 SGB V) erbracht. Stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung erbringt die Krankenkasse, wenn ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen nicht ausreichen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V), beispielsweise weil eine zeitweise Entlastung und Distanzierung vom sozialen Umfeld notwendig ist, weil der Versicherte eine Reha benötigt, die von Reha-Einrichtungen nur stationär angeboten wird, weil er nur gering belastbar ist oder weil er pflegerischer Betreuung und/oder ständiger ärztlicher Überwachung bedarf. Ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen werden erbracht, wenn ambulante Krankenbehandlung (z.B. ärztliche und psychotherapeutische Behandlung oder Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln) nicht ausreicht, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind. Dies gilt nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Das ist der Fall, wenn bei Durchführung der Maßnahme erst nach Ablauf der Wartezeit erhebliche gesundheitliche Schäden oder Nachteile zu befürchten wären, wenn also eine spätere Leistungserbringung nicht mehr rechtzeitig wäre, weil z.B. die Behinderung (bzw. deren Verschlimmerung) dann wahrscheinlich nicht mehr abgewendet werden kann.

2. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Denn zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass ambulante Krankenbehandlung vorliegend ausreichend ist, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und ihre Folgen zu mindern. Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht aufgrund der Auswertung des Gutachtens der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. C., das diese unter Berücksichtigung der vorgetragenen Beschwerden, der beigezogenen ärztlichen Unterlagen und der persönlichen Untersuchung der Klägerin erstattet hat. Für das Gericht nachvollziehbar und frei von Widersprüchen sowie unter Beachtung der beigezogenen ärztlichen Befunde und Gutachten einschließlich der in den beigezogenen Akten befindlichen ärztlichen Unterlagen und Gutachten hat Dr. C. dargelegt, dass sich unter der derzeit zweimal wöchentlich durchgeführten Lymphdrainage bei der aktuellen Untersuchung nur ein geringes Ödem im Bereich der Unterschenkel und der Fußrücken sowie im Bereich der Arme und des Bauches zeige. Im Bereich des linken Beines werde die Schwellneigung etwas verstärkt durch die Stammvarikose der Vena saphena magna Stadium III links. Trophische Störungen lägen nicht vor. Eine erhebliche Behinderung des Gehvermögens durch die peripheren Ödeme könne nicht festgestellt werden. Die verordneten Kompressionsstrümpfe würden am Untersuchungstag nicht getragen, eine konsequente Kompressionstherapie werde aber von der behandelnden Fachärztin im Gefäßkompetenzzentrum dringend empfohlen, zumal die Lymphdrainage nur sinnvoll sei in Verbindung mit einer begleitenden Kompressionstherapie. Zusammenfassend kommt die erfahrene Sachverständige nachvollziehbar und frei von Widersprüchen zu dem Ergebnis, eine vorzeitige medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich sei. Eine ambulante Behandlung mit Kompressionstherapie, manueller Lymphdrainage und Physiotherapie sei ausreichend. Das Gericht hat keine Bedenken, der von der gerichtserfahrenen Sachverständigen getroffenen sozialmedizinischen Einschätzung zu folgen. Denn Anhaltspunkte dafür, dass Gesundheitsstörungen nicht bzw. nicht angemessen berücksichtigt wurden, sind nicht ersichtlich. Auch Widersprüche zwischen Befunderhebung und Beurteilung sind nicht erkennbar. Daher steht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass vorzeitige stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht erforderlich sind.

3. Demnach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2016 ist rechtmäßig und kann die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten.

Die Klage ist somit abzuweisen.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und ist getragen von der Erwägung, dass die Klage keinen Erfolg hat.

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Sozialgericht Würzburg Urteil, 16. Mai 2017 - S 6 KR 352/16 zitiert 2 §§.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 11 Leistungsarten


(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen 1. bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 40 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation


(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationsei

Referenzen

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, so erbringt die Krankenkasse erforderliche stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Für pflegende Angehörige erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation unabhängig davon, ob die Leistung nach Absatz 1 ausreicht. Die Krankenkasse kann für pflegende Angehörige diese stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch. § 39 Absatz 1a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei dem Rahmenvertrag entsprechend § 39 Absatz 1a die für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene zu beteiligen sind. Kommt der Rahmenvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a auf Antrag einer Vertragspartei. Abweichend von § 89a Absatz 5 Satz 1 und 4 besteht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene in diesem Fall aus je zwei Vertretern der Ärzte, der Krankenkassen und der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und einem weiteren unparteiischen Mitglied. Die Vertreter und Stellvertreter der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen werden durch die für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene bestellt.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Von der Krankenkasse wird bei einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation nicht überprüft, ob diese medizinisch erforderlich ist, sofern die geriatrische Indikation durch dafür geeignete Abschätzungsinstrumente vertragsärztlich überprüft wurde. Bei der Übermittlung der Verordnung an die Krankenkasse ist die Anwendung der geeigneten Abschätzungsinstrumente nachzuweisen und das Ergebnis der Abschätzung beizufügen. Von der vertragsärztlichen Verordnung anderer Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 darf die Krankenkasse hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur dann abweichen, wenn eine von der Verordnung abweichende gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vorliegt. Die gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist den Versicherten und mit deren Einwilligung in Textform auch den verordnenden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Die Krankenkasse teilt den Versicherten und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten das Ergebnis ihrer Entscheidung in schriftlicher oder elektronischer Form mit und begründet die Abweichungen von der Verordnung. Mit Einwilligung der Versicherten in Textform übermittelt die Krankenkasse ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch den Angehörigen und Vertrauenspersonen der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen, die die Versicherten versorgen. Vor der Verordnung informieren die Ärztinnen und Ärzte die Versicherten über die Möglichkeit, eine Einwilligung nach Satz 5 zu erteilen, fragen die Versicherten, ob sie in eine Übermittlung der Krankenkassenentscheidung durch die Krankenkasse an die in Satz 7 genannten Personen oder Einrichtungen einwilligen und teilen der Krankenkasse anschließend den Inhalt einer abgegebenen Einwilligung mit. Die Aufgaben der Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 bis zum 31. Dezember 2021 das Nähere zu Auswahl und Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente im Sinne des Satzes 2 und zum erforderlichen Nachweis von deren Anwendung nach Satz 3 und legt fest, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen nach Absatz 6 Satz 1 ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden. Sollen die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung der pflegenden Angehörigen aufgenommen werden, koordiniert die Krankenkasse mit der Pflegekasse der Pflegebedürftigen deren Versorgung auf Wunsch der pflegenden Angehörigen und mit Einwilligung der Pflegebedürftigen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, mit Ausnahme von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, die als ambulante Leistungen nach Absatz 1 in der Regel für 20 Behandlungstage oder als stationäre Leistungen nach Absatz 2 in der Regel für drei Wochen erbracht werden sollen. Eine Verlängerung der Leistungen nach Satz 13 ist möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist. Satz 13 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend. Die Krankenkasse zahlt der Pflegekasse einen Betrag in Höhe von 3 072 Euro für pflegebedürftige Versicherte, für die innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung keine notwendigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht worden sind. Satz 18 gilt nicht, wenn die Krankenkasse die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag für das Jahr 2021 bis zum 30. Juni 2022, für das Jahr 2022 bis zum 30. September 2023 und für das Jahr 2023 bis zum 30. September 2024 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen Verordnung von geriatrischen Rehabilitationen wiedergegeben werden.

(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 14, 15a, 17 und 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.

(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluß auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne daß es sich um Anschlußrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.